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Entscheidung 4 S 15/21


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 19.05.2021
Aktenzeichen 4 S 15/21 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2021:0519.4S15.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 33 Abs 2 GG, § 19 BG BB 2009, Art 100 Abs 1 GG

Leitsatz

Der brandenburgische Gesetzgeber ist nicht aufgrund des verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts verpflichtet, § 19 LBG über die dienstliche Beurteilung von Beamtinnen und Beamten zu ergänzen.

Orientierung: zum Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2020 - 2 B 63.20 -

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Oder vom 20. Februar 2021 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese selbst trägt.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auch in einem Konkurrentenstreit beschränkt ist (BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 2018 – 2 BvR 1207/18 – juris Rn. 18; Beschluss des Senats vom 20. Juni 2017 – OVG 4 S 17.17 – juris Rn. 2), rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder hat in dessen angegriffenem Beschluss vom 20. Februar 2021 – VG 2 L 587/20 – ausführlich dargelegt (juris Rn. 28 bis 34), warum es im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. September 2020 – 2 C 2.20 – juris Rn. 16 die gesetzliche Regelung in § 19 LBG für verfassungsgemäß hält. Dem setzt der Antragsteller nichts weiter entgegen als die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluss vom 21. Dezember 2020 – 2 B 63.20 – juris Rn. 22 f., der brandenburgische Gesetzgeber genüge mit § 19 LBG nicht dem im Urteil vom 17. September 2020 genannten Maßstab, das Wesentliche für die Verwirklichung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG selbst zu regeln.

Der Antragsteller hat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO die Gründe darzulegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen. Die Dichte der geforderten Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung orientiert sich an deren inhaltlicher Dichte (Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 76; Happ in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 22a). Eine gelungene Beschwerdebegründung zeichnet sich durch eine fallbezogene Argumentation aus, die eine sehr enge Verbindung zur angefochtenen Gerichtsentscheidung aufweist. Die bloße, in einem einzigen Satz formulierte Aussage, nach Meinung der Bevollmächtigten des Rechtsmittelführers sei eine Rechtsfrage anders zu beantworten, stellt keine Darlegung von Gründen dar (Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 77).

Nach diesen Maßstäben greift die Begründung des Antragstellers gemessen an der Argumentationsdichte des Verwaltungsgerichts erheblich zu kurz. Die Berufung auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2020 ist nichts weiter als die Kundgabe einer nicht mit Gründen versehenen Meinung des Antragstellers. Der Antragsteller hat sich mit seiner Bezugnahme nicht etwa die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts zu eigen gemacht. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat sein obiter dictum im Beschluss vom 21. Dezember 2020 zu § 19 LBG nicht begründet, worauf schon der Antragsgegner hingewiesen hat.

Die im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2020 fehlende Begründung findet sich schließlich nicht in dem in Bezug genommenen Urteil vom 17. September 2020 – 2 C 2.20 –. Denn auch dort folgt auf den der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entnommenen Rechtssatz zur Wesentlichkeitstheorie sogleich das Ergebnis (siehe juris Rn. 16). Eine Subsumtion fehlt in beiden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Das Gericht lässt offen, warum es bestimmte Aspekte der dienstlichen Beurteilung für so wesentlich hält, dass sie vom Parlament geregelt werden müssten. Es benennt auch nicht, um welche Aspekte es sich handelt. Darauf lässt sich nur indirekt aus den Feststellungen schließen, dass die parlamentsgesetzlichen Regelungen über dienstliche Beurteilungen in einem anderen Bundesland für ausreichend erachtet werden.

Die Begründung ist nicht deshalb entbehrlich, weil sich in der Parallelwertung des durch das Bundesverfassungsgericht im Bezugsfall entschiedenen Sachverhalts das Ergebnis gleichsam von selbst ergäbe. Das Gegenteil ist der Fall. Das Bundesverfassungsgericht behandelte im Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322, 1989/12 – die verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Höchstaltersgrenzen für die Verbeamtung durch das Lebenszeitprinzip und das Alimentationsprinzip. Es erklärte als wesentlich Regelungen, die für die Verwirklichung von Grundrechten erhebliche Bedeutung hätten und sie besonders intensiv beträfen (juris Rn. 52). Eine Pflicht des Gesetzgebers bestehe insbesondere in mehrdimensionalen, komplexen Grundrechtskonstellationen und regelmäßig dann, wenn die betroffenen Grundrechte nach dem Wortlaut der Verfassung ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet seien und eine Regelung zur Ordnung des Lebensbereiches notwendigerweise ihre verfassungsimmanenten Schranken bestimmen und konkretisieren müsse (juris Rn. 53). Die Abwägung und der Ausgleich zwischen dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und anderer in der Verfassung geschützter Belange sei vorrangig die Aufgabe des Parlamentsgesetzgebers. Ausnahmen vom Leistungsgrundsatz beim Zugang zum Beamtenverhältnis bedürften demnach grundsätzlich einer parlamentsgesetzlichen Grundlage (juris Rn. 60).

