Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 21.04.2021 | |
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Aktenzeichen | 5 K 1767/18 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2021:0421.5K1767.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Widerspruchsbescheide des Landrates des Landkreises O... vom 09. Juli 2018 werden aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i. H. von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Kläger fechten zwei Widerspruchsbescheide des Landrates des Landkreises O... an und begehren im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer vom Bürgermeister der Gemeinde G... erteilten Ausnahmegenehmigung nach dem Landesimmissionsschutzgesetz - LImschG.
Am nordöstlichen Seeufer des B...befindet sich die Kleingartensparte des Kleingartenvereins (KGV) „A...“ e.... Schräg gegenüberliegend am südlichen Seeufer befindet sich in ca. 350 m Entfernung das straßenseitig an der G...und unmittelbar am Seeufer des B... belegene Wohngrundstück der Kläger.
Am 12. Juni 2017 meldete der Beigeladene als damaliger Vorsitzender des KGV „A... für den 5. August 2017, beginnend 18:00 Uhr und endend 24:00 Uhr, das Sommerfest des KGV „... an und beantragte eine Ausnahmegenehmigung nach § 10 Abs. 3 LImschG (Ausnahme vom Verbot zum Schutz der Nachtruhe) von 22:00 Uhr bis 24:00 Uhr und nach § 11 Abs. 4 LImschG (Benutzung von Tonträgern nach 22:00 Uhr) von 22:00 Uhr bis 24:00 Uhr für die vorgenannte Veranstaltung. Die Anzahl der zu erwartenden Gäste wurde mit „60“ angegeben.
Am 13. Juni 2017 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde G...die Ausnahmegenehmigung Nr. 4... für
„1. die Nacht vom 05.08.2017 zum 06.08.2017 von 22.00 Uhr - 24.00 Uhr die Ausnahme vom Verbot der Betätigungen, welche die Nachtruhe zu stören geeignet sind
und für
2. den 05.08.2017 zum 06.08.2017 von 18.00 Uhr – 24.00 Uhr die Ausnahme vom Verbot – Benutzung von Tonträgern/Musikinstrumente“
und die Veranstaltungsart „Sommerfest“. Ferner erfolgte die Genehmigung zur Durchführung dieser Veranstaltung u.a. unter der Auflage:
„1. Die Nachbarschaft darf durch die Musik nicht unzumutbar gestört werden, aus diesem Grund ist der Immissionsrichtwert von 55 db(A) bis 22.00 Uhr und von 40 db(A) nach 22.00 Uhr am nächstgelegenen bewohnten Grundstück nicht zu überschreiten.“
Ferner ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung der Ausnahmegenehmigung im öffentlichen Interesse an.
Die Kläger erhoben am 18. Oktober 2017 Drittwiderspruch, in dem sie sich auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse beriefen. Ihrer Ansicht nach sei die erlassene Ausnahmegenehmigung rechtswidrig gewesen. Der Beklagte half dem Drittwiderspruch nicht ab und übergab den Widerspruchsvorgang mit Schreiben vom 06. April 2018 an den Landkreis O...als Widerspruchsbehörde.
Bereits am 21. Februar 2018 erhoben die Kläger Untätigkeitsklage (Az.: VG 5 K 520/18). Klagebegründend ließen sie ausführen, dass es sich bei dem fraglichen Sommerfest um eine geschlossene Veranstaltung gehandelt habe, die ausschließlich Vereinsmitgliedern vorbehalten gewesen sei. Die in der Ausnahmegenehmigung enthaltenen Auflagen seien von vornherein zwecklos gewesen, weil deren Einhaltung weder überprüft worden sei, noch sei die Einhaltung der Auflagen angesichts der örtlichen Situation überhaupt möglich gewesen. Im Übrigen sei das Sommerfest nicht um 24:00 Uhr beendet worden. Ursprünglich beantragten die Kläger,
den Beklagten zu verpflichten, den Drittwiderspruch der Kläger vom 16. Oktober 2017 gegen den Bescheid des Beklagten zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung an Herrn K... zur Nr. 4... vom 13. Juni 2017 unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts zu bescheiden.
Der Beklagte beantragte insoweit,
die Klage abzuweisen.
