Gericht | VG Cottbus 4. Kammer | Entscheidungsdatum | 30.04.2021 | |
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Aktenzeichen | 4 K 848/19 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2021:0430.4K848.19.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 13 PolHFürsV BB 2010, § 2 Abs 2 PolHFürsV BB 2010 |
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2019 verpflichtet, der Klägerin weitere Heilfürsorge für die Kosten für ein Hörsystem AUDEO M 90 in Höhe von insgesamt 6.774 Euro, d.h. weiteren 4.119 Euro zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vorläufig vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin begehrt die Übernahme von Kosten für ein Hörgerät im Rahmen der Heilfürsorge.
Die Klägerin ist Beamte im Polizeidienst des Beklagten. Sie hat einen Grad der Behinderung von 30 und ist seit dem 07.05.2019 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Der Klägerin wurde ein Hörgerät von ihrem Arzt verordnet. Bei der Auswahl des Hörgerätes entschied sie sich für das Modell AUDEO M 90. Der Kostenvoranschlag für dieses Hörgerät sah Gesamtkosten von 6.774 Euro vor. Der Kassenanteil im Kostenvoranschlag betrug insgesamt 1.451 Euro, sodass der Eigenanteil der Klägerin 4.119 Euro betrug. Der Kassenanteil setzte sich nach dem Kostenvoranschlag wie folgt zusammen:
Hörgerät (links): | 650 Euro |
Otoplastik bei Anpassung (links): | 33,50 Euro |
Hörgerät (rechts): | 494 Euro |
Otoplastik bei Anpassung (rechts): | 33,50 Euro |
Servicepauschale (links): | 120 Euro |
Servicepauschale (rechts): | 120 Euro |
Die Klägerin beantragte unter dem 25.02.2019 beim Beklagten die Übernahme der Kosten hierfür in Höhe von 6.774 Euro.
Der Beklagte erklärt unter dem 25.04.2019 die Kostenübernahme für ein Hörgerät „Amplifon“ unter Beschränkung auf die Kosten zu den VdEK-Festbeträgen bei gleichzeitiger Gewährung der Reparaturpauschale nach VdEK-Sätzen. Mit Bescheid vom 30.04.2019 lehnte der Beklagte die über die Festbeträge hinausgehende weitere Kostenübernahme für das von der Klägerin ausgewählte Hörgerät ab. Er begründete dies damit, dass gemäß der Hilfsmittelrichtlinien Festbeträge für Hörgeräte festgelegt seien. Aus den vorgelegten Berichten und Gesprächen mit dem Hörgeräteakustiker gehe hervor, dass der geforderte Hörgewinn von 20% mit einem zuzahlungsfreien Hörgerät erreicht werden könne. Bei teureren Hörgeräten, habe der Versicherte die Differenz zum Festbetrag zu tragen. Der Festbetrag sei erstattet worden, die höheren Kosten könnten nicht übernommen werden.
Die Klägerin erhob unter dem 21.05.2019 Widerspruch. Sie begründete diesen damit, dass Teil des von den Krankenkassen nach § 33 des Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) geschuldeten Behinderungsausgleiches sei, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Als Polizeibeamtin sei die Klägerin besonderen Anforderungen an das Hörvermögen ausgesetzt. Zu ihren dienstlichen Aufgaben gehörten u.a. die Aufnahme von Strafanzeigen und Unfällen. Sie realisiere Haftbefehle und führe Durchsuchungen durch. Hierbei sei sie auf ein detailliertes Hörvermögen angewiesen. Die Festbetragsgeräte verfügten aber nicht über die Ausstattungsmerkmale wie das beantragte Hörgerät. Durch dieses sei ein besseres Verstehen bei lauten Umgebungsgeräuschen und eine bessere Ansprechbarkeit von der Seite gegeben. Außerdem reduziere es Wind-, Echo-, Nachhall- und Impulsgeräusche und sorge für mehr Sprachverständlichkeit. Dabei handele es sich nicht in erster Linie um Merkmale, die Bequemlichkeit, Komfort und Ästhetik betreffen. Vielmehr sei hiermit ein wesentlicher Gebrauchsvorteil verbunden. Die Mehrkostenübernahmeerklärung beschränke ihren Anspruch nicht. Sie habe sich bei deren Unterzeichnung in einer Zwangslage befunden.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2019 zurück.
