Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 30. Senat | Entscheidungsdatum | 22.04.2021 | |
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Aktenzeichen | L 30 P 66/19 | ECLI | ECLI:DE:LSGBEBB:2021:0422.L30P66.19.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 140 SGB 11 |
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten aufgrund eines am 30. Dezember 2016 gestellten Antrags die Gewährung von Pflegeleistungen nach der Pflegestufe I.
Die 1933 geborene Klägerin stellte bei der Beklagten am 30. Dezember 2016 einen Antrag auf Pflegeleistungen. Daraufhin veranlasste die Beklagte die Einholung eines auf einer ambulanten Untersuchung mit Hausbesuch (Mehrfamilienhaus, zweite Etage, kein Fahrstuhl, Zweieinhalbzimmerwohnung) beruhendes Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 6. April 2017, erstellt durch die Pflegefachkraft N. Laut ihrem Gutachten wurde die Klägerin durch eine Nachbarin gepflegt und war mit Rollator, Brille, Toilettensitzerhöhung, Badewannenbrett, Kniebandage und Unterarmgehstützen versorgt. Anamnestisch sei die Mobilität in der Wohnung gegeben, Treppensteigen sei langsam mit Unterarmgehstütze und Festhalten am Geländer, das Verlassen der Wohnung nur in Begleitung und mit Rollator möglich. Die Klägerin könne nicht mehr kochen, keine Wohnungsreinigung durchführen sowie nur in Begleitung einkaufen. Waschen und Kleiden seien nur sehr langsam möglich, sie benötige Hilfe beim Duschen. Als pflegerelevante Diagnosen wurden festgehalten: Stenose Spinalkanal im Brustwirbelsäulenbereich (BWS-Bereich), allgemeiner Altersabbau, Spondylodiszitis BWS, frische Knieschädigung, Hypothyreose, Harnwegsinfektion, Knietotalendprothese bei Gonarthrose rechts. Die Mobilität wurde als eher unauffällig beschrieben (i.W. Einschränkungen beim Aufdrehen von Flaschen und Verschlüssen, Aufrichten mit Aufstützen möglich, Bewegung in der Wohnung mit Rollator möglich, Gehstock beim Treppensteigen/Festhalten am Geländer). Es wurden eine Harninkontinenz mit selbständig durchgeführtem Vorlagenwechsel und keine Auffälligkeiten beim Sehen/Hören/Sprechen bzw. keine mentalen/psychischen/neurologischen Störungen, ebenso wenig Einschränkungen bei der Alltagskompetenz festgestellt. Die Gutachterin ermittelte einen pflegerischen Zeitbedarf bei der Körperpflege von 15 Minuten, bei der Ernährung von 0 Minuten, bei der Mobilität von 5 Minuten und bei der hauswirtschaftlichen Versorgung von 43 Minuten und gelangte zur Einschätzung, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht vorlägen. Dementsprechend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. April 2017 die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung unter Hinweis auf das Fehlen einer leistungsberechtigenden Pflegestufe ab. Hiergegen erhob die anwaltlich vertretene Klägerin am 19. April 2017 Widerspruch, den sie mit Schreiben vom 24. Mai 2017 u.a. dahingehend begründete, dass sie Hilfe bei der Ernährung (mundgerechte Zubereitung von Essen) in einem zeitlichen Umfang von 30 Minuten täglich benötige. Bei der Mobilität bestehe ein zeitlicher Aufwand von 40 Minuten täglich. Für die hauswirtschaftliche Versorgung bestehe ein Zeitaufwand von 45 Minuten täglich. Die Voraussetzungen für die Pflegestufe I lägen damit vor. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2017 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat ihr auf die Anerkennung der Pflegestufe I gerichtetes Begehren mit der am 5. September 2017 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Sie hat auf die vielen bei ihr bestehenden Erkrankungen und die Anerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) von 60 mit dem Merkzeichen G verwiesen. Die Beklagte übersehe, dass noch das alte Recht Anwendung finde, ferner, dass eine Ganzkörperwäsche, eine Teilwäsche und Mund-/Zahnpflege nur überwiegend unselbständig möglich seien und dafür eine Unterstützung mit einem täglichen Zeitaufwand von 40 Minuten erforderlich sei. Sie benötige Unterstützung bei der Haushaltsführung mit einem Zeitaufwand von 90 Minuten täglich. Da indes definitiv eine (geringe) Beeinträchtigung der Selbständigkeit vorliege, die genannten Voraussetzungen zuträfen und der Wochendurchschnitt über 45 Minuten täglich für mindestens drei Verrichtungen der Grundpflege betrage, lägen die Voraussetzungen für die Pflegestufe I vor.