Er hielt die Untätigkeitsklage für unbegründet. Es liege lediglich ein Missverständnis vor, da nach der beantragten und gewährten Akteneinsicht und dem Schweigen der Kläger die zuständigen Bearbeiter des Beklagten davon ausgegangen seien, dass sich der Widerspruch erledigt habe. Ungeachtet dessen sei der Drittwiderspruch unbegründet, weil die Ausnahmegenehmigung auf der Grundlage der §§ 10 Abs. 3, 11 Abs. 4 LImschG und nach Abwägung des Schutzbedürfnisses der Nachbarschaft mit den Interessen des Vereins und den bezeichneten Auflagen rechtmäßig erteilt worden sei. Das jeweils einmalig jährlich stattfindende Sommerfest des Vereins habe eine beachtliche Tradition. Die Pflege von Brauchtum und Vereinsleben liege grundsätzlich im öffentlichen gemeindlichen Interesse. Beanstandungen der verständigen Durchschnittsnachbarn habe es in allen Jahren und auch nach dem Sommerfest 2017 bis auf die Beschwerde der Kläger nicht gegeben. Auch seien im Ergebnis der durch die Klägeranzeige veranlassten Nachforschung die erteilten Auflagen zur Begrenzung der Immissionswerte auf 55 bzw. 40 db(A) eingehalten worden. Zudem sei die von den Klägern behauptete Lautstärke widersprüchlich dargestellt worden. Im Hinblick auf das Vorliegen eines Dorfgebietes sei nach Anhang B, Nr. 4 der anzuwendenden Freizeitlärm–Richtlinie erst ab Außenimmissionswerten oberhalb der Schwelle von 55 db(A) an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten und an Sonn- und Feiertagen von 45 db(A) nachts mit erheblichen Geräuschbelästigungen zu rechnen. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben sei die erteilte Ausnahmegenehmigung nicht zu beanstanden gewesen, zumal bei einer einmaligen Veranstaltung eine großzügigere Handhabung der genannten Richtwerte geboten sei. Die beauflagten Grenzwerte von 55 bzw. 40 db(A) seien eingehalten worden, da es seitens der zahlreichen, und näher an den Kleingärten wohnenden Grundstückseigentümern keinerlei Beschwerden gegeben habe.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 9. Juli 2018 wies der Landrat des Landkreises O...als allgemeine untere Landesbehörde den Drittwiderspruch mit dem Fortsetzungsfeststellungsbegehren gegen die Ausnahmegenehmigung der Gemeinde G...– der Bürgermeister – vom 13. Juni 2017 zurück (Tenorpunkt 1) und setzte für die Widerspruchsbescheide jeweils eine Gebühr i.H.v. 90 € fest (Tenorpunkt 4). Es habe ein öffentliches Interesse für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung vorgelegen, denn Vereinsfeste würden das gesellschaftliche Miteinander fördern. Es sei schließlich schwer nachvollziehbar, dass die Lärmbelästigungen so laut gewesen sein sollen, dass die Kläger sich in ihrem Haus bei geschlossenem Fenster hätten anschreien müssen, um sich zu verständigen. Denn es habe in der unmittelbaren Nachbarschaft der Kläger bzw. in unmittelbarer Nachbarschaft der Kleingartensparte keine weiteren Beschwerden über Lärmbelästigungen gegeben. Die Kläger hätten keine Sachverhalte vorgetragen, die eine Störung wegen Lärmbelästigung in der Zukunft erwarten ließen. Nicht ausreichend sei hierfür, dass die klägerische Ruhe einmal im Jahr durch das Sommerfest des Kleingartenvereins gestört werde.
Nachdem die Beteiligten darauf die Untätigkeitsklage übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, wurde das Verfahren VG 5 K 520/18 mit Beschluss vom 11. September 2018 eingestellt und die Kosten des Verfahrens dem Beklagten auferlegt.
Die Kläger haben am 17. Juli 2018 nach Erlass der Widerspruchsbescheide Klage erhoben. Sie beziehen sich auf ihr bisheriges Vorbringen im Verfahren VG 5 K 520/18 und beantragen nunmehr,
die Widerspruchsbescheide des Landrates des Landkreises O... vom 9. Juli 2018 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 13. Juni 2017 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist der Beklagte ebenso auf sein bisheriges Vorbringen im Verfahren VG 5 K 520/18.
Der Beigeladene hat sich als ehemaliger Vorsitzender des Kleingartenvereins dahingehend eingelassen, dass der Verein bis 2019 jährlich und zwar Anfang August sein Sommerfest mit behördlicher Genehmigung begangen habe. Es habe keine Beanstandungen seitens der Ordnungskräfte gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen. Diese haben vorgelegen und waren – soweit wesentlich – Gegenstand der Beratung der Kammer gewesen.
A.
Die Kammer konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO.
B.
Die Klage gegen die Widerspruchsbescheide des Landrates des Landkreises O...vom 9. Juli 2018 hat Erfolg, denn sie erweisen sich als rechtswidrig und verletzen die Kläger dadurch in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
1. Streitgegenstand der insoweit vorliegenden Anfechtungsklage sind zulässigerweise allein die Widerspruchsbescheide vom 09. Juli 2018. Gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann der Widerspruchsbescheid dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbstständige Beschwer enthält. Das ist hier schon deshalb zu bejahen, weil sich die Ausnahmegenehmigung bereits mit der Durchführung des Sommerfestes des KGV „A... erledigt hatte und gleichwohl eine Widerspruchsentscheidung auf den erst am 18. Oktober 2017 eingelegten Drittwiderspruch der Kläger in der Sache ergangen ist.
