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Entscheidung 17 U 3/19 Kart


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg Entscheidungsdatum 06.04.2021
Aktenzeichen 17 U 3/19 Kart ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:0406.17U3.19KART.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 16. Oktober 2019 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam wird zurückgewiesen. Die einstweilige Verfügung wird lediglich klarstellend wie folgt gefasst:

Der Verfügungsbeklagten wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken an der Bürgermeisterin der Verfügungsbeklagten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, untersagt,

den durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger am 7. November 2017 ausgeschriebenen Stromkonzessionsvertrag für das Stromversorgungsnetz in den Ortsteilen a..., b..., c..., d..., e..., f..., g... und h... mit der S... GmbH auf der Grundlage des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung der Verfügungsbeklagten vom 5. Dezember 2018 abzuschließen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Verfügungsbeklagte zu tragen. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten hat die Nebenintervenientin selbst zu tragen.

Gründe

I.

Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte im Wege einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung in Anspruch, in dem von dieser betriebenen Verfahren nach § 46 EnWG zur Neukonzessionierung von Wegenutzungsrechten zum Betrieb leitungsgebundener Elektrizitätsversorgung gemäß der auf derStadtverordnetenversammlung vom 5. Dezember 2018 beschlossenen Auswahlentscheidung den Vertrag mit der Nebenintervenientin zu schließen.

Die Verfügungsklägerin ist ein regionales Energieversorgungsunternehmen. Sie versorgt die Abnehmer verschiedener Ortsteile der verfügungsbeklagten Stadt mit Strom. Dabei betreibt sie das Stromversorgungsnetz nicht selbst, sondern hat dieses an die M... Strom mbH verpachtet.. Die zugrundeliegenden Stromkonzessionsverträge der Parteien sind zum 31. Dezember 2014 ausgelaufen.

Das Stromversorgungsnetz im Kerngebiet der Verfügungsbeklagten wird durch die Nebenintervenientin (im Folgenden auch: S...) betrieben. Sie ist ein kommunales Eigenunternehmen der Verfügungsbeklagten für die Versorgung von privaten und gewerblichen Abnehmern sowie öffentlichen Einrichtungen mit Strom, Gas und Fernwärme. Die Bürgermeisterin der Verfügungsbeklagten ist Gesellschaftervertreterin und Aufsichtsratsmitglied der hundertprozentigen Tochtergesellschaft. Auf Seiten der Verfügungsbeklagten wird die Beteiligungsverwaltung von Herrn A... P... wahrgenommen. Gegenstand der Beteiligungsverwaltung ist insbesondere die Steuerung der kommunalen Beteiligungen, wie etwa auch an der S.... Die Beteiligungsverwaltung ist im Organisationsaufbau der Verfügungsbeklagten unmittelbar dem Bürgermeisterbereich zugeordnet.

Die Verfügungsbeklagte machte erstmals im elektronischen Bundesanzeiger vom 6. Dezember 2012 ihre Absicht zur Neuvergabe der Stromkonzession für die hier streitgegenständlichen Ortsteile bekannt. Neben der Verfügungsklägerin beteiligte sich die S... an dem Bieterverfahren. Die Verfügungsbeklagte wertete die Angebote aus und erteilte beiden Bietern die gleiche Punktzahl. Gegen die beabsichtigte Vergabe der Konzession an die S... wandte sich die Verfügungsklägerin mit einem Antrag auf Erlass einer einsteiligen Verfügung. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 untersagte das Landgericht Potsdam - Az: 2 O 402/14 - den beabsichtigten Vertragsschluss mit der S.... Das Verfahren wurde bis November 2015 nicht weiter betrieben. Am 4. November 2015 wurde eine neue Beschlussvorlage eingebracht, wonach die Stadtverordneten alternativ entweder für den Vertragsschluss mit der S... oder der Verfügungsklägerin stimmen sollten. Der Hauptausschuss stimmte in einer Vorberatung für den Vertragsschluss mit der S.... Die Verfügungsklägerin verwies auf die vom Landgericht Potsdam erlassene einstweilige Verfügung, die einen Vertragsschluss mit der S... untersagt hatte, woraufhin die Beschlussvorlage von der Tagesordnung genommen wurde.

Die Verfügungsbeklagte beauftragte in der Folgezeit - aus der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten der hiesigen Nebenintervenientin - Frau Rechtsanwältin R... mit der Prüfung des bisher geführten Ausschreibungsverfahrens. Die Verfügungsbeklagte entschloss sich im Ergebnis, das Verfahren abzubrechen und zu wiederholen. Die Verfügungsklägerin erwirkte daraufhin am 14. Dezember 2015 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Potsdam - Az.: 52 O 122/15 -, mit der der geplante Verfahrensabbruch untersagt wurde. Die Verfügungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwältin R..., legte dagegen Widerspruch ein. Rechtsanwältin R... stimmte für die Verfügungsbeklagte mit der Verfügungsklägerin eine Fortzahlung der Konzessionsabgabe ab. Am 18. Februar 2016 gab es ein Gespräch zwischen den Parteien, an dem auch Rechtsanwältin R... und die Bürgermeisterin der Beklagten teilnahmen. Der Senat beurteilte in dem zu dem geplanten Verfahrensabbruch geführten Berufungsverfahren - Az.: 6 U 2/16 Kart - das Auswahlverfahren aus dem Jahr 2012 in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2017 als so gravierend fehlerhaft, dass ein neues Verfahren durchgeführt werden müsse. Daraufhin nahm die dortige und hiesige Verfügungsklägerin den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurück.

Das neue Auswahlverfahren wurde für die Verfügungsbeklagte von Herrn P... aus der Beteiligungsverwaltung vorbereitet. Frau Rechtsanwältin R... beriet nunmehr die S... im neuen Auswahlverfahren. In Vorbereitung des neuerlichen Konzessionsverfahrens beschloss die Verfügungsbeklagte in der Stadtverordnetenversammlung vom 27. September 2017 den zeitweiligen Einsatz ihrer Vergabekommission als Konzessionsausschuss, dem weder die Bürgermeisterin noch andere Doppelmandatsträger angehörten. Der Konzessionsausschuss setzte sich nach der Beschlussfassung zusammen aus dem Leiter des Fachbereichs Innerer Service bzw. in dessen Abwesenheit einem Bediensteten der Zentralen Vergabestelle, nicht näher bezeichneten Bediensteten der Stadtverwaltung, „welche das Verfahren federführend begleiten“ sowie je einem Vertreter der Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung bzw. deren benannten Stellvertreter (Anlagen AS 24 und AG 4). Ausweislich der Beschlussbegründung wurde in diesem Zusammenhang dem Bediensteten der Stadtverwaltung Herrn P... mit Wirkung ab dem 1. September 2017 untersagt, als Mitarbeiter der Beteiligungsverwaltung weiterhin sein diesbezügliches Teilnahmerecht für die Aufsichtsratssitzungen und die Gesellschafterversammlungen der S... wahrzunehmen. Unabhängig davon blieb er in der Beteiligungsverwaltung der Verfügungsbeklagten tätig. Ferner wurde die für Frau Sch..., Leiterin des Fachbereichs Innerer Service und Recht, bezüglich der Gesellschafterversammlungen der S... erteilte Vertretungsvollmacht für die Bürgermeisterin widerrufen. In der Beschlussbegründung heißt es dazu auszugsweise: „Auf diese Weise ist es möglich, dass Frau Sch... und Herr P... das Vergabeverfahren begleiten und die Sitzungen des Konzessionsausschusses inhaltlich vorbereiten können. Auch ihre Sitzungsteilnahme kann auf diese Weise sichergestellt werden. Bei Herrn L... als Leiter der Vergabekommission sowie den Bediensteten der Zentrale Vergabestelle bestehen keine Interessenkonflikte im Sinne des § 5 KonzVgV“ (Anlage AG 4).

Das neue Verfahren zum Abschluss von Wegenutzungsverträgen für das Stromnetz der streitgegenständlichen Ortsteile wurde am 25. Oktober 2017 im Amtsblatt für Vergaben innerhalb der EU und am 7. November 2017 im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht. Nach Interessenbekundung durch die Verfügungsklägerin und die S... übersandte die Verfügungsbeklagte im März 2018 an diese die Verfahrensunterlagen, bestehend aus „Angebotsbedingungen“ und „Kriterienkatalog“ (Anlagen AS 33/34). Bieterfragen wurden von der Verfügungsbeklagten am 7. Mai 2018 beantwortet. Die indikativen Angebote wurden am 29. Mai 2018 geöffnet, das Protokoll der Angebotsöffnung wurde von Herrn P... in dem Unterschriftenfeld für die „Verhandlungsleitung“ unterzeichnet (Anlage AS 36). Beide Bieter wurden aufgefordert, bis zum 14. September 2018 verbindliche Angebote einzureichen. Die Verfügungsklägerin übermittelte ihr Angebot am 10. September 2018.

Ein von den Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten gefertigtes Gutachten für die finale Angebotsauswertung wurde Herrn P... mit Anschreiben vom 24. Oktober 2018 unter Hinweis auf die Möglichkeit zu Rückfragen übermittelt (Anlage AS 55). Im Rahmen der finalen Angebotsauswertung mit Datum vom 15. November 2018 erhielt das Angebot der Verfügungsklägerin von maximal 700 Punkten insgesamt 621 Punkte, das Angebot der S... 637 Punkte. Die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten stimmte am 5. Dezember 2018 über die Angebotsauswertung ab und beschloss einen Vertragsschluss mit der S... (Anlage AS 43). Vorbereitet wurde der Beschluss durch eine vom „Fachbereich Beteiligungsverwaltung“ respektive von dem Sachbearbeiter Herrn P... gefertigte Vorlage, die zur Begründung unter anderem darauf verweist, dass die „anwesenden Mitglieder des zeitweilig eingerichteten Konzessionsausschusses einstimmig den Abschluss des Stromkonzessionsvertrages mit der Bieterin 2 [S...] empfohlen“ haben (Anlage AS 44).

Die Verfügungsklägerin wurde gemäß § 46 Abs. 5 Satz 1 EnWG von der Beklagten mit Vorabinformation vom 8. Januar 2019 darüber informiert, dass die Stadtverordnetenversammlung auf ihrer Sitzung vom 5. Dezember 2018 beschlossen habe, das Angebot eines anderen Bieters anzunehmen (Anlage AS 45). Die Verfügungsklägerin beantragte daraufhin mit Schreiben vom 14. Januar 2019 Akteneinsicht (Anlage AS 46), die ihr am 11. März 2019 über einen sogenannten elektronischen Datenraum der Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten gewährt wurde. Diese Art der Akteneinsicht war ihr vorab von Herrn P... als Sachbearbeiter mit Schreiben vom 25. Januar 2019 angekündigt worden (Anlage AS 47). Gegenstand der Akteneinsicht waren insbesondere ein von den Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten gefertigter Auswertungsvermerk vom 15. November 2018 sowie das Dokument zum verbindlichen Angebot der S... „Stellungnahme und Betriebskonzept“ (Anlage AS 48). Die Verfügungsklägerin monierte gegenüber der Verfügungsbeklagten das Fehlen der Verfahrensakte für den Zeitraum bis zur Neubekanntmachung im Jahr 2017, der internen Korrespondenz der Stadtverwaltung, der Protokolle zu den Bietergesprächen, der Korrespondenz mit den externen Beratern der Verfügungsbeklagten beziehungsweise ihren Verfahrensbevollmächtigten sowie des Vermerks über den fristgerechten Eingang und die Öffnung der Angebote im September 2018. Sie stellte daraufhin mit Schreiben vom 2. April 2019 ein ergänzendes Akteneinsichtsgesuch, das die Verfügungsbeklagte in der Folgezeit nicht formell beschieden hat. Daneben rügte die Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 5. April 2019 gegenüber der Verfügungsbeklagten diverse Rechtsverstöße, unter anderem einen Verstoß gegen das Trennungsgebot als Ausprägung des Neutralitätsgebots wegen der federführenden Verfahrensleitung des Auswahlverfahrens durch Herrn P..., der als zuständiger Bediensteter für die kommunale Beteiligungsverwaltung durch ein besonderes Interesse mit der S... als kommunaler Eigengesellschaft verknüpft sei (Anlage AS 51). Mit Schreiben vom 10. April 2019 rügte die Verfügungsklägerin ergänzend einen Verstoß gegen das Transparenzgebot, weil die Angebotsauswertung vom 15. November 2018 ausweislich des im Rahmen der Akteneinsicht zugänglich gemachten Anschreibens vom 24. Oktober 2018 vorab an den Mitarbeiter P... von der Beteiligungsverwaltung der Verfügungsbeklagten versandt worden war (Anlage AS 53).

