Gericht | FG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 22.03.2021 | |
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Aktenzeichen | 7 K 7138/18 | ECLI | ECLI:DE:FGBEBB:2021:0322.7K7138.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Feststellungsbescheide vom 13.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.07.2018 und vom 26.02.2021 über Umsatzsteuer für das Jahr 2000 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Die Beteiligten streiten darum, ob die Umsatzsteuer 2000 rechtswirksam im Insolvenzverfahren gegenüber dem Kläger festgestellt wurde.
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der B… GmbH & Co. KG. Über das Vermögen der B… GmbH & Co. KG wurde am 16.02.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Amtsgericht C… –AG–, Gz. 109 IN 3546/…).
Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens war die Umsatzsteuer 2000 weder erklärt noch festgesetzt. Der Kläger reichte am 18.07.2007 eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000 ein. Aus der Erklärung ergab sich eine Umsatzsteuerschuld in Höhe von 250.825,25 DM (128.244,49 €) und eine Zahllast nach Verrechnung mit dem Vorauszahlungssoll in Höhe von 246.345,89 DM (125.954,65 €). Ein Bescheid wurde nicht erlassen. Die Forderung wurde zunächst auch nicht zur Tabelle angemeldet.
Mit Schreiben vom 30.12.2014 wurde eine Forderung aus Umsatzsteuer 2000 i. H. v. 122.887,98 € zur Tabelle angemeldet. Ausweislich des Tabellenauszuges hat der Kläger die Anmeldung bestritten. Am 02.01.2015 erging eine Steuerberechnung über Umsatzsteuer in Höhe 128.244,79 €.
Am 13.03.2017 erließ der Beklagte einen Feststellungsbescheid gemäß § 251 Abs. 3 Abgabenordnung –AO– i. V. m. § 179 Abs. 1 Insolvenzordnung –InsO– über die zur Tabelle angemeldete Umsatzsteuerforderung. Der Beklagte führte in der Begründung zu dem Feststellungsbescheid aus, dass dieser aufgrund von § 240 Zivilprozessordnung –ZPO– i. V. m. § 155 Finanzgerichtsordnung –FGO– zu erlassen gewesen sei, da durch das Insolvenzverfahren das Steuerfestsetzungsverfahren unterbrochen werde und nach der Unterbrechung die volle Frist von neuem zu laufen beginne. Aufgrund der Sperrwirkung des § 251 Abs. 2 AO könne zudem kein wirksamer Steuerbescheid mehr erlassen werden.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 27.03.2017 Einspruch ein.
In seiner Stellungnahme zu dem Einspruch führte der Beklagte aus, dass der Feststellungsbescheid zwar fehlerhaft sei, da er sich auf die Steuerberechnung und damit auf eine falsche Grundlage beziehe, dieser Fehler aber durch die Übersendung der richtigen Grundlage, nämlich der Steuererklärung, durch den Beklagten gemäß des § 126 Abs. 1 AO geheilt worden sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 17.07.2018 gab der Beklagte dem Einspruch in Höhe von 37.775,75 € aufgrund eines weiteren Vorsteueranspruches statt und wies ihn im Übrigen als unbegründet zurück. Die Anerkennung des Vorsteueranspruchs erfolgte in Höhe der tatsächlich gezahlten Quote. Es besteht Einigkeit darüber, dass in Bezug auf die Vorsteuer ggf. eine erneute Korrektur abhängig von der tatsächlich erzielten Quote zu erfolgen hat.
Am 06.08.2018 hat der Kläger Klage erhoben.
Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass der Feststellungsbescheid zu Unrecht erlassen worden sei, da die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Folge habe, dass das reguläre Steuerfestsetzungsverfahren analog § 240 ZPO in Verbindung mit § 155 FGO unterbrochen werde. Daher sei es dann nicht mehr möglich Steuerbescheide zu erlassen, durch die eine Insolvenzforderung festgesetzt werde. Eine bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht festsetzte Steuer müsse zur Tabelle angemeldet werden. Ein gemäß § 251 Abs. 3 AO wirksam erlassener Bescheid erhalte indes die Feststellung, dass der bestrittene Anspruch in der geltend gemachten Höhe bestehe und im Sinne von § 38 InsO begründet sei.
Zudem habe der Beklagte keinen Anspruch mehr auf Zahlung, da Festsetzungsverjährung eingetreten sei.
Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 13 AO komme nicht zur Anwendung, da die Anmeldung zur Tabelle nicht vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist erfolgt sei. Die strittige Umsatzsteuer hätte vorliegend grundsätzlich bis zum 31.12.2007 festgesetzt oder ein entsprechender Abrechnungsbescheid erlassen werden können. Die Festsetzungsfrist habe mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht werde, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden sei, also vorliegend mit Ablauf des 31.12.2003 begonnen. Die Festsetzungsfrist von vier Jahren habe daher am 31.12.2007 geendet.
Die Abgabe der Steuererklärung in 2007 habe den Ablauf der Festsetzungsfrist nicht (erneut) gehemmt oder dazu geführt, dass diese erneut zu laufen begonnen hätte.
Weiterhin sei Zahlungsverjährung gemäß § 228 i. V. m. § 231 AO eingetreten. Diese habe gemäß § 229 AO mit Ablauf des Jahres 2007 begonnen und mit Ablauf des Jahres 2012 geendet. Ablaufhemmung trete nur in Fällen des § 231 AO, mithin durch die Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren, ein. Dies sei aber erst in 2015 erfolgt.
Der Beklagte hat mit Bescheid vom 26.02.2021, von dem die Klägervertreter eine Kopie erhalten haben, weitere Vorsteuerbeträge anerkannt. Insgesamt hat sich die fällige Umsatzsteuer auf 32.997,41 € reduziert.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Feststellungsbescheide i. S. v. § 251 Abs. 3 AO i. V. m. § 179 Abs. 1 InsO vom 13.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.07.2018 und vom 26.02.2021 aufzuheben,
die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass gemäß § 240 ZPO während des Insolvenzverfahrens alle steuerlichen Verfahren unterbrochen werden würde. Die Unterbrechung dauere fort, bis die Verfahren nach den insolvenzrechtlichen Regelungen aufgenommen oder aber das Insolvenzverfahren beendet werde. Die Folge sei, dass verfahrensrechtliche Regelungen der AO im Insolvenzverfahren nicht gelten würden, so dass auch die gesetzlichen Vorgaben zur abgabenrechtlichen Festsetzungs- und Zahlungsverjährung nicht gelten würden.
Entscheidend für die erfolgreiche Anmeldung zur Tabelle sei nach § 38 InsO allein die Begründetheit des Anspruchs, also die Tatsache, dass die zu einer Zahllast für das Jahr 2000 führenden Lieferungen und Leistungen erbracht worden seien und die den Vorsteuerabzug begründenden Rechnungen vorgelegen hätten.
Für die Anmeldung einer Steuerforderung, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht festsetzungsverjährt sei, bestehe keine abgabenrechtliche Frist. §§ 169 ff. AO würden ausschließlich die Frist für eine Steuerfestsetzung betreffen. Es komme also lediglich darauf an, dass die Steuerforderungen zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht verjährt gewesen seien. Die vorliegende Forderung sei zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung am 16.02.2001 noch nicht verjährt gewesen.
Soweit es tatsächlich auf die Festsetzungsfrist ankomme, sei diese noch nicht abgelaufen. Basis für die Forderungsanmeldung sei die Umsatzsteuererklärung. Diese sei innerhalb der Festsetzungsfrist eingegangen. Eine Umsatzsteuererklärung stelle eine Steueranmeldung dar, die außerhalb des Insolvenzverfahrens einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehe.
Im Falle von bereits titulierten Ansprüchen aufgrund von Steueranmeldungen sei auch ein Steuerbescheid nicht mehr notwendig.
§ 171 Abs. 13 AO sei daher nur insofern relevant, als dass die ausdrückliche Formulierung, dass die Hemmung der Festsetzungsverjährung dann eintrete, wenn die noch nicht festgesetzte Steuer „vor Ablauf der Festsetzungsfrist (…) im Insolvenzverfahren angemeldet“ werde, darauf hinweise, dass es auch den Fall der nicht vor Ablauf der Festsetzungsfrist im Insolvenzverfahren angemeldete Forderungen gebe. Für diese solle offensichtlich die Hemmung der Festsetzungsverjährung über das Insolvenzverfahren hinaus nicht gelten.
Dem Gericht haben neben den Streitakten des hiesigen Verfahrens jeweils ein Band Umsatzsteuerakten, Rechtsbehelfsakten und Hinweisakten, die der Beklagte für die B… GmbH & Co. KG unter der Steuer-Nr. … führt, vorgelegen.
I. Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO), weil die Sache ausgeschrieben ist und die entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände feststehen.
II. Der Feststellungsbescheid vom 26.02.2021, der die durch die Einspruchsentscheidung vorgenommene Feststellung der Umsatzsteuer 2000 geändert hat, ist gemäß § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden. Gemäß § 68 Satz 1 FGO wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, wenn der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt wird.
III. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger wird durch den angefochtenen Bescheid i. S. des § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO in seinen Rechten verletzt.
1. Die Umsatzsteuernachzahlung für das Jahr 2000 kann nicht mehr gemäß § 251 Abs. 3 AO i. V. m. § 179 Abs. 1 InsO feststellt werden, da ein Anspruch aus einem Steuerschuldverhältnis nicht mehr bestand.
a) Gemäß § 87 InsO können Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Um keine Rechtsnachteile zu erleiden, müssen sie somit ihre im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensansprüche gegen den Insolvenzschuldner (§ 38 InsO) nach den Vorschriften der §§ 174f. InsO verfolgen (Bundesfinanzhof –BFH–, Urteil vom 18.12.2002 – I R 33/01, Bundessteuerblatt – BStBl.– II 2003, 630, II. 1. der Gründe m. w. N.). Gemäß § 251 Abs. 3 AO i. V. m. § 179 Abs. 1 InsO stellt die Finanzbehörde im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis durch schriftlichen Verwaltungsakt fest, soweit der Anspruch durch den Insolvenzverwalter bestritten wird.
b) Der Anspruch auf die Umsatzsteuernachzahlung ist zwar zunächst unstreitig entstanden. Er ist jedoch aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung gemäß § 47 AO i. V. m. § 169 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO erloschen.
aa) Die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer beträgt gemäß § 169 Abs. 1 Nr. 2 AO vier Jahre. Nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt.
bb) Da zunächst keine Steuererklärung für das Jahr 2000 eingereicht wurde, beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2003 und endet vier Jahre danach am 31.12.2007. Ein Steuerbescheid konnte in diesem Zeitraum nicht erlassen werden, da am 16.02.2001 das Insolvenzverfahren über die B… GmbH & Co. KG eröffnet wurde. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird das reguläre Steuerfestsetzungsverfahren analog § 240 ZPO in Verbindung mit § 155 FGO unterbrochen. Steuerbescheide können folglich nicht mehr ergehen. Insolvenzforderungen während eines Insolvenzverfahrens sind zur Tabelle anzumelden und erforderlichenfalls durch Verwaltungsakt festzustellen.
Die vom Kläger abgegebene Umsatzsteuererklärung hat auch nicht zu einer Steuerfestsetzung nach § 168 AO geführt, weil auch diese Regelung aufgrund des Insolvenzverfahrens suspendiert ist (BFH, Urteil vom 24.11.2011 – V R 13/11, BStBl. II 2012, 298, Rn. 55).
cc) Die Festsetzungsfrist war auch nicht gemäß § 171 Abs. 13 AO gehemmt.
(1) Danach läuft die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet wurde.
(2) Die Anmeldung der streitigen Umsatzsteuernachzahlung erfolgte erstmals mit Schreiben vom 30.12.2014 und damit nicht innerhalb der Festsetzungsfrist.
dd) Entgegen der Auffassung des Beklagten läuft die Festsetzungsfrist auch während des Insolvenzverfahrens weiter.
(1) Zunächst lässt der Wortlaut des § 171 Abs. 13 FGO den Schluss zu, dass die Festsetzungsfrist während des Insolvenzverfahrens grundsätzlich weiterläuft (so auch Klein/Rüsken, AO, 15. Auflage 2020, § 171 Rn. 116; im Ergebnis wohl anderer Auffassung Gosch/Paetsch, AO/FGO, 157. Lieferung, § 171 Rn. 189). Danach muss eine Forderung vor Ablauf der Festsetzungsfrist im Insolvenzverfahren angemeldet werden, damit die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens abläuft. Ist die Festsetzungsfrist vor Beginn des Insolvenzverfahrens abgelaufen, ist eine Geltendmachung ohnehin nicht mehr möglich. Würde die Festsetzungsfrist im Insolvenzverfahren jedoch suspendiert werden, wäre eine Anmeldung innerhalb der Festsetzungsfrist nicht möglich, da diese gehemmt wäre. Für diese Auffassung spricht zudem, dass es nicht sinnvoll erscheint, für den praktisch unbedeutenden Anwendungsbereich der nachinsolvenzlichen Festsetzung ein Fristerfordernis aufzustellen, wenn es ansonsten nicht gelten würde. Der Insolvenzgläubiger ist auch nicht schutzlos gestellt, da er grundsätzlich die Möglichkeit hat, seine Forderung innerhalb der Festsetzungsfrist zur Tabelle anzumelden.