2. Eine Erledigung des Verwaltungsverfahrens vor Wirksamwerden eines Widerspruchsbescheides hat in Ermangelung eines gesetzlich vorgesehenen sog. Fortsetzungsfeststellungswiderspruchs zur Folge, dass nach diesem Zeitpunkt eine Widerspruchsentscheidung in der Sache nicht mehr ergehen darf. Das Widerspruchsverfahren ist vielmehr einzustellen. Ergeht dennoch ein Widerspruchsbescheid, ist dies unzulässig und stellt im Falle einer belastenden Entscheidung eine Beschwer dar. Das ist vorliegend anzunehmen. Durch die gleichwohl ergangenen Sachentscheidungen, d.h. die Widerspruchsbescheide, sind die Kläger beschwert, denn es wird einerseits der Eindruck erweckt, für das erledigte Begehren fehle es (im Falle der Bestandskraft) an jeglichem Feststellungsinteresse (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. April 2001 – 2 C 10/00 –, Rn. 18, juris); zum anderen erhob der Beklagte gemäß Tenorpunkt 4 der Widerspruchsbescheide eine Gebühr in Höhe von jeweils 90,00 € von den Klägern.
Ein rechtlich schützenswertes Interesse zur Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes lässt sich den Klägern schon vor diesem Hintergrund nicht absprechen. Zugleich hat dies zur Folge, dass die Widerspruchsbescheide unzulässig und daher aufzuheben sind (zum Ganzen m.w.N. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. März 2017 – OVG 6 B 9.16 –, Rn. 17 - 21, juris).
C.
Der Feststellungsantrag der Kläger bleibt im Ergebnis erfolglos.
I.
Insoweit ist die Klage allerdings als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO zulässig. Danach spricht, wenn sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
1. Die Ausnahmegenehmigung vom 13. Juni 2017 hat sich unzweifelhaft erledigt. Denn sie ist nur für einen begrenzten Zeitraum erteilt worden, nämlich für den 05. August 2017 zum 06. August 2017 von 18:00 Uhr bis 24:00 Uhr; mithin endete die zeitlich begrenzte Ausnahmegenehmigung vor Eingang der Klage(n). Damit verlor sie zugleich ihre Wirksamkeit gem. § 43 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG für das Land Brandenburg. Die Erledigung vor Klageerhebung steht einem Fortsetzungsfeststellungsantrag nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 14. Juli 1999 – BVerwG 6 C 7.98 –, juris, Rn. 20 m.w.N.) ist § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO entsprechend auf Fälle anzuwenden, in denen sich ein Verwaltungsakt vor Klagerhebung erledigt hat. Die in dem genannten Urteil geäußerten Zweifel, ob nicht der Rückgriff auf die allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 2 VwGO sachgerechter wäre (a.a.O., Rn. 22), führen in der Sache zu keinem anderen Ergebnis. Die Voraussetzungen beider Klagearten unterscheiden sich in der Konstellation vorprozessualer Erledigung eines Verwaltungsakts, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt werden soll, nicht maßgeblich (a.a.O., Rn. 22; BVerwG, Urteil vom 20. Januar 1989 – BVerwG 8 C 30.87 –, juris, Rn. 9).
2. Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Fortsetzungsfeststellungsklage sind erfüllt. Der angegriffene Verwaltungsakt war im Zeitpunkt der Erledigung gegenüber den Klägern noch nicht bestandskräftig. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Ausnahmegenehmigung ihnen nicht bekanntgegeben worden ist. Dadurch sind ihnen gegenüber Widerspruchs- und Klagefrist nicht in Lauf gesetzt worden (BVerwG, Beschluss vom 30. September 1997 – BVerwG 1 B 190.97 –, juris, Rn. 5). Etwas Anderes ergibt sich nicht aus der Kenntnis vom Erlass der gegenständlichen Ausnahmegenehmigung aufgrund des Schreibens des Beklagten vom 27. September 2017 (Bl. 8 GA zu VG 5 K 520/18; vgl. Drittwiderspruch vom 16. Oktober 2017). Unabhängig vom fehlenden Bekanntgabewillen des Beklagten ist den Klägern zu keinem Zeitpunkt eine Rechtsbehelfsbelehrung erteilt worden, so dass insofern gemäß § 58 Abs. 2 S. 1 VwGO – zumindest entsprechend – die Jahresfrist gilt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. April 2010 – OVG 10 S 5.10 –, juris, Rn. 15). Diese ist unzweifelhaft eingehalten.
3. Die Kläger haben auch hinsichtlich der von ihnen geltend gemachten Rechtsfragen im hierfür maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt das erforderliche Feststellungsinteresse. Dafür kommt hier allein der Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr in Betracht. Ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) setzt unter dem hier von den Klägern auch ausdrücklich geltend gemachten Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen - wie bei der erledigten Entscheidung oder Maßnahme - erneut ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 1989 - BVerwG 7 B 108.89 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 211, S. 41). Ist dagegen ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes, kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 – 4 C 12/04 –, Rn. 8, juris; BVerwG, Urteil vom 25. November 1986 - BVerwG 1 C 10.86 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 162).
a) Die Fortsetzungsfeststellungsklage soll den Betroffenen davor schützen, in Zukunft nochmals der geltend gemachten Rechtsverletzung ausgesetzt zu werden. Unter dem Aspekt der Prozessökonomie sollen zudem die Gerichte von zukünftigen Verfahren zu denselben Rechtsfragen entlastet werden und dem Betroffenen die "Früchte" der bisherigen Prozessführung erhalten bleiben. Hat sich allerdings die Wiederholungsgefahr bereits in einem nachfolgenden Verwaltungsakt realisiert, kann eine erneute Rechtsbeeinträchtigung insoweit nicht mehr verhindert werden. Daher entfällt das Fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr (im engeren Sinne) und der Betroffene ist auf die Rechtsschutzmöglichkeit der Anfechtung des neuen Verwaltungsakts zu verweisen (BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2019 – 9 B 52/18 –, Rn. 15, juris).
b) Hieran gemessen ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Kläger unter dem Gesichtspunkt einer Wiederholungsgefahr gegeben. Denn es ist konkret absehbar, dass in naher Zukunft eine gleiche oder gleichartige Entscheidung oder Maßnahme zu Lasten der Kläger in dem Sinne zu erwarten ist, dass der KGV „...weiterhin sein jährliches Sommerfest veranstalten und hierfür die erforderliche immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung beantragen wird.
II.
Das danach zulässige Feststellungsbegehren ist indes unbegründet. Denn die am 13. Juni 2017 erteilte Ausnahmegenehmigung ist rechtmäßig ergangen. Die Maßnahme des Beklagten, bei der es sich materiell um die immissionsschutzrechtliche Zulassung einer Ausnahme von gesetzlichen Verboten handelt, verletzte die Kläger nicht rechtswidrig in ihren Rechten.
Die dem KGV „... erteilte Ausnahmegenehmigung findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 10 Abs. 3 Satz 1 und 11 Abs. 4 Satz 1 des Landesimmissionsschutzgesetzes (LImschG) des Landes Brandenburg.
1. Nach § 10 Abs. 1 LImschG sind von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr Betätigungen verboten, welche die Nachtruhe zu stören geeignet sind.
Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 LImschG kann die nach § 21 Abs. 1 LImschG zuständige Behörde – hier der Beklagte als örtliche Ordnungsbehörde - auf Antrag Ausnahmen von dem Verbot des § 10 Absatz 1 LImschG zulassen, soweit die Ausübung der Tätigkeit während der Nachtzeit im öffentlichen Interesse oder in einem besonderen überwiegenden Interesse eines Beteiligten geboten ist. Gem. § 10 Abs. 3 Satz 2 LImschG soll die Ausnahme zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor Geräuschen unter Bedingungen erteilt oder mit Auflagen verbunden werden.
2. Nach § 11 Abs. 1 LImschG dürfen Geräte, die der Erzeugung oder Wiedergabe von Schall oder Schallzeichen dienen (Tongeräte), insbesondere Lautsprecher, Tonwiedergabegeräte, Musikinstrumente, Knallgeräte und ähnliche Geräte nur in solcher Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden.
Gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 LImschG kann die örtliche Ordnungsbehörde bei einem öffentlichen oder überwiegenden besonderen privaten Interesse auf Antrag von der Bestimmung des § 11 Abs. 1 LImschG im Einzelfall Ausnahmen zulassen. Nach § 11 Abs. 4 Satz 2 LImschG soll die Ausnahme zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden.
3. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 10 Abs. 3 und § 11 Abs. 4 LImschG war hier geboten, weil die Durchführung des Sommerfestes des KGV „...grundsätzlich geeignet war, die Nachtruhe zu stören (§ 10 Abs. 1 LImschG). Eine solche Ausnahmegenehmigung war „mit Auflagen verbunden“ gerade wegen der Benutzung von Tongeräten auch mit Blick auf die weiter entfernt liegende Wohnbebauung, insbesondere das am gegenüberliegenden Seeufer in ca. 350m Entfernung befindliche Wohnhaus der Kläger, „zum Schutz der Nachbarschaft“ erforderlich.