Die Verfügungsbeklagte half den Rügen mit dem der Verfügungsklägerin am 22. August 2019 über den Datenraum und am 23. August 2019 postalisch zugegangenen Schreiben vom 19. August 2019 nicht ab (Anlagen AS 53/54); sie legte jedoch weitere Unterlagen teilweise offen, namentlich einen hinsichtlich vorgenommener Änderung von Schwärzungen angepassten Auswertungsvermerk (Anlage AS 55), Korrespondenz mit der S... zum Umfang von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (Anlagen AS 56/57) sowie eine weniger geschwärzte Version des verbindlichen Angebots der S... (Anlagen AS 58 und 59).

Die Verfügungsklägerin hat am 6. September 2019 bei dem Landgericht Potsdam den Erlass der verfahrensgegenständlichen einstweiligen Verfügung beantragt. Mit Schreiben vom 20. September erhob sie weitere Rügen (Anlage AS 76). Auch diesen Rügen half die Verfügungsbeklagte nicht ab.

Die Verfügungsklägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, das neue Verfahren sei durch die personelle und organisatorische Verflechtung so fehlerhaft, dass nicht von einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren ausgegangen werden könne. Es fehle an der gebotenen personellen und organisatorischen Trennung zwischen der Bieterin S... und der Verfügungsbeklagten. Das zeige sich schon daran, dass sie nicht federführend ihre Vergabeabteilung mit der Durchführung des neuen Verfahrens betraut habe, sondern ihre Beteiligungsverwaltung. Diese stehe in ständigem Kontakt und Austausch mit der S... als ihrer hundertprozentigen Tochter. Rechtsanwältin R... habe nach ihrer Vorbefassung als Beraterin der Verfügungsbeklagten im hiesigen Auswahlverfahren nicht die S... beraten dürfen. Die Vorabinformation über die Ablehnung ihres Angebotes sei unzureichend gewesen, auch die Information über die Gründe der Auswahlentscheidung sei nicht ausreichend detailliert gewesen. Das Angebot der S... hätte nicht geschwärzt werden dürfen. Die Verfügungsbeklagte habe gegen das in § 47 Abs. 3 EnWG geregelte Akteneinsichts- und Rügeverfahren verstoßen, da sie einerseits alle Rügen zurückgewiesen habe, andererseits aber weitere Akteneinsicht bewilligt habe, ohne ihr Gelegenheit zu erneuten Rügen zu geben. Die Akteneinsicht sei zudem weiterhin nicht ausreichend. Ferner habe die Verfügungsbeklagte dabei ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, sondern geschwärzte Passagen der Bieterangebote ohne eigene Prüfung übernommen. Die Entscheidungsfindung sei auch nicht ausreichend dokumentiert und daher nicht nachvollziehbar. Außerdem sei die Angebotsauswertung jedenfalls fehlerhaft erfolgt. So seien die Auswahlkriterien „Anzahl der im Konzessionsgebiet eingesetzten Mitarbeiter“, „Ausbau des örtlichen Verteilernetzes“, „Reaktionszeiten“, „Prognose der Entwicklung der Netznutzungsentgelte“, „Baukostenzuschüsse“, „Prognose der Netzanschlusskosten“, „Energieeffizienz“, „Kosteneffizienz“, „Kundencenter und dessen Erreichbarkeit“, „Beratung zu Netzanschlüssen im Wege sonstiger Kommunikationsmittel“, „Information bei geplanten und ungeplanten Versorgungsunterbrechungen“, „Service bei Zählerablesung“, „Beschwerdemanagement“, „Modernisierung des Netzes“, „Umweltschonende Materialien“, „Kommunalrabatt“ sowie „Regelung zur Kostentragung der Mitverlegung“ nicht sachgerecht bewertet worden.

Die S... ist dem Verfügungsverfahren mit Schriftsatz vom 20. September 2019 als Nebenintervenientin auf Seiten der Verfügungsbeklagten beigetreten.

Die Verfügungsklägerin hat beantragt,

1. der Verfügungsbeklagten zu untersagen, den durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger am 7. November 2017 (Anlage AS 5) ausgeschriebenen Stromkonzessionsvertrag für das Stromversorgungsnetz in den Ortsteilen a..., b..., c..., d..., e..., f..., g... und h... mit der S... GmbH abzuschließen;

2. der Verfügungsbeklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Untersagung nach Ziffer 1. ein festzusetzendes Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an der Bürgermeisterin der Verfügungsbeklagten anzudrohen.

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

 den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte hat die Auffassung vertreten, das Erst- und das hiesige Wiederholungsverfahren seien formal und inhaltlich klar voneinander zu trennen und bildeten deshalb gerade keine Einheit. Das zeige insbesondere die unterschiedliche Ausgestaltung der Auswahlkriterien sowie der Bieterangebote; es seien dementsprechend vollständig neue Angebote eingereicht worden, weshalb die Beteiligung von Rechtsanwältin R... als Beraterin der S... in diesem Auswahlverfahren von vornherein keinen Bedenken begegne. Auch mit Blick auf Herrn P... liege kein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot vor, weil für diesen Bediensteten schon kein wirtschaftliches, finanzielles oder sonstiges persönliches Interesse am Verfahrensausgang ersichtlich sei. Herr P... habe mit Beschlussvorbereitungen, dem Öffnen der Angebote, als Kontaktstelle für die mit der Angebotsauswertung beauftragte Kanzlei oder mit dem Versenden von Vorabinformationen außerdem hauptsächlich Organisationstätigkeiten hinsichtlich des Konzessionsvergabeverfahrens übernommen. Es reiche insoweit nicht aus, dass die Verfügungsklägerin eine Voreingenommenheit nur vermute, sie müsse auch konkret darlegen, dass hieraus eine fehlerhafte Entscheidung im Auswahlprozess zustande gekommen sei. Die Verfügungsklägerin sei mit der Rüge der fehlenden Neutralität zudem präkludiert, weil sie schon aufgrund der Vorgeschichte vor Akteneinsichtnahme damit habe rechnen müssen, dass sich die S... auch im Wiederholungsverfahren als Bieterin beteiligen werde. Sie hätte daher bereits mit Erhalt des Datenanforderungsschreibens vom 20. April 2017, in dem Herr P... als Ansprechpartner genannt sei (Anlage AS 25), jedenfalls aber bei Anwesenheit des Herrn P... im Bietergespräch am 3. Juli 2017 eine diesbezügliche Rüge einreichen müssen.

Die Nebenintervenientin hat sich dem Antrag der Verfügungsbeklagten angeschlossen und insbesondere geltend gemacht, ihre Beratung durch Rechtsanwältin R... stelle keinen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot oder den Grundsatz des Geheimwettbewerbs dar.

Für die weiteren tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ergänzend Bezug genommen.

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung antragsgemäß erlassen. Die Verfügungsklägerin habe einen Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte aus § 19 Abs. 1, 2, § 33 Abs. 1, 2 GWB i.V.m. § 46 Abs. 1, 2 EnWG, den Abschluss eines neuen Wegenutzungsvertrages über das Stromnetz in den betroffenen Ortsteilen mit der S... zu unterlassen.

Der Verfügungsantrag sei zulässig, insbesondere auch ausreichend bestimmt. Erkennbares Ziel der Verfügungsklägerin sei es, einen näher bezeichneten Vertragsschluss zu verhindern und einer weiteren Spezifizierung bedürfe der Antrag nicht. Wie von der Verfügungsklägerin gerügt, habe die Verfügungsbeklagte gegen das ihr obliegende Neutralitätsgebot auch verstoßen, denn die Auswahlverfahrensleitung sei mit Herrn P... ihrem Mitarbeiter in der kommunalen Beteiligungsverwaltung übertragen worden. Erkennbares Ziel der Beklagten sei, wie sich aus dem gesamten Verfahrensablauf seit 2012 ergebe, das Stromnetz auch in den hier streitgegenständlichen Bereichen zu kommunalisieren. Die fehlende Neutralität des Herrn P... habe auch nicht allein dadurch aufgehoben werden können, dass dieser verpflichtet worden sei, sein Recht auf Teilnahme an den Gesellschafterversammlungen und den Aufsichtsratssitzungen ab dem 1. September 2017 ruhen zu lassen. Erschwerend komme hinzu, dass er dem Bürgermeisterbereich unmittelbar zugeordnet sei. Der Kammer erschließe sich nicht, wie diese personelle Verquickung mit einem fairen Wettbewerb vereinbart werden könne. Es könne daher dahinstehen, ob die fehlende Einsichtnahme in den zeitlich vor dem offiziellen Auswertungsvermerk von den jetzigen Bevollmächtigten der Verfügungsbeklagten gefertigten und vorab von diesen an Herrn P... gesandten Auswertungsvermerk bereits Zweifel an der Neutralität des Verfahrens bestätige begründeten. Die Verfügungsklägerin sei mit der Rüge der fehlenden Trennung zwischen verfahrensleitender Stelle und Bieter auch nicht präkludiert. Unabhängig von der Frage einer Rügepflicht für derart schwerwiegende Verstöße habe die Verfügungsklägerin bereits in ihrem ersten Rügeschreiben vom 5. April 2019 und damit fristgerecht auf die fehlende Neutralität der verfahrensleitenden Stelle hingewiesen. Zwar habe die Verfügungsklägerin vermuten können, die S... werde sich am Auswahlverfahren beteiligen, erst mit Akteneinsicht vom 11. März 2019 habe die Verfügungsklägerin aber von der Beteiligung gewusst.

Die Beauftragung von Rechtsanwältin R... durch die S... führe zudem zu einer Verletzung des Geheimwettbewerbs und diskriminiere die Verfügungsklägerin. Rechtsanwältin R... habe die Verfügungsbeklagte im ersten Auswahlverfahren beraten und vor Gericht in dem betreffenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vertreten, gleichwohl berate und vertrete sie nunmehr die S... als hundertprozentige Tochter der Kommune. Das jetzige Verfahren sei nicht von dem früheren Verfahren vollständig trennbar, denn die nunmehrige Beraterin der S... verfüge über interne Kenntnisse des ersten Ausschreibungsverfahrens. Gerade in den Fällen, in denen ein erstes Ausschreibungsverfahren wiederholt werden müsse, sei ein materielles Verständnis des Beginns eines Ausschreibungsverfahrens notwendig, um effektiven Rechtsschutz gegen Manipulationen gewährleisten zu können.

Das Auswahlverfahren habe außerdem nicht dem Gebot der Transparenz entsprochen. Zwar müsse die Verfügungsbeklagte die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Bieter wahren, dies aber nur soweit, als es unerlässlich sei. Hier habe die Gemeinde sich darauf zurückgezogen, dass sie sich an die Vorgaben der Bieter zu halten habe. Die Verfügungsbeklagte habe sich zwar dennoch nicht gehindert gesehen, einen Teil der Schwärzung des Angebotes zurückzunehmen. Das sei aber weiterhin nicht ausreichend, um die Auswertung der Angebote nachvollziehen zu können. Schließlich sei die Verfügungsklägerin durch das Verfahren auch im Übrigen durch eine insgesamt unzureichende Akteneinsicht unangemessen benachteiligt worden.

Auf die Begründetheit der von der Verfügungsklägerin zu den einzelnen Auswahlkriterien erhobenen Rügen komme es nach den Ausführungen zu den grundlegenden Mängeln des Auswahlverfahrens nicht mehr an.

Dagegen richtet sich die Berufung der Verfügungsbeklagten, mit der sie ihr Antragsabweisungsbegehren weiterverfolgt. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Verfügungsantrag bereits zu unbestimmt sei, weil er die einzelnen Rügen, die jeweils einen selbständigen Streitgegenstand darstellten, nicht separat zumindest kurz bezeichne, wie dies in der Instanzrechtsprechung - insbesondere OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Juni 2019 - 2 U 218/18 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 28. August 2019 - 6 U 109/18 Kart - jedenfalls teilweise verlangt werde. Außerdem seien die Entscheidungsformel mit der pauschalen Untersagung eines künftigen Vertragsschlusses und damit der Verbotsgegenstand nicht konkret genug bezeichnet.

