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Entscheidung 66 OWi 1511 Js-Owi 12316/20 (267/20)


Metadaten

Gericht AG Cottbus Entscheidungsdatum 20.08.2020
Aktenzeichen 66 OWi 1511 Js-Owi 12316/20 (267/20) ECLI ECLI:DE:AGCOTTB:2020:0820.66OWI1511JS.OWI12.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts um 68 km/h zu einer Geldbuße von 620,00 EUR verurteilt.

D. Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen.

Gegen d. Betroffene/n wird ein Fahrverbot von zwei Monat/en Dauer verhängt.

Es wird bestimmt, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft dieser Entscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Angewandte Vorschriften:

§§ 24, 25 StVG, 49 , 41 II StVO, 4 I, BKatV, lfd.Nr. 11.3.9 BKat, 17, 46 OWiG, 260, 465 StPO.

Gründe

I.

Zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hat d. Betroffene lediglich folgende / Angaben gemacht:

Er ist geschieden, für die beiden Kinder aus der Ehe zahlt er monatlich 600 EUR Unterhalt. Derzeit lebt er mit Mutter seines zwei-Monate-alten Kindes zusammen. Sie hat Anspruch auf Erziehungsgeld, welches mangels Ausstellung der Geburtsurkunde noch nicht bewilligt ist.

Er ist Mitgesellschafter der ...., gegründet 1.4.2018, Gesellschaftszweck das Betreiben einer Trockenbaufirma. Er und sein Mitgesellschafter sind mit je 50 % beteiligt und je einer Bareinlage von 3.000 EUR. Nach dem Gesellschaftsvertrag sind beide verpflichtet, der Gesellschaft ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen.

Nach der (nicht unterschriebenen) Einnahme-Überschussrechnung 2019 erwirtschaftete die Gesellschaft 2019 einen Gewinn von 57.768,56 EUR bei Betriebseinnahmen von 231.772,25 EUR, Ausgaben von 126.380 EUR für Fremdleistungen und keinen angegebenen Personalkosten. Der Kontoauszug für die Gesellschaft für Mai 2020 beginnt bei 10.388,97 EUR Haben, weist Barentnahmen von 2.000 EUR, 2.000 EUR auf und endet mit 4.476,05 EUR Haben. Der Kontoauszug für die Gesellschaft für Juni 2020 endet mit 1.913 EUR Haben, bei Barentnahmen von 1.500 EUR, 1.550 EUR. Diese Barentnahmen sind in der Auflistung Betriebseinnahmen/-ausgaben nicht erkennbar. Zu konkreten Geschäften hat er drei Rechnungen für Bauleistungen ausgeführt im Mai 2020 und eine Rechnung für eine Bauleistung ausgeführt im Juni 2020 vorgelegt, Erbringungsort alle in Berlin. Der Erhalt von 6.629 EUR in Bar am 26.6.20 für eine Bauleistung im Juni ist als Barerhalt quittiert, auf dem Kontoauszug aber nicht zu finden und auch aus der zugehörigen monatlichen Gewinn-Verlust-Rechnung nicht erkennbar; dasselbe gilt für den Erhalt von 9.566,80 EUR in Bar am 28.5.20.

Zu künftigen Aufträgen hat der Betroffene keine Angaben gemacht.

Er hat einen Kontoauszug für s(ein) privates Girokonto vorgelegt, welches nur Buchungen vom 1.6.20-10.6.20 erkennen lässt, ein Minus von 4.411,18 EUR aufweist

Ausweislich des Auszuges aus dem Verkehrszentralregister vom 18.5.2020 ist d. Betroffene straßenverkehrsrechtlich bereits wie folgt in Erscheinung getreten:

Am 20.9.2018 benutzte der Betroffene als Kraftfahrer verbotswidrig ein elektronisches Gerät, weshalb der Polizeipräsident in Berlin am 22.11.2018, rechtskräftig seit dem 12.12.18 gegen ihn ein Bußgeld in Höhe von 120 EUR festgesetzt hat.