Die Klägerin hat am 27.06.2019 Klage erhoben.
Sie führt aus, der Beklagte berufe sich auf Bestimmungen, die für Krankenkassen gelten und wende diese im Rahmen seiner Heilfürsorgeverordnung auch an. Daher müsse sich der Beklagte auch an § 33 SGB V festhalten lassen. Die Klägerin könne sich auch auf Versorgung mit dem Hilfsmittel im Wege der Teilhabe am Arbeitsleben berufen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2019 zu verurteilen, die Kosten für ein Hörsystem AUDEO M 90 in Höhe von insgesamt 6.774 Euro, d.h. weiteren 4.119 Euro zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt aus, die Heilfürsorge übernehme die Kosten für die Komplettversorgung mit Hörsystemen nach den Hilfsmittelrichtlinien und den entsprechenden Preislisten des Verbandes der Ersatzkassen (VdEK). Dies seien hier 1.451 Euro. Der Hörgewinn mit einem Kassengerät betrage 55%, der Hörgewinn mit dem von der Klägerin ausgewählten Gerät betrage 60%. Der Unterschied sei also relativ geringfügig. Es sei unverhältnismäßig, wenn das fast fünffache an Kosten übernommen werden solle. Der Beklagte meint, die Bindung an die Höchstbetragsfestsetzung für Hörgeräte ergäbe sich aus einer analogen Anwendung des § 75 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 73 Abs 2 Nr. 7 SGB V. Sinn und Zweck des § 75 Abs. 3 SGB V sei es, die Konditionen und Leistungen der Heilfürsorge denen der Ersatzkassen anzugleichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die jeweils Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
I. Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 30.04.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin hat Anspruch auf die Übernahme der weiteren Kosten des Hörsystems AUDEO M 90.
Gemäß § 114 Abs. 2 des Beamtengesetzes für das Land Brandenburg (LBG) umfasst die Heilfürsorge alle zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit der Beamten notwendigen und angemessenen Aufwendungen des Landes. Das für das öffentliche Dienstrecht der Polizei zuständige Mitglied der Landesregierung erlässt durch Rechtsverordnung nähere Vorschriften über Art und Umfang der Heilfürsorge.
Gemäß § 13 Abs. 1, 2 der Verordnung über die Heilfürsorge der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Brandenburg (BbgPolHV) haben Heilfürsorgeberechtigte Anspruch auf ärztlich verordnete Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel. Hiervon ausgenommen sind wissenschaftlich nicht anerkannte Mittel, Mineralwässer, Stärkungsmittel, kosmetische Artikel und Präparate, die als eine besondere Zubereitungsform von Nahrungsmitteln anzusehen sind. Ein Anspruch auf Sehhilfen liegt nur bei Ausnahmeindikationen entsprechend den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vor.
Aufwendungen für die Beschaffung, die Instandsetzung und den Ersatz ärztlich verordneter Hilfsmittel, die Heilfürsorgeberechtigte aus dienstlichen Gründen oder wegen der Erfordernisse des täglichen Lebens benötigen, bedürfen der vorherigen Anerkennung durch die Polizeiärztin oder den Polizeiarzt, wenn sie im Einzelfall den Betrag von 200 Euro übersteigen. Gegenstände, die allgemein zum täglichen Bedarf gehören, sind keine Hilfsmittel im Sinne dieser Verordnung.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin heilfürsorgeberechtigt i.S.d. § 114 Abs. 1 LBG, § 1 BbgPolHV ist. Streitig ist allein, ob die Beschaffung des Hörsystems AUDEO M 90 anstelle eines „Kassengerätes“ angemessen und notwendig war.