Demgegenüber betreffen die eher technisch zu sehenden Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen keinen Fall praktischer Konkordanz. Die dienstliche Beurteilung ist das vom Bundesverfassungsgericht als typischerweise vorrangig anerkannte und bislang nicht problematisierte Messinstrument (Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 58), das zur Bestenauslese anhand des Maßstabs aus Art. 33 Abs. 2 GG heranzuziehen ist. Die dienstliche Beurteilung dient dem Leistungsgrundsatz, sie schränkt ihn nicht – schon gar nicht aus leistungsfremden – Gründen ein. Darauf weist auch der Antragsgegner hin. Demgemäß hatte selbst das Bundesverwaltungsgericht noch am 9. Mai 2019 geurteilt, es liege im grundsätzlich weiten Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er das Beurteilungswesen für seine Beamtinnen und Beamten regele. „Innerhalb der durch das einschlägige Gesetzes- und Verordnungsrecht gezogenen Grenzen ist der Dienstherr weitgehend frei, Verfahren und Inhalt dienstlicher Beurteilungen durch Richtlinien festzulegen“ (– 2 C 1.18 – juris Rn. 39). Das Bundesverwaltungsgericht benennt mit „Grenzen“ den Vorrang des Gesetzes, nicht den Vorbehalt des Gesetzes in der besonderen Ausprägung des Parlamentsvorbehalts.

Das Fehlen der Begründung in den wenig später mit gegenteiligem Ergebnis gefällten Entscheidungen vom 17. September 2020 und vom 21. Dezember 2020 ist umso bedauerlicher, weil es die Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts ist, für die Verwaltungsgerichtsbarkeit durch Systematisierung Orientierungspunkte zu setzen. Die Frage, ob Verwaltungsvorschriften ohne parlamentsgesetzliche Vorzeichnung beachtlich sein dürfen, kann sich vielfach stellen. Denn Verwaltungsvorschriften bestimmen in großem Umfang das Beamtenrecht. Sie betreffen Regelungen mit Außenwirkung (zum Beispiel Fürsorgeleistungen für Beamtinnen und Beamte wie die Übernahme von Kosten der Strafverteidigung bei Ermittlungen zur Amtsführung) und mehr noch mit Innenwirkung. Die in § 35 VwVfG angelegte Grenzziehung zwischen Innenrechtsakten und Rechtsakten mit unmittelbarer Wirkung nach außen hat bislang einen Anhaltspunkt für die Rechtsschutzintensität (Beispiel: Umsetzung – Versetzung) geboten. Die dienstliche Beurteilung ist nach der unveränderten Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ein Innenrechtsakt (Urteil vom 17. März 2016 – 2 A 4.15 – juris Rn. 16) und wäre demnach im Ausgangspunkt eher unproblematisch; jedenfalls müsste begründet werden, warum gleichwohl ein gravierendes Problem bestehen soll.

Im historischen Rückblick hat das Beamtenrecht Verwaltungsvorschriften sogar für die Regelung der Verfügungen mit unmittelbarer Außenwirkung als ausreichend erachtet. Das Bundesverfassungsgericht hielt demgemäß die Beihilfevorschriften (BhV), eine parlamentsgesetzlich nicht vorgezeichnete Verwaltungsvorschrift, für verfassungsgemäß (Dreierausschussbeschluss vom 12. August 1977 – 2 BvR 1063/76 – juris Orientierungssatz 3). Das vom Bundesverwaltungsgericht erst später formulierte Verlangen nach gesetzlicher Regelung beruhte auch auf dem zutreffenden Gedanken, dass die Beamtenbeihilfe nicht ein schlichter Ausfluss der Fürsorge, sondern mehr und mehr von anderen Gestaltungserwägungen und Leistungseinschränkungen sowie -ausschlüssen bestimmt wurde, deren Vornahme vom Gesetzgeber verantwortet werden muss (Urteil vom 17. Juni 2004 – 2 C 50.02 – juris insbesondere Rn. 17). Das Gesetz zielt nicht zuletzt auf die praktische Konkordanz zwischen der aus Art. 33 Abs. 5 GG geschuldeten Fürsorge und dem Gebot sparsamer Haushaltsführung.