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt, die auf urologischem Fachgebiet (Befundbericht des Urologen Dr. L vom 25. Januar 2018) keine Beeinträchtigungen bei der Bewältigung des täglichen Lebens und auf orthopädischem Fachgebiet weitergehende Diagnosen als bei der MDK-Begutachtung ergeben haben (u.a. Osteochondrose LWS/HWS, Koxarthrose rechts, ACG-Arthrose links, beginnende Omarthrose, Lumbalgie). Auf internistischem Fachgebiet (Befundbericht des Internisten Dr. S vom 1. März 2018) wurden dolente Bewegungseinschränkungen bzw. allgemeine altersbedingte Einschränkungen festgehalten und in der Grundpflege kein pflegerischer Hilfebedarf gesehen; lediglich bei der hauswirtschaftlichen Versorgung sei die Klägerin auf Hilfe angewiesen. Dem internistischen Befundbericht beigefügt war u.a. ein ärztlicher Entlassungsbericht zu einer im Mai/Juni 2016 durchgeführten stationären Reha-Maßnahme infolge einer Wirbelsäulenoperation im April 2016. Darin ist festgehalten, dass zum Abschluss der Reha die Gehstrecke auf 300 Meter am Rollator habe gesteigert werden können, das Treppensteigen über drei Stufen, die Verrichtungen der Körperpflege und des Ankleidens selbständig, die Besorgungen im und außerhalb des Haushaltes größtenteils möglich seien, wobei die Klägerin Hilfe durch die Tochter erhalte. Auf neurologischem Fachgebiet erbrachte der Befundbericht der Neurologen Dres. G u.a. vom 2. Mai 2018 eine Gangunsicherheit mit Sturzneigung, in der Grundpflege lediglich einen pflegerischen Hilfebedarf bei der Mobilität (Treppensteigen) mit der Empfehlung, Handgriffe auch im Bad zur Vermeidung von Stürzen anzubringen, und einen pflegerischen Bedarf in der hauswirtschaftlichen Versorgung.
Unterdessen stellte die Klägerin bei der Beklagten am 28. Dezember 2017 einen erneuten Antrag auf Gewährung von Pflegeleistungen, woraufhin die Beklagte ein Gutachten des MDK vom 31. Januar 2018 einholte. Das Gutachten erbrachte einen i.W. gleichbleibenden Befund wie bei der dem vorliegenden Gerichtsverfahren vorausgegangenen MDK-Begutachtung und lediglich bei der Mobilität leichte Einschränkungen, welche die Gutachterin mit 2,50 gewichteten Punkten bewertete. Die Beklagte lehnte den Leistungsantrag mit Bescheid vom 1. Februar 2018 ab, weil ein leistungsberechtigender Pflegegrad nicht erreicht sei. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung eines nach Aktenlage erstellten MDK-Gutachtens vom 19. März 2018 als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2018). Nach einem stationären Krankenhausaufenthalt wegen eines Halswirbelbruches im Juni 2020 stellte die Klägerin während der anschließenden geriatrischen Frühreha am 14. Juli 2020 einen neuerlichen Leistungsantrag, der nach einer weiteren Begutachtung durch den MDK zur Gewährung von Leistungen nach dem Pflegegrad 2 ab dem 1. Juli 2020 führte (Bescheid vom 17. August 2020).
Das SG hat im vorliegenden Klageverfahren das auf einer ambulanten Untersuchung bei der Klägerin zu Hause beruhende schriftliche Sachverständigengutachten der Ärztin Dr. K vom 4. Januar 2019 eingeholt. Die Sachverständige ermittelte i.W. unter den bekannten Diagnosen einen Hilfebedarf bei der Körperpflege von 12 Minuten, bei der Ernährung von 0 Minuten, bei der Mobilität von 6 Minuten, mithin bei der Grundpflege von insgesamt 18 Minuten täglich und bei der hauswirtschaftlichen Versorgung im Tagesdurchschnitt von 45 Minuten täglich, so dass nach der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Rechtslage die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht erfüllt seien. Nach dem ab Januar 2017 geltenden Recht ergäben sich nur zum Modul Mobilität mit 2,50 gewichteten Punkten relevante Einschränkungen. Die Klägerin hat sich mit dem Ergebnis der Begutachtung kritisch auseinandergesetzt und größere zeitliche Aufwände für einzelne Verrichtungen in Ansatz gebracht, wozu die Sachverständige unter dem 7. April 2019 ergänzend Stellung genommen und auf die Selbstpflegeressourcen (täglich kleine Körperpflege selbständig durchführbar) der Klägerin verwiesen hat.
Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage mit dem Antrag, ihr Leistungen der Pflegestufe I zu gewähren, mit Gerichtsbescheid vom 26. Juni 2019 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Pflegeleistungen nach der hier maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Rechtslage habe. Die medizinischen Voraussetzungen seien nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme nicht erfüllt.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 4. Juli 2019 zugestellten Gerichtsbescheid am 9. Juli 2019 Berufung eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen vertieft. Insbesondere seien die Pflegebedarfe für Körperpflege im Gutachten zu niedrig angesetzt. Anders als dort zugrunde gelegt fänden Teilwäschen des Ober-/Unterkörpers zweimal täglich und nicht nur dreimal pro Woche statt, zudem dusche die Klägerin täglich und nicht nur viermal pro Woche. Das An-/Auskleiden nehme erheblich mehr Zeit als die von der Sachverständigen angesetzten zwei Minuten täglich in Anspruch. Mittlerweile sei bei der Klägerin der Pflegegrad 2 anerkannt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juni 2019 und den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 30. bis 31. Dezember 2016 Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I zu gewähren, sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I am 31. Dezember 2016 vorlagen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Auf Veranlassung des Senats hat die gerichtliche Sachverständige unter dem 9. Dezember 2019 ergänzend Stellung genommen und ihre sozialmedizinische Beurteilung beibehalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Zunächst einmal ist die Berufung unbegründet, soweit die Klägerin im Wege einer gemäß § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften und im Übrigen zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage einen Anspruch auf Pflegeleistungen weiterverfolgt. Der Bescheid der Beklagten vom 7. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2017 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht, vgl. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Entscheidung der Beklagten, die Gewährung von Pflegeleistungen unter Zugrundelegung der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Rechtslage abzulehnen, trifft zu. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf regelmäßig wiederkehrende Pflegeversicherungsleistungen nach der Pflegestufe I vom 30. bis zum 31. Dezember 2016.
Pflegebedürftig im Sinne des § 14 SGB XI in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung (a.F.) sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15 SGB XI a.F.) der Hilfe bedürfen. Nach § 14 Abs. 4 SGB XI a.F. sind dabei gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Sinne des Absatzes 1 der Vorschrift im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung (Nr. 1), im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung (Nr. 2) sowie im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung (Nr. 3). Neben diesen drei Bereichen der sogenannten Grundpflege gehören zu den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen (Nr. 4). Die Hilfe zu diesen Verrichtungen besteht in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen (§ 14 Abs. 3 SGB XI a.F.).
Für die Gewährung von Leistungen ist pflegebedürftigen Personen im Sinne des § 14 SGB XI a.F. eine von drei gesetzlich näher umschriebenen Pflegestufen zuzuordnen. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI a.F. sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI a.F. muss der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Vorliegend ist nicht zur Überzeugung des Senats gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG bewiesen, dass bei der Klägerin im Dezember 2016 selbst ein für das Erreichen der Pflegestufe I erforderlicher Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten im Wochenschnitt bestand. Dies hat das SG auf der Grundlage des von Amts wegen eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachtens der Sachverständigen Dr. K einschließlich ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 7. April 2019 im Hinblick auf den hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum rückblickend überzeugend begründet. Auch die im Berufungsverfahren eingeholte ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen vom 9. Dezember 2019 hat zu keinem anderen Ergebnis geführt. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass sich ein höherer pflegerischer Hilfebedarf auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren ableiten lässt, wonach sie Hilfe bei zwei Körperwäschen und zusätzlich einem Duschvorgang täglich benötige. Dies überzeugt nach den bei der Begutachtung getroffenen Feststellungen nicht. Auf die Frage der Sachverständigen hat die Klägerin ausweislich des o.g. schriftlichen Sachverständigengutachtens nachvollziehbar angegeben, dreimal wöchentlich personelle Hilfe beim Waschen bzw. zusätzlich viermal wöchentlich beim Duschen/alternativ Baden zu haben, soweit sie schmerzbedingt den Rücken, Unterschenkel und Füße nicht erreichen konnte. Die Sachverständige hat nachvollziehbar (zuletzt in der im Berufungsverfahren eingeholten ergänzenden Stellungnahe vom 9. Dezember 2019) darauf hingewiesen, dass die allabendliche kleine Körperpflege mit Waschen des Oberkörpers und des Intimbereichs selbständig verrichtet werden konnte. Ferner hat die Sachverständige Hilfen beim An-/Auskleiden (Schuhe, Strümpfe) sowie den Transfer beim Baden/Duschen viermal wöchentlich gesondert (zuletzt auch mit einer gewichtsbedingten Erschwernis) berücksichtigt, ohne dass die zeitlichen Voraussetzungen eines Grundpflegebedarfs erreicht wurden. Greifbare Anhaltspunkte für einen von den Feststellungen der Sachverständigen abweichenden Hilfebedarf, denen der Senat aufgrund der ihm obliegenden Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) nachzugehen hätte, sind nicht ersichtlich. Vielmehr bestätigen die bereits vom SG eingeholten Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin die sozialmedizinische Beurteilung der Sachverständigen. So sind auf urologischem Fachgebiet (Befundbericht des Urologen Dr. L vom 25. Januar 2018) keine Beeinträchtigungen bei der Bewältigung des täglichen Lebens berichtet worden. Auf internistischem Fachgebiet (Befundbericht des Internisten Dr. S vom 1. März 2018) sind zwar dolente Bewegungseinschränkungen bzw. allgemeine altersbedingte Einschränkungen festgehalten, jedoch in der Grundpflege kein und nur bei der hauswirtschaftlichen Versorgung ein pflegerischer Bedarf gesehen worden. Das Fehlen einer leistungsberechtigenden Pflegestufe wird ferner durch den ärztlichen Entlassungsbericht zu einer im Mai/Juni 2016 durchgeführten stationären Reha-Maßnahme infolge einer Wirbelsäulenoperation im April 2016 bestätigt. Darin ist festgehalten, dass zum Abschluss der Reha die Gehstrecke auf 300 Meter am Rollator gesteigert werden konnte, das Treppensteigen über drei Stufen, die Verrichtungen der Körperpflege und des Ankleidens selbständig, die Besorgungen im und außerhalb des Haushaltes größtenteils möglich waren, wobei die Klägerin Hilfe durch die Tochter erhielt. Auf neurologischem Fachgebiet erbrachte der Befundbericht der Neurologen Dres. G u.a. vom 2. Mai 2018 lediglich eine Gangunsicherheit mit Sturzneigung, in der Grundpflege lediglich einen pflegerischen Hilfebedarf bei der Mobilität (Treppensteigen) mit der Empfehlung, Handgriffe auch im Bad zur Vermeidung von Stürzen anzubringen, und einen pflegerischen Bedarf in der hauswirtschaftlichen Versorgung, ohne dass sich hieraus bereits ein der Pflegestufe I entsprechender Hilfebedarf ablesen lässt.
Dementsprechend hat die Berufung auch mit dem Feststellungsantrag keinen Erfolg. Zwar ist der Feststellungsantrag gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft und im Übrigen zulässig. Insbesondere eignet ihm auch das nach § 54 Abs. 1 Halbs. 2 SGG erforderliche Feststellungsinteresse (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 28. September 2017 – B 3 P 3/16 R –, zitiert nach juris Rn. 12). Dieses besteht im Hinblick auf die gesetzliche Überleitungsregelung gemäß § 140 Abs. 2 S. 1 SGB XI, wonach Versicherte der sozialen Pflegeversicherung, bei denen das Vorliegen einer Pflegestufe im Sinne der §§ 14 und 15 in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung oder einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz nach § 45a in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung festgestellt worden ist und bei denen spätestens am 31. Dezember 2016 alle Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine regelmäßig wiederkehrende Leistung der Pflegeversicherung vorliegen, mit Wirkung ab dem 1. Januar 2017 ohne erneute Antragstellung und ohne erneute Begutachtung einem Pflegegrad zugeordnet werden. Klage und Berufung sind jedoch mit dem Feststellungsantrag unbegründet, weil – wie gezeigt – zum 31. Dezember 2016 bei der Klägerin nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen keine Pflegestufe feststellbar war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.