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Entscheidung OVG 11 S 49/21


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum 14.04.2021
Aktenzeichen OVG 11 S 49/21 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2021:0414.OVG11S49.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 47 Abs 6 VwGO, Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 11 GG, Art 12 GG, Art 14 GG, § 11 Abs 1 CoronaV7EindV BB, Art 2 Abs 2 GG

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt gemäß § 47 Abs. 6 VwGO, § 11 Abs. 1 S. 1 der Siebten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung vom 6. März 2021 (GVBl. II/21, [Nr. 24], zuletzt geändert durch Verordnung vom 8. April 2021 (GVBl. II/21, [Nr. 34]) – 7. SARS-CoV-2-EindV – insoweit vorläufig außer Vollzug zu setzen, als diese Vorschrift es Betreiberinnen und Betreibern von Campingplätzen und Wohnmobilstellplätze untersagt, Personen zu touristischen Zwecken wie Freizeitreisen zu beherbergen.

§ 11 Abs. 1 der 7. SARS-CoV-2-EindV lautet:

Betreiberinnen und Betreibern von Beherbergungsstädten, Campingplätzen und Wohnmobilstellplätze sowie privaten und gewerblichen Vermieterinnen und Vermietern oder Verpächterin und Verpächtern von Ferienwohnungen und -häusern sowie vergleichbaren Angeboten ist es untersagt, Personen zu touristischen Zwecken wie Freizeitreisen zu beherbergen. Satz 1 gilt nicht für die Vermietung und Verpachtung von Ferienwohnungen und -häusern, die auf der Grundlage eines Miet- oder Pachtvertrages mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr nicht nur vorübergehend genutzt werden.

Die Antragstellerin macht geltend, sie nutze seit 2019 einen näher bezeichneten Campingplatz in Brandenburg für ihre Freizeit und Urlaube und verbringe während der Saison den Großteil ihrer Zeit dort. Auch für die diesjährige Campingsaison vom 3. April bis zum 10. Oktober 2021 habe sie ihren üblichen Stellplatz gemietet. Der Abstand zwischen den Wohnwagen betrage mindestens 3 Meter. Die Antragstellerin verfüge in ihrem Wohnwagen über eine Chemietoilette und Waschmöglichkeiten. Die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung sei unter Einhaltung des Mindestabstandes im Freien möglich; auf die Nutzung des Toiletten- und Duschhauses des Campingplatzes sei sie nicht angewiesen. Für sie stelle sich die Infektionsgefahr auf dem Campingplatz deutlich geringer dar als bei der Nutzung ihrer heimischen Wohnung, die sie nur mittels Fahrstuhls und über enge Flure erreichen könne.

Die angegriffene Vorschrift führe zu Eingriffen in ihre Grundrechte aus Art. 14 GG (Eigentum), Art. 11 GG (Freizügigkeit) „bzw. Art. 2 GG (Freiheit)“. Die angegriffene Regelung sei bereits nicht geeignet, Kontakte zu reduzieren und damit zur Eindämmung der Pandemie zu führen. Des Weiteren würden mildere, gleich effektive Mittel zur Verfügung stehen, um die Pandemie zu bekämpfen. Möglich sei eine Ausnahmeregelung für Camper, die nicht auf die Nutzung von Gemeinschaftsräumen angewiesen seien. Ähnliches sei auch im Frühjahr 2020 geregelt gewesen. Die Vorschrift führe überdies zu unangemessenen Grundrechtseingriffen. Ein zeitliches Ende der Regelung sei faktisch nicht absehbar und die Antragstellerin habe auf dem Campingplatz deutlich weniger Kontakte als in ihrer normalen Wohnsituation. Mit Blick auf die für Ferienwohnungen und Ferienhäuser in § 11 Abs. 1 S. 2 der 7. SARS-CoV-2-EindV vorgesehene Ausnahme verstoße die angegriffene Regelung auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, denn ihr Wohnwagen sei einem Ferienhaus vergleichbar. Verschiedene durch ihren Freund eingeholte Auskünfte, unter anderem bei der Staatskanzlei des Landes Brandenburg, hätten ergeben, dass die Privilegierung von Campingplätzen aufgrund eines Versehens des Verordnungsgebers „vergessen“ worden sei und die Verordnung “daher einfach jetzt entsprechend“ ausgelegt würde bzw., dass die Kreise dies „selbst entscheiden“ könnten. Da die Antragstellerin den Stellplatz für die gesamte Saison gemietet habe, könne auch nicht darauf abgestellt werden, dass sie nicht über einen Jahresvertrag verfüge. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass andere Bundesländer eine geringere Mietvertragsdauer genügen ließen.

