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Grundsicherung für Arbeitslose - stationäre Einrichtung - Mutter-Vater-Kind-Wohnen - Mehrbedarf für Alleinerziehende - unzulässiger Widerspruch - fehlender Nachweis der Vollmacht im Widerspruchsverfahren


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 14. Senat Entscheidungsdatum 13.01.2021
Aktenzeichen L 14 AS 1391/17 ECLI ECLI:DE:LSGBEBB:2021:0113.L14AS1391.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 7 SGB 2, § 21 SGB 2, § 13 SGB 10

Leitsatz

1. Eine Einrichtung der Jugendhilfe, die jungen Müttern/Vätern mit unter 6-jährigen Kindern Wohnmöglichkeiten bietet und sie bei Pflege und Erziehung des Kindes umfassend unterstützt, kann eine stationäre Einrichtung i.S.v. § 7 Abs. 4 SGB II sein.
2. Es bleibt offen, ob ein Widerspruch – ohne Heilungsmöglichkeit im gerichtlichen Verfahren – allein deshalb als unzulässig zu verwerfen ist, weil ein von der Behörde angeforderter Nachweis der Vollmacht nicht rechtzeitig vorgelegt wird.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2017 und der Bescheid des Beklagten vom 10. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2016 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, entsprechend seinem Anerkenntnis vom 13. Januar 2021 Leistungen wegen eines Mehrbedarfes für werdende Mütter für die Zeit vom 18. Januar bis 31. März 2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt für sich höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. März 2014.

Die im November 1991 geborene Klägerin hat vier Kinder, die 2007, 2009, 2012 und 2014 geboren wurden. Die beiden älteren Kinder leb(t)en nicht in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihr. Vom 3. Oktober 2012 und bis zum 14. Januar 2014 lebte sie mit ihrem 2012 geborenen Kind in einer von der F GmbH getragenen Einrichtung der Jugendhilfe (Pflegestelle Mutter-Vater-Kind-Wohnen D, im Folgenden: Pflegestelle) und wurde dort bis zum 2. Dezember 2013 im Gruppenangebot, danach im Individualangebot betreut. Das beigeladene Land bewilligte ihr und ihrem 2012 geborenen Kind durch das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin als Träger der Jugendhilfe Leistungen nach „§ 19 SGB VIII Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter/und Kinder“ wie folgt:

Bescheid

Zeitraum

„Entgelt“ bzw. „Tagessatz“ in €

31.10.2012

03.10.2012 – 02.04.2013

106,25 (bis 08.10.2012)
195,61 (ab 09.10.2012)

20.03.2013

03.04.2013 – 02.06.2013

195,61

15.05.2013

03.06.2013 – 02.12.2013

195,61

26.12.2013

03.12.2013 – 14.01.2014

130,57

Nach einer Bescheinigung der Pflegestelle erhielt die Klägerin für sich und das 2012 geborene Kind monatlich Jugendhilfeunterhalt i.H.v. insgesamt 389,14 € (Verpflegungsgeld pro Tag/pro Person 4,70 bzw. 3,70 €, Taschengeld pro Monat 103,14 €, Hygienegeld pro Monat 34.- €.)

Außerdem wurde der Klägerin für das 2012 geborene Kind Elterngeld für die Zeit vom 9. Oktober 2012 bis zum 8. Oktober 2013 i.H.v. 300.- € monatlich bewilligt. Hiervon wurden 75.- € monatlich an die Klägerin ausgezahlt und 225.- € als Kostenbeitrag für die gewährte Jugendhilfe an das o.g. Bezirksamt überwiesen.

Für dieses Kind und sich beantragte die Klägerin im März 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Diese versagte der Beklagte, weil die Klägerin fehlende Unterlagen nicht vollständig vorgelegt habe (Bescheid vom 17. April 2014). Auf Anforderung des Beklagten übersandte der (auch heutige) Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Widerspruchsverfahren deren Vollmacht vom 25. April 2014, welche sich auf die „Sache Jobcenter / AlG II wegen 17.4.14 Bescheid“ bezog, aber auch für „Folgeverfahren aller Art“ galt. Das anschließende Klageverfahren (Az.: S 114 AS 18669/14) endete am 30. Oktober 2015 mit einem (klägerseitig angenommenen) Anerkenntnis des Beklagten, durch das er sich verpflichtete, nach der Einreichung von Kontoauszügen über die Leistungshöhe zu entscheiden. Zugleich erklärte der Beklagte den Versagungsbescheid "für dann insoweit obsolet".

