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Antrag auf Zulassung der Berufung, Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist, Mängel der postalischen Zustellung (hier Postlaufzeit von mehr als drei Werktagen), übliche Postlaufzeiten, Einwurfeinschreiben, Einlieferungsbeleg, Versandschlusszeit überschritten, Transport der Sendung erst am nächsten Tag, Hinweis auf Einlieferungsbeleg, Erkundigungspflicht, Sendungsnummer


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 29.04.2021
Aktenzeichen OVG 6 N 106/20 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2021:0429.OVG6N106.20.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 60 Abs 1 VwGO, § 60 Abs 2 S 2 VwGO, § 124a Abs 4 S 1 VwGO

Leitsatz

Zur Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist bei überlanger Postlaufzeit.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. Oktober 2020 wird verworfen.

Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.350,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die „Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung“, die als Antrag auf Zulassung der Berufung zu verstehen ist, hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag ist als unzulässig zu verwerfen, weil er nicht binnen der in § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgesehenen Monatsfrist wirksam erhoben wurde. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. Oktober 2020 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses am 12. Oktober 2020 (Bl. 106 d.A.) zugestellt. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hätte daher spätestens mit Ablauf des 12. November 2020 bei Gericht eingehen müssen. Hierauf ist der Kläger in der dem angefochtenen Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich hingewiesen worden. Tatsächlich ist der Antrag erst am 17. November 2020 (Bl. 116 d.A.) bei Gericht eingegangen.

2. Für die von dem Kläger am 19. November 2020 beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist (Bl. 120 d.A.) ist kein Raum. Der Kläger hat mit seinem Vortrag, er habe ausweislich des Einlieferungsbelegs vom 10. November 2020 die Antragsschrift am 10. November 2020 um 17.41 Uhr per Einwurfeinschreiben durch die Postannahmestelle im Forum Duisburg in Duisburg-Mitte nach Berlin befördern lassen, so dass zwischen der Einlieferung der Beschwerde und dem Fristablauf drei volle Arbeitstage gelegen hätten, nicht glaubhaft gemacht, unverschuldet an der Einhaltung der Frist verhindert gewesen zu sein (vgl. § 60 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 VwGO).

a) Zwar trifft es zu, dass Mängel der postalischen Beförderung einem Beteiligten nicht zugerechnet werden, wenn er die Sendung den postalischen Bestimmungen entsprechend – also korrekt frankiert und adressiert – zu einem Zeitpunkt abgesandt hat, zu dem unter Berücksichtigung der üblichen Postlaufzeiten – innerhalb des Bundesgebiets spätestens innerhalb von drei Werktagen – mit einem rechtzeitigen Eingang bei dem Empfänger gerechnet werden darf. Insoweit genügt aber nicht die bloße Behauptung in einem Wiedereinsetzungsantrag, sondern es bedarf der Darlegung, wann, durch wen und wo der Brief bei der Post abgeliefert worden ist. Dies folgt aus § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO, der zudem verlangt, dass die Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Oktober 2013 – 2 B 84/12 – juris Rn. 5 m.w.N.; für eine übliche Postlaufzeit von zwei Werktagen vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 4 C 2/12 – BVerwGE 147, 37, bei juris Rn. 8; OVG Münster, Beschluss vom 25. Juli 2019 – 4 A 349/18.A – juris Rn. 7).

b) Gemessen hieran durfte der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht darauf vertrauen, dass die am 10. November 2020 um 17.41 Uhr bei der Deutschen Post abgegebene Antragsschrift noch innerhalb der am 12. November 2020 – und nicht, wie von dem Prozessbevollmächtigen fehlerhaft angenommen, am 13. November 2020 – ablaufenden Antragsfrist bei dem Verwaltungsgericht Berlin eingehen würde. Die Einlieferung bei der Deutschen Post am 10. November 2020 um 17:41 Uhr erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem ein Transport der Sendung nicht mehr am gleichen Tag, sondern erst am nächsten Werktag stattfand, mit anderen Worten, die aufgegebene Sendung bis zum nächsten Tag in der Postfiliale – wie in einem bereits vor dem Einwurf der Sendung letztmalig geleerten Briefkasten – liegenblieb. Dies ergibt sich aus dem auf dem Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vom 10. November 2020 abgedruckten Hinweis „Versandschlusszeit bereits überschritten. Der Transport der Sendung beginnt am nächsten Werktag“ (Bl. 128 d.A.). Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers musste daher bekannt sein, dass die Sendung erst am Folgetag, dem 11. November 2020, befördert wird. Er durfte nicht erwarten, dass die Antragsschrift innerhalb von nur einem Werktag bei dem Verwaltungsgericht Berlin ankommen werde. Im Übrigen hätte es ihm mit Blick auf die vorstehend geschilderten Umstände, die eine mögliche Verfristung nahelegten, oblegen, sich noch am 12. November 2020 entweder bei dem Verwaltungsgericht telefonisch über den rechtzeitigen Eingang der Antragsschrift zu erkundigen oder über die auf dem Einlieferungsbeleg angegebene Homepage der Deutschen Post und mit der ebenfalls angegebenen Sendungsnummer den Sendungsstatus online abzurufen. Dem ist der Prozessbevollmächtigte des Klägers erst am 17. November 2020 nachgekommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).