II.

1. Der Antrag ist zulässig.

Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 Abs. 1 Bbg VwGG entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von anderen (nicht von Nr. 1 erfassten) im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften und damit auch über die angegriffene Vorschriften des § 11 Abs. 1 S. 1 der 7. SARS-CoV-2-EindV.

Die Antragstellerin ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, da die von ihr angegriffene Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 1 der 7. SARS-CoV-2-EindV sie jedenfalls in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG verletzen kann.

Der Antragstellerin ist auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zuzubilligen. Es wäre unter den von der Antragstellerin erörterten Gesichtspunkten nur dann abzulehnen, wenn ihr Fall unter die Privilegierungen des § 11 Abs. 1 S. 2 der 7. SARS-CoV-2-EindV fiele. Das ist aber nicht der Fall. Nach dieser Vorschrift gilt das Verbot des § 11 Abs. 1 S. 1 der 7. SARS-CoV-2-EindV lediglich nicht für die Vermietung und Verpachtung von Ferienwohnungen und -häusern, die auf der Grundlage eines Miet- oder Pachtvertrages mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr nicht nur vorübergehend genutzt werden. Diese Ausnahme ist für die Antragstellerin weder hinsichtlich des maßgebenden Vermietungsobjekts noch hinsichtlich der Vertragslaufzeit einschlägig. Der Wortlaut des § 11 Abs. 1 S. 2 der 7. SARS-CoV-2-EindV ist eindeutig und erfasst die Vermietung oder Verpachtung von Stellplätzen auf Campingplätzen sowie Wohnmobilstellplätzen nicht. Dabei handelt es sich auch nicht um ein Redaktionsversehen oder eine planungswidrige Regelungslücke des Verordnungsgebers, die im Wege der Analogie geschlossen werden könnte (vgl. bereits zu § 7 Abs. 4 der SARS-CoV-2-EindV vom 17. April 2020 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24. April 2020 Senatsbeschluss vom 5. Mai 2020 – OVG 11 S 38/20 –, Rn. 13-20, juris). Auch unterscheidet sich § 11 Abs. 1 der 7. SARS-CoV-2-EindV nicht von § 11 Abs. 1 der entsprechenden Vorgängerregelungen in der 6. und 5. SARS-CoV-2-EindV. Eine Regelung wie in § 9 Abs. 3 der SARS-CoV-2-EindV vom 8. Mai 2020 (GVBl. II /20 [Nr. 30]), wonach das Beherbergungsverbot ab dem 15. Mai 2020 nicht für Campingplätze, Wohnmobilstellplätze, für Ferienwohnungen und -häuser sowie für Charterboote mit Übernachtungsmöglichkeit galt, sofern die jeweiligen Unterkünfte über eine eigene Sanitärausstattung verfügten und sanitäre Gemeinschaftseinrichtungen geschlossen blieben, ist nach dem erneuten Anstieg der Infektionszahlen vom Verordnungsgeber nicht mehr aufgegriffen worden. Soweit sich die Antragstellerin auf anderweitige, ihr zudem nur mittelbar erteilte Auskünfte beruft, wären diese mit der Verordnungslage nicht vereinbar und schon deshalb unmaßgeblich.

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann.

Ergibt demnach die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsachenentscheidung unaufschiebbar ist.

Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens im Zeitpunkt der Entscheidung über den Eilantrag nicht (hinreichend) abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, das Hauptsacheverfahren aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, das Normenkontrollverfahren aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. zum vorstehenden insgesamt: Senatsbeschluss vom 23. April 2020 - OVG 11 S 25/20 -, Rn. 4 - 7, juris; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09. April 2020 - 3 MR 4/20 -, Rn. 3 - 5, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 30. März 2020 - 20 NE 20.632 -, juris Rn. 31 ff., jeweils unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, juris Rn. 12).

Die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens sind nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung gegenwärtig allenfalls als offen zu bezeichnen, eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der angegriffenen Normen drängt sich nicht auf (dazu unter a). Eine Folgenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin aus (dazu unter b).

a) (1) Nach summarischer Prüfung dürfte § 11 Abs. 1 S. 1 der 7. SARS-CoV-2-EindV in § 32 i.V.m. § 28a Abs. 1 Nr. 12 IfSG eine hinreichende gesetzliche Grundlage finden. Die letztgenannte Norm regelt, dass notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 S. 1 und 2 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 S. 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag insbesondere auch die Untersagung oder Beschränkung von Übernachtungsangeboten sein können.

(2) Die angegriffenen Vorschriften der 7. SARS-CoV-2-EindV sind voraussichtlich nicht wegen eines Verstoßes gegen den Gesetzesvorbehalt rechtswidrig (vgl. zur 5. SARS-CoV-2-EindV vom 22. Januar 2021 Senatsbeschluss vom 11. Februar 2021 - OVG 11 S 11/21 - juris Rn. 52 ff. und zur SARS-CoV-2-EindV vom 30. Oktober 2020 Senatsbeschluss vom 18. November 2020 - OVG 11 S 104/20 -, juris Rn. 21 ff.).

(3) Dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 32 Satz 1 IfSG i.V.m. §§ 28 Abs. 1, 28a Abs. 1, 3, 5 und 6 IfSG mit Blick auf die andauernde Pandemielage wegen des neuartigen Coronavirus erfüllt sind (vgl. dazu Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. März 2021 – 3 B 81/21 –, Rn. 29 ff., juris), stellt die Antragstellerin nicht in Abrede.

(4) Auch durfte der Verordnungsgeber das von der Antragstellerin angegriffene Beherbergungsverbot für Dauercamper auf Campingplätzen bei summarischer Prüfung als gemäß § 28 Abs. 1, § 28 Abs. 3 IfSG notwendig ansehen. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sind Grundrechtseingriffe nur zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet und auch erforderlich sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) noch gewahrt wird (vgl. Beschlüsse des Senats vom 22. Mai 2020 – OVG 11 S 51/20 –, juris Rn. 29 und vom 20. Mai 2020 – OVG 11 S 49/20 und OVG 11 S 52/20 –).

Die Regelungen einer Verordnung wie der hier in Rede stehenden dienen in Ansehung der aktuellen Coronavirus-Epidemie dem in § 1 Abs. 1 IfSG umschriebenen Zweck, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern, namentlich dem „Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit“, zu dem der Staat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kraft seiner grundrechtlichen Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht nur berechtigt, sondern auch verfassungsrechtlich verpflichtet ist (vgl. z.B. BVerfG, Beschlüsse v. 13. Mai 2020 – 1 BvR 1021/20 -, juris Rn. 8, v. 12. Mai 2020 -1 BvR 1027/20 -, juris Rn. 6, und v. 1. Mai 2020 – 1 BvR 1003/20 -, juris Rn. 7; BVerfG, Beschluss v. 28. April 2020 -1 BvR 899/20 -, juris Rn 13). Die Vermeidung der Überforderung des Gesundheitswesens ist ein wesentliches Mittel zur Erreichung dieses überragenden Ziels (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Mai 2020 – OVG 11 S 51/20 –, juris Rn. 25). Bei der Wahrnehmung seiner Pflicht, sich schützend und fördernd vor das Leben des Einzelnen zu stellen sowie vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit zu schützen, kommt dem Gesetzgeber aber ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschluss v. 12. Mai 2020 -1 BvR 1027/20 -, juris Rn. 6). Denn es hängt von vielen Faktoren, insbesondere von der Eigenart des Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter ab, was konkret zu tun ist. Auch wenn Freiheits- und Schutzbedarfe der verschiedenen Grundrechtsträger in unterschiedliche Richtungen weisen, haben der Gesetzgeber und die von ihm zum Verordnungserlass ermächtigte Exekutive von Verfassung wegen einen Spielraum für den Ausgleich dieser widerstreitenden Grundrechte. Im Fall der hier in Rede stehenden Schutzmaßnahmen wegen der Corona-Pandemie besteht wegen der im fachwissenschaftlichen Diskurs auftretenden Ungewissheiten und der damit unsicheren Entscheidungsgrundlage auch ein tatsächlicher Einschätzungsspielraum (BVerfG, Beschluss v. 13. Mai 2020 – 1 BvR 1021/20 -, juris Rn. 10). Dieser Spielraum kann zwar mit der Zeit – etwa wegen besonders schwerer Grundrechtsbelastungen und wegen der Möglichkeit zunehmender Erkenntnis – geringer werden. Dem kann aber grundsätzlich dadurch Rechnung getragen werden, dass der Verordnungsgeber Freiheitsbeschränkungen von vornherein befristet und durch wiederholte Änderungen jeweils lockert (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Mai 2020 – OVG 11 S 51/20 –, juris Rn. 26; Beschluss vom 29. März 2021 – OVG 11 S 42/21 –, Rn. 41, juris).

Bei summarischer Prüfung drängt es sich nicht auf, dass das Beherbergungsverbot auf Campingplätzen für Dauercamper unverhältnismäßig wäre und der Verordnungsgeber den ihm zustehenden Spielraum überschritten hätte. Die angegriffene Regelung ist geeignet, denn sie trägt zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus bei. Nach der Allgemeinen Begründung der Siebten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung (GVBl. II/21 [Nr. 24]) ist Hintergrund der Regelung die Notwendigkeit einer Reduzierung von physischen Kontakten. Eine Beschränkung von Übernachtungsangeboten ist nach der Auffassung des Verordnungsgebers geeignet, zur Reduzierung der Mobilität in Brandenburg und in der Bundesrepublik und damit zur Sicherstellung der Verfolgbarkeit von Infektionsketten sowie allgemein zur Minimierung der Sozialkontakte und damit zu einer Verlangsamung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus beizutragen, was angesichts des derzeitigen Infektionsgeschehens unabdingbar sei. Touristische Reisen führen regelmäßig zu einer vorübergehenden Veränderung des potentiellen Kontaktumfeldes. Sie bergen beispielsweise die Gefahr, eine asymptomatisch verlaufende Infektion an einen anderen Ort zu tragen und das Virus dort weiter zu verbreiten. Soweit die Antragstellerin unter Schilderung der Besonderheiten ihres Wohnumfeldes darauf verweist, dass sich die Infektionsmöglichkeiten gegenüber dem Aufenthalt zu Hause auf dem Campingplatz verringern würden und dass sie nicht darauf angewiesen sei, auf dem Campingplatz die Gemeinschaftsanitäranlagen zu nutzen, ist vorliegend eine typisierende Betrachtung vorzunehmen. Es liegt auf der Hand, dass generell-abstrakte Regelung in einer Rechtsverordnung schlechterdings nicht den Besonderheiten jedes Einzelfalls angemessen Rechnung tragen können. Der Verordnungsgeber darf bei den von ihm für erforderlich gehaltenen Regelungen pauschalieren und musste – jedenfalls bei den hier in Rede stehenden zeitlich eng befristeten Regelungen – nicht darauf abstellen, ob das mit der Nutzung von Beherbergungseinrichtungen generell erhöhte Infektionsrisiko in bestimmten individuellen Konstellationen geringer ist (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 5. Mai 2020 – OVG 11 S 38/20 –, Rn. 29, juris, m.w.N.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25. März 2021 – 3 MR 17/21 –, Rn. 26, juris).

Der Verordnungsgeber durfte das von der Antragstellerin angegriffene Beherbergungsverbot auch als erforderlich ansehen. Es ist Teil eines Maßnahmepakets, das aus diversen Einzelmaßnahmen besteht und dessen Effektivität von der Realisierung der eingeschlossenen Einzelmaßnahmen abhängt. Zwar weist die Antragstellerin darauf hin, dass es ihr möglich sei, auf dem von ihr ausgewählten Campingplatz zahlreiche Hygienemaßnahmen einzuhalten. Die Wirksamkeit von Hygienemaßnahmen reicht jedoch nicht an die durch die Begrenzung von Kontakten erzielbare Verhinderung einer Infektion heran, weshalb Hygienemaßnahmen zwar ein milderes, jedoch gegenüber der Kontaktbeschränkung nicht gleich geeignetes Mittel darstellen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 29. März 2021 –OVG 11 S 42 /21 –, Rn. 45, juris, m.w.N.).

Die Regelung erscheint bei summarischer Prüfung auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne. Es kann dahinstehen, ob mit dem von der Antragstellerin angegriffenen Verbot in ihre von Art. 11 Abs. 1 GG garantierte Freizügigkeit eingegriffen wird (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 2020 – 1BvQ 116/20 –, Rn. 10, juris, m.w.N.). Jedenfalls spricht bei summarischer Prüfung viel dafür, dass die von ihr geltend gemachten Grundrechtseingriffe gerechtfertigt und Ausdruck der jeweiligen verfassungsrechtlichen Schranken sind. Mit Blick auf den gegenwärtigen Stand des Pandemiegeschehens der sogenannten dritten Welle in Deutschland und der Belastung der stationären, insbesondere intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten (vgl. dazu Lagebericht des RKI vom 12. April 2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Apr_2021/2021-04-12-de.pdf?__blob=publicationFile) spricht alles dafür, dass der einen hohen Rang einnehmende Schutz von Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) einer Vielzahl von Menschen die Eingriffe in die von der Antragstellerin geltend gemachten Grundrechte im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, gegebenenfalls Art. 11 Abs. 2 GG und Art. 2 Abs. 1 GG, wie prinzipiell auch die ebenfalls in den Blick zunehmenden Eingriffe in die Grundrechte der Beherbergungsbetreiber (namentlich Art. 12 Abs. 1 GG), deren wirtschaftliche Einbußen durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen zumindest abgefedert werden, rechtfertigt. Nach dem zitierten Lagebericht des Robert-Koch-Instituts steigt die 7-Tages-Inzidenz für ganz Deutschland seit Mitte Februar 2021 stark an und liegt bereits bei über 100/100.000 Einwohner (in Brandenburg bei 125/100.000 Einwohner). Das Geschehen sei nicht regional begrenzt; etwa seit Mitte März habe sich der Anstieg der Fallzahlen beschleunigt. Bundesweit sei seit Mitte März 2021 wieder ein deutlicher Anstieg der COVID-19-Fallzahlen auf Intensivstationen zu verzeichnen. Nicht notwendige Reisen sollten weiterhin, insbesondere aufgrund der zunehmenden Verbreitung der besorgniserregenden Virusvarianten, unbedingt vermieden werden. Mit Stand 12. April 2021 seien 86 % der Intensivbetten belegt gewesen. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland werde aufgrund der anhaltend hohen Fallzahlen und des aktuell beschleunigten Wiedereinstieg der Inzidenz insgesamt als sehr hoch eingeschätzt.

(5) Die angegriffene Vorschrift erweist sich voraussichtlich auch nicht mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG als rechtswidrig.

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. hierzu OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23. Oktober 2020 – 3 MR 47/20 –, Rn. 24, juris m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG).

Soweit die Antragstellerin eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darin sieht, dass gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 der 7. SARS-CoV-2-EindV die Vermietung oder Verpachtung von Ferienwohnungen und -häusern, die auf der Grundlage eines Miet- oder Pachtvertrages mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr nicht nur vorübergehend genutzt werden, vom Beherbergungsverbot des §§ 11 Abs. 1 S. 1 der 7. SARS-CoV-2-EindV ausgenommen sind, ist ihr bei summarischer Prüfung nicht zu folgen. Zum einen dürfte der Privilegierungsregelung des § 11 Abs. 1 S. 2 der 7. SARS-CoV-2-EindV der Gedanke zugrunde liegen, dass die dort genannten Miet- oder Pachtobjekte unter den beschriebenen Bedingungen, insbesondere der der nicht nur vorübergehenden Nutzung, im Sinne einer Zweitwohnung und damit nicht vorwiegend zu touristischen Zwecken genutzt werden. Eine solche Zweckrichtung musste der Verordnungsgeber für die Vermietung von Campingstellplätzen, auch wenn sie, wie hier für die gesamte Saison erfolgt, bei pauschalierender Betrachtung nicht in gleicher Weise annehmen. Da der Aufenthalt in einem Campingobjekt im Vergleich zur eigenen Wohnung typischerweise auf beengtem Raum stattfindet und mit Entbehrungen verbunden ist, dürfte es nicht zu beanstanden sein, Campingaufenthalten bei typisierender Betrachtung einen touristischen Zweck zuzuordnen. Hiervon abgesehen findet auf einem Campingplatz die Beherbergung prinzipiell in einer Anlage statt, in der das Infektionsrisiko durch die Nutzung von Gemeinschaftsanlagen typischerweise erhöht ist. Dies ist bei Ferienwohnungen und Ferienhäusern, die sich nicht in einer solchen Anlage befinden und zudem langfristig (mindestens ein Jahr) vermietet oder verpachtet sind, nicht in vergleichbarer Weise der Fall (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 5. Mai 2020 – OVG 11 S 38/20 –, Rn. 30, juris). Auf die von der Antragstellerin unter dem Gesichtspunkt eines etwaigen Gleichheitsverstoßes weiterhin aufgeworfene Frage, ob die Vermietung eines Stellplatzes für die gesamte Saison mit der Vermietung eines Stellplatzes für ein ganzes Jahr gleichzusetzen sei, kommt es nach allem nicht mehr an. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang schließlich auf die Regelungen in anderen Bundesländern verweist, kann sich daraus ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG schon deshalb nicht ergeben, weil § 32 IfSG die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen jeweils eigenständig zum Verordnungserlass innerhalb ihres Hoheitsbereichs ermächtigt.

b) Soweit die Erfolgsaussichten in der Hauptsache noch nicht abschließend beurteilt werden können, geht auch eine Folgenabwägung nach den eingangs dargestellten Maßstäben zulasten der Antragstellerin aus. Die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm wiegen deutlich schwerer als die von der Antragstellerin geltend gemachten Folgen ihres einstweilig weiteren Vollzugs. Diesbezüglich gelten die bereits zur Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne angestellten Erwägungen entsprechend.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Verfahrenswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Mit Blick auf den begrenzten Geltungszeitraum der angegriffenen Vorschrift ist vorliegend von einer Vorwegnahme der Hauptsache auszugehen, sodass von einer Halbierung des Regelstreitwertes abgesehen wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).