Am 03.04.2019 überschritt d. Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h außerorts um 23 km/h. Gegen d. Betroffene/n wurde deshalb mit Bußgeldbescheid der Bußgeldbehörde des Landes Brandenburg vom 28.06.2019, rechtskräftig seit dem 17.7.2019, eine Geldbuße von 85 EUR festgesetzt hat.

II.

Am 31.10.2019 befuhr d. Betroffene als Fahrer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ..... gegen 07:24 Uhr die BAB 15 Höhe km 33,8 außerorts in Richtung Osten/Grenze mit einer Geschwindigkeit von 148 km/h. Die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug am Tattag nach dem in einer Entfernung von über 1.000 m zum Aufstellort des Messgerätes beidseitig aufgestellten Verkehrszeichen 274 zu § 41 II StVO 80 km/h.

Seit 2017 ist die Strecke wie folgt beschildert:

Auf der BAB 15 steht in Höhe

km 30,38 beidseitig Zeichen 274-62 + 1006-34,

km 30,58 beidseitig Zeichen 274-60 + 1006-31,

km 30,78 beidseitig mit Zusatz „auf 4 km“ Zeichen 274-58 + 1006-34 + 1001-31,

km 32,50 beidseitig mit Zusatz „auf 2 km“ Zeichen 274-58 + 1006-34 + 1001-31,

km 34,04 beidseitig mit Zusatz „auf 600 m“ Zeichen 274-58 + 1006-34 + 1001-30

und bei km 34,5 beidseitig Zeichen 278-58.

Eine Vielzahl von Einzelreparaturstellen („Betonkrebs“) ist auf der Strecke deutlich sicht- und spürbar.

Nunmehr, Juni 2020, ist für 2021 eine grundlegende Sanierung dieses Bereiches angekündigt.

Diese Beschilderung hatte d. Betroffene passiert und zur Kenntnis nehmen können.

An der außerorts aufgestellten Messstelle wurde die Fahrgeschwindigkeit d. Betroffenen

mit einem gültig geeichten fest auf einem Stativ installierten Lasergeschwindigkeitsmessgerät Poliscan Speed des Herstellers Vitronic Dr.-Ing.Stein Bildverarbeitungssysteme GmbH, Software-Version 3.7.4

durch den für dieses Messverfahren geschulten Zeugen ...., der die Messstelle auch eingerichtet hatte, mit der oben genannten Geschwindigkeit ordnungsgemäß und mit entsprechender Messwertzuordnung zum Fahrzeug des Betroffenen gemessen, wobei von der gemessenen Geschwindigkeit von 153 km/h gemäß dem Eichschein ein Toleranzabzug in Höhe von 5 km/h gemacht wurde. Der Zeuge ...., welcher für dieses Geschwindigkeitsmessverfahren geschult ist, hatte vor Beginn der Messung und nach Beendigung der Messung das Messgerät nach Bedienungsanleitung in Betrieb gesetzt, ohne dass dabei Unregelmäßigkeiten am Messgerät festzustellen waren und hat die Erkennbarkeit des Verkehrszeichens überprüft.

D. Betroffene hätte erkennen können und müssen, dass er die außerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hatte.

In der Hauptverhandlung hat der Betroffene sein Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch begrenzt.

Diese Feststellungen beruhen auf den ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung ausgeschöpften Beweismitteln sowie auf den sonstigen aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung herrührenden Umständen sowie auf der Einlassung d. Betroffenen, soweit ihr gefolgt werden konnte.

Inder Hauptverhandlung vom persönlichen Erscheinen entbundene Betroffene hat über seinen mit besonderer Vertretungsvollmacht versehenen Verteidiger seine verantwortliche Fahrereigenschaft eingeräumt.