4. Der Beklagte ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung der erforderlichen Ausnahmegenehmigung vorlagen.
a) Denn die mit dem hier genehmigten Sommerfest einhergehende störende Betätigung während der Nachtzeit lag „im öffentlichen Interesse“. Wann eine die Nachtruhe störende Tätigkeit “im öffentlichen Interesse“ liegt, wird in § 10 Abs. 3 LImschG bzw. § 11 Abs. 4 LImschG nicht definiert. Aus dem Vergleich mit den nach § 10 Abs. 2 Nr. 1-4 LImschG allgemein von dem Verbot des Abs. 1 ausgenommenen Tätigkeiten ergibt sich, dass ein öffentliches Interesse nach § 10 Abs. 3 S. 1 LImschG nur bei Betätigungen vorliegen kann, die für das Gemeinwohl so bedeutsam sind, dass die generelle Einhaltung der Nachtruhezeit dahinter zurückstehen muss. Dem entspricht auch die Definition des Begriffes „öffentliches Bedürfnis“, dessen Vorliegen nach § 10 Abs. 4 S. 2 LImschG Voraussetzung für die Regelung von Ausnahmen gemäß § 11 Abs. 4 LImschG ist. Nach § 10 Abs. 4 S. 2 LImschG liegt ein öffentliches Bedürfnis in der Regel vor, wenn eine Veranstaltung auf historischen oder kulturellen Umständen beruht oder sonst von besonderer kommunaler Bedeutung ist und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem Schutzbedürfnis der Nachbarschaft überwiegt. Hinsichtlich der kulturellen Umstände gemäß § 10 Abs. 4 S. 2 LImschG und des dadurch begründeten öffentlichen Bedürfnisses ist zum einen darauf abzustellen, ob und in welchem Maße eine Veranstaltung durch die Bevölkerung angenommen wird, insbesondere ob sie im Bewusstsein der breiten Bevölkerung als unverzichtbarer Bestandteil des kulturellen Angebotes angesehen und immer wieder nachgefragt wird. Zum anderen ist, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung „sonst“ ergibt, bei der Prüfung des gesetzlichen Tatbestands entscheidend darauf abzustellen, ob der jeweiligen Veranstaltung eine besondere kommunale Bedeutung zuzubilligen ist, die das Schutzbedürfnis der Nachbarschaft überwiegt (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09. August 2017 – OVG 11 A 1.16 –, Rn. 52, juris).
b) Vorliegend waren für die Annahme eines öffentlichen Interesses die historischen und kulturellen Umstände bezogen auf das Kleingarten- und Vereinswesen in den Blick zu nehmen. Zwar dient ein Kleingartengebiet nicht dem Wohnen und nicht einem ständigen Aufenthalt von Menschen. Schutzwürdig ist indes die Erholungsfunktion von Kleingärten, die im Laufe der Entwicklung des Kleingartenwesens an Bedeutung gewonnen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1979 –1 BvL 19/76 –, juris Rn. 134 f.) und inzwischen Bestandteil der gesetzlichen Begriffsbestimmung ist (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Bundeskleingartengesetz - BKleingG; vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. März 2015 – OVG 2 A 4.15 –, Rn. 20, juris). War der Kleingarten nach der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers ein Nutzgarten, der auf die nachhaltige Erzielung gärtnerischer Produkte gerichtet war, so ist er heute weitgehend und vorrangig ein Wohngarten. Hierbei soll jedoch nicht verkannt werden, dass auch der Freizeitnutzen des Kleingartenwesens von erheblichem öffentlichem Interesse ist. Der Kleingarten kann für die Volksgesundheit gerade in seiner Ausgleichsfunktion zu einer einseitigen Berufstätigkeit, welcher der Mensch in der industriellen Massengesellschaft oft ausgesetzt ist, von großer sozialer Bedeutung sein und wesentlich zu einer Verbesserung der Lebensverhältnisse beitragen (so schon BVerfG, Beschluss vom 12. Juni 1979 – 1 BvL 19/76 –, BVerfGE 52, 1-42, Rn. 135). Liegt das Kleingartenwesen aber als solches im öffentlichen Interesse, ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte, dem insoweit ein Wertungs- und Gestaltungsspielraum zuzubilligen ist, ein öffentliches Interesse auch bei der Durchführung des jährlichen Sommerfestes des KGV „.... angenommen hat. Zudem hat das jährliche Sommerfest für dessen Mitglieder als gemeinschaftliche Veranstaltung eine soziale Bedeutung, dient - zutreffend - der Brauchtums- und Traditionspflege im Verein sowie der Werbung, wobei die „besondere kommunale Bedeutung“ gemäß § 10 Abs. 4 S. 2 LImschG diesem Ereignis nicht deshalb abgesprochen werden kann, weil Veranstalter nicht die Ortsgemeinde K..., sondern ein privater Verein gewesen ist. Maßgeblich ist insoweit die generell gegebene Verankerung und Akzeptanz von örtlichen Vereinsfeiern in der Bevölkerung. Darauf deutet auch der u.a. im Bürgerhaus K...seinerzeit ausliegende Flyer hin, wonach sich das Sommerfest an „Mitglieder und Gartenfreunde“ richtete.