Mit Bescheid vom 10. Mai 2016 bewilligte er der Klägerin für die Zeit vom 13. Januar bis 31. März 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.d. (anteiligen) Regelsatzes (391.- € monatlich); für die Zeit vom 1. März 2013 bis 12. Januar 2013 (gemeint offensichtlich: 12. Januar 2014) lehnte er den Antrag ab, weil die Klägerin „Jugendhilfe“ erhalten habe. Diesen Bescheid übersandte der Beklagte der (damaligen) Betreuerin der Klägerin (M K).

Nachdem der Prozessbevollmächtigte „namens“ der Klägerin auch hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, bat ihn der Beklagte mit Schreiben vom 29. Juni 2016, ihm „die Vertretungsvollmacht bis zum 13. Juli 2016“ zuzuschicken; andernfalls werde der Widerspruch als unzulässig verworfen. Mit dem an den Prozessbevollmächtigten adressierten Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er unter Hinweis auf § 13 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aus, dass eine Bevollmächtigung durch die Klägerin oder ihre Betreuerin weder anwaltlich versichert noch dem Widerspruchsschreiben beigefügt gewesen sei. Infolgedessen sei der Prozessbevollmächtigte aufgefordert worden, die Bevollmächtigung nachzuweisen. Da eine entsprechende Vollmacht bis dato nicht eingereicht worden sei, sei er nicht befugt, namens der Klägerin Widerspruch einzulegen. Der Widerspruch sei daher als unzulässig zu verwerfen. Den Widerspruchsbescheid übersandte der Beklagte auch der Betreuerin der Klägerin.

In ihrem unter dem 15. Januar 2014 unterschriebenen, am 17. April 2014 beim Beklagten eingegangenen Weiterbewilligungsantrag gab die Klägerin als Wohnanschrift die Adresse (M Straße, B ihrer Eltern, aber keine weiteren mit ihr zusammenlebenden Personen/Kinder an. Außerdem bezeichnete sie sich trotz entsprechender Fragen im Antragsvordruck nicht als alleinerziehend oder schwanger. Nach der von ihr unter dem 28. April 2014 unterschriebenen Anlage HG („zur Feststellung des Umfangs der Hilfebedürftigkeit bei Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft“) bildet sie – bei unentgeltlicher Unterkunft – mit ihren Eltern eine Haushalts-, nicht aber eine Bedarfsgemeinschaft. Der Beklagte bewilligte daraufhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab dem 1. April 2014, wobei er von einer aus der Klägerin und ihren Eltern bestehenden Bedarfsgemeinschaft ausging (Bescheid vom 23. Mai 2014). Ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung oder Schwangerschaft wurde der Klägerin nicht gewährt.

Nach den Angaben der Klägerin lebte spätestens ab dem 17. April 2014 der Vater des 2012 geborenen Kindes - R W (RW) - (offensichtlich mit diesem) in einer Einrichtung. Weder RW noch das 2012 geborene Kind bezogen im streitigen Zeitraum Leistungen des Beklagten.

Mit ihrer auf höhere Leistungen für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. März 2014 gerichteten Klage hat die Klägerin vorgebracht, ihr hätten Mehrbedarfe wegen Schwangerschaft sowie für Alleinerziehende gewährt werden müssen. Außerdem bitte sie um Berücksichtigung der Regelbedarfsleistung, weil ihr hinsichtlich der im Bescheid vom 10. Mai 2016 angegebenen Jugendhilfe geringere Leistungen bewilligt worden seien.

Im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht hat der Klägerbevollmächtigte am 31. Mai 2017 eine unter dem 13. Juni 2016 von der Betreuerin der Klägerin ausgestellte Vollmacht in der „Sache Jobcenter T/S - ALG II u.a. wegen Leist 3/2013 - 3/2014“ vorgelegt.

Mit Gerichtsbescheid vom selben Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Werde die Vollmacht nicht innerhalb der dafür gesetzten Frist beigebracht, seien die bisherigen Verfahrenshandlungen unwirksam. Dies ziehe zwingend die Verwerfung des (an sich schon nicht wirksam erhobenen) Widerspruchs als unzulässig nach sich. Ob die Behörde von ihrer Befugnis, einen schriftlichen Nachweis der Vollmacht zu verlangen, Gebrauch mache, liege in ihrem Ermessen. Dass der Beklagte seine dazu angestellten Erwägungen nicht mitgeteilt habe, sei hier unschädlich. Die zu § 73 Abs. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geltenden Grundsätze ließen sich nicht auf das Verwaltungsverfahren übertragen. Die Hinweise des Beklagten hätten ihre Anhörungs- und Warnfunktion im Hinblick auf die Verwerfung des Widerspruchs erfüllt. Der Mangel des Nachweises der Vollmacht sei auch nicht durch die nachträgliche Vorlage im gerichtlichen Verfahren geheilt worden. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides sei eine heilende rückwirkende Genehmigung des Handelns des vollmachtlosen Vertreters ausgeschlossen.