Das landgerichtliche Urteil sei auch nur unzureichend begründet. Der aufgrund der Beteiligung des Herrn P... angenommene Verstoß gegen das Neutralitätsgebot sei nicht gegeben. Das Landgericht habe fehlerhaft zugrunde gelegt, Herrn P... sei die Verfahrensleitung übertragen worden. Es habe sich nicht mit ihrem Vortrag ausreichend auseinander gesetzt, wonach die Verfahrensleitung auf die Vergabestelle der Stadt übertragen worden sei, Herr P... keine Entscheidungskompetenzen gehabt, dieser an den Gremiensitzungen der S... nicht mehr teilgenommen habe und es einen Austausch zwischen ihm und der Bürgermeisterin über die Konzessionsvergabe nicht gegeben habe. Fehlerhaft habe das Landgericht auch angenommen, die Rüge der Verletzung des Neutralitätsgebots sei nicht präkludiert. Bereits die Vermutung eines Verstoßes begründe die Rügeobliegenheit, denn wenn ein Verstoß vorliege, müsse das Auswahlverfahren von Anfang an wiederholt werden, so dass eine frühzeitige Verdachtsrüge im gesetzlich gewollten Beschleunigungsinteresse liege. Zumindest sei für diese Rüge die Frist des § 47 Abs. 5 EnWG nicht gewahrt, weil sie nicht gesondert im Verfügungsantrag abgebildet sei. Die Stellung des Herrn P... als Mitarbeiter der Beteiligungsverwaltung begründe jedenfalls aber auch keine Interessenkollision. An der strategischen Entwicklung des Beteiligungsunternehmens sei er nicht beteiligt. Seine Funktion sei auf grundsätzliche Belange beschränkt. Die von der Verfügungsklägerin behaupteten vermeintlichen Verflechtungen begründeten daher nicht mehr als einen „bösen Schein“. Ein solcher könne einen Verfahrensverstoß aber nicht begründen, erforderlich sei eine tatsächliche kausale Beeinflussung. Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme eine Interessenkollision für ihren Mitarbeiter P... im Übrigen schon deshalb nicht in Betracht, weil danach ein Mitwirkungsverbot bei der Vergabe eines Wegenutzungsrechts überhaupt nur für solche Personen bestehe, die bei einem Bewerber entgeltlich beschäftigt oder bei ihm als Mitglied eines Organs tätig seien (BGH, Urteil vom 28.01.2020 - EnZR 99/18 - Gasnetz Leipzig). Diese Voraussetzungen lägen für ihren Mitarbeiter P... unstreitig nicht vor, zumal er sein Teilnahmerecht an Gremiensitzungen der S... während des laufenden Auswahlverfahrens habe ruhen lassen, wie sich auch aus seiner nachgereichten eidesstattlichen Versicherung (Anlage BK 4) ergebe. Ein persönliches Interesse am Ausgang des Auswahlverfahrens - etwa im Sinne von § 6 VgV oder § 5 KonzVgV - könne ihm daneben nicht unterstellt werden, weil er ersichtlich in keiner Weise von einem etwaigen Vertragsabschluss mit den gemeindeeigenen Stadtwerken profitieren könne. Ferner lägen die Voraussetzungen für einen vermuteten Interessenkonflikt entsprechend § 6 VgV bzw. § 5 KonzVgV hinsichtlich ihrer jeweiligen Regelungen in Absatz 3 Nr. 2 nicht vor, weil diese Bestimmungen nur für externe Berater eines Bieters gälten, nicht hingegen für eigene Mitarbeiter des Auftraggebers.

Rechtsfehlerhaft seien auch die Ausführungen zur Beteiligung von Rechtsanwältin R..., weil die insoweit vom Landgericht herangezogene Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 19. Juli 2016, Kart U 1/15) einen nicht vergleichbaren Sachverhalt betreffe.

Die von der Verfügungsklägerin begehrte Akteneinsicht sei außerdem ausreichend gewährt worden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts beschränke sich das Akteneinsichtsrecht auf die Auswahlentscheidung und deren Begründung. Auch eine unzureichende Offenlegung des Auswertungsvermerks sei nicht gegeben, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse seien nicht zu offenbaren, was Betriebsgeheimnisse seien, sei von den Bewerbern zu bestimmen.

Die Verfügungsklägerin hat in der mündlichen Verhandlung auf Anregung des Senats den Verfügungsantrag zu 1. präzisiert und beantragt zuletzt,

der Verfügungsbeklagten zu untersagen, den durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger am 7. November 2017 (Anlage AS 5) ausgeschriebenen Stromkonzessionsvertrag für das Stromversorgungsnetz in den Ortsteilen a..., b..., c..., d..., e..., f..., g... und h... mit der S... GmbH auf der Grundlage des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung der Verfügungsbeklagten vom 5. Dezember 2018 abzuschließen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auch in seiner letzten Fassung zurückzuweisen.

Die Streithelferin der Verfügungsbeklagten schließt sich deren Antrag an. Sie rügt das angefochtene Urteil mit selbständigen Ausführungen als rechtsfehlerhaft, soweit das Landgericht angenommen habe, dass ihre Prozessvertretung durch Frau Rechtsanwältin R... von der Beklagten habe verhindert werden müssen, weil sie diese in dem ersten Konzessionsverfahren beraten habe und aus diesem Verfahren interne Kenntnisse erlangt habe, die auch im laufenden Auswahlverfahren noch von Bedeutung seien. Zum einen seien besondere Kenntnisse über die Bieterangebote von Rechtsanwältin R... in dem ersten Verfahren nicht erlangt worden, zum anderen sei zwischen den verschiedenen Verfahren aber auch vom Sachverhalt her zu trennen, so dass sich die vom Landgericht maßgeblich herangezogene Entscheidung des Senats (Urteil vom 19. Juli 2016 - Kart U 1/15) als nicht einschlägig erweise. Jedenfalls habe das Landgericht keine Feststellungen dazu getroffen, dass interne Kenntnisse von Rechtsanwältin R... sich tatsächlich auf das laufende Auswahlverfahren ausgewirkt hätten.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

 die Berufung zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil. Zutreffend habe das Landgericht den Antrag als hinreichend bestimmt angesehen. Richtig habe es auch erkannt, dass das Wiederholungsverfahren wegen des gravierenden Verstoßes gegen das Gebot der organisatorischen und personellen Trennung diskriminierend durchgeführt worden sei. Die von der Verfügungsbeklagten angeführte jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 28.01.2020 - EnZR 99/18 - Gasnetz Leipzig) habe vielmehr die bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach eine konkrete Gefahr geeignet sei, das Fehlen der notwendigen Unparteilichkeit der vergabeleitenden Stelle zu begründen. Mit einem nur „bösen Schein“ habe dies nichts zu tun. Nur für den dort entschiedenen Fall einer verbotenen Mitwirkung von Stadträten mit Doppelmandat habe der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass ein Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot, der sich auf die abschließende Entscheidung im Gemeinderat beschränke, nicht per se zu einer unbilligen Behinderung führe, wenn die Anforderungen an die Trennung von Vergabestelle und der als Bieter auftretenden Eigengesellschaft ansonsten eingehalten worden seien. Die konkrete Beeinflussung des Vergabebeschlusses müsse ein unterlegener Bieter danach daher nur darlegen, wenn die Anforderungen an die organisatorische und personelle Trennung sonst eingehalten seien und ein vom Mitwirkungsverbot betroffener Gemeinderat ausschließlich an der abschließenden Beschlussfassung teilgenommen habe. Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben, denn hier gehe es nicht um die Verletzung des Mitwirkungsverbots bei der Beschlussfassung unter grundsätzlicher Einhaltung des organisatorischen und personellen Trennungsgebots im vorhergehenden Auswahlverfahren. Abgesehen davon bestünden auch Indizien dafür, dass sich die Verfahrensleitung des Herrn P... konkret zugunsten der S... ausgewirkt habe, denn es seien von der Verfügungsbeklagten nicht die Umstände dazu dargelegt worden, mit welchem Inhalt und zu welchem Zweck der Auswertungsvermerk an Herrn P... vorab mit Gelegenheit zur Stellungnahme gegangen sei. Auch der Einwand der Verfügungsbeklagten, nicht Herr P..., sondern die Zentrale Vergabestelle habe das Verfahren geleitet, sei offensichtlich unzutreffend, denn unstreitig habe Herr P... vergabeseitig die wesentlichen Entscheidungen vorbereitet und mitgetroffen, sich insbesondere verfahrensvorbereitend um die Abfrage der Netzdaten gekümmert, im Auswahlverfahren die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung zur Besetzung des Konzessionsausschusses und zur Festlegung des Kriterienkataloges samt Gewichtung und Angebotsbedingungen vorbereitet, die indikativen Angebote geöffnet, an den Bietergesprächen teilgenommen, mit den die Verfügungsbeklagte im Verfahren beratenden Anwälten kommuniziert, den Auswertungsvermerk vorab erhalten, den Beschluss zur Auswahl des Angebots vorbereitet, an Sitzung der Stadtverordneten mitgewirkt und die Vorabinformation an sie als Bieterin versandt.

Der Senat hat mit der Terminbestimmung der Verfügungsbeklagten aufgegeben, sich dazu zu erklären, ob Herr P... Mitglied des Konzessionsausschusses war und falls nicht, in welcher Eigenschaft er andernfalls an den Sitzungen dieses Ausschusses teilgenommen und die diesem Ausschuss obliegenden Aufgaben wahrgenommen hat. Dazu hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 28. Januar 2021 ergänzend vorgetragen. Danach habe Herr P... an den Sitzungen des Konzessionsausschuss als Vertreter der Stadtverwaltung teilgenommen und ausschließlich organisatorische und koordinierende Aufgaben wahrgenommen. Die Bildung des Konzessionsausschuss sei zwar an die Vergabekommission angelehnt gewesen, aber nicht in der Weise gelebt worden, dass Herr P... dort als meinungsbildendes Mitglied fungiert habe. Er habe die Sitzungen des Konzessionsausschusses lediglich organisiert und technisch vorbereitet, indem er von den Beratern übermittelte Unterlagen formal geprüft habe und die Sitzungen geplant habe. Dabei habe er sich um die Umsetzung der Beschlüsse der zuständigen Gremien, die Überwachung von Fristen und die Dokumentation des Verfahrens gekümmert. Herr P... habe sich zudem auch selbst nicht als stimmberechtigtes Mitglied angesehen, wie sich aus seiner eidesstattlichen Versicherung vom 27. Januar 2021 ergebe (Anlage BK 4).

Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2021 hat demgegenüber die Verfügungsklägerin ihre Darstellung nochmals vertieft, wonach Herr P... gerade das federführende Mitglied des Konzessionsausschusses gewesen sei, und darauf verwiesen, dass Herr P... nach Aktenlage sämtliche der für den Konzessionsausschuss gemäß Beschlussfassung vom 27. September 2017 vorgesehenen Aufgaben wahrgenommen habe, nämlich die Bearbeitung möglicher Rügen von Bietern, die Sichtung der indikativen Bieterangebote im Hinblick auf die festgelegten Auswahlkriterien, die aktive Teilnahme an den Verhandlungsgesprächen mit den Bewerbern, die finale Angebotsauswertung und Erarbeitung eines Beschlussvorschlags für die Auswahlentscheidung der Stadtverordnetenversammlung. Soweit sich daraus nicht schon eine unbillige Behinderung im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB ergebe, folge der Verfügungsanspruch jedenfalls aus § 33 Abs. 1 GWB, Art. 106 AEUV i.V.m Art. 102, Art. 4 Abs. 3 AEUV. Die Doppelstellung der Verfügungsbeklagten als Vergabestelle und Bieter verletze europäisches Primärrecht. Die Zuweisung der Wegenutzungsverträge nach §§ 46, 47 GWB in die Verantwortung der Gemeinden bei gleichzeitiger Beteiligung eines kommunalen Betriebes verstoße per se gegen das Verbot von Maßnahmen, welche die Gefahr der Aufrechterhaltung, Stärkung oder Ausweitung der marktbeherrschenden Stellung auf getrennte, aber benachbarte Märkte begründen und welches insbesondere den Erlass oder die Aufrechterhaltung von Regeln verbietet, die auf Seiten eines marktbeherrschenden Unternehmens einen Interessenkonflikt begründen und dadurch zum Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung veranlassen. Die Doppelfunktion der Kommunen bei der Vergabe der Wegekonzessionen berge die Gefahr der Diskriminierung privater Unternehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll des Senatstermins vom 19. Juni 2020 ergänzend verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten ist unbegründet.

A) Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist gemäß §§ 935 ff. ZPO i.V.m. § 47 Abs. 5 Satz 2 EnWG in der seit dem 3. Februar 2017 geltenden Fassung statthaft und auch sonst zulässig.

1. § 47 Abs. 5 Satz 2 EnWG ordnet die Geltung der Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung für die gerichtliche Geltendmachung von Rechtsverletzungen durch die am Auswahlverfahren nach § 46 EnWG beteiligten Unternehmen an. Das Verfahren nach § 47 Abs. 5 EnWG eröffnet im Eilverfahren den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zuvor gerügte Rechtsverletzungen des Bieters, denen die Gemeinde nicht abgeholfen hat. Indem die Verfügungsklägerin die Unterlassung der Fortsetzung des Auswahlverfahrens zur Neueinräumung des Wegenutzungsrechts für den Betrieb des verfahrensgegenständlichen Stromversorgungsnetzes auf der Grundlage der bekanntgegebenen Auswahlkriterien und deren Gewichtung begehrt, bevor nicht den mit ihren Rügeschreiben erhobenen und mit der Antragsschrift weiterverfolgten Rügen abgeholfen wurde, ist ihr Antragsbegehren somit statthaft.