Das Fahrverbot sei eine übermäßige Härte. Er allein arbeite für die GbR, sein Mitgesellschafter sei nur Geldgeber. Ohne eigene Fahrerlaubnis könne er die GbR nicht führen. Aus der Gesellschaft erziele er ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1700 EUR.

III.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung des Gerichtes fest, dass d. Betroffene die Tat so begangen hat, wie es in den getroffenen Feststellungen im Einzelnen dargelegt ist. D. Betroffene ist der Tat überführt.

Die Fahreridentität d. Betroffenen schließt das Gericht aus der geständigen Einlassung / sowie aus dem Vergleich der auf dem Messphoto, Bl. 11ff d.A., abgebildeten Person mit der auf dem vom Einwohnermeldeamt zur Verfügung gestellten Kopie des Ausweisphotos d. Betroffenen, Bl. 19 d.A., - alle Photos wurden in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen – sowie d. Betroffenen selbst in der Hauptverhandlung. Wegen der Einzelheiten der Abbildungen wird auf die vorstehend genannten Photos Bezug genommen und werden diese gemäß §§ 71 I OWiG, 267 I 3 StPO in die Urteilsgründe einbezogen.

Zweifel am Eingeständnis bestehen nicht. Wesentliche Gesichtsmerkmale stimmen überein. Zudem fehlen Indizien für eine Überlassung des Fahrzeuges an Dritte, während die Haltereigenschaft ein Indiz für die Fahrereigenschaft ist.

Außerdem hat d. Betroffene keinerlei Angaben gemacht, dass das Fahrzeug außer ihm noch durch Dritte genutzt werde, weshalb es fern liegt, eine andere Person als Fahrzeugführer anzunehmen. D. Betroffene hat zudem nicht behauptet, dass eine andere Person ihm ähnlich sehe. Indizien für eine Fremdüberlassung fehlen daher.

Die Überzeugung davon, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit nach § / 41 II StVO / Zeichen 274/ 80 km/h betragen hat, schöpft das Gericht aus dem in die Hauptverhandlung eingeführten Messprotokoll, Bl. 6 d.A.. Ausweislich dieser Dokumente war durch die Beschilderung in Trichterform beidseitig / der Fahrbahn in 1.000 m Entfernung vor der Messstelle für d. Betroffene/n erkennbar die zulässige Höchstgeschwindigkeit ausgeschildert. Die Lage der Messstelle und der Beschilderung ist zudem gerichtsbekannt.

Die Höhe der gemessenen Geschwindigkeit ergibt sich aus dem Messprotokoll sowie aufgrund der in der Hauptverhandlung verlesenen Bildleiste auf der Messphotographie, Bl. 11 ff, 6 d.A.. Ausweislich des Messprotokolls wurde das Messgerät nach der Zulassung der PTB und der Betriebsanleitung des Herstellers zur Anwendung gebracht. Der Zeuge Noack war ausweislich d. in die Hauptverhandlung eingeführten Schulungsnachweise/s , Bl. 8 d.A., in der Bedienung dieses Geschwindigkeitsmess-gerätes geschult.

Das Gerät war ausweislich des in die Hauptverhandlung eingeführten Eichscheine/s geeicht, Bl. 9, 10 d.A., und gewartet, Bl. 7 d.A..

Gründe an der Richtigkeit des Messergebnisses zu zweifeln, liegen daher nicht vor. Die konkret gemessene Geschwindigkeit ist zutreffend ermittelt und gemessen worden. Ebenso ist eine eindeutige Messwertzuordnung zum Fahrzeug d. Betroffenen möglich.

Die Feststellungen zu den Voreintragungen im Verkehrszentralregister folgen aus dem Auszug aus dem Verkehrszentralregister vom 18.5.20.

Die Feststellungen zu den Lebensverhältnissen d. Betroffenen beruhen auf /seiner, teilweise belegten, Einlassung.

IV.