Gegen diesen ihr am 3. Juni 2017 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung der Klägerin vom 3. Juli 2017, zu deren Begründung sie vorträgt: Zunächst rüge sie das Vorliegen von wesentlichen Verfahrensfehlern, auf denen die erstinstanzliche Entscheidung auch beruhe (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Das Sozialgericht hätte nicht gemäß § 105 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen, weil die Sache einer sorgfältigen Sachverhaltsaufklärung und komplexen Rechtsanwendung bedurft habe und Fragen von grundsätzlicher Bedeutung entschieden worden seien. Es bestünden starke Anhaltspunkte, dass das Ausgangsgericht die Wertungen der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20. Januar 2016 (Az.: B 14 AS 188/15 B) verkannt habe und seine Entscheidung darauf beruhe (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG). Um § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG nicht völlig leer laufen zu lassen, gälten die dortigen Wertungen entsprechend im Anwendungsbereich von § 13 SGB X. Der Beklagte habe die angeblich fehlende Vollmacht des Klägervertreters lediglich pauschal, ohne jegliche nähere Darlegung von berechtigten Zweifeln an deren Bestehen, gerügt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 31. Mai 2017 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 10. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2016 zu ändern, ihr weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren und hierbei

a. für die Zeit vom 1. März 2013 bis 12. Januar 2014 den Regelbedarf sowie einen Mehrbedarf für Alleinerziehende unter Berücksichtigung bereits gewährter Leistungen der Jugendhilfe

b. für die Zeit vom 13. Januar bis 31. März 2014 einen Mehrbedarf für Alleinerziehende und

c. für die Zeit vom 18. Januar bis 31. März 2014 Mehrbedarfe für Alleinerziehende und werdende Mütter

zugrunde zu legen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und bringt vor: Nach § 10 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) seien Leistungen nach diesem Gesetz grundsätzlich vorrangig gegenüber Leistungen der Grundsicherung. I.Ü. seien die Bedarfe der Klägerin nach §§ 20 – 22 SGB II durch den Träger der Jugendhilfe sichergestellt worden. Einen Mehrbedarf wegen Schwangerschaft erkenne er für die Zeit vom 18. Januar bis 31. März 2014 an.

Der (mit Beschluss vom 31. Januar 2020 beteiligte) Beigeladene stellt keinen Antrag und trägt vor: Die Klägerin habe in der Zeit vom 3. Oktober 2012 bis zum 2. Dezember 2013 über ein altersgemäßes Taschengeld analog der Barleistung nach § 27 Abs. 2 SGB XII und ggf. über eine Bekleidungspauschale gem. Formblatt B1 des Nebenkostenkatalogs zum Berliner Rahmenvertrag für Hilfen in Einrichtungen (BRV Jug vom 15. Dezember 2006) verfügt. Alle Bedarfe seien durch den Träger der Jugendhilfe sichergestellt worden.

Der Senat hat Stellungnahmen der heutigen Trägerin der Pflegestelle (S GmbH) vom 3. November und 14. Dezember 2020 – letztere einschließlich einer Darstellung des Einrichtungskonzepts (Stand: Oktober 2013 und Januar 2018) – veranlasst. Die weitestgehend identischen Fassungen des Konzept haben im Wesentlichen folgenden Inhalt:

Die Angebote der Pflegestelle richten sich an Mütter/Väter (im Folgenden vereinfachend: Mütter), die allein für ein Kind unter sechs Jahren zu sorgen haben und aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwicklung Unterstützung bei der Pflege und Erziehung des Kindes benötigen. Ziel ist es, die jungen Mütter zu einem eigenständigen Leben mit ihren Kindern zu befähigen. Die Einrichtung befindet sich auf einem 10.000 m² großen Wald- und Gartengrundstück am Rande Berlins und umfasst drei Gebäude mit einer Gruppenwohnung, mehreren Einzel- bzw. Zweierappartments, Büros und technischen Funktionsräumen. Die Wohnräume sind möbliert und mit den notwendigen Haushaltsgeräten bzw. -gegenständen einschließlich Spiel- und Beschäftigungsmaterial für Kinder ausgestattet. In personeller Hinsicht steht je Betreuungseinheit (eine Mutter und ein Kind) ungefähr eine sozialpädagogische Vollzeitfachkraft zur Verfügung. Zum Dokumentationssystem zählen die Aktenführung für Mutter und Kind zum Betreuungsverlauf, Entwicklungspläne und Protokolle.

Innerhalb der Einrichtung werden zwei Betreuungsformen vorgehalten: ein Gruppenangebot mit Rund-um-die-Uhr-Betreuung und ein Individualangebot. Beide Betreuungsformen werden als Regelleistung und als – in erster Linie für Mütter mit psychischen Erkrankungen vorgesehene – Intensivleistung angeboten. Der Wechsel zwischen den beiden Betreuungsformen ist ohne Veränderung des Umfeldes und ohne größeren Aufwand bzw. Zeitverzug möglich.

Die Zielgruppe für das Gruppenangebot (Regelleistung) sind junge Mütter, die sowohl für ihre eigene Entwicklung als auch in ihrer Rolle als Mutter ein hohes Maß an Orientierung und Begleitung sowie konkrete Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags benötigen und deren Situation häufig durch eine ungenügende Zukunftsorientierung im Bereich Schule/Ausbildung gekennzeichnet ist.

Im Bereich der pädagogischen Aufgaben werden u.a. folgende Ziele angestrebt:

- Befähigung der jungen Mütter zum selbständigen und verantwortungsbewussten Handeln für sich und ihr Kind

- als Schwerpunkt: Aufbau einer tragfähigen Mutter-Kind-Bindung

- Förderung der erzieherischen Kompetenzen

- Vermittlung lebenspraktischer Fähigkeiten (Haushaltsführung, Geldeinteilung, Pflege und Versorgung des Kindes, geregelter Tagesablauf, Umgang mit Behörden)

- Förderung sozialer Kompetenzen (Konflikt- und Anpassungsfähigkeit, Beziehungsfähigkeit, Partnerschaft)

- Entwicklung einer persönlichen Lebensperspektive für die Mutter / Förderung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit (Schule, Praktika, Berufsvorbereitung, berufliche Ausbildung)

- Förderung familiärer Beziehungen und sozialer Kontakte (umfassende Einbeziehung von Kindesvätern und Partnern; Einbeziehung der Herkunftsfamilie, vor allem bei minderjährigen Müttern; Einbeziehung von Freundinnen und Freunden).

In fachlicher Hinsicht werden im Rahmen des Gruppenangebots mit Rund-um-die-Uhr-Betreuung Mutter und Kind in allen Alltagsbereichen sehr eng begleitet. Dies beinhaltet Anleitung, Kontrolle und Entlastung. Zu den methodischen Bestandteilen zählen u.a.:

- feste Tagesstrukturen / Tagespläne / Vereinbarungen / Checklisten

- individuelle Betreuungspläne bezugnehmend auf den Hilfeplan

- Ergebniskontrolle

- Kontrolle in Abhängigkeit von den individuellen Fähigkeiten der Mütter / konkrete Intervention durch die Betreuerinnen

- gemeinsame Freizeitangebote.

Die Betreuung in diesem Leistungsangebot ist rund um die Uhr gewährleistet. In der Zeit zwischen 0.00 Uhr und 6.00 Uhr ist eine Betreuerin in Schlafbereitschaft vor Ort. Bei Bedarf werden die Mütter auch in dieser Zeit begleitet. Im Ausnahmefall werden die Kinder nachts von der diensthabenden Mitarbeiterin betreut und versorgt.

Um den Müttern zu vermitteln, wie sie Sicherheit und Schutz ihrer Kinder gewährleisten können, werden feste Regeln in Vereinbarungen mit den Müttern festgehalten und wird deren Einhaltung kontrolliert. Bei Verstößen durch die Mütter werden Gespräche zu den Ursachen und die Entwicklung von Handlungsalternativen angeboten. Abhängig von der möglichen Gefahr für das Kind kommt auch die Information des Jugendamtes, die Beendigung der Maßnahme oder die Trennung vom Kind in Betracht.

Um die jungen Mütter zu regelmäßiger, altersgerechter und gesunder Ernährung ihrer Kinder, zu ihrer Pflege sowie zur Einhaltung von Hygiene zu befähigen, werden sie bei zahlreichen Einzelaufgaben (Zubereitung der Nahrung, Füttern des Kindes, Erfassen von Trinkzeiten, Trinkmengen und Stuhlgang des Kindes, Baden/Waschen und Wickeln der Kinder, Einüben von Hygieneregeln im Alltag, Medikamentengabe und sonstige gesundheitliche Versorgung, Kauf von Kinderkleidung) begleitet. Die Betreuung ist maßgeblich durch einen wiederkehrenden Tagesablauf gekennzeichnet. Dazu werden Tagespläne mit den Müttern erarbeitet und im Einzelfall vorgegeben, sodass eine feste Alltagsstruktur für Mutter und Kind (u.a. mindestens einmal am Tag „rausgehen“, Fernsehverbot, wenn die Kinder wach sind) gesichert ist. Zur Förderung der Mutter-Kind-Bindung wird die Mutter ggf. entlastet, um Überforderungen zu vermeiden.

Darüber hinaus werden lebenspraktische Fähigkeiten vermittelt (z.B. Anleitung bei der Haushaltsführung, Ordnung und Sauberkeit in der Wohnung, Wäschepflege, gemeinsame Zubereitung von Mahlzeiten, Befähigung zur Geldeinteilung, Auszahlung des Gelds zum Lebensunterhalt für Mutter und Kind, Hilfe bei der Schuldenregulierung bis zu einer Grenze von ca. 1000 €, Hilfe und Begleitung bei Behördenangelegenheiten), schulische bzw. berufliche Perspektiven entwickelt (Recherchen von Möglichkeiten für Schule, Praktika und Ausbildung, Begleitung zur Berufsberatung, Begleitung des Entscheidungsprozesses der Jugendlichen, Hilfestellung bei Bewerbungen, Begleitung zu Vorstellungsgesprächen, Zusammenarbeit mit der Schule, dem Praktikumsbetrieb oder Ausbildungsträger) und Angebote zur Freizeitgestaltung in der Gruppe bzw. in der Einrichtung gemacht.

Demgegenüber richtet sich das Individualangebot an Schwangere und Mütter, die bereits ein gewisses Maß an Selbständigkeit und Eigenverantwortung erreicht haben bzw. mitbringen. Zur Zielgruppe gehören vor allem Mütter, die im Rahmen des Gruppenangebotes mit Rund-um-die-Uhr-Betreuung bereits so viel Selbständigkeit und Eigenverantwortung entwickelt haben, dass der Wechsel in die weniger intensive Betreuungsform sinnvoll und geeignet ist. Vor diesem Hintergrund bildet das Individualangebot den Müttern eine Verselbständigungsphase vor dem Auszug in eigenen Wohnraum.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (betreffend die Klägerin bzw. die Bedarfsgemeinschaft ihrer Eltern), die dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Das Sozialgericht hätte die Klage nicht insgesamt abweisen dürfen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, soweit der Klägerin darin für die Zeit vom 15. Januar bis 31. März 2014 kein Mehrbedarf für werdende Mütter gewährt wird.

Die Klage ist zulässig (hierzu A.). Ob einem Erfolg der Klage schon ein unzulässiger Widerspruch entgegensteht, bleibt offen (hierzu B.). Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die über die bisher bewilligten Leistungen hinausgehenden, klägerseitig geltend gemachten Ansprüche sind nur teilweise gegeben (hierzu C.)

A. Die Klage ist, auch soweit sie sich gegen den (Ausgangs-)Bescheid vom 10. Mai 2016 richtet, zulässig. Die Auffassung, dass bei Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig eine (auch) gegen den Ausgangsbescheid gerichtete Anfechtungsklage unzulässig sei (so Burkiczak, SGb 2016, 189 ff. m.w.N.), teilt der Senat nicht (so auch BSG, Urteil vom 24. November 2011 – B 14 AS 151/10 R –, juris, Rn. 9).

B. Der Senat lässt offen, ob die Klage schon aus den vom Sozialgericht genannten Überlegungen unbegründet ist. Aus seiner Sicht begegnet die Rechtsauffassung des Sozialgerichts, bei nicht nachgewiesener Vollmacht sei der Widerspruch unheilbar als unzulässig zu verwerfen, allerdings nicht unerheblichen Bedenken.

Zum einen sind Sinn und Zweck eines der Behörde eingeräumten, aber von ihr in keiner Weise zu dokumentierenden Verfahrensermessens zweifelhaft; insoweit erscheint sogar eine Willkürkontrolle nur in besonderen Ausnahmekonstellationen möglich. Zum anderen könnte der mit der Bitte um Nachweis der Vollmacht verbundene Rechtsfolgenhinweis unvollständig sein, wenn er nicht auch die (vermeintlich) fehlende Heilungsmöglichkeit im gerichtlichen Verfahren umfasst. Zum dritten findet sich für die – nach der überwiegenden Auffassung zwingende – Rechtsfolge bei nicht nachgewiesener Vollmacht, d.h. für die Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig, im Gesetzestext keine Stütze. Dies überzeugt mit Blick auf § 13 Abs. 5 bis 7 SGB X insbesondere in systematischer Hinsicht kaum. Schließlich hält der Senat die Ansicht, formale Mängel des Widerspruchsverfahrens seien im anschließenden gerichtlichen Verfahren keiner Heilung zugänglich, für bedenklich, weil sie konsequenterweise auch anzuwenden wäre, wenn die Behörde – nach ihrem Kenntnisstand zutreffend – von einer Verfristung des Widerspruchs ausgeht und den Widerspruch als unzulässig verwirft, im Klageverfahren jedoch ein Nachweis für die Fristwahrung des Widerspruchs erbracht wird. Dies wird jedoch – soweit ersichtlich – weder in Rechtsprechung oder Literatur vertreten noch in der Praxis so gehandhabt.

C. Die Klage ist teilweise begründet. Zu Unrecht hat der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 18. Januar bis 31. März 2014 keinen Mehrbedarf für werdende Mütter gewährt (hierzu IV.). Solange die Klägerin in der Pflegestelle gelebt hat, d.h. für die Zeit vom 1. März 2013 bis 14. Januar 2014, ist sie – obgleich grundsätzlich leistungsberechtigt (hierzu I.) – vorliegend von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen (hierzu II.). Auch einen Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II kann die Klägerin für die Zeit vom 15. Januar bis 31. März 2014 nicht beanspruchen (hierzu III).

I. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die

1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,

2. erwerbsfähig sind,

3. hilfebedürftig sind und

4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).

Die Klägerin war zu Beginn des streitigen Zeitraums 21 Jahre alt, hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und war unter Berücksichtigung ihres Gesundheitszustandes auch erwerbsfähig. Nach § 8 Absatz 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Tatsachen, die gegen eine Erwerbsfähigkeit der Klägerin sprechen, sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Die Klägerin war zumindest in der Zeit vom 15. Januar bis 31. März 2014 auch hilfebedürftig, da sie über kein berücksichtigungsfähiges Vermögen i.S.v. § 12 SGB II und über keinerlei Einkommen i.S.v. § 11 SGB II verfügte. Zu Recht hat ihr der Beklagte daher für diesen Zeitraum, in dem sie eine eigene Bedarfsgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 SGB II bildete, Arbeitslosengeld II i.H.d. Regelbedarfs von 391.- € bewilligt (§ 19 Abs. 1 Sätze 1 und 3, § 20 Abs. 2 und 5 SGB II i.V.m. § 28a, § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII, § 2 Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2014 vom 15. Oktober 2013, BGBl. I, 3856).

II. Ob die Klägerin auch in der Zeit vom 1. März 2013 bis 14. Januar 2014 hilfebedürftig war, kann der Senat offenlassen, weil sie wegen ihres Aufenthalts in der Pflegestelle gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen war.

1. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II erhält Leistungen u.a. nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Abweichend hiervon erhält gemäß Satz 3 Nr. 2 dieser Vorschrift Leistungen, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Eine stationäre Einrichtung in diesem Sinne liegt vor, wenn ihrem Träger nach Maßgabe seines Konzeptes die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und Integration der Betroffenen zukommt. Die Gesamtverantwortung des Einrichtungsträgers für die tägliche Lebensführung ist das wesentliche und die drei in Satz 1 angeführten Voraussetzungen – "Einrichtung", "stationär" und "Unterbringung" – im Kern verbindende Merkmal des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 4 SGB II und somit hervorgehobenes Kriterium der Zuordnung von in Einrichtungen lebenden hilfebedürftigen Personen entweder zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) oder zum SGB II (vgl. auch BT-Drucks 19/11006 S. 34). Eine solche Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und Integration einer hilfebedürftigen Person hat der Träger einer Einrichtung, wenn ihm nach dem der Maßnahme zu deren Beginn zugrunde gelegten Therapiekonzept bis zu deren Abschluss bestimmender Einfluss auf die alltägliche Lebensführung der hilfebedürftigen Person zukommt.