5. Wenn danach jeweils der Tatbestand der Ausnahmevorschriften erfüllt ist, hat die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden, ob und in welchem Ausmaß sie Ausnahmen zulässt. Einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich ist ihre Ermessensentscheidung nur nach Maßgabe von § 114 VwGO. Danach hat das Gericht lediglich zu prüfen, ob die Behörde die Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Behörde ermessensfehlerhaft gehandelt hat, sind auch sogenannte ermessenslenkende Verwaltungsrichtlinien (Verwaltungsvorschriften) zu berücksichtigen. Diese entheben die Behörde allerdings nicht von der Verpflichtung zu einer eigenverantwortlichen Ermessensentscheidung unter Abwägung aller einschlägigen Gesichtspunkte des konkreten Falles (vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 18. Juli 2016 – 8 K 3533/15 –, Rn. 22, juris).
Auch die Erteilung einer Ausnahme nach §§ 10 Abs. 3 Satz 1 und 11 Abs. 4 Satz 1 LImschG erfordert grundsätzlich eine Güterabwägung auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalles (vgl. z. B. VG Minden, Urteil vom 19. November 2014 – 11 K 3329/13 -, juris Rn. 49). Dabei ist die Lärmsituation unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der angestrebten Betätigung und des Schutzbedürfnisses der von Störungen betroffenen Nachbarn eingehend und sorgfältig zu würdigen. Gemessen daran überwog das „öffentliche Interesse“ an der Störung der Nachtruhe und das besondere Interesse des KGV „... das in die Abwägung einzustellende Interesse der Kläger an einer ungestörten Nachtruhe und daran, durch Tongeräte nicht erheblich belästigt zu werden.
Denn die Lärmimmissionen des vom KGV „...durchgeführten Sommerfestes waren den Klägern unter Beachtung der einschlägigen Verwaltungsrichtlinien bis 24:00 Uhr zumutbar gewesen, mit der Folge, dass die Ermessensentscheidung des Beklagten für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach dem LImschG im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.
6. Die Lärmimmissionen des streitgegenständlichen Sommerfestes, insbesondere aufgrund der Benutzung von Tongeräten, sind grundsätzlich schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 1 Abs. 2 LImschG i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG. Zu den schädlichen Umwelteinwirkungen gehören auch erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft. Sowohl nach der zivilgerichtlichen als auch nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird als erhebliche Belästigung alles angesehen, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher oder privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist. Für dieses Verständnis spricht der Zweck der im Landesimmissionsschutzgesetz getroffenen Regelungen. Die Zumutbarkeitsgrenze ist im Kontext der §§ 10 und 11 LImschG ebenso wie im Rahmen des § 22 Abs. 1 BImSchG aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen (st. Rspr. vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 – 4 B 55/03 –, Rn. 8, juris). Die Frage der Zumutbarkeit der durch die genehmigten Veranstaltungen verursachten Geräuschimmissionen ist dabei nicht etwa dem Bereich der behördlichen Ermessensbetätigung zugewiesen, sondern gerichtlich voll überprüfbar (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Juli 2008 – OVG 11 S 56.08 –, Rn. 11, juris).
7. Gemessen daran waren die Lärmimmissionen des Sommerfestes aufgrund der Benutzung von Tongeräten den Klägern hier zumutbar gewesen. Für die Ermittlung und Bewertung der auf die Nachbarschaft einwirkenden Geräusche waren allerdings keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren oder Lärmwerte rechtlich verbindlich vorgegeben. Was der Nachbarschaft zum Veranstaltungsort an Lärmimmissionen zumutbar war, ergibt sich insbesondere nicht aus den Regelungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - da diese für genehmigungspflichtige Freizeitanlagen keine Anwendung finden (Nr. 1 Buchst. b TA Lärm). Als Orientierungshilfe kann aber auf die hier einschlägige Freizeitlärm-Richtlinie (Leitlinie des Ministers für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung zur Ermittlung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschimmissionen in der Fassung vom 12. August 1996, ABl./96 [Nr. 38], S. 878 – Freizeitlärm-RL 1996) zurückgegriffen werden. Denn die darin enthaltenen Hinweise gelten insbesondere für Grundstücke, auf denen in Zelten oder im Freien Diskothekenveranstaltungen, Lifemusik-/Rockmusik-Darbietungen, Platzkonzerte, regelmäßige Feuerwerke, Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen stattfinden. Diese Hinweise können als Entscheidungshilfe im Sinne einer Orientierung dienen, ersetzen aber nicht die Prüfung und Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels, ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens, um die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, juris Rn. 9). Bei einem einmaligen Ereignis - so wie hier - ist aber eine großzügigere Handhabung der Richtwerte geboten und eine Überschreitung im Einzelfall hinzunehmen (BGH, Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, juris Rn. 10).