2. Gegen die Zulässigkeit des Antragsbegehrens bestehen auch im Übrigen keine durchgreifenden Bedenken.

a) Die als Teilnehmerin am Bieterwettbewerb gemäß § 47 Abs. 5 EnWG antragsbefugte Verfügungsklägerin ist entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten nicht gehalten, die von ihr erhobenen Rügen in die Form einzelner zu bescheidender Anträge in das Verfügungsverfahren einzubringen. Nach der jüngeren obergerichtlichen Rechtsprechung ist die Geltendmachung von Rügen im Sinne des § 47 Abs. 2 EnWG in Einzelanträgen zwar jedenfalls unschädlich, wenn nicht im Interesse der Antragsklarheit vorzugswürdig und in bestimmten anderen Sachverhaltskonstellationen geboten (OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Juni 2019 - 2 U 218/18, juris Rn. 44; OLG Karlsruhe, Urteil vom 28. August 2019 - 6 U 109/18 Kart, juris Rn. 92). Eine solche Fassung des Antrages ist zivilprozessual aber nicht zwingend erforderlich, wenn sich die hinreichende Konkretisierung des Antragsbegehrens, das hier ungeachtet der im Einzelnen unterschiedlichen Rügen jeweils auf Unterlassung des von der Beklagten beabsichtigten Vertragsschlusses gerichtet ist, mit der hierfür erforderlichen Klarheit aus der Antragsbegründung ergibt (vgl. Senat, Urteil vom 18. August 2020 - 17 U 1/19 Kart, juris Rn. 99; OLG Stuttgart, aaO). Das ist vorliegend der Fall, wie bereits das Landgericht richtig beurteilt und mit zutreffenden weiteren Erwägungen ausgeführt hat.

b) Der Unterlassungsantrag bildet das von der Verfügungsklägerin verfolgte Rechtsschutzziel auch hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ab. Soweit die Beklagte gemeint hat, der Unterlassungsantrag und die stattgebende Entscheidungsformel des angegriffenen Urteils seien mit der pauschalen Untersagung jedes künftigen Vertragsschlusses zu weit gefasst und der Verbotsgegenstand damit nicht ausreichend konkret bezeichnet, kann dies nach der im Senatstermin erfolgten Antragsergänzung, wonach der Verfügungsbeklagten der Abschluss des Wegekonzessionsvertrages auf der Grundlage des Beschlusses ihrer Stadtverordnetenversammlung vom 5. Dezember 2018 zu untersagen ist, jedenfalls dahinstehen. Die damit erfolgte Präzisierung stellt keine Änderung des Streitgegenstandes im Sinne der §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 533 ZPO dar, sondern entspricht dem Verfügungsbegehren, wie es sich bei verständiger Würdigung bereits aus der Antragsschrift ergibt (vgl. Senat, Urteil vom 19. Juli 2016 - Kart U 1/15, juris Rn. 37 f.).

3. Die von der Verfügungsbeklagten monierte Wahrung der jeweils 30tägigen Rügefrist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 3 und 4 EnWG sowie der Frist des § 47 Abs. 5 Satz 1 EnWG zur Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes binnen 15 Kalendertagen ab Zugang der Nichtabhilfeinformation wirft keine Zulässigkeitsfragen auf, sondern ist eine Frage der Begründetheit. Die Präklusionsanordnung in § 47 EnWG formuliert keine Zugangsvoraussetzung zu einem spezifischen Nachprüfungsverfahren, sondern dient dazu, eine frühzeitige Rechtssicherheit herbeizuführen, indem es den daran beteiligten Unternehmen verwehrt ist, sich materiell erstmals nach Ablauf der Rügefristen auf zuvor nicht gerügte Rechtsverletzungen zu berufen (vgl. BT-Drs. 18/8184, S. 16; Senat, Urteil vom 18. August 2020 - 17 U 1/19 Kart, juris Rn. 98; ebenso KG, Urteil vom 25. Oktober 2018 - 2 U 18/18 EnWG, juris, Rn. 22 ff.; OLG Karlsruhe, aaO, Rn. 103).

B) Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung hat auch in der Sache Erfolg.

Die mit dem Verfügungsantrag geltend gemachte Rüge der Verfügungsklägerin, das Auswahlverfahren verstoße gegen das aus § 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 5 EnWG i.V.m. § 19 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 33 Abs. 1 und 2 GWB abzuleitende Diskriminierungsverbot, weil die Verfügungsbeklagte keine hinreichende organisatorische und personelle Trennung zwischen der von ihr eingerichteten verfahrensleitenden Stelle und ihrer auf Bieterseite an dem Konzessionierungsverfahren teilnehmenden Beteiligungsgesellschaft vorgenommen habe, ist begründet. Danach ist der Verfügungsbeklagten zu untersagen, den durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger am 7. November 2017 ausgeschriebenen Konzessionsvertrag zum Abschluss eines neuen Wegenutzungsvertrages nach § 46 Abs. 2 und 3 EnWG auf der Grundlage des Beschlusses ihrer Stadtverordnetenversammlung vom 5. Dezember 2018 mit der Nebenintervenientin abzuschließen.

1. Der Verfügungsanspruch aus § 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 5 EnWG i.V.m. § 19 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 33 Abs. 1 und 2 GWB richtet sich darauf, die Fortsetzung des Auswahlverfahrens ohne Abhilfe der begründeten Rügen zu unterlassen (vgl. BT-Drs. 18/8184, S. 17). Dass Auswahlverfahren zum Abschluss eines neuen Wegenutzungsvertrages genügt den aus § 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 5 EnWG i.V.m. § 19 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 33 Abs. 1 und 2 GWB abzuleitenden Anforderungen nicht. Im Ausgangspunkt zu Recht hat auf dieser Grundlage bereits das Landgericht einen Anspruch der Verfügungsklägerin dahin bejaht, dass die Verfügungsbeklagte den beabsichtigten Abschluss des Stromkonzessionsvertrages unterlässt, bis ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren durchgeführt ist.

a) Nach § 33 Abs. 1 GWB ist, wer gegen §§ 18 ff. GWB verstößt, gegenüber dem Betroffenen zur Unterlassung verpflichtet. Die Verfügungsklägerin ist als Interessentin am Abschluss des ausgeschriebenen Stromkonzessionsvertrages Betroffene im Sinne von § 33 Absatz 1 GWB, da sie durch die aktuelle Gestaltung des Auswahlverfahrens beeinträchtigt ist, § 33 Abs. 3 GWB. Nach § 19 Abs. 1 GWB ist der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen verboten. Nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB liegt ein Missbrauch insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungenein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen. Gemeinden wie die Verfügungsbeklagte sind bei Abschluss eines Konzessionsvertrages wie Unternehmer im Sinne von § 19 Abs. 1 GWB zu behandeln (BGH, Beschlüsse vom 15. April 1986 - KVR 6/85 - Wegenutzungsrecht, juris Rn. 14 sowie vom 11. März 1997 - KZR 2/96 - Erdgasdurchgangsleitung, juris Rn. 17), denn sie haben eine marktbeherrschende Stellung über das Angebot von Wegenutzungsrechten in dem örtlich auf das Gemeindegebiet beschränkten Markt (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - KZR 66/12 - Stromnetz Berkenthin, juris Rn. 20; OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Juni 2019 - aaO, juris Rn. 48 ff.).

aa) Das EnWG enthält selbst keine ausdrückliche Bestimmung, nach der etwa die Mitwirkung von Bediensteten der Gemeinde oder von Gemeinderäten, die als Organvertreter oder in sonstiger Funktion mit einer am Auswahlverfahren über die Vergabe des Wegenutzungsrechts nach § 46 Abs. 2 EnWG beteiligten Gesellschaft verknüpft sind, ohne weiteres zu einer unbilligen Behinderung eines Mitbewerbers im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB führt. Solche Vorschriften ergeben sich auch nicht aus anderen spezialgesetzlichen Regelungsmaterien.

(1) § 16 VgV in der bis zum 17. April 2016 gültigen Fassung und § 6 VgV n.F. erstrecken sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und wie nunmehr in § 1 Abs. 2 Nr. 3 VgV n.F. auch klargestellt ist, nicht auf die Entscheidung über Wegenutzungsverträge nach § 46 Abs. 2 EnWG (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2020 -EnZR 99/18 - Gasnetz Leipzig, juris Rn. 26; ebenso Senat, Urteil vom 19. Juli 2016 - Kart U 1/15, juris Rn. 49). Ob die an § 16 VGV a.F. und § 6 VgV n.F. angelehnte und im Wesentlichen gleichlautende Bestimmung des § 5 KonzVgV (vgl. BT-Drs. 18/7318, S. 252), die der Umsetzung von Art. 35 RL 2014/23/EU dient und im Zuge der Vergaberechtsreform 2016 in Kraft getreten ist (Art. 7 Abs. 1 VergRModVO,BGBl. I, 2016, S. 624, 683), in Fällen wie den vorliegenden spezialgesetzlich einschlägig ist, hat der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung wegen des dort vor Inkrafttreten der Norm gelegenen Sachverhalts offen gelassen (aaO, Rn. 25). Gegebenenfalls richtete sich die Vergabe von Wegenutzungsverträgen gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 2 GWB bei Überschreitung des in § 106 Abs. 1 und 2 Nr. 4 GWB geregelten Schwellenwertes nach dem 4. Teil des GWB und unterläge das Auswahlverfahren hinsichtlich der Vermeidung von Interessenkonflikten unmittelbar der Regelung des § 5 KonzVgV, weil dieVerordnung über die Vergabe von Konzessionen nach § 1 KonzVgV ausdrücklich die Einzelheiten des Verfahrens für die dem 4. Teil des GWB unterliegenden Konzessionsvergaben regelt. Davon ist nach Auffassung des Senats mit Rücksicht auf die Gesetzgebungsmaterialien jedoch nicht auszugehen.

(2) Der deutsche Gesetzgeber hat im Rahmen der Umsetzung von europarechtlichen Vorgaben aus der Richtlinie 2014/23/EU über die Vergabe von Konzessionen deren Regelungen teilweise direkt im GWB, teilweise in der neuen Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) in nationales Recht umgesetzt. Er hat dabei geprüft, ob die Nutzung öffentlicher Liegenschaften für den Betrieb fester Leitungen oder Netze in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt und in den Gesetzesbegründungen zum Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (VergRModG; BGBl. I, 2016, S. 203, 222) sowie dem Gesetz zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung (BGBl. I, 2017, S. 130 ff.) jeweils zum Ausdruck gebracht, dass die betreffenden Vergaben davon ausgenommen sind. In dem Gesetzentwurf zur Änderung der §§ 46, 47 EnWG heißt es dazu:

„Zum Verhältnis des § 46 EnWG zur Konzessionsrichtlinie (2014/23/EU) ist auszuführen, dass sich die Bundesregierung im Rahmen des EU-Gesetzgebungsverfahren zur Modernisierung des Vergaberechts erfolgreich dafür eingesetzt hat, dass die „Gewährung von Wegerechten hinsichtlich der Nutzung öffentlicher Liegenschaften für die Bereitstellung oder den Betrieb fester Leitungen oder Netze“ grundsätzlich nicht als Konzession im Sinne der Richtlinie gilt. Diese Ausführungen betreffen vor allem Wegenutzungsverträge im Sinne des § 46 EnWG für Strom- und Gasleitungen“ (BT-Drs. 18/8184, S. 10).

In Übereinstimmung mit der Begründung im Gesetzgebungsverfahren wurde in Erwägungsgrund 16 der Richtlinie 2014/23/EU festgehalten, dass „Vereinbarungen über die Gewährung von Wegerechten hinsichtlich der Nutzung öffentlicher Liegenschaften für die Bereitstellung oder den Betrieb fester Leitungen oder Netze, über die eine Dienstleistung für die Allgemeinheit erbracht werden soll, ebenfalls nicht als Konzessionen im Sinne dieser Richtlinie gelten, sofern derartige Vereinbarungen weder eine Lieferverpflichtung auferlegen, noch den Erwerb von Dienstleistungen durch den öffentlichen Auftraggeber oder den Auftraggeber für sich selbst oder für Endnutzer vorsehen“ (ABl. L 94, S. 1, ber. 2015 L 114 S. 24). Diesen Erwägungsgrund aufgreifend heißt es dann auch entsprechend in der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 105 Abs. 1 GWB:

„Erwägungsgrund 16 macht deutlich, dass die Gewährung von Wegerechten hinsichtlich der Nutzung öffentlicher Liegenschaften für die Bereitstellung oder den Betrieb fester Leitungen oder Netze, über die eine Dienstleistung für die Allgemeinheit erbracht werden soll, ebenfalls nicht als Konzession im Sinne der Richtlinie 2014/23/EU gelten, sofern derartige Verpflichtungen weder eine Lieferverpflichtung auferlegen noch den Erwerb von Dienstleistungen durch den Konzessionsgeber für sich selbst oder für den Endnutzer vorsehen. Diese Ausführungen betreffen vor allem Wegenutzungsverträge im Sinne des § 46 des Energiewirtschaftsgesetzes zu Strom- und Gasleitungen sowie Wegenutzungsverträge zu Fernwärmeleitungen“ (BT-Drs. 18/6281, S. 76).