a. Gesamtverantwortung in einer für die stationäre Aufnahme eines Leistungsberechtigten kennzeichnenden Weise hat der Träger einer Einrichtung, wenn er nicht nur einzelne Therapiemaßnahmen erbringt, sondern die Verantwortung für die gesamte Betreuung der Hilfebedürftigen trägt, solange diese sich innerhalb der Einrichtung befinden. Erforderlich ist, dass der Einrichtungsträger von der Aufnahme der Hilfebedürftigen bis zu ihrer Entlassung nach Maßgabe des angewandten Konzepts die Gesamtverantwortung für deren tägliche Lebensführung übernimmt und sie auch dann wahrgenommen wird, wenn nach dem Therapiekonzept aktive, direkte Behandlungsmaßnahmen entsprechend dem erreichten Grad an Selbstständigkeit der Hilfebedürftigen zurücktreten und andere, stärker auf Abruf angelegte Hilfen in den Vordergrund rücken. Voraussetzung für eine Gesamtverantwortung in diesem Sinne sind danach auf Seiten der Einrichtung ein bestimmender Einfluss auf den Alltag sowie Elemente der begleitenden Kontrolle und Beobachtung mitsamt der dazu erforderlichen Ausstattung und auf Seiten der leistungsberechtigten Person ein entsprechend eingeschränktes Maß an autonomer Entscheidungsmöglichkeit, sich den Vorgaben der Einrichtung zu entziehen, ohne dass freilich ein zunehmendes Maß an Selbstständigkeit die Verantwortlichkeit des Einrichtungsträgers entfallen lässt (BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 41/19 R –, juris, Rn. 11 ff., m.w.N.).

b. Ob nach diesem Maßstab – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – von einer Leistungen nach dem SGB II ausschließenden Gesamtverantwortung eines Einrichtungsträgers auszugehen ist, beurteilt sich nach dem der Maßnahme bei deren Beginn zugrunde gelegten Therapiekonzept und nicht nach der Ausgestaltung und Entwicklung der einzelnen therapeutischen Angebote im weiteren Verlauf. Das ist in dem Merkmal der Gesamtverantwortung schon insofern angelegt, als von einer solchen Verantwortlichkeit nur ausgegangen werden kann, wenn sie sich – wenn auch u.U. mit abnehmender Intensität – von der Aufnahme bis zur Entlassung der Hilfebedürftigen erstreckt; eine besondere Verantwortlichkeit nur für den Beginn der Maßnahme reicht hingegen nicht. Das entspricht auch dem von den Regelungen zur Abgrenzung von SGB XII und SGB II bei stationären Aufenthalten u.a. verfolgten Zweck, kurzzeitige Wechsel zwischen den beiden Existenzsicherungssystemen zu vermeiden und zu einer klaren Abgrenzung der Systeme beizutragen (BSG a.a.O.).

2. Hieran gemessen war die Klägerin, solange sie in der Pflegestelle wohnte, d.h. auch in der Zeit vom 1. März 2013 bis 14. Januar 2014, in einer stationären Einrichtung i.S.v. § 7 Abs. 4 SGB II untergebracht.

Die Pflegestelle hält ein hinreichendes Maß an personellen und sächlichen Mitteln vor, ist auf (gewisse) Dauer angelegt, für einen wechselnden Personenkreis zugeschnitten und dient der Erziehung (vgl. zu diesen Kriterien: BSG, a.a.O.), lässt sich somit als stationäre Einrichtung i.S.v. § 7 Abs. 4 SGB II qualifizieren. Der Pflegestelle kam auch nach dem der Maßnahme bei deren Beginn im Oktober 2012 zugrunde gelegten Therapieplan bis zu deren Abschluss die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und Erziehung der Klägerin zu. Der Senat geht insoweit mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon aus, dass das ihm vorliegende Einrichtungskonzept mit dem Stand von Oktober 2013 bereits ein Jahr zuvor Geltung beanspruchen konnte. Denn die beiden ihm vorliegenden Fassungen des Konzepts belegen, dass dieses – von Nuancen abgesehen – trotz unterschiedlicher Trägerschaft der Einrichtung über Jahre hinweg angewandt und beibehalten wurde.