Entsprechend den Regelungen der TA-Lärm sind auch nach Nr. 4.1 der Freizeitlärm-RL 1996 der Gebietscharakter und die Einteilung in Tag-, Nacht- und Ruhezeiten maßgebend. Die sodann aufgeführten Immissionsrichtwerte „markieren die Schwelle, oberhalb der in der Regel mit erheblichen Belästigungen zu rechnen ist“.
Maßgeblich waren nach dem zugrunde zu legenden Gebietscharakter hier die Immissionsrichtwerte für Dorfgebiete gemäß Nr. 4.1 Buchst. c. der Freizeitlärm-RL 1996, von denen offensichtlich auch der Beklagte ohne nähere Begründung ausgegangen ist. Die danach maßgeblichen Immissionsrichtwerte “außen“ betragen für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in Dorfgebieten tagsüber an Werktagen innerhalb der Ruhezeit 55 db(A) und nachts 45 dB(A). Der Beklagte hat hier den Immissionsrichtwert „nachts“ sogar entsprechend einem allgemeinen Wohngebiet auf 40 db(A) festgelegt. Schon mit Blick auf diese in der Auflage 1 zur Ausnahmegenehmigung verfügten Immissionsrichtwerte waren die Kläger vor Lärmimmissionen durch das Sommerfest des KGV „... hinreichend geschützt.
8. Bei dem Sommerfest des KGV „... handelte es sich zudem um ein "seltenes Ereignis" im Sinne der hier interessierenden Regelwerke. Nr. 4.4 der o.g. Freizeitlärm – RL 1996 in der hier im August 2017 noch geltenden Fassung enthält über den Verweis auf Nr. 2.3.5 der Leitlinie zur Ermittlung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschimmissionen in der Fassung vom 12. August 1996 (a.a.O.) eine Definition des seltenen Ereignisses,indem dort von "seltenen Fällen" bzw. einer begrenzten Zeitdauer von nicht mehr als 10 Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und in diesem Rahmen auch nicht an mehr als zwei Wochenenden hintereinander die Rede ist. Ausgehend hiervon folgt die Kammer der sinngemäßen Auffassung des Beklagten, wonach sich das in Rede stehende „Sommerfest“ auf die Privilegierung für seltene Ereignisse berufen kann (vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 18. Juli 2016 – 8 K 3533/15 –, Rn. 29, juris). Dies ergibt sich vorliegend schon daraus, dass das Sommerfest des KGV „...jährlich als einmalige Veranstaltung stattfindet und entsprechend auch beworben wurde. Bei seltenen Ereignissen soll erreicht werden, dass die Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) die Werte tags innerhalb der Ruhezeit von 65 db(A) und nachts von 55 db(A) nicht überschreiten; Geräuschspitzen sollen die vorgenannten Werte um nicht mehr als 20 db(A) und nachts um nicht mehr als 10 db(A) überschreiten (Nr. 4.4. der Freizeitlärm-RL 1996). Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede erhebliche Lärmbelästigung durch das Sommerfest des KGV „...von den Klägern ohne weiteres hingenommen werden musste. Grundsätzlich ist eine über Mitternacht hinausgehende erhebliche Überschreitung der Richtwerte nicht mehr als unwesentlich zu qualifizieren, mit der Folge, dass der Schutz der Nachtruhe dann vorrangig ist. Der Schutz der Nachtruhe der Anwohner kann auch bei einem seltenen Ereignis nur im notwendigen Umfang entfallen. Vorliegend war der Schutz der Anwohner vor vom Sommerfest ausgehenden Lärmbelästigungen schon dadurch sichergestellt, dass die Benutzung von Tonträgern auf den Zeitraum von 18:00 Uhr bis 24:00 Uhr beschränkt gewesen war. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die beauflagten Immissionsrichtwerte überhaupt überschritten wurden oder unzulässige Geräuschspitzen auftraten.