Der Senat kann nur spekulieren, von welchen Überlegungen sich das Bundesverwaltungsgericht leiten ließ, als es seine neuartige Rechtsansicht zur gesetzlichen Unterlegung des Beurteilungswesens verkündete. Der Senat selbst sieht keine der in Rechtsprechung und Lehre entwickelten und diskutierten Fallgruppen für einschlägig und hält § 19 LBG zur Beurteilung von Beamtinnen und Beamten für genügend.

Wäre das anders zu sehen, müsste in einem Hauptsacheverfahren die Verfassungsrechtsprechung in einer konkreten Normenkontrolle mit der Angelegenheit befasst werden. Denn der brandenburgische Gesetzgeber hat mit § 19 Satz 1 LBG den Gesetzesbefehl erteilt, die Beamtinnen und Beamten dienstlich zu beurteilen („sind zu beurteilen“). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem obiter dictum der Sache nach erklärt, dem Gesetzesbefehl dürfe nicht gefolgt werden, solange sich der Gesetzgeber nicht ausführlicher äußere. Diese Entscheidung steht allein in der Kompetenz der Verfassungsgerichtsbarkeit (Art. 100 Abs. 1 GG, Art. 113 Nr. 3 LVerf). Die bereits judizierte Reaktion auf die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts, für einen Übergangszeitraum vorübergehend die bisherige Rechts- und Verwaltungsvorschriftenlage im Beurteilungswesen weiterhin anzuwenden, um dem Gesetzgeber Gelegenheit zu geben, das vom Bundesverwaltungsgericht aufgrund eines Wandels der Anschauung angenommene Regelungsdefizit in § 19 LBG zu schließen (vgl. dazu OVG Magdeburg, Beschluss vom 19. Januar 2021 – 1 M 143/20 – juris Rn. 22; VGH Kassel, Beschluss vom 25. Februar 2021 – 1 B 376/20 – juris Rn. 49 ff.), hätte einiges für sich (dazu grundsätzlich BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2019 – 1 WB 28.17 – juris Rn. 35 und spezieller BVerwG, Urteile vom 17. Juni 2004 – 2 C 50.02 – juris Rn. 20 und vom 12. September 2013 – 5 C 33.12 – juris Rn. 17 ff.), impliziert jedoch den Verfassungsverstoß. Der Senat kann einen Verfassungsverstoß des brandenburgischen Gesetzgebers nicht erkennen.

Ausgangspunkt der beim Bundesverwaltungsgericht vermissten Überlegungen ist die (nach § 31 Abs. 1 BVerfGG bindende, aber auch) überzeugende Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, dass staatliche Entscheidungen möglichst richtig, das heißt von den Organen getroffen werden sollen, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen. Dieses Ziel dürfe nicht durch einen Gewaltenmonismus in Form eines umfassenden Parlamentsvorbehalts unterlaufen werden (Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322, 1989/12 – juris Rn. 53). Die Antworten der Rechtswissenschaft erschließen sich im Beitrag von Hoffmann-Riem, AöR 130 (2005) S. 5 (50 ff.) und etwa auch bei Schulze-Fielitz in: Dreier, GG, Band II, 3. Aufl. 2015, Art. 20 Rn. 119 ff., siehe speziell zu dienstlichen Beurteilungen auch Bodanowitz in: Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, B II (Stand Oktober 2016 / Juli 2020) Rn. 137.

Für den Senat ergibt sich daraus in Bezug auf das öffentliche Dienstrecht Folgendes: Es bedarf einer parlamentsgesetzlichen Regelung des generellen Status der Beschäftigten. Das Parlament muss des Weiteren bei statusberührenden Regelungen ins Detail gehen, soweit es um Einschränkungen der subjektiven Rechte im Interesse praktischer Konkordanz geht (Beispiele: Altersgrenzen, dauerhafter Körperschmuck wie Tätowierungen, religiös konnotierte Bekleidung). Denn aus der parlamentarischen Leitentscheidung muss erkennbar und vorhersehbar sein, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 u.a. – juris Rn. 55; BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2020 – 2 C 13.19 – juris Rn. 11). Die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm muss der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird: Je erheblicher diese in die Rechtsstellung des Betroffenen eingreift, desto höhere Anforderungen müssen an den Bestimmtheitsgrad der Ermächtigung gestellt werden. Eine Ermächtigung darf nicht so unbestimmt sein, dass nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die auf Grund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 u.a. – juris Rn. 55). Das Bundesverfassungsgericht spricht damit die Intensität der Grundrechtsgefährdung an. Das Parlament unternimmt es im Rahmen der Funktionen, die Gesetze erfüllen können, Grundrechtsgefährdungen, wie sie von „freien“ Verwaltungshandlungen ausgehen können, zu reduzieren oder gar zu bannen.

Eine mit Beförderungsentscheidungen verbundene Gefahr besteht darin, dass die Verantwortlichen absichtlich keine an Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichtete Bestenauslese treffen, sondern eine Auslese aus leistungsfremden Motiven (einerseits persönliche Nähe, parteipolitische oder ähnliche Verbundenheit zur ausgewählten Person, andererseits eine Abwehrhaltung gegenüber der bestgeeigneten Person aus den verschiedensten Gründen) vornehmen wollen. Eine weitere Gefahr besteht darin, dass – ohne böse Absicht – die Feststellung von Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerberinnen und Bewerber defizitär ausfällt und zu falschen Ergebnissen führt. Gegen die erste Gefahr sind Vorkehrungen gegen Missbrauch nötig, vor dem zweiten Risiko schützen Sorgfalts- und Qualitätsstandards.

Die grundrechtliche Gefährdungslage ist den Beförderungsentscheidungen allerdings nicht als Interessengegensatz sachimmanent. Denn das objektive Interesse des Staates an der Bestenauslese und der Bewerbungsverfahrensanspruch der Beamtinnen und Beamten befinden sich im Gleichklang. Wie das Bundesverfassungsgericht betont, dient Art. 33 Abs. 2 GG zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes und trägt zum anderen dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet (Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 31). Ämterpatronage oder unsorgfältige Sachverhaltsermittlung in der Bestenauslese ist immer auch objektiv rechtswidrig und gegen das staatliche Eigeninteresse gerichtet. Ein Versagen der Auswahlverantwortlichen in der einen oder anderen Richtung ist möglich, aber nicht die Regel. Die rechtswidrig vorgehenden Akteure können sich nicht generell der Rückendeckung durch ihre Vorgesetzten sicher sein.

Betrachtet man die skizzierten Gefährdungen genauer, sind die Angriffe auf die Bestenauslese regelmäßig in der Festlegung der Einzelbewertungen und des Gesamturteils zu verorten. Die tatsächlichen Grundlagen für die Werturteile werden absichtlich ausgeblendet oder zu oberflächlich ermittelt. Die gewählten Werturteile werden ohne tragfähige oder ausreichende Tatsachengrundlage gesetzt. Die Verantwortlichen bemühen sich erst gar nicht um subjektive Wahrhaftigkeit oder Sorgfalt in der Bewertung. Im Manipulationsfall werden wider besseres Wissen unvermittelt Leistungssteigerungen oder Leistungseinbrüche bescheinigt. Bei langfristig planvollem Vorgehen kann sich die erwünschte ‚Leistungsentwicklung‘ allerdings auch unauffällig ergeben. Eine solche ungerechtfertigte Förderung von Günstlingen kann in den unterschiedlichsten Beurteilungssystemen betrieben werden (Bodanowitz in: Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, B IV [Stand Dezember 2019] Rn. 226).