D. Betroffene hat sich durch die Tat einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung um 68 km/h außerorts schuldig gemacht, §§ 41 II, 49 StVO, 24, 25 StVG, 4 I KatV, lfd. Nr. 11.3.9 BKat, 17, 46 I OWiG, 260, 465 StPO..

V.

Die Höhe der Geldbuße bestimmt sich zunächst nach lfd. Nr. 11.3.9 BKat.

Diese war auf Grund der vorhandenen Voreintragungen d. Betroffenen, die belegen, dass d. Betroffene nicht gewillt ist, sich an straßenverkehrsrechtliche Vorschriften zu halten, angemessen zu erhöhen. Das Gericht hat insoweit eine Geldbuße in Höhe von 620 € für tat- und schuldangemessen erachtet. Eine wirtschaftliche Überforderung des Betroffenen vermag das Gericht angesichts der nur sehr lückenhaften Ausführungen zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht festzustellen. Zwar steht sein privater Kontoauszug, welcher nur 10 Tage wiedergibt, deutlich im Minus, die Gründe hierfür sind jedoch nicht ersichtlich, zumal sich aus dem Konto der GbR nicht erklärte Barentnahmen von 7.050 EUR und Bareinnahmen aus Baugeschäften in Höhe von rund 16.000 EUR ergeben. Der Betroffene hat auch nicht versichert, dass seine Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen vollständig sind.

Zugleich war wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers ein Fahrverbot von zweimonatiger Dauer zu verhängen, § 25 Abs. 1 StVG. Es liegt ein Regelfall gemäß § 4 BKatV i. V. m. lfd. Nr. 11.3.9 BKat vor.

Anhaltspunkte dafür, dass die in der Höhe der Überschreitung liegende Geschwindigkeitsverletzung nicht als grob zu bewerten ist, sind nicht ersichtlich, im Gegenteil, ohne die Rechtsmittelbeschränkung wäre die Tat als Vorsatztat zu bewerten gewesen angesichts der extremen Überschreitung, der wiederholten beidseitigen Beschilderung und des schlechten Fahrbahnzustandes.

Ausreichende Gründe, ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbotes abzusehen, waren weder dargetan noch ersichtlich oder gegeben. D. Betroffene ist bereits straßenverkehrsrechtlich und einschlägig in Erscheinung getreten.

Insbesondere bedeutet die Verhängung des zweimonatigen Fahrverbotes für d. Betroffene/n auch keine außergewöhnliche unverhältnismäßige Härte, die die Grenze des unbilligen überschreiten würde, zumal für d. Betroffene/n die 4-Monats-Regelung gilt, sodass er flexibel ist das Fahrverbot anzutreten.

D. Betroffene hat dahingehend nichts Erhebliches vorgebracht. Nach dem Gesellschaftervertrag sind beide Gesellschafter gleich zu Arbeitsleistungen verpflichtet, wobei sich aus dem Geschäftszweck „Trockenbau“ keinerlei persönliche Fahrverpflichtung ergibt und der Transport von Material/Werkzeug offensichtlich nur untergeordnet vorkommt. Hierbei ist zudem zu berücksichtigen, dass alle bisher vorgelegten Rechnungen Arbeiten in Berlin über nur geringe Distanzen betreffen. Warum diese Fahrleistungen nicht durch den Mitgesellschafter oder die Lebensgefährtin erbracht werden können, erschließt sich nicht. Hinzukommen gewerbliche Fahrdienste. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft sind nach den erkennbar lückenhaft vorgelegten Unterlagen genau so unklar, wie seine höchstpersönlichen.

Zur konkreten Geschäftstätigkeit innerhalb der nächsten vier Monate hat der Betroffen überhaupt keine Angaben gemacht.

Da gegen d. Betroffene/n noch kein Fahrverbot verhängt worden ist, war gem. § 25 Abs. 2 a StVG eine Anordnung zur Verschiebbarkeit der Verbotsfrist zu treffen.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.