(2) Dafür, dass die Unterbrechung durch das Insolvenzverfahren Verjährungsfristen nicht berührt, spricht außerdem, dass § 231 Abs. 1 Nrn. 4 bis 6 AO für die Zahlungsverjährung mit dem Insolvenzverfahren zusammenhängende Unterbrechungstatbestände enthält. Danach wird die Zahlungsverjährung durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren, den Eintritt des Vollstreckungsverbots nach § 294 Abs. 1 InsO oder die Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan unterbrochen. Wären durch das Insolvenzverfahren die Regelungen zur abgabenrechtlichen Festsetzungs- und Zahlungsverjährung suspendiert, wovon der Beklagte ausgeht, dann wären diese Regelungen überflüssig.
(3) Auch der BFH ist in seinem Urteil vom 23.09.2020 (XI R 1/19, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2021, 238, Rn. 60) ohne besondere Erörterungen vom Ablauf der Festsetzungsfrist während des Insolvenzverfahrens ausgegangen. In diesem Fall wurde die Körperschaftsteuer 2008 weder festgesetzt, noch zur Tabelle angemeldet. Die Festsetzungsfrist begann daher mit Ablauf des 31.12.2011 und endete am 31.12.2015. Das Insolvenzverfahren wurde am 01.04.2010 eröffnet und am 28.05.2019 beendet. Der BFH ging also von dem Ablauf der Festsetzungsfrist während des Insolvenzverfahrens aus. Unter Rn. 59 des Urteils weist der BFH zudem darauf hin, dass für eine Ablaufhemmung während des Insolvenzverfahrens eine Anmeldung der Forderung zur Tabelle durch die Finanzverwaltung erforderlich gewesen wäre.
(4) Auch ein Vergleich mit dem Zivilrecht bestätigt die vorstehenden Schlussfolgerungen. Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 10 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB– wird die Verjährung, die in den §§ 194 ff. BGB geregelt ist, durch eine Anmeldung des Anspruchs im Insolvenz-verfahren gehemmt. Soweit die Forderung nicht nach Eröffnung des Insolvenzerfahrens angemeldet wird, läuft die Verjährung weiter. (Jauernig/Mansel, BGB, 18. Auflage 2021, § 204 Rn. 12; Meller-Hannich in BeckOK, Stand 01.12.2020, § 204 Rn. 338 ff.; Grothe in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2018, § 204 Rn. 52). Auch das Zivilrecht sieht mithin keine Hemmung der Verjährung durch das Insolvenzverfahren vor.
(5) Letztlich entspricht es auch dem Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens, dass die Verjährungsfristen weiterlaufen, soweit die Anmeldung im Insolvenzverfahren nicht vor deren Ablauf erfolgt ist. Ziel des Verfahrens ist die gerechte, gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger. Daher endet mit Beginn des Insolvenzverfahrens die Möglichkeit einzelner Gläubiger, gegen den Insolvenzschuldner vorzugehen. Hierzu ist es erforderlich, dass alle Forderungen zur Tabelle angemeldet werden. Würden die Verjährungsfristen ohne Anmeldung zur Tabelle unterbrochen werden, so hätten die Gläubiger noch nach dem Insolvenzverfahren die Möglichkeit, soweit dies nach dem Insolvenzverfahren möglich ist, gegen den Insolvenzschuldner vorzugehen.
2. Da bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist, kann dahinstehen, ob der Anspruch gemäß § 288 AO i. V. m. § 231 AO zahlungsverjährt ist
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
IV. Die Entscheidungen über die Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf §§ 155 Satz 1, 151 Abs. 3 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO analog.
V. Die Revision wird nicht gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, da die Entscheidung auf der Anwendung des Rechts auf den Einzelfall beruht, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder der Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Die Rechtsfrage ist durch das Urteil des BFH vom 23.09.2020 (XI R 1/19, DStR 2021, 238) geklärt.