Insoweit bestimmt § 2 Abs. 2 S. 1 BbgPolHV, dass die Gewährung der Leistungen der Heilfürsorge unter Beachtung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (§ 91 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), der zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3108) geändert worden ist), in der jeweils geltenden Fassung sowie der Vereinbarungen zwischen dem Land Brandenburg und den kassenärztlichen oder kassenzahnärztlichen Vereinigungen und sonstiger Vereinbarungen erfolgt.
Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (HilfsM-RL) sieht eine Begrenzung der Erstattungsfähigkeit für Aufwendungen für Hörgeräte auf Festbeträge nicht vor.
Eine solche Beschränkung findet sich aber bspw. in der Festlegung des GKV-Spitzenverbandes vom 10.07.2013 zum Festbetragsgruppensystem und folgende Festbeträgen für Hörhilfen. Insoweit dürfte es aber zweifelhaft sein, ob es sich dabei um eine „sonstige Vereinbarung“ handelt.
Unabhängig davon gilt aber gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Beihilfefähigkeit sich als Einschränkung des im Beihilferecht verankerten Grundsatzes darstellt, dass Beihilfe gewährt wird, soweit die Aufwendungen notwendig und angemessen sind (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV). Der Ausschluss bedarf deshalb in formeller Hinsicht einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (BVerwG, Urteil vom 02. April 2014 – 5 C 40/12 –, Rn. 9, juris). Selbiges gilt für die Heilfürsorge, die gemäß § 114 Abs. 2 LBG alle zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit der Beamten notwendigen und angemessenen Aufwendungen des Landes umfasst.
An diesen Grundsätzen ausgerichtet, kann in einem Verweis – wie hier – auf nicht näher bestimmte Regelungen anderer Rechtsträger oder entsprechende vertragliche Vereinbarungen keine solche ausdrückliche Rechtsgrundlage gesehen werden. Dies gilt hier erst Recht deshalb, weil völlig unklar ist, auf welche Regelung genau Bezug genommen werden soll. Wie bereits ausgeführt, kennt die Hilfsmittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses keine entsprechende Beschränkung. Eine solche Beschränkung ergibt sich aber etwa aus der Festlegung des GKV-Spitzenverband vom 10.07.2013 zum Festbetragsgruppensystem und folgende Festbeträgen für Hörhilfen. Dieser legt als Festbetrag für ein Hörgerät für schwerhörige Versicherte, ausgenommen für an Taubheit grenzend schwerhörige Versicherte 733,59 Euro fest, wobei ein Abschlag von 146,72 Euro für das zweite Hörgerät bei beidohriger (binauraler) Versorgung vorgesehen ist. Demgegenüber legt der Beklagte zur Begründung seiner Position einen Rahmenvertrag gemäß § 127 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 128 Abs. 4 SGB V zwischen der Firma a_____, den beigetretenen Hals-Nasen-Ohren-Ärzten und mehreren Ersatzkassen (Techniker Krankenkasse, Barmer, DAK-Gesundheit, Kaufmännische Krankenkasse, Handelskranken, Hanseatische Krankenkasse) vom 01.12.2018 vor. Aus dem darin festgehaltenen § 5 Abs. 2 („Vergütung“) i.V.m. den Anlagen 1 und 2 zum Rahmenvertrag ergibt sich, dass für die Versorgung von erwachsenen Schwerhörigen (Anlage 1) als Preise exklusive Umsatzsteuer vorgesehen sind:
aufzahlungsfreie Versorgung für das erste Hörgerät: | 420,56 Euro |
aufzahlungsfreie Versorgung Ohrpassstück: | 31,00 Euro |
[...] | |
Reparaturpauschale: | 105,00 Euro |
aufzahlungsfreie Versorgung für das zweite Hörgerät: | 359,81 Euro |
Für die Versorgung von erwachsenen Versicherten mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit (Anlage 2) sind als Preise exklusive Umsatzsteuer vorgesehen:
aufzahlungsfreie Versorgung für das erste Hörgerät: | 514,00 Euro |
aufzahlungsfreie Versorgung Ohrpassstück: | 31,00 Euro |
[...] | |
Reparaturpauschale: | 151,00 Euro |
aufzahlungsfreie Versorgung für das zweite Hörgerät: | 428,00 Euro |
Hinzukommt die Vergütung für den HNO-Arzt (Anlage 3), die je nach Schwerhörigkeitsgrad zwischen 100 und 160 Euro je Ohr liegt.
Nach dem Vorstehenden kann von einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage, die eine Beschränkung des Anspruchs des Beamten auf Heilfürsorge für ein Hörgerät vorsieht, nicht die Rede sein. Es ist schon unklar, welche Regelung der Beklagte tatsächlich in der Praxis anzuwenden gedenkt bzw. anwendet. Seine Bescheide verweisen ohne genauere Angaben auf die Hilfsmittelrichtlinien und die Festbeträge des Verbandes der Ersatzkassen. Auf gerichtliche Anfrage hat der Beklagte den benannten Rahmenvertrag vorgelegt. Dieser passt bereits inhaltlich nicht zu der Gewährung der 1.451 Euro an die Klägerin. Selbst wenn man – was nicht naheliegt – davon ausgeht, dass noch die Umsatzsteuer aufzuschlagen ist, so liegen die angegebenen Werte des Rahmenvertrages – jedenfalls für die Hörgeräte selbst - deutlich unter den gewährten Werten. Der Beklagte wendet diese dementsprechend erkennbar nicht an. Der Beklagte hat insoweit in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, es gäbe einen weiteren entsprechenden Vertrag und es sei aus Versehen der Rahmenvertrag vom 01.12.2018 vorgelegt worden. Auch dies deutet darauf hin, dass selbst der Beklagte Schwierigkeiten hat, die zutreffenden Regelungen zu ermitteln.
Dies führt zurück auf das eigentliche Problem: § 2 Abs. 2 S. 1 BbgPolHV, dem als einzige Regelung in der Heilfürsorgeverordnung des Beklagten eine etwaige Begrenzung von Ansprüchen vage angesehen werden kann, ist keine ausdrückliche Regelung. Seine Verweisung führt in die Irre, weil völlig unklar ist, worauf er weiterverweist. Dies scheint selbst dem Beklagten – jedenfalls in der vorliegenden Konstellation der Hörgeräte – nicht stets klar zu sein. Das Gericht braucht nicht entscheiden, ob die Regelung wegen Verstoßes gegen Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes und das sich daraus ergebende Bestimmtheitsgebot rechtswidrig und damit nichtig ist. Dafür spricht indes einiges. Schon die Formulierung lässt im Hinblick auf „sonstige Vereinbarungen“ schlechterdings alles offen. Anders liegt es mit dem Verweis auf Vereinbarungen zwischen dem Land Brandenburg und den kassenärztlichen oder kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Diese lassen sich letztlich zweifelsfrei ermitteln, auch wenn dies kaum noch als transparent bezeichnet werden kann und auch Zweifel an der „Ausdrücklichkeit“ bestehen würden. Verweist der Beklagte indes auf Vereinbarungen – wie hier – zwischen Privaten (sei es der Hörgerätehersteller, sei es der HNO-Arzt) und den Ersatzkassen, ist nicht nur unklar, welche Vereinbarung bzw. Regelung damit gemeint ist. Das Gericht hat lediglich zwei vorstehend dargestellt. Es gibt ersichtlich weitere Vereinbarungen, deren Regelungen voneinander abweichen. Über diese letztlich „blinde“ Verweisung hinaus, begibt sich der Beklagte und Verordnungsgeber damit auch seiner eigenen Regelungskompetenz und nimmt die Regelung anderer, nicht einmal notwendig hoheitlicher Personen und Personengruppen in Bezug. Das ist unzulässig. Es führt auch zu einem kuriosen Ergebnis: Nach der vom Beklagten vertretenen Auffassung würde der Heilfürsorgeberechtigte weniger erhalten als der Beihilfeberechtigte. Die Beihilfe für Hörgeräte ist auf 1.500 Euro pro Ohr beschränkt (vgl. Nr. 8.8 der Anlage 11 zu § 25 Absatz 1 und 4 der Bundesbeihilfeverordnung, die aufgrund § 62 Abs. 7 S. 2 LBG nach wie vor in Brandenburg Anwendung findet). Das ist zwar für sich genommen nicht zu beanstanden, denn insoweit dürfte genauso wie für die Versicherungssysteme einerseits und das Beihilfesystem andererseits auch für das Heilfürsorgesystem und das Beihilfesystem gelten, dass diese nicht vergleichbar sind und daher differenzierte Regelungen auch vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden können (vgl. BVerwG, 5. Mai 2010 - BVerwG 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 17 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 02. April 2014 – 5 C 40/12 –, Rn. 16, juris). Es erstaunt doch aber einigermaßen.
Schließlich unterbreitet der Beklagte noch die Erklärung, die Beschränkung ergäbe sich aus § 75 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V. Hiernach haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht (§ 75 Abs. 1 S. 1 SGB V). Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben auch die ärztliche Versorgung von Personen sicherzustellen, die auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche ärztliche Versorgung haben, soweit die Erfüllung dieses Anspruchs nicht auf andere Weise gewährleistet ist. Die ärztlichen Leistungen sind so zu vergüten, wie die Ersatzkassen die vertragsärztlichen Leistungen vergüten (§ 75 Abs. 3 S. 1, 2 SGB V). Gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V umfasst die vertragsärztliche Versorgung die Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen.
Das greift ebenfalls nicht. Vielmehr geht es am Problem völlig vorbei. Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch sieht differenzierte Regelungen für alle möglichen Konstellationen vor und richtet sich an – wie die vorstehenden Zitate bereits im Ansatz zeigen – die Leistungserbringer und ihre Vereinigungen (vgl. § 77 SGB V etwa zu den kassenärztlichen Vereinigungen) und die gesetzlichen Krankenkassen. Der Beklagte ist weder das eine, noch das andere. Er wendet auch nicht die Regelungen des SGB V an, sondern seine eigene Heilfürsorgeverordnung. Das ist ihm vergönnt. Genauso vergönnt ist es ihm, mit dieser Verordnung und seinem Heilfürsorge- und Beihilfesystem von den Regelungen des SGB V weitgehend abzuweichen (was er auch tatsächlich so tut) oder auf dieses (teilweise) Bezug zu nehmen. Vorliegend geben die Regelungen des SGB V schon deshalb nichts her, weil sie zu Festbeträgen und Beschränkungen für Hörgeräte gar nichts sagen. Sie ermächtigen auch nicht im Ansatz den Beklagten.
Ist nach alledem für eine Beschränkung des Anspruches der Klägerin eine ausdrückliche Rechtsgrundlage nicht ersichtlich verbleibt es bei den Regelungen der § 114 Abs. 2 LBG, § 13 Abs. 1, 2 BbgPolHV wonach die Heilfürsorge alle zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit der Beamten notwendigen und angemessenen Aufwendungen des Landes, inklusive der Hilfsmittel umfasst.
Auch die Regelung des § 13 Abs. 2 S. 1 BbgPolHV führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Hiernach bedürfen Aufwendungen für die Beschaffung, die Instandsetzung und den Ersatz ärztlich verordneter Hilfsmittel, die Heilfürsorgeberechtigte aus dienstlichen Gründen oder wegen der Erfordernisse des täglichen Lebens benötigen, der vorherigen Anerkennung durch die Polizeiärztin oder den Polizeiarzt, wenn sie im Einzelfall den Betrag von 200 Euro übersteigen. Denn unter dem 25.04.2019 („Kostenübernahmeerklärung“) hat hier der Polizeiarzt nur die Kostenübernahme zu den VdEK-Festbeträgen (und der Reparaturpauschale) erklärt. Mangels Ausschlusstatbestand war dies rechtswidrig.
Gegen die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen sind dann weiter auch keine Einwände erhoben oder sonst etwas zu erinnern.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 VwGO.
III. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung.