Gericht | OLG Brandenburg 2. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 13.04.2021 | |
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Aktenzeichen | 2 W 4/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0413.2W4.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 27.01.2021 (Az. 3 O 10/21) wird zurückgewiesen.
I.
Der Kläger nimmt den beklagten Landkreis mit einer unter dem 16.09.2019 bei dem Verwaltungsgericht Cottbus erhobenen Klage auf Schadensersatz in Anspruch und begehrt hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Er trägt im Wesentlichen vor, sich im Mai 2016 um eine von der Stadt N… ausgeschriebene Stelle eines Baudirektors beworben und hierfür als Nachweis seiner Staatsangehörigkeit einen Staatsangehörigkeitsausweis benötigt zu haben. Ein dahingehender Antrag sei von dem beklagten Landkreis mehrfach abgelehnt worden. Seither sei er von Transferleistungen abhängig und hinsichtlich seiner beruflichen Laufbahn dauerhaft geschädigt. Den ihm infolgedessen in materieller und immaterieller Hinsicht entstandenen Schaden beziffert er auf 250.000 €.
Das Verwaltungsgericht Cottbus hat den Verwaltungsrechtsweg für nicht gegeben erklärt und den Rechtsstreit mit Beschluss vom 17.10.2019 (Az. VG 3K 1195/19) an das Landgericht Cottbus verwiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers ist mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29.11.2019 (Az. OVG 5 L 30.19) verworfen worden.
Das Landgericht Cottbus hat den Prozesskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 27.01.2021, der dem Kläger am 01.02.2021 zugestellt worden ist, mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der unter dem 06.02.2021 erhobenen und am 08.02.2021 beim Landgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Mit Beschluss vom 17.02.2021 hat das Landgericht dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Mit Schreiben vom 06.03.2021 hat der Kläger im Wesentlichen unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Schriftsatz vom 06.02.2021 erklärt, sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.02.2021 einzulegen. Wegen der Einzelheiten der Beschlüsse vom 27.01.2021 und vom 17.02.2021 wird auf Blatt 11/ 11R und 19 des PKH-Heftes sowie wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens auf Blatt 13 ff. und 26 ff. des PKH-Heftes Bezug genommen.
II.
1.
Der mit dem Schreiben vom 06.02.2021 eingelegte Rechtsbehelf ist nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO als sofortige Beschwerde statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
Das Vorbringen aus dem Schreiben vom 06.03.2021 ist dem damit eröffneten Beschwerdeverfahren zuzurechnen; ein gesondertes Rechtsmittel gegen den Nichtabhilfebeschluss vom 17.02.2021 ist dem Schreiben trotz des abweichenden Wortlauts hingegen nicht zu entnehmen. Diese Auslegung beruht auf dem Grundsatz, wonach Prozesserklärungen analog § 133 BGB nicht nach ihrem buchstäblichen Sinn, sondern im Zweifel so auszulegen sind, dass dasjenige gewollt ist, was aus der Sicht der betreffenden Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (s. etwa BGH, Urteil vom 12.12.2014 – V ZR 53/14 – NZM 2015, 218; Beschluss vom 27.08.2019 – VI ZB 32/18 – NJW 2019, 3727). Nach diesem Grundsatz kommt hier insbesondere zum Tragen, dass der Kläger gegen den Nichtabhilfebeschluss im Wesentlichen die gleichen Gründe wie gegen den Beschluss vom 27.01.2021 vorbringt und dass eine gesonderte Anfechtung der Abhilfeentscheidung durch den Beschwerdeführer grundsätzlich mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist, da das Beschwerdeverfahren mit der Nichtabhilfeentscheidung beim Beschwerdegericht anfällt und dieses über die Ausgangsentscheidung in der Form, die diese durch die Nichtabhilfeentscheidung erhalten hat, entscheidet (vgl. BGH, Beschluss vom 26.08.2020 – XII ZB 243/19 – BeckRS 2020, 25643).
2.
Die mithin als einheitlicher Rechtsbehelf gegen den Beschluss vom 27.01.2021 in der Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 17.02.2021 auszulegende sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klage gegen den beklagten Landkreis zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage zurückgewiesen.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter anderem voraus, dass die (beabsichtigte) Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist der Fall, wenn es nach einer Gesamtschau des Tatsachenvortrags der antragstellenden Partei aufgrund einer summarischen Prüfung zumindest möglich erscheint, dass der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren vor dem angerufenen Gericht Erfolg haben wird (s. etwa Kießling, in: Saenger, ZPO, 8. Auflage 2019, § 114 ZPO, Rn. 18 m. w. Nachw.). Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine (beabsichtigte) Klage erfordert demnach insbesondere, dass das Tatsachenvorbringen des Klägers – dessen Richtigkeit unterstellt – das daraus hergeleitete Klagebegehren rechtfertigt (Wache, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 114 ZPO, Rn. 60). Hieran fehlt es vorliegend.
Der Vortrag des Klägers rechtfertigt das mit der Klage verfolgte Schadensersatzbegehren unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Insbesondere genügt sein Vorbringen nicht zur Begründung eines Amtshaftungsanspruchs nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB bzw. eines Anspruchs nach § 1 Abs. 1 StHG.
Wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, ist bereits ein Haftungsgrund, nämlich die Verletzung einer Amtspflicht im Sinne von § 839 BGB bzw. die Rechtswidrigkeit der Zufügung eines Schadens im Sinne von § 1 Abs. 1 StHG nicht schlüssig dargelegt. Denn hierfür genügt es nicht, dass der Antrag des Klägers auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises abgelehnt worden sei, obwohl er die deutsche Staatsangehörigkeit innehabe. Ein Anspruch auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 30 Abs. 1 Satz 1 StAG und auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises nach § 30 Abs. 3 Satz 1 StAG setzen neben dem Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht ein Sachbescheidungsinteresse voraus (s. etwa OVG Münster, Beschluss vom 16.07.2020 – 19 A 2812/19 – BeckRS 2020, 17999 m. w. Nachw.). Hieran fehlt es insbesondere, wenn die deutsche Staatsangehörigkeit des Antragstellers nicht zweifelhaft ist und auch nicht bestritten wird (vgl. VGH München, Beschluss vom 08.08.2018 – 5 ZB 18.844 – BeckRS 2018, 18315).
Vorliegend ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger bei der von ihm vorgetragenen Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises ein berechtigtes Interesse an der Feststellung und Bescheinigung der deutschen Staatsangehörigkeit hatte. Insbesondere lässt sein Vortrag nicht erkennen, dass seine Staatsangehörigkeit im Streit stand oder zweifelhaft war. Der Kläger macht zwar mit der sofortigen Beschwerde geltend, er habe durch seinen Antrag begründet, dass Zweifel an seiner Staatsangehörigkeit bestanden hätten. Er trägt aber nach wie vor keine diese vermeintlichen Zweifel begründenden konkreten Umstände vor. Von daher kann die Beschwerde auch nicht mit dem – in der Sache zutreffenden – Gesichtspunkt durchdringen, wonach die Aushändigung eines deutschen Personalausweises oder Reisepasses nicht die deutsche Staatsangehörigkeit begründe. Denn der Umstand, dass ein deutscher Staatsangehöriger nicht bereits über einen (anderweitigen) Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit verfügt, ist zwar notwendige, nach dem Vorstehenden aber nicht hinreichende Voraussetzung für das Sachbescheidungsinteresse bei dem Antragsverfahren nach § 30 Abs. 1 Satz 1 StAG.
Die sofortige Beschwerde kann sich auch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass der Kläger den Staatsangehörigkeitsausweis für die ausgeschriebene Stelle benötigt habe. Jedenfalls ohne weiteres setzt eine Bewerbung um ein öffentliches Amt nicht den Nachweis der deutschen Staatsangehörigkeit voraus. Dass die ausschreibende Stelle in dem vorliegend in Rede stehenden Ausschreibungsverfahren hiervon abweichende Anforderungen gestellt und von den Bewerbern bzw. dem Kläger die Vorlage eines Ausweises nach § 30 Abs. 3 Satz 1 StAG gefordert hat, wird vom Kläger nicht behauptet und ist auch nach den von ihm vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus der vom Kläger wiederholt vorgelegten E-Mail-Nachricht vom 04.05.2016, in der insofern lediglich auf die Regelung des § 7 BeamtStG hingewiesen, jedoch kein diesbezüglicher Nachweis gefordert worden ist.
Ein Sachbescheidungsinteresse für den behaupteten Antrag nach § 30 Abs. 1 Satz 1 StAG ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Kläger offenbar am 27.10.2016 seitens des Landratsamtes No… der von ihm in Kopie vorgelegte Staatsangehörigkeitsausweis erteilt worden ist. Denn dass die Behörde in jenem Verwaltungsverfahren ein für die Erteilung des Ausweises hinreichendes Interesse angenommen hat, lässt nicht darauf schließen, dass auch in dem hier in Rede stehenden Verwaltungsverfahren ein ausreichendes Interesse an der Erteilung eines solchen Ausweises bestand und gegenüber dem beklagten Landkreis hinreichend geltend gemacht worden ist.
Abgesehen davon, dass es mithin an der schlüssigen Darlegung eines Haftungsgrundes fehlt, ermangelt es der Klage auch deshalb an einer für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinreichenden Erfolgsaussicht, weil ein durch die vermeintliche Amtspflichtverletzung bzw. die vermeintlich rechtswidrige Versagung des Staatsangehörigkeitsausweises kausal verursachter Schaden ebenfalls nicht schlüssig dargelegt ist. Das klägerische Vorbringen lässt schon nicht erkennen, dass der Kläger eine Bewerbung um die in Rede stehende Stelle abgegeben hat, die bei vermeintlich pflichtgemäßer Erteilung des Staatsangehörigkeitsausweises durch den beklagten Landkreis Erfolg gehabt hätte. Soweit diesbezüglich in der sofortigen Beschwerde geltend gemacht wird, dass aus der mit der Beschwerdeschrift vorgelegten E-Mail ersichtlich sei, dass er mit dem Nachweis seiner Staatsangehörigkeit die Stelle als Baudirektor erhalten haben würde, ist dem in tatsächlicher Hinsicht nicht zu folgen. Denn in der betreffenden E-Mail vom 04.05.2016 wird lediglich darauf hingewiesen, dass es sich bei der ausgeschriebenen Stelle um eine Beamtenstelle handle, und – wie vorstehend bereits ausgeführt – der Inhalt von § 7 BeamtStG mitgeteilt. Dazu, dass sich der Kläger um diese Stelle beworben hat und seine Bewerbung bei Vorlage eines Staatsangehörigkeitsausweises Erfolg gehabt hätte, verhält sich die E-Mail hingegen nicht.
3.
Eine Kostenentscheidung ist nicht angezeigt. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO bestehen nicht.