Angesichts dessen hätte ein ‚Grundrechtsschutz durch Verfahren‘ (siehe im vorliegenden Kontext dazu Bodanowitz, a.a.O., B I [Stand Juli 2020] Rn. 88) den besten Effekt, wenn die in Art. 33 Abs. 2 GG als Maßstab genannten Merkmale der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung aufgefächert werden in möglichst genau definierte und umrissene Untermerkmale, deren Gewichtungen festgelegt werden und für die bestimmt wird, welche Sachverhalte in welcher Weise als Tatsachengrundlagen zu ermitteln und als nachprüfbare Belege zu dokumentieren sind. Des Weiteren könnte eine Mehrzahl von Beurteilenden die subjektiven Wahrnehmungen einzelner Personen einebnen und so durch intersubjektive Übereinstimmungen zur Objektivierung der dienstlichen Beurteilungen beitragen (siehe Bodanowitz, a.a.O., B IV [Stand Dezember 2019] Rn. 226). Zu regeln wäre dann aber auch, wie Meinungsverschiedenheiten der Beurteilenden und wie deren unterschiedliche Kenntnisse im Einzelfall von den tatsächlichen Grundlagen einer Beurteilung ausgeglichen werden.

Es liegt auf der Hand, dass dem Parlament die Anschauung aller Ämter in sämtlichen Laufbahnen fehlt, die zur sachgerechten Erstellung derart kleinteiliger Vorgaben notwendig wäre. Der Landtag hat dafür nach seiner Zusammensetzung und Funktion im genannten Sinne des Bundesverfassungsgerichts nicht die besten Voraussetzungen.

Das scheint das Bundesverwaltungsgericht nicht anders zu sehen. Denn es hält für ausreichend, wenn der nordrhein-westfälische Gesetzgeber ein System von Regelbeurteilungen, die Bildung eines abschließenden Gesamturteils und die Formulierung eines Vorschlags für die weitere dienstliche Verwendung des Beamten vorschreibt, außerdem die Aufnahme der Regelbeurteilung in die Personalakte des Beamten sowie die Möglichkeit des Beamten regelt, auf die Beurteilung Einfluss zu nehmen, und durch eine Laufbahnverordnung den regelmäßigen Rhythmus für die Regelbeurteilungen vorgibt (drei Jahre), die oberste Dienstbehörde zur Bestimmung der Stichtage ermächtigt, die Bildung von Vergleichsgruppen regelt und die Quoten für die Vergabe der besten und der zweitbesten Note festlegt (Urteil vom 17. September 2020 – 2 C 2.20 – juris Rn. 17). Dabei lässt es das Bundesverwaltungsgericht offen, ob diese Regelungen das Minimum dessen sind, was durch Gesetz geregelt werden müsse, oder ob es meint, selbst weniger Regelungen genügten immer noch dem Wesentlichkeitsgebot.

Jedenfalls sind die nordrhein-westfälischen Regelungen, so sinnvoll sie erscheinen, kaum in der Lage, die aufgezeigten Gefahrenquellen für eine Bestenauslese einzuhegen. Eine zur Gefahrenabwehr naheliegende und auch vom Gesetzgeber leicht vorzunehmende Anordnung zur Auswahl und Anzahl der Beurteilenden hält das Bundesverwaltungsgericht offenbar nicht für geboten.

Geht es dem Bundesverwaltungsgericht nicht um Grundrechtsschutz durch Verfahren, bliebe als Motiv eine Vorstellung von gelungenen Gesetzen. Vielleicht aber handelte der brandenburgische Gesetzgeber klug, als er sich mit § 19 LBG wortkarg zeigte. Anerkanntermaßen ist der Parlamentsvorbehalt in Bereichen mit hoher Ungewissheit und großem Flexibilitätsbedarf schwach ausgeprägt (BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1981 – 1 BvR 640/80 – juris Rn. 58; Hoffmann-Riem, AöR 130 [2005] S. 5 [51]). Die aus Art. 33 Abs. 2 GG entwickelte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist seit einigen Jahren durch einen steten Wandel und plötzliche Wendungen gekennzeichnet. Das führt auch der Antragsgegner ins Feld. Angesichts der Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts zum Dienstrecht in den letzten Jahren müssten die ausführlichen Gesetzgeber gewärtigen, dass ihre gestern noch verfassungsgemäß erscheinenden Normierungen heute in anderem Licht stünden. Das gibt auch der Antragsgegner zu bedenken.

Der jähe Wechsel zwischen dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Mai 2019 und seinen Entscheidungen vom 17. September sowie 21. Dezember 2020 ist bereits benannt. Ein weiteres Beispiel kann anhand der Absicht des brandenburgischