Gericht | OLG Brandenburg 3. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 18.12.2017 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 15 WF 165/17 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2017:1218.15WF165.17.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Rechtspflegers - Potsdam vom 6. Juni 2017 - 44a F 325/10 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen dahin abgeändert, dass die von der Antragstellerin zu zahlenden Monatsraten auf 225,00 € festgesetzt werden.
Die Gebühr gem. KVFam Nr. 1912 wird in vollem Umfang erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die sofortige Beschwerde, mit der sich die Antragstellerin gegen die nachträgliche Anordnung einer Ratenzahlungsverpflichtung im Rahmen der ihr bewilligten Verfahrenskostenhilfe wendet, ist gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
In der Sache hat sie nur in geringem Umfang Erfolg.
Da das Verfahrenskostenhilfeverfahren vor dem 01.01.2014 eingeleitet worden ist, kommt gem. § 40 EGZPO für die Entscheidung, ob die in diesem Verfahren ergangene Entscheidung abgeändert werden kann, das bis zum 31.12.2013 geltende Recht zur Anwendung.
Die nachträgliche Anordnung von Ratenzahlungen kann gem. § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO a.F. dann getroffen werden, wenn sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beteiligten wesentlich verbessert haben und dies zur Folge hat, dass nach Abzug aller gem. § 115 Abs. 1 ZPO a.F. zu berücksichtigenden Positionen der Betrag des gem. § 115 Abs. 2 ZPO a.F. einzusetzenden Einkommens mindestens 15,- € übersteigt. Das ist hier der Fall.
Dem Verfahrenskostenhilfebewilligungsbeschluss vom 22.11.2010 lag ein Nettoerwerbseinkommen, der Antragstellerin einschließlich Kindergeld von monatlich 2.872,82 € zugrunde, dem u.a. Aufwendungen für die Finanzierung sowie Betriebskosten des Eigenheims und sonstige Kreditbelastungen i.H.v. monatlich insgesamt 1.620,99 € genüberstanden. Ausweislich des Kontoauszugs der Antragstellerin für die Zeit vom 14.01. bis 14.02.2017 beträgt ihr monatliches Nettoeinkommen, einschließlich Kindergeld, 4.168,47 €. Hinzugetreten sind außerdem monatliche Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, die sich ausweislich ihrer Erklärung vom 01.11.2016 auf 256,00 € belaufen, sodass – abweichend von der angefochtenen Entscheidung – festzustellen ist, dass sich das insgesamt zu berücksichtigende Einkommen der Antragstellerin seit der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe um 1.551,75 € auf 4.424,57 € erhöht hat. Demgegenüber haben sich nach der Verfahrenskostenhilfebewilligung die zu berücksichtigten Belastungen reduziert. Hiergegen erinnert auch die sofortige Beschwerde nichts.
Soweit die Beschwerde geltend macht, das Amtsgericht habe zu Unrecht die monatlich zu leistenden Raten für einen nach der Verfahrenskostenhilfebewilligung aufgenommenen Kredit bei der Santander Bank und die nach Umschuldung des Kredits zur Finanzierung des Eigenheims höheren Kreditraten bei der Debeka Bausparkasse zu Unrecht nicht berücksichtigt, ist dem aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu folgen.
Nach Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe eingegangene Verbindlichkeiten sind bei der gem. § 120 Abs. 4 ZPO a.F. vorzunehmenden Prüfung, ob und in welchem Umfang sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben, nur dann einkommensmindernd zu berücksichtigen, wenn bei wertender Betrachtung die damit finanzierten Anschaffungen zur Lebensführung unbedingt notwendig waren. Ein Beteiligter, der sich auf die Berücksichtigungsfähigkeit solcher Kreditbelastungen beruft, muss darlegen und glaubhaft machen, dass die Aufnahme des Kredits dringend notwendig war, etwa um unaufschiebbare Anschaffungen zu tätigen oder sonstige unabweisbare Bedürfnisse zu befriedigen (Motzer in MüKo-ZPO, 4. Aufl., § 120, Rn. 14; Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 14. Aufl., § 120a, Rn. 10). Auch für die Umschuldung bereits im Zeitpunkt der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bestehender Darlehensbelastungen kann ein unabweisbares Bedürfnis bestehen, wenn dem Beteiligten die ursprünglich nach dem Darlehensvertrag vereinbarte Darlehensrückführung aus Gründen, die auch die Berücksichtigung einer neuen Belastung rechtfertigen würden, unmöglich geworden ist. Schließlich wird auch eine Umschuldung mit dem Ziel, günstigere Kreditbedingungen oder aber eine nach dem ursprünglichen Darlehensvertrag erforderliche Anschlussfinanzierung zu realisieren, regelmäßig der Berücksichtigung im Überprüfungsverfahren gem. § 120 Abs. 4 ZPO a.F. nicht entgegenstehen. Dass diese Voraussetzungen bei den Darlehensverträgen mit der Santander Bank und der Debeka vorliegen, hat die Antragstellerin nicht dargetan. Mithin scheidet die Berücksichtigung der neu aufgenommenen Darlehensverbindlichkeit bei der Santander Bank aus. Aus gleichem Grund ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht Kreditraten für den Hauskredit lediglich in dem Umfang berücksichtigt hat, in dem sie vor der Umschuldung geschuldet waren, denn die Antragstellerin hat auch nach Hinweis des Amtsgerichts nicht dargelegt, weshalb die Erhöhung der Kreditrate trotz zwischenzeitlich gesunkenem Zinsniveaus im Zeitpunkt der Umschuldung unabweisbar war.
Die Einwände der Antragstellerin hinsichtlich der Berücksichtigungsfähigkeit der Kranken- und Haftpflichtversicherungsbeiträge sowie der Grundsteuerbelastung sind aus den zutreffenden Gründen des Nichtabhilfebeschlusses des Amtsgerichts vom 18.08.2017 unerheblich, da diese Abzugsbeträge bei der Ratenberechnung in der angefochtenen Entscheidung bereits Berücksichtigung gefunden haben.
Zu Recht hat das Amtsgericht die Aufwendungen der Antragstellerin für die Fremdversorgung ihrer Kinder mit Mittagessen unberücksichtigt gelassen. Gemäß § 17 Abs. 1 des KitaG-Brdg. beschränkt sich der von den Personensorgeberechtigten zu erbringende Zuschuss zur Versorgung eines Kindes mit Mittagessen auf die durchschnittlich ersparten Eigenaufwendungen und ist mithin nicht geeignet, einen Mehrbedarf des Kindes zu begründen. Der allgemeine Unterhaltsbedarf eines Kindes ist jedoch durch den Unterhaltsfreibetrag gem. 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2.b) ZPO a.F. berücksichtigt.
Allerdings wendet sich die Beschwerde zu Recht gegen die Nichtberücksichtigung des Schulgeldes von 195,00 €, das die Antragstellerin monatlich für den Schulbesuch ihres Sohnes E… aufwenden muss. Es ist allgemein anerkannt, dass der von einem Elternteil getragene Mehrbedarf des Kindes für den Besuch einer Privatschule dann als besondere Belastungen gem. § 115 Abs. 4 ZPO a.F. bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens berücksichtigt werden kann, wenn sich die Kosten in einem vertretbaren Verhältnis zum Familieneinkommen halten (Wache in MüKo-ZPO, 5. Aufl., § 115, Rn. 47; Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 8. Aufl., Rn. 244; Johannsen/Henrich/Markwardt, Familienrecht, 6. Aufl., § 115 ZPO, Rn. 46). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Allein das Gesamteinkommen der Antragstellerin übersteigt deutlich den Betrag von 4.000,- €, sodass im Verhältnis hierzu die Aufwendungen für das Schulgeld von 195,00 € als angemessen erscheinen, ohne dass es auf die Höhe der Einkünfte ihres Ehemannes, zu denen die Antragstellerin keine Angaben gemacht hat, ankommt.
Die Berechnung der Abzugsbeträge in der angefochtenen Entscheidung bedarf jedoch auch insoweit einer Korrektur, als das Amtsgericht - entgegen seines zunächst erteilten Hinweises - die von der Antragstellerin geltend gemachten Wohnkosten in voller Höhe berücksichtigt hat. Dem kann nicht gefolgt werden. Weil auch der erwerbstätige Ehegatte gem. §§ 1360, 1360a Abs. 1, Abs. 2 BGB verpflichtet ist, zum Familienunterhalt beizutragen, ist er verpflichtet, sich an den Kosten des Haushalts zu beteiligen, sodass von ihm zu erwarten ist, dass er sich zumindest anteilig an den Betriebskosten des Einfamilienhauses, soweit diese auch von einem Mieter zu tragen wären [hier die Aufwendungen für die Gebäudeversicherung, Grundsteuer, Wasserversorgung, (Gas)Heizungskosten] beteiligt, sodass diese Abzugspositionen lediglich mit einem Anteil von 80 % der tatsächlichen Aufwendungen zu berücksichtigen sind.
Nach alldem ergibt sich folgende Berechnung des einzusetzenden Einkommens:
- zu berücksichtigenden Einkünfte aus abhängiger Tätigkeit, Kindergeld und Mieteinnahmen: | 4.424,57 € |
Davon sind abzusetzen: | |
- Antragstellerfreibetrag gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2.a) ZPO a.F.: | 473,00 €, |
- Erwerbstätigenfreibetrag gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1.b) ZPO a.F.: | 215,00 €, |
- Unterhaltsfreibetrag gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2.b) ZPO a.F. | |
§ für das Kind E…, geb. am : | 359,00 €, |
§ für das Kind F…, geb. am : | 333,00 €, |
§ für das Kind A…, geb. am : | 333,00 €, |
- Kosten für eine angemessene Unterkunft und Heizkosten | |
gem. § 115 Abs. 1, S. 3 Nr. 3 ZPO a.F., | |
§ Kreditraten an die … Bausparkasse AG | |
für die Anschaffung des Eigenheims: | 608,56 €, |
§ Erbbaupachtzins Ev. Kirchengemeinde: | 283,24 €, |
§ Gebäudeversicherung bei der … Vers. AG: | 29,97 €, |
§ Grundsteuer: | 26,84 €, |
§ Wasserkosten: | 84,40 €, |
§ Heizkosten (Gas): | 244,00 €, |
- Fahrtkosten zur Arbeit gem. § 115 Abs. 1, S. 3, Nr. 1 ZPO a.F. i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII: | 119,60 €, |
- monatl. Beiträge zu Versicherungen | |
gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1.a) ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII, | |
§ für Krankheitskosten an die … Versicherung: | 262,60 €, |
§ für Haftpflicht an die … Versicherung: | 14,39 €, |
§ für das Kfz | 68,62 €, |
- besondere Belastungen gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4. ZPO a.F., | |
§ Schulgeld für das Kind E…: | 195,00 €, |
§ Kredit für die Kfz-Anschaffung: | 200,00 €, |
Summe aller Abzüge: | 3.850,22 € |
Demnach verbleibt ein einzusetzendes Einkommen von 574,35 € (4.424,57 € - 3.850,22 €), welches gem. § 115 Abs. 2 ZPO a.F. zu einer Monatsrate von 225,00 € führt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.