Im Einklang damit ist festzustellen, dass die maßgebliche Pflicht zur Versorgung der Letztverbraucher mit Strom und Gas seit der Entflechtung durch Trennung des Netzbetriebs von der Versorgung unabhängig von der Rechtsstellung als Konzessionär ist (vgl. Kment, Energiewirtschaftsgesetz, 2. Auflage, EnWG § 46 Rn. 8).

bb) Der Senat hat vor diesem Hintergrund keine Veranlassung zu der Annahme, dass der Anwendungsbereich der Konzessionsvergaberichtlinie abweichend von der vom Gesetzgeber in den Gesetzgebungsverfahren zur Neufassung von § 105 GWB und zu § 5 KonzVgV gegebenen Begründungen zu bestimmen ist (vgl. die nicht einschlägige Kasuistik bei Wagner in Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Auflage, § 105 GWB Rn. 58 mwN zur EuGH-Rspr.; kritisch Dicks in Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht,5. Auflage, § 105 GWB Rn. 7;Wagner/Pfohl, ZfBR 2014, 745, 747), so dass die von der Verfügungsklägerin erhobenen Verfahrensrügen sämtlich auf der Grundlage von §§ 46 f. EnWG und den dazu in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu beurteilen sind.

b) Nach dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 EnWG kann durch den unterlegenen Bewerber ausdrücklich eine „Rechtsverletzung durch Nichtbeachtung der Grundsätze eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens“ gerügt werden. Zutreffend gesehen hat das Landgericht, dass die Verfügungsklägerin mit ihren auf eine Verletzung des Neutralitätsgebots abhebenden Rügen nicht präkludiert ist, insbesondere unterliegt sie entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten mit ihrer Rüge in Bezug auf die das Auswahlverfahren leitende Tätigkeit des für die Beteiligungsverwaltung der Verfügungsbeklagten zuständigen Mitarbeiters P... nicht der Versäumung der Fristen nach § 47 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 EnWG.

aa) Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung im Eilverfahren nach § 47 Abs. 5 EnWG sind nicht sämtliche potenziellen Rechtsverletzungen der Kommune im Rahmen eines laufenden Konzessionierungsverfahrens, sondern allein solche - vom Verfügungskläger innerhalb der gesetzlichen Frist gerügte - Rechtsverletzungen, die bereits in den im Rahmen dieses Verfahrens erfolgten Verlautbarungen der Kommune manifestiert sind. Nach 47 Abs. 1 Satz 1 EnWG kann ein an einem Verfahren zur Vergabe von Wegenutzungsverträgen beteiligtes Unternehmen eine Rechtsverletzung durch Nichtbeachtung der Grundsätze eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens nach § 46 Abs. 1 bis 4 EnWG nur geltend machen, soweit es diese nach Maßgabe von Absatz 2 gerügt hat. Diese Regelung enthält die zentrale Grundaussage, dass die Geltendmachung von Rechtsverletzungen im Rahmen des Auswahlverfahrens nach § 46 Abs. 1 bis 4 EnWG ausgeschlossen, also materiell präkludiert ist, wenn der Bewerber diese Rechtsverletzungen nicht rechtzeitig gegenüber der Gemeinde vorab gerügt hat. Die Rügefrist beträgt für Rechtsverletzungen im Rahmen der vorliegend in Rede stehenden Auswahlentscheidung, die „aufgrund“ der jeweiligen Verlautbarung beziehungsweise hier aus der Vorabinformation nach § 46 Abs. 5 Satz 1 EnWG bereits „erkennbar“ sind, gemäß § 47 Abs. 2 Satz 3 EnWG 30 Kalendertage ab Zugang. Im Falle einer vom Bewerber begehrten Akteneinsicht beginnt die 30-Tage-Frist gemäß Satz 4 ab dem ersten Tag, an dem die Gemeinde die Akten zur Einsichtnahme bereitgestellt hat, erneut zu laufen.

bb) Vorliegend hat die Verfügungsklägerin nach Erhalt der Vorabinformation der Verfügungsbeklagten vom 8. Januar 2019 (Anlage AS 45) am 11. Januar 2019 mit Schreiben vom 14. Januar 2019 Akteneinsicht (Anlage AS 46) beantragt, die ihr unstreitig am 11. März 2019 über einen elektronischen Datenraum der Beklagtenvertreter gewährt wurde. Die beiden ersten Rügeschreiben der Verfügungsklägerin datieren sodann vom 5. April 2019 und vom 10. April 2019 und wurden der Verfügungsbeklagten - wie in den Schreiben angegeben -„vorab per Fax“ übersandt (Anlage AS 51/52). Die Einhaltung der zweiten 30-Tage-Frist ist daher zu bejahen. Bereits das erste Rügeschreiben der Verfügungsklägerin vom 5. April 2019 beanstandet die „Verfahrensleitung durch Herrn P... von der Beteiligungsverwaltung“ und moniert einen Verstoß gegen das Gebot organisatorischer und personeller Trennung respektive des Trennungsgebotes als Ausprägung des Neutralitätsgebotes mit näheren Darlegungen (Anlage AS 51, S. 2 f.). Das genügt für eine form- und fristgerechte Rüge, ein Fristversäumnis wird von der Verfügungsbeklagten insoweit auch nicht geltend gemacht.

cc) Ihr stattdessen erhobener Einwand, es wäre die etwaige Wiederholung des Auswahlverfahrens wegen der verfahrensbegleitenden Tätigkeiten des Herrn P... vermeidbar gewesen, wenn die Verfügungsklägerin die Rüge frühzeitiger erhoben hätte, verfängt nicht. Soweit die Beklagte damit einwenden will, die Klägerin hätte die Rüge schon vor Erhalt der Vorabinformation oder jedenfalls nach deren Erhalt innerhalb der ersten 30-Tage-Frist rügen müssen, weil ihr der betreffende Sachverhalt - die Tätigkeit des Herrn P... einerseits und die Bieterbeteiligung der S... andererseits - aufgrund der Vorgeschichte des Wiederholungsverfahrens habe bekannt sein müssen, kommt es darauf schon angesichts der klaren Fristenregelungen für das Rügeregime in § 47 EnWG nicht an. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass gesetzlich eingeräumte Fristen genutzt werden dürfen. Unabhängig davon ist nicht dargelegt, aus welchen Umständen sich für die Verfügungsklägerin aus dem Verfahrensablauf eine das hiesige Auswahlverfahren leitende Tätigkeit des nach dem Organisationsaufbau der Verfügungsbeklagten gerade für die Verwaltung der kommunalen Beteiligung an der S... zuständigen Mitarbeiters hätte ergeben müssen. Auch die Teilnahme des Herrn P... am Bietergespräch mit der Verfügungsklägerin im hiesigen Auswahlverfahren hat eine solche Kenntnis nicht vermittelt. Es ist nicht ersichtlich, dass dessen Zugehörigkeit zur Beteiligungsverwaltung offenbart worden sei. Zudem zeigt die Verfügungsbeklagte nicht auf, dass die landgerichtliche Feststellung, wonach die Verfügungsklägerin von der Beteiligung am Auswahlverfahren erst durch Gewährung der Akteneinsicht Kenntnis erlangt habe, fehlerhaft wäre.

Vor dem Hintergrund, dass die Verfügungsklägerin von der Bieterbeteiligung der S... erst aus der Akteneinsicht zuverlässig Kenntnis erlangt hat, stellt sich hier auch nicht entscheidungserheblich die Frage, ob die Verfügungsklägerin die betreffende Rüge schon im Rahmen der nach Erhalt der Vorabinformation gemäß § 47 Abs. 2 Satz 3 EnWG angelaufenen ersten 30-Tage-Frist und nicht erst innerhalb der nach Akteneinsicht neu angelaufenen 30-Tage-Frist hätte erheben müssen. Vor der Akteneinsicht war der Verfügungsklägerin die Bieterbeteiligung der S... nicht positiv bekannt, denn der zum Anlauf der ersten 30-Tage-Frist führende Erhalt des Vorabinformationsschreiben verhält sich nur zur geplanten Ablehnung ihres Angebots (Anlage AS 45), geht also nicht über den nach § 46 Abs. 5 Satz 1 EnWG gesetzlich verlangten Informationsgehalt hinaus. Insoweit trifft jedenfalls die Erwägung des Landgerichts zu, dass die Verfügungsklägerin keine Rüge auf bloßen Verdacht hin erheben musste. Vielmehr soll der unterlegene Bieter die in § 47 Abs. 3 EnWG geregelte Akteneinsicht nach der Gesetzesbegründung gerade zu dem Zweck nehmen können, erstmals und zuverlässig von Verstößen gegen die Grundsätze eines transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens zu erfahren (vgl. BT-Drs. 18/8184, S. 17), wobei es nicht darauf ankommt, ob schon vorher Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens vorlagen (vgl. KG Berlin, Urteil vom 24. September 2020 - 2 U 93/19 EnWG, juris Rn. 97; OLG Dresden, Urteil vom 10. Januar 2018 - U 4/17 Kart, juris Rn. 112).

2. Die Verfahrensgestaltung der Verfügungsbeklagten verstößt gegen das Gebot der Gleichbehandlung aller Bieter infolge unzureichender Beachtung des aus dem Diskriminierungsverbot folgenden Gebots der organisatorischen und personellen Trennung von Vergabestelle und Bewerber. begründet.

a) Die Betrauung eines kommunalen Eigenbetriebs mit dem Netzbetrieb darf gegenüber der Konzessionierung eines Energieversorgungsunternehmens im Sinne von § 46 EnWG weder erschwert noch erleichtert werden. In Wahrnehmung der Selbstverwaltungsaufgabe, die Versorgung der Einwohner und ortsansässigen Unternehmen mit Energie sicherzustellen, ist die Gemeinde deshalb zwar berechtigt, sich mit eigenen Unternehmen oder Eigenbetrieben am Wettbewerb um die Konzessionsvergabe zu beteiligen und auf dieser Grundlage gegebenenfalls den Netzbetrieb selbst zu übernehmen. Dieses Recht der Gemeinde wird aber begrenzt durch ihre Verpflichtung, diskriminierungsfrei über den Netzbetreiber zu entscheiden (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - KZR 65/12 - Stromnetz Heiligenhafen, juris Rn. 40 ff.; Beschluss vom 18. Oktober 2016 - KZB 46/15 - Landesbetrieb Berlin Energie, juris Rn. 37), wobei durch die gleichzeitige Stellung als Vergabestelle und Bieter bei der Gemeinde ein potentieller Interessenkonflikt besteht. Sie hat einerseits diskriminierungsfrei über die Konzessionsvergabe zu entscheiden und darf andererseits ihr eigenes Interesse an der Übernahme des Netzbetriebs verfolgen. Dafür kann sie sich einer Eigengesellschaft oder eines Eigenbetriebes, aber auch einer anderen, ihr zweckmäßig erscheinenden nicht rechtsfähigen Betriebsform bedienen. Unabhängig von der Rechtsform des Bieters ist sie, weil sie zugleich Vergabestelle ist, als solche gegenüber allen Bewerbern um die Konzession zur Neutralität verpflichtet. Als Ausfluss der Neutralitätsverpflichtung folgt daraus das allgemeine Gebot der organisatorischen und personellen Trennung der Vergabestelle von dem als Bieter auftretenden kommunalen Unternehmen, denn ohne eine solche Trennung lässt sich eine diskriminierungsfreie Vergabeentscheidung von vornherein nicht gewährleisten (BGH - Landesbetrieb Berlin Energie, aaO, Rn. 39 f.). Aus der Bindung der Gemeinden an das Diskriminierungsverbot ergeben sich dabei sowohl verfahrensbezogene als auch materielle Anforderungen an die Auswahlentscheidung.

b) Vor dem Hintergrund, dass spezialgesetzliche Regelungen auf den Streitfall nicht anwendbar sind, richten sich die verfahrensbezogenen Mitwirkungsverbote bei der Vergabe eines Wegenutzungsrechts nach § 46 Abs. 2 EnWG für am Auswahlverfahren beteiligte Personen und solche, die für einen Bewerber unterstützend tätig sind, nach den in der Rechtsprechung für Verfahren dieser Art entwickelten Grundsätzen. Sie erstrecken sich in Anlehnung an die im Wesentlichen gleichlautenden Regelungen in § 16 Abs. 1 VgV a.F. bzw. § 6 Abs. 1 und 3 VgV n.F. sowie § 5 Abs. 1 und 3 KonzVgV insbesondere auf Organmitglieder und Mitarbeiter der Gemeinde, die zugleich bei einem Bewerber oder Bieter gegen Entgelt beschäftigt oder bei ihm als Mitglied eines Organs tätig stätig sind (BGH, Urteil vom 18. Januar 2020 - EnZR 99/18 - Gasnetz Leipzig, juris Rn. 35). Diese Voraussetzungen liegen für Herrn P... als Mitarbeiter der Verfügungsbeklagten unstreitig nicht vor, denn er ist weder bei der S... beschäftigt noch ist er als Gemeinderat oder Bürgermeister ein Mitglied eines ihrer Organe. Sein ihm als Bediensteten der Beteiligungsverwaltung eingeräumtes Teilnahmerecht an Sitzungen der Organe der S..., für das aber auch zweifelhaft ist, ob es eine zur Bejahung eines Mitwirkungsverbots ausreichende Einflussnahmemöglichkeit begründen könnte, hat er gemäß dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 27. September 2017, mit dem der Konzessionsausschuss eingerichtet worden ist, jedenfalls ruhen lassen (Anlage AG 4).

aa) Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten ist aus der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedoch nicht abzuleiten, dass sich aus allgemeinen Rechtsprechungsgrundsätzen keine weiteren Mitwirkungsverbote für an der Durchführung des Auswahlverfahrens beteiligte Mitarbeiter des Konzessionsgebers ergeben und sich der für einen Interessenkonflikt in Frage kommende Personenkreis daher auf Gemeinderäte beschränkt, die zugleich Organmitglied eines Bewerbers sind und an der verfahrensabschließenden Auswahlentscheidung teilnehmen.