Die bei der Pflegestelle liegende Gesamtverantwortung für die Zeit, in der die Klägerin das Gruppenangebot nutzte, d.h. bis zum 2. Dezember 2013, ergibt sich zunächst aus der Zielsetzung der Einrichtung, junge Mütter zum selbständigen und verantwortungsbewussten Handeln für sich und ihr Kind zu befähigen, zugleich lebenspraktische Fähigkeiten zu vermitteln und soziale Kompetenzen sowie berufliche Entwicklungsmöglichkeiten zu fördern. Diese Ziele betrafen die gesamte Lebensführung der Klägerin unter Einschluss familiärer Beziehungen (etwa zum Kindsvater). Die Unterstützungsangebote der Einrichtung hatten steuernden Charakter und waren nicht darauf ausgerichtet, nur auf eigene Entscheidung der Klägerin abgerufen zu werden. Dass das Konzept der Pflegestelle in zeitlicher Hinsicht umfassend ausgerichtet war, belegt bereits die Bezeichnung des Gruppenangebots als Rund-um-die-Uhr-Betreuung, aber auch seine die Nachtstunden nicht aussparende Reichweite. Das Konzept sah nicht nur Hilfeleistungen der Einrichtung in allen Lebensbereichen der Klägerin vor, sondern auch strukturierende Vorgaben wie Tagespläne oder Checklisten, Elemente der Kontrolle (z.B. bezüglich der frei verfügbaren Geldmittel oder bezüglich der Einhaltung vereinbarter Regeln zum Schutz des Kindes) sowie die Möglichkeit zur jederzeitigen Intervention durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pflegestelle. Den o.g. Bestandteilen des einrichtungsinternen Dokumentationssystems lassen sich die individuellen Entwicklungsfortschritte entnehmen, die Dokumentation ist Ausdruck einer permanenten Therapiekontrolle.

Dass diese Vorgaben gelockert waren, solange die Klägerin vom 3. Dezember 2013 bis 14. Januar 2014 das Individualangebot der Pflegestelle in Anspruch nahm, hebt die Gesamtverantwortung der Einrichtung für diesen Zeitraum nicht auf. Dass den Müttern in einer späteren Phase der Unterbringung ein zunehmendes Maß an Selbständigkeit eingeräumt wird und die steuernden Elemente an Intensität abnehmen, ist nach dem o.G. für die rechtliche Qualifikation nach § 7 Abs. 4 SGB II unerheblich.

3. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung in § 7 Abs. 4 Satz 3 SGB II liegen nicht vor, da die Klägerin während ihres gesamten Aufenthalts in der Pflegestelle nicht berufstätig war.

III. Für die Zeit vom 15. Januar bis 31. März 2014 kann die Klägerin keinen Mehrbedarf für Alleinerziehende verlangen.

1. Anspruch auf Anerkennung eines Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 SGB II besteht in Höhe von 36 % der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung u.a. für Personen, die mit einem oder mehreren Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren zusammenleben. Eine in diesem Sinne "alleinige Sorge für deren Pflege und Erziehung" liegt nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG grundsätzlich ausschließlich dann vor, wenn der hilfebedürftige Elternteil während der Betreuungszeit von dem anderen Elternteil, Partner oder einer anderen Person nicht in einem Umfang unterstützt wird, der es rechtfertigt, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen. Entscheidend ist danach, ob eine andere Person in erheblichem Umfang bei der Pflege und Erziehung mitwirkt. Bezug genommen ist damit auf die besondere Bedarfssituation Alleinerziehender, die dadurch geprägt ist, dass bei diesem Personenkreis – in gleicher Weise wie bei den weiteren von § 21 SGB II erfassten Hilfebedürftigen (werdende Mütter, erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte) – besondere Lebensumstände vorliegen, bei denen typischerweise ein zusätzlicher Bedarf zu bejahen ist (BSG, Urteil vom 12. November 2015 – B 14 AS 23/14 R –, juris, Rn. 13).

Nachdem die Klägerseite trotz Aufforderung durch den Senat insoweit keine Angaben gemacht hat, lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin in der Zeit vom 15. Januar bis 31. März 2014 nur mit ihrem 2012 geborenen Kind zusammenlebte und daher alleinerziehend war. Der am 15. Januar 2014 von der Klägerin unterschriebene Weiterbewilligungsantrag legt vielmehr nahe, dass sie bereits zu diesem Zeitpunkt – ohne Kind – wieder in der elterlichen Wohnung lebte. Dafür spricht auch, dass sie zwar nach eigenen Angaben die Pflegestelle verlassen und sich um eigenen Wohnraum bemühen sollte, Anhaltspunkte für die Erlangung anderweitigen Wohnraums ab dem 15. Januar 2014 jedoch nicht ersichtlich sind.

IV. Der Klägerin steht jedoch für die Zeit vom 18. Januar bis 31. März 2014 ein Mehrbedarf für werdende Mütter zu. Insoweit war der Beklagte entsprechend seinem – mit Schriftsatz vom 13. Januar 2014 abgegebenem und von der Klägerin nicht angenommenen – Anerkenntnis zu verurteilen. Einer Begründung bedarf es insoweit nicht (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 313b Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung).

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits. Das geringfügige Obsiegen des Klägerin rechtfertigt keine Kostenquotelung zu ihren Gunsten.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.