9. Auch gehören Musik- und Tanzveranstaltungen im Freien zu den herkömmlichen, allgemein akzeptierten Formen gemeindlichen bzw. städtischen Lebens. Werden sie in der Nähe von Wohnbebauung durchgeführt, führen sie zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft (vgl. BGH a.a.O. Rn. 14). Vorliegend ist das Sommerfest des KGV „...als seltene Veranstaltung im Sinne der Nr. 4.4 Freizeitlärm-RL 1996 mit hoher Standortgebundenheit, sozialer Adäquanz und Akzeptanz einzuordnen. Hohe Standortgebundenheit liegt bei besonderem örtlichem oder regionalem Bezug vor. Hierunter können Feste mit kommunaler Bedeutung – wie die örtliche Kirmes oder das jährliche Fest der Feuerwehr – sowie besondere Vereinsfeiern fallen. Lokal geeignete Ausweichstandorte sind mit Blick auf den besonderen örtlichen Bezug des KGV „... entgegen der Auffassung der Kläger nicht anzunehmen. Auch aufgrund der Bedeutung des Vereinslebens für die soziale Kommunikation werden einmal im Jahr veranstaltete Sommerfeste und die damit einhergehenden Störungen von verständigen Durchschnittsmenschen in der Regel in höherem Maß akzeptiert als andere Immissionen. Zudem sind die mit der Durchführung der Veranstaltung verbundenen Lärmbelästigungen für die Zeit ab 22:00 Uhr dadurch begrenzt gewesen, dass die Ausnahmegenehmigung nur für die Dauer von zwei Stunden (22:00 Uhr bis 24:00 Uhr) während der Nachtzeit galt und im Übrigen die Benutzung von Tongeräten insgesamt auf den Zeitraum von 18:00 Uhr bis 24:00 Uhr beschränkt gewesen war. Da die Geräuscheinwirkung „am nächstgelegenen bewohnten Grundstück“ einen Immissionsrichtwert von 55 db(A) bis 22:00 Uhr und von 40 db(A) nach 22:00 Uhr nicht überschreiten durfte (Auflage zu 1.), war auch für das Grundstück der Kläger hinreichend sichergestellt, dass es dort zu keinen unzumutbaren Lärmbelästigungen kommt. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass das klägerische Grundstück nicht das „nächstgelegene bewohnte Grundstück“ ist, sondern sich in ca. 350 m Entfernung am gegenüberliegenden Seeufer des B...straßenseitig an der G...und unmittelbar am Seeufer befindet.
10. Schließlich ist auch sonst nichts dafür ersichtlich, dass die in der angefochtenen Ausnahmegenehmigung festgesetzten Immissionsrichtwerte am Immissionsort auf dem Grundstück der Kläger bei der Durchführung des jährlichen Sommerfestes überschritten wurden. Die Kläger selbst haben insoweit, außer ihrem Vorbringen, man habe trotz geschlossener Fenster nicht ungestört fernsehen können (Bl. 3 VV), nichts Substantielles vorgetragen. Ihre bloße Behauptung, durch eine emittierende Anlage oder ein emittierendes Ereignis, hier das Sommerfest des KGV „...gestört worden zu sein, vermag einen immissionsschutzrechtlichen Fortsetzungsfeststellungsanspruch nicht zu begründen. Soweit hinreichende Messungen der vom Sommerfest des KGV „...ausgehenden Immissionen (auch in den Jahren zuvor) nicht stattgefunden haben und die Kläger sich durch das Sommerfest gestört fühlten, kommt es auf diese Gesichtspunkte nicht entscheidend an: Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist die Ausnahmegenehmigung des Beklagten als solche und nicht die Frage, auf welche Weise die Veranstaltung tatsächlich abgewickelt worden ist (vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 18. Juli 2016 – 8 K 3533/15 –, Rn. 34, juris). Vielmehr waren die in der Ausnahmegenehmigung festgesetzten Veranstaltungszeiten grundsätzlich geeignet, die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte sicherzustellen.
D.
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Da die Widerspruchsbescheide einen bloßen Rechtsschein der Rechtmäßigkeit der tatsächlich erledigten Ausnahmegenehmigung setzen, wird die Beschwer der Kläger letztlich allein aufgrund der Gebührenfestsetzung (2 X 90 €) begründet, die im Hinblick auf den anzusetzenden (immissionsschutzrechtlichen) Streitwert von 15.000 € (Ziff. 19.2 i. V. mit Ziff. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013) nicht ins Gewicht fällt. Der Beigeladene hat keinen Sachantrag gestellt, so dass es nicht der Billigkeit entspricht, außergerichtliche Kosten des Beigeladenen den Klägern aufzuerlegen, §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
2. Gründe, die Berufung zuzulassen (§§ 124 Abs. 1 124a Abs. 1 VwGO), sind nicht ersichtlich.