Der dort gebildete Leitsatz, wonach im Verfahren über die Vergabe eines Wegenutzungsrechts ein Mitwirkungsverbot für solche Personen besteht, die bei einem Bewerber gegen Entgelt beschäftigt sind oder bei ihm als Mitglied eines Organs tätig sind (aaO, Leitsatz Nr. 2a und Rn. 29) bezieht sich, wie auch aus dem dortigen Verweis auf § 16 VgV Abs. 1 a.F. hervorgeht (aaO, Rn. 34), ersichtlich auf die nunmehr in § 6 Abs. 1 und 3 Nr. 3 Buchst. a) VgV n.F. bzw. § 5 Abs. 1 und 3 Nr. Buchst. a) KonzVgV bezeichneten Organmitglieder des Konzessionsgebers, die typischerweise (nur) an der abschließenden Abstimmung im Gemeinderat über die Vergabe von Wegenutzungsrechten mitwirken (vgl. aaO, Leitsatz Nr. 2b). Nicht ausgeschlossen hat der Bundesgerichtshof damit einen Interessenkonflikt für die jeweils in Absatz 2 dieser Vorschriften geregelten Personen, „die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligtoder Einfluss auf den Ausgang eines Vergabeverfahrens nehmen können“, sofern sie dabei „ein direktes oder indirektes finanzielles, wirtschaftliches oder sonstiges persönliches Interesse haben, das ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte.“ Vielmehr hat der Bundesgerichtshof sowohl in der vorzitierten als auch in früheren Entscheidungen entsprechend allgemeiner ausgeführt, dass eine Gemeinde sich zwar mit einer ihr zweckmäßig erscheinenden Betriebsform an einem Bieterwettbewerb beteiligen darf, dabei aber das Gebot der organisatorischen und personellen Trennung der Vergabestelle von dem als Bieter auftretenden kommunalen Betrieb strikt zu beachten hat (aaO, Rn. 43; ebenso bereits BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2016 - KZB 46/15 - Landesbetrieb Berlin Energie, aaO, Rn. 39 f.; KG, Urteil vom 4. April 2019 - 2 U 5/15 Kart, juris Rn. 68; Senat, Urteil vom 19. Juli 2016 - Kart U 1/15, juris Rn. 50). Eine solche Trennung kann daher innerhalb der gemeindeeigenen Verwaltung praktisch nur dadurch erfolgen, indem die Kommune die Vergabestelle „einer personell und organisatorisch vollständig vom Eigenbetrieb oder der Eigengesellschaft getrennten Einheit der Gemeindeverwaltung zuweist“ (vgl. BGH,Urteil vom 18. Januar 2020 - EnZR 99/18 - Gasnetz Leipzig, aaO).

bb) Auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass aus dem Gebot einer diskriminierungsfreien Vergabeentscheidung entsprechende Mitwirkungsverbote nicht nur für Personen in Betracht kommen, die bei einem Bewerber gegen Entgelt beschäftigt sind oder bei ihm als Mitglied eines Organs tätig sind. So hat das Oberlandesgericht Naumburg ausgeführt, „dass für die vergebende Gemeinde niemand tätig werden darf, dessen Interessen zugleich mit denjenigen eines Bewerbers verknüpft sind (Urteil vom 21. September 2018 - 7 U 33/17, juris Rn. 50). In Übereinstimmung damit hat das Oberlandesgericht Schleswig darauf hingewiesen, dass sich Gemeinden an dem von ihnen nach dem Willen des Gesetzes zu veranstaltenden „Wettbewerb um die Netze“ zwar mit einem eigenen Unternehmen beteiligen können, aber „nach einem allgemeinen, allen Verfahrensordnungen immanenten Grundsatz niemand als Richter in eigener Sache urteilen darf“, so dass „für die vergebende Gemeinde niemand tätig werden [darf], dessen Interessen zugleich mit denjenigen des kommunalen Bieters verknüpft sind“ (Urteil vom 16. April 2018 - 16 U 110/17 Kart, juris Rn. 40). Auch der Senat hat in seinem Urteil vom 19. Juli 2016 (Kart U 1/15 - Stadt Hennigsdorf) bereits den allgemeinen Rechtsgedanken formuliert, dass in Anlehnung an „die Vorschriften des 4. Teils des GWB in § 16 VgV a.F. bzw. § 6 VgV in der seit 18.04.2016 geltenden Fassung“ zur Sicherung des Neutralitätsgebotes „keine Personen für den Auftraggeber tätig werden dürfen, deren Interessen mit denen eines Bieters oder eines Beauftragten eines Bieters verknüpft sind“ und sich daher „das Mitwirkungsverbot […] auch auf Beauftragte des Auftraggebers [erstreckt]“, denn „andernfalls können weder der Bieter noch das Gericht in eine unbefangene Auswahlentscheidung der vergabeleitenden Stelle vertrauen“ (aaO, juris Rn. 47 ff.).

cc) Entscheidend ist auch danach nicht nur ein die Beeinflussung des Auswahlverfahrens bereits nahelegender „böser Schein“, sondern das Bestehen der konkreten Möglichkeit, dass die Mitwirkung einer Person, die nach dem Trennungsgebot an dem Vergabeverfahren nicht teilzunehmen hat, darauf Einfluss nehmen konnte. Mit Rücksicht auf den in § 6 Abs. 2 VgV bzw. § 5 Abs. 2 KonzVgV für ein Mitwirkungsverbot normierten Interessenkonflikt wird allerdings deutlich, dass ein solcher für Personen, die nicht nur in einer organschaftlichen Doppelrolle an einer abschließenden Auswahlentscheidung mitwirken, sondern an der Durchführung des vorhergehenden Vergabeverfahrens selbst beteiligt sind, nicht nur zu vermuten (vgl. § 6 Abs. 3 VGV bzw. § 5 Abs. 3 KonzVgV), sondern tatbestandlich anzunehmen ist, wenn sie dabei ein persönliches Interesse haben, das ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte. Eine Eingrenzung möglicher Mitwirkungsverbote auf Personen, die bei einem Bewerber gegen Entgelt beschäftigt sind oder bei ihm als Mitglied eines Organs tätig sind, ist vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt und entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten der an vergaberechtlichen Spezialregelungen angelehnten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu entnehmen.

c) Dass im Streitfall mit dem für die Beteiligungsverwaltung der Verfügungsbeklagten zuständigen Herrn P... ein mit einem persönlichen Interessenkonflikt behafteter Bediensteter an dem die Auswahlentscheidung vorbereitenden Vergabeverfahren mitgewirkt hat, nämlich als federführendes Mitglied des Konzessionsausschusses, und dass im Vergabeverfahren damit keine im Sinne der zitierten Rechtsprechung ausreichende organisatorische und personelle Trennung zwischen der Vergabestelle einerseits und der im Rahmen der Beteiligungsverwaltung von Herr P... zu betreuenden S... als Bieterin andererseits erfolgt ist, steht für den Senat auf Grundlage des unstreitigen Sachverhalts fest.

aa) Unstreitig war und ist der vorgenannte Bedienstete der Verfügungsbeklagten für deren sogenannte Beteiligungsverwaltung zuständig. Insofern besteht für ihn wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit und seiner Weisungsgebundenheit gegenüber dem Konzessionsgeber von vornherein eine gewisse Gefahr der Voreingenommenheit, die in dieser allgemeinen Form jedoch für jeden Bediensteten der Verfügungsbeklagten geltend gemacht werden könnte und allein zur Begründung eines qualifizierten Interessenkonflikts nicht ausreicht. Denn nicht jegliches Interesse führt zu einem Interessenkonflikt, sondern nur ein solches, das in qualifizierter Weise und bei wertender Betrachtung die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte. Nach den dargelegten Rechtsgrundsätzen ist nicht zu verlangen, dass eine Gemeinde auf die Verfahrensorganisation durch jedweden ihrer Bediensteten verzichtet, sondern lediglich, dass sie die für die im Vergabeverfahren zu erledigenden Aufgaben einer personell und organisatorisch von der kommunalen Mitbieterin getrennten Verwaltungseinheit zuweist (BGH, Urteil vom 18. Januar 2020 - EnZR 99/18 - Gasnetz Leipzig, aaO, Rn. 43 und Beschluss vom 18. Oktober 2016 - KZB 46/15 - Landesbetrieb Berlin Energie, aaO, Rn. 39 f.; vgl. auch Dieckmann in Scharf/Wagner-Cardenal/Dieckmann, 2. Auflage, VgV § 6 Rn. 27 f.; Dippel in Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Auflage, VgV § 6 Rn. 15).

bb) Ein solches qualifiziertes Interesse ist für den in der Beteiligungsverwaltung der Verfügungsbeklagten tätigen Herrn P..., in deren Rahmen er gerade auch die mit 100 % der Gesellschaftsanteile bestehende wirtschaftliche Beteiligung der Gemeinde an der S... zu betreuen hat, jedoch zu bejahen.

(1) Unstreitig hat Herr P... nur das aus seiner Zuständigkeit für die Beteiligungsverwaltung folgende Teilnahmerecht an Aufsichtsrats- und Gesellschafterversammlungen der S... aufgrund der Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung vom 27. September 2017 ruhen lassen, nicht aber seine Tätigkeit in der Beteiligungsverwaltung selbst, obwohl die Verfügungsbeklagte ausweislich der dazu niedergelegten Beschlussbegründung selbst davon ausgegangen ist, dass sich für ihren Mitarbeiter P... aufgrund der für ihn vorgesehenen Beteiligung am Auswahlverfahren - durch inhaltliche Vorbereitung der Sitzungen des Konzessionsausschusses und seiner Teilnahme an dessen Sitzungen - ein Interessenkonflikt ergeben würde. Einen solchen Interessenkonflikt hat die Verfügungsbeklagte zu Recht angenommen, mit dem Verzicht auf Teilnahmerechte des Herrn P... an Gremiensitzungen der S... aber nicht ausreichend ausgeräumt. Der Schutzzweck des Trennungsgebotes ist für Personen, die nicht allein an der Auswahlentscheidung, sondern an dem die Entscheidung vorbereitenden Auswahlverfahren beteiligt sind, mit Rücksicht auf die dadurch mögliche Verfahrensgestaltung umfassender zu verstehen und nicht lediglich auf Teilnahmerechte an Gremiensitzungen zu beziehen, die unter Umständen für ein nur an der Auswahlentscheidung beteiligtes Organmitglied des Konzessionsgebers die Möglichkeit einer Interessenkollision begründen können (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Januar 2020 - EnZR 99/18 - Gasnetz Leipzig, aaO, Rn. 29 ff.; OLG Schleswig, Urteil vom 16. April 2018 - 16 U 11/17 Kart, juris Rn. 42; OLG Karlsruhe, Urteil vom 3. April 2017 - 6 U 152/16 Kart, juris Rn. 98). Das verlangt die Gesamtbetrachtung aller für ein mögliches persönliches Interesse relevanten Umstände (vgl. Dippel, aaO, Rn. 38), wobei neben unmittelbar wirtschaftlichen Vorteilen auch solche immaterieller Natur zu berücksichtigen sind, mithin jedenfalls auch kollidierende berufliche Interessen (vgl. Beck in VOB/B/Dreher/Hoffmann, 3. Auflage, VgV § 6 Rn. 32; Dieckmann, aaO, Rn. 26; jeweils mwN).

(2) Nach diesen Grundsätzen ist ein mit der Neutralitätsverpflichtung der Verfügungsbeklagten kollidierendes persönliches Interesse des am Auswahlverfahren maßgeblich beteiligten Herrn P... zu bejahen, denn den wirtschaftlichen Erfolg der S... zu fördern, ist gerade Teil des Aufgabenbereichs von Herrn P..., der hauptamtlich in der Beteiligungsverwaltung der Verfügungsbeklagten tätig ist. Den in § 98 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKV) definierten Zielen der dort geregelten „Beteiligungsverwaltung“ ist zu entnehmen, dass die Gemeinde zur Steuerung ihrer Beteiligungen eine mit hierzu qualifiziertem Personal ausgestattete Stelle einzurichten hat, der es obliegt, die Einhaltung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften zu überwachen, die Beteiligungen zur Erreichung strategischer und finanzieller Ziele der Gemeinde zu steuern, die Gemeindevertretung durch Vorbereitung des Beteiligungsberichtes und des Konsolidierungsberichtes zu informieren und die Vertreter der Gemeinde in den Organen der Beteiligungsgesellschaften in Angelegenheiten von grundsätzlicher rechtlicher oder finanzieller Bedeutung zu betreuen, zu unterstützen und zu beraten sowie deren Qualifizierung und Weiterbildung im Rahmen des aus dieser Tätigkeit resultierenden Bedarfs in handels- und gesellschaftsrechtlichen Fragen zu gewährleisten. Die danach insbesondere gebotene Steuerung der ganz oder teilweise in kommunaler Hand befindlichen Unternehmen ist in wirtschaftlicher Hinsicht zwar nicht auf die konkrete Geschäftsführung gerichtet, wohl aber auf ein operatives und strategisches Beteiligungscontrolling, wozu ersichtlich auch die Positionierung eines solchen Unternehmens in Hinsicht auf bestehende und künftige Geschäftsfelder gehört. Das ist umso mehr anzunehmen, wenn die Anteile an dem betreffenden Betrieb - wie vorliegend - zu 100 % im Eigenbesitz der Gemeinde sind.

(3) Dazu, welche Aufgaben Herr P... in diesem Zusammenhang im Einzelnen wahrgenommen hat, hat sich die Beklagte nicht konkret erklärt, sondern sinngemäß geltend gemacht, seine Tätigkeiten seien insofern eher organisatorischer als inhaltlicher Natur, denn entgegen den Annahmen der Verfügungsklägerin und des Landgerichts fehle es für die strategische Entwicklung des Beteilungsunternehmens bereits an „Oberzielen und einem Leitbild“. Dieser sehr abstrakt gehaltene Vortrag ist nicht ausreichend, um darzulegen, dass Herr P... die nach § 98 BbgKV der Beteiligungsverwaltung obliegenden Aufgaben tatsächlich nicht wahrgenommen hat. Das einfache Bestreiten der Verfügungsbeklagten, eine Beteiligungsverwaltung wie in § 98 BbgKV geregelt zu unterhalten, genügt schon deshalb nicht, weil sie eine solche Stelle, die nach dem Willen des Gesetzgebers eingerichtet werden „soll“, gerade auch eingerichtet hat und grundsätzlich anzunehmen ist, dass sie sich dabei an den gesetzlichen Vorgaben orientiert. Mangels substantiierten Gegenvortrags ist daher davon auszugehen, dass Herr P... die dort genannten Aufgaben der Verfügungsbeklagten als dafür zuständiger Bediensteter wahrnimmt. Im Spannungsverhältnis zu den eine solche Zuständigkeit des Herrn P... pauschal in Abrede stellenden Ausführungen steht zudem die auf Nachfrage des Senats im Termin gegebene Erläuterung, dass ihm und nicht den Bediensteten der Zentralen Vergabestelle die das Vergabeverfahren begleitenden Aufgaben übertragen worden seien, weil er aus dem Kreis der Gemeindebediensteten aufgrund seiner sonst ausgeübten Tätigkeit im Zusammenhang mit der Vergabe von Wegekonzessionsverträgen über die größte Sachkenntnis verfüge. Im Ergebnis hat die Verfügungsbeklagte damit für die federführende Begleitung des Vergabeverfahrens von ihren Bediensteten - soweit ersichtlich - denjenigen Mitarbeiter ausgewählt, der mit der S... über seine Aufgaben in der Beteiligungsverwaltung am engsten verknüpft ist, denn die wirtschaftliche Förderung und Unterstützung der S... ist für diesen Bediensteten der Verfügungsbeklagten gerade Teil seiner hauptamtlichen Tätigkeit. Dass die Verfügungsbeklagte prinzipiell noch über andere Mitarbeiter zur Erledigung verfahrensbezogener Aufgaben verfügt hätte, belegt bereits die Beantwortung des Rügeschreibens der Verfügungsklägerin vom 5. April 2019, in dem diese die verfahrensbegleitende Tätigkeit des Herrn P... erstmals moniert hat, durch einen nunmehr anderen Bediensteten aus der Zentralen Vergabestelle.

cc) Dass für den Bediensteten P... vor dem Hintergrund seines hauptamtlichen Zuständigkeitsbereichs im Rahmen der Durchführung des Auswahlverfahrens ein gewichtiger persönlicher Interessenkonflikt bestand, steht entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ebenfalls schon auf Grundlage des unstreitigen Parteivortrags fest.

(1) Ein persönliches Interesse kann, wie dargelegt, auch ein berufliches sein, wobei hier in Anlehnung an § 6 Abs. 2 VgV n.F. bzw. § 5 Abs. 2 KonzVgV sowohl ein indirektes Interesse des Herrn P... an der positiven wirtschaftlichen Entwicklung der Beteiligungsgesellschaft zugunsten der Verfügungsbeklagten anzunehmen ist, das schon in seinem objektiven Zuständigkeitsbereich liegt, als auch sein direktes Interesse an einer erfolgreichen Neukonzessionierung für die S..., weil diese seiner beruflichen Karriere förderlich sein kann; denn eine erfolgreiche Entwicklung der Beteiligungsgesellschaft kann erfahrungsgemäß zu Anerkennung und guter Beurteilung durch den Dienstherrn führen. Insofern ist sein hauptamtlicher Zuständigkeitsbereich auch nicht nur mit dem eines Kämmerers oder eines sonstigen für Finanzen zuständigen Mitarbeiters der Beklagten vergleichbar, die lediglich ein allgemeines wirtschaftliches Interesse ihres Dienstherrn verfolgen. Die für Herrn P... bestehenden persönlichen Interessen sind mit Blick auf sein beschriebenes Aufgabenprofil vielmehr geeignet, einen Konflikt auszulösen, dem ein solches Gewicht zukommt, dass dadurch seine Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens entsprechend § 6 Abs. 2 VgV bzw. § 5 Abs. 2 KonzVgV beeinträchtigt sein kann.

(2) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass zwischen Herrn P... und der Bürgermeisterin während des Vergabeverfahrens kein diesbezüglicher Informationsaustausch stattgefunden haben mag, wie ersterer in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 10. Oktober 2019 erklärt hat (Anlage AG 25). Denn für die Annahme der hier in Rede stehenden Interessenkollision kommt es nicht maßgeblich darauf an, dass sich diese in einem bestimmten und von höherer Stelle vorgegebenen Verhalten verwirklicht hat. Ungeachtet dessen lag aufgrund der Vorgeschichte zu dem hiesigen Wiederholungsverfahren für Herrn P... als dem für die Beteiligungsverwaltung zuständigen Mitarbeiter auch ohne konkreten Informationsaustausch mit der Bürgermeisterin das Interesse der Verfügungsbeklagten daran auf der Hand, dass die S... als kommunale Gesellschaft die nach § 46 Abs. 2 EnWG neu zu vergebenden Stadtgebiete konzessioniert bekommt.

dd) Dass Herr P... an der Durchführung des Auswahlverfahrens federführend beteiligt war, ergibt sich ebenfalls auf unstreitiger Tatsachengrundlage.

(1) Nach Aktenlage hat er nicht nur vorbereitende Tätigkeiten vor der Bekanntmachung der Neukonzessionierung übernommen und hierfür die Netzdaten der Verfügungsklägerin gemäß Anfrage vom 20. April 2017 abgefragt (Anlagen AS 25 und 26), was als informatorische Marktaufklärung im Sinne von § 46a EnWG allein unbedenklich wäre. Vielmehr hat er vor der der Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung zur beabsichtigten Auswahlentscheidung insbesondere auch folgende Aufgaben wahrgenommen:

- er hat den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 27. September 2017 für das neubekanntzumachende Auswahlverfahren mit dem von den Bevollmächtigten der Verfügungsbeklagten erarbeiteten Kriterienkatalog samt Gewichtung und Angebotsbedingungen vorbereitet (vgl. Anlage AS 27: „Fachbereich Beteiligungsverwaltung“);

- er war bei der Öffnung der unverbindlichen Angebote der Bieter am 29. Mai 2019 dabei und hat das Öffnungsprotokoll mitunterschrieben (vgl. Anlage AS 36);

- er hat an beiden Bietergesprächen im Juli 2018 teilgenommen (vgl. Anlagen AS 37 und AS 38);

- an ihn ist ein Auswertungsvermerk der Bevollmächtigten der Verfügungsbeklagten, der in seiner der Stadtverordnetenversammlung am 5. Dezember 2018 vorgelegten Fassung auf den 15. November 2018 datiert, mit Begleitschreiben vom 24. Oktober 2018 vorab und mit Gelegenheit zu Rückfragen übersandt worden (vgl. Anlage AS 41);

- er hat die Unterlagen der Angebotsauswertung zur Vorlage an die Stadtverordneten-versammlung weitergeleitet und deren Beschluss vom 5. Dezember 2018 zum beabsichtigten Vertragsschluss mit der S... zu TOP 14.1 vorbereitet, insbesondere den Beschlussvorschlag samt Begründung verfasst (vgl. Anlagen AS 42 bis 44);

  - er hat an der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 5. Dezember 2018 als Ansprechpartner der Verwaltung selbst teilgenommen (nach Vortragslage unstreitig);

- er teilte der Verfügungsklägerin die geplante Ablehnung ihres Angebots mit dem In-formationsschreiben vom 8. Januar 2019 mit (vgl. Anlage AS 45);

- er hat den Antrag der Verfügungsklägerin auf Akteneinsicht im laufenden Auswahlverfahren mit Ankündigung einer digitalen Übermittlung bearbeitet (vgl. Anlage AS 47) und nach Eingang des ersten Rügeschreibens, das seine Verfahrensbeteiligung monierte, die Bearbeitung nicht fortgesetzt.

(2) Dass Herr P... dabei jeweils als Mitglied des mit Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 27. September 2017 geschaffenen Konzessionsausschusses gehandelt hat und insofern einer - wenn nicht der maßgebliche - der Bediensteten war, welche nach der Beschlussfassung „das Vergabeverfahren federführend begleiten“ sollten (Anlage AS 24), hat die Verfügungsbeklagte, nach der mit Terminsverfügung vom 15. Dezember 2020 erfolgten Beauflagung des Senats hierzu Stellung zu nehmen, nicht substantiiert bestritten und ergibt sich im Übrigen klar aus den nach der Beschlussfassung für den Konzessionsausschuss vorgesehenen Aufgaben, die mit den vorgenannten Tätigkeiten des Herrn P... nahezu vollständig korrespondieren. Die Stadtverordnetenversammlung hat am 27. September 2017 beschlossen, dass der Konzessionsausschuss „im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens zur Neuvergabe eines Stromkonzessionsvertrages (…) mit Unterstützung des externen Rechtsberaters (…) folgende Aufgaben wahrnimmt:

- Bearbeitung möglicher Rügen von Bietern im Hinblick auf die Bekanntmachung, die Auswahlkriterien und Angebotsbedingungen sowie die Auswahlentscheidung;

- Sichtung der unverbindlichen Angebote im Hinblick auf die festgelegten Auswahlkriterien;

- aktive Teilnahme an den Verhandlungsgesprächen mit den Bewerbern;

- finale Angebotsauswertung und Erarbeitung eines Beschlussvorschlages für die Stadtverordnetenversammlung.“

Alle der vorgenannten Tätigkeiten wurden nach dem aktenkundig dokumentierten Verfahrensablauf maßgeblich und - soweit erkennbar - regelmäßig allein von Herrn P... in seiner Doppelrolle als Sachbearbeiter der Beteiligungsverwaltung und Mitglied des Konzessionsausschusses erledigt. Dass er auch bei seiner Teilnahme an den beiden Bietergesprächen als Mitglied des Konzessionsausschusses anwesend war, ergibt sich aus den Teilnehmerlisten, welche seine und die Anwesenheit aller weiteren Konzessionsausschussmitglieder erkennen lassen und mit „Konzessionsausschuss“ sowie dem jeweiligen Datum vom 3. und 8. Juli 2018 überschrieben sind (vgl. Anlagen AS 37 und 38). Selbst in dem von der Verfügungsklägerin vorgelegten Werbungsschreiben der Bevollmächtigten der Verfügungsbeklagten wird als Referenz für durchgeführte und laufende Konzessionsvergabeverfahren „Strom“ die beklagte Stadt mit dem „Ansprechpartner Herr P...“ angegeben (Anlage As 85). Ferner ist festzustellen, dass Herr P... die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 27. September 2017, auf der unter anderem sein Teilnahmerecht an den Gremiensitzungen der S... ruhend gestellt wurde, auch insoweit als Sachbearbeiter der Beteiligungsverwaltung mitvorbereitet hat, insbesondere betreffend den Beschluss zur zeitgleichen Gründung des Konzessionsausschusses, wie sich aus der von ihm - neben der Leiterin Stabsstelle Recht - mitgezeichneten Beschlussbegründung ergibt (Anlage AG 4, S. 4).

Darauf, ob neben Herrn P... auch Frau Sch..., deren Vertretungsvollmacht für die Bürgermeisterin bezüglich der Gesellschafterversammlungen der S... im Zusammenhang mit der Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung vom 27. September 2017 widerrufen worden war, eine im Sinne der zum Konzessionsausschuss gefassten Beschlussfassung „federführende“ Bedienstete war, kommt es für die Streitentscheidung nicht maßgeblich an, weil die Verfügungsklägerin eine entsprechende Rüge nicht erhoben hat. Dagegen spricht im Übrigen, dass sie als Leiterin des Fachbereichs Innerer Service für Konzessionsvergaben keine vergleichbare Sachkenntnis besitzen dürfte und nach Aktenlage jedenfalls nur sporadisch die von Herrn P... im Verfahrensablauf erarbeiteten Dokumente und Beschlussvorbereitungen mitgezeichnet hat.

(3) Dass die Mitarbeit des Herrn P... im Konzessionsausschuss - entgegen den pauschalen Behauptungen der Verfügungsbeklagten - nicht nur eine formale und völlig untergeordnete, sondern eine solche mit konkreten Einflussnahmemöglichkeiten war, ergibt sich unabhängig davon, ob es darauf in Anlehnung an den nur auf die Verfahrensbeteiligung oder die mögliche Einflussnahme auf den Verfahrensausgang abstellenden Tatbestand von § 6 Abs. 2 VgV bzw. § 5 KonzVgV überhaupt ankommt, jedenfalls daraus, dass er bei der Öffnung der indikativen Angebote und deren Prüfung im Hinblick auf Rechtzeitigkeit und formgerechte Anbringung anwesend war, den Auswertungsvermerk der Bevollmächtigten vorab mit Gelegenheit zu Rückfragen erhalten sowie insbesondere die Beschlussbegründung der einstimmig getroffenen Auswahlentscheidung der Stadtverordnetenversammlung vom 5. Dezember 2018 verfasst hat (Anlage AS 44) und bei der vorhergehenden Vorstellung des Auswertungsvermerks unstreitig als Ansprechpartner der Verwaltung anwesend war. Dieser Beurteilung steht auch nicht der Vortrag der Verfügungsbeklagten entgegen, dass Herr P... jedenfalls kein „stimmberechtigtes“ Mitglied des Konzessionsausschusses war, denn der Konzessionsausschuss hatte gemäß den ihm nach der Beschlussfassung vom 27. September 2017 zugewiesenen Aufgaben nichts förmlich abzustimmen, sondern die dort aufgelisteten und im Wesentlichen aber gerade von Herrn P... wahrgenommenen Aufgaben zu erledigen. Etwaige Abstimmungen des Konzessionsausschusses, die unter Enthaltung von Herrn P... getroffen worden wäre, sind in den vorgelegten Verfahrensunterlagen auch nicht dokumentiert.

d) Für die Feststellung einer Verletzung des Neutralitätsgebots kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten und der Nebenintervenientin nicht darauf an, ob die - im Streitfall erst beabsichtigte - Auswahlentscheidung tatsächlich durch unsachliche Erwägungen beeinflusst worden ist. Schon nach bisheriger Rechtsprechung gebieten es das Rechtsstaatsgebot und der Grundsatz des freien Wettbewerbs, alles zu vermeiden, was den Anschein von Parteilichkeit erwecken könnte. Das notwendige Vertrauen der Öffentlichkeit in die Transparenz und Diskriminierungsfreiheit des Auswahlverfahrens fordern eine strenge Sichtweise. Der Beweis für eine Kausalität von personellen Verflechtungen für eine ihm nachteilige Entscheidung ist für den Bewerber regelmäßig nicht zu führen (vgl. Senat, Urteil vom 19. Juli 2016 - Kart U 1/15, juris Rn. 67; OLG Naumburg, Urteil vom 21. September 2018 - 7 U 33/17 (Hs), Rn. 90 ff.; OLG Schleswig, Beschluss vom 28. Juni 2016 - 54 Verg 2/16, juris Rn. 121 mwN). Ungeachtet dessen ergibt sich die Verletzung des Neutralitätsgebotes vorliegend nicht aus einer etwaigen Beteiligung des Herrn P... an der Auswahlentscheidung, sondern aus seiner Beteiligung an dem diese Entscheidung vorbereitenden Verfahren.

aa) Eine andere Beurteilung folgt nicht aus der von der Verfügungsbeklagten für ihre gegenteilige Auffassung angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Gasnetz der Stadt Leipzig (Urteil vom 28. Januar 2020 - EnZR 99/18, aaO.). Es ist schon nicht anzunehmen, dass sich die dabei vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze unmittelbar auf den vorliegenden Fall mit Aussagekraft übertragen lassen, denn in dem dortigen Konzessionierungsverfahren amtierten Aufsichtsräte der kommunalen Eigengesellschaft zugleich als Mitglieder des Gemeinderates der Stadt, in dem über die Konzessionsvergabe abgestimmt wurde. Soweit der Bundesgerichtshof dabei grundsätzlich ein Mitwirkungsverbot für solche Personen angenommen hat, die bei einem Bewerber gegen Entgelt beschäftigt oder bei ihm als Mitglied eines Organs tätig sind (BGH, aaO, Rn. 29 ff.), hat dies mit der hiesigen Fallgestaltung nichts gemein (vgl. auch KG, Urteil vom 24. September 2020 - 2 U 93/19 EnWG, juris Rn. 80 ff.).

Der dort formulierte Grundsatz, dass allein die Beteiligung eines als Aufsichtsrat eines Bewerbers amtierenden Gemeinderats an der Auswahlentscheidung nicht ausreicht, um die unbillige Behinderung eines unterlegenen Bewerbers zu belegen, sondern zugleich die zumindest konkrete Möglichkeit bestehen muss, dass dieser Verstoß die Entscheidung über die Vergabe beeinflusst hat (BGH, aaO Rn. 38), leuchtet mit Rücksicht darauf, dass sich die verfahrensbezogene Tätigkeit eines Gemeinderats typischerweise auf die Teilnahme an vorbereiteten Beschlussfassungen beschränkt, unmittelbar ein, lässt sich auf den Streitfall aber auch nicht sinngemäß übertragen. Der vom Bundesgerichtshof entschiedene Sachverhalt korrespondiert mit der Regelung in § 6 Abs. 1 und 3 Nr. 3 Buchst. a) VgV bzw. § 5 Abs. 1 und 3 Nr. 3 Buchst. a) KonzVgV, wonach für Organmitglieder des Konzessionsgebers, die zugleich Organmitglied bei einem Bieter sind, ein zu einem Mitwirkungsverbot führender Interessenkonflikt lediglich vermutet wird. Demgegenüber entspricht der vorliegende Sachverhalt der von § 6 Abs. 1 und 2 VgV bzw. § 5 Abs. 1 und 2 KonzVgV erfassten Konstellation, wonach für einen Mitarbeiter des Konzessionsgebers ein Mitwirkungsverbot tatbestandsmäßig vorliegt, wenn er am Verfahren beteiligt ist und ein persönlicher Interessenkonflikt positiv festgestellt werden kann, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit dieser Person im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte. Indem sich im Streitfall die Verletzung des Neutralitätsgebotes nicht aus der Teilnahme des Herrn P... an der Auswahlentscheidung ergibt, sondern aus seiner federführenden Beteiligung an dem eine solche Entscheidung vorbereitenden Verfahren, liegt im Streitfall „ein sich auf die abschließende Beschlussfassung des Gemeinderates beschränkender Verstoß“, der weitere Feststellungen dazu gebietet, „ob dieser Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot die konkrete Möglichkeit eröffnet, dass dies die Entscheidung über die Vergabe des Wegenutzungsrechts beeinflusst hat“ (BGH, aaO, Rn. 38), nicht vor. Entsprechend sind dazu entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten keine ergänzenden Feststellungen geboten, noch sinnvoll möglich.

bb) Anders als die Verfügungsbeklagte meint, hat sie nach der erfolgten Darlegung der Verfügungsklägerin, dass ein mit einem Interessenkonflikt behafteter Mitarbeiter des Konzessionsgebers an dem Verfahren zur Vergabe des Wegenutzungsrechts in federführender Weise beteiligt war, auch keinen tauglichen Gegenbeweis dafür angeboten, dass für Herrn P... tatsächlich kein ihr zurechenbarer Interessenkonflikt bestand oder dessen von der Verfügungsklägerin vorgetragenen Verfahrenstätigkeiten von ihm tatsächlich nicht wahrgenommen wurden. Die federführende Verfahrensbeteiligung des Herrn P... und dessen aus seiner hauptamtlichen Zuständigkeit für die Beteiligungsverwaltung der Verfügungsbeklagten resultierender persönlicher Interessenkonflikt stehen aufgrund von unstreitigen Tatsachen fest. Der Verweis der Verfügungsbeklagten auf die beigebrachte eidesstattliche Versicherung des Herrn P... vom 27. Januar 2021, wonach die mit Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 27. September 2017 für den Konzessionsausschuss erfolgte Aufgabenübertragung jedenfalls nicht in der Weise „gelebt“ worden sei, dass Herr P... als Mitglied des Konzessionsausschuss fungiert und sich selbst als „stimmberechtigtes“ Mitglied gesehen habe, verfängt demgegenüber nicht. Die damit behaupteten Umstände werden, soweit sie nicht ohnehin nur auf einer unmaßgeblichen Eigenbeurteilung des Herrn P... beruhen, durch die von der Verfügungsbeklagten selbst vorgelegten Unterlagen, aus denen sich die federführende Beteiligung des Herrn P... am Vergabeverfahren ergibt, objektiv widerlegt. Ungeachtet dessen würde nach den entsprechenden Tatbeständen des § 6 Abs. 2 VgV bzw. § 5 KonzVgV Abs. 2 auch schon die konkrete Möglichkeit einer im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigten Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eine unbillige Behinderung der Verfügungsklägerin im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB begründen.

4. Weil die Verletzung des Neutralitätsgebots die Zurückversetzung des Verfahrens gebietet und der Verfügungsbeklagten mit Erlass der einstweiligen Verfügung eine Fortsetzung des Verfahrens auf der bisherigen Verfahrensgrundlage untersagt ist, kommt es auf die weiteren Rügen der Verfügungsklägerin nicht mehr rechtserheblich an (vgl. Senat, Urteil vom 18. August 2020 - 17 U 1/19 Kart, juris Rn. 153). Das gilt insbesondere für das unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebots als verletzt gerügte Akteneinsichtsrecht der Verfügungsklägerin. Auch etwaige Bewertungsfehler zu ihrem Nachteil wären gegen eine neue Bewertung (nur) geltend zu machen, wenn sie darin enthalten wären und die Verfügungsklägerin danach mit ihrem Angebot erneut unterliegen müsste. Denn einstweilige Verfügungen, die der Gesetzgeber in Fällen wie den vorliegenden gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 EnWG als probates Rechtsschutzmittel angesehen hat (vgl. BT-Drs. 18/8184, S. 17; Säcker/Wegner, Berliner Kommentar zum Energierecht, EnWG § 47 Rn. 52), entfalten keine materielle Rechtskraft und sind auf den Lebenssachverhalt beschränkt, der ihrem Erlass zugrunde liegt (Schulz-Gardyan, N&R 2021, 29, 31 f.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 Fall 2 ZPO. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist wegen der Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung entbehrlich (§§ 704 Fall 1, 542 Abs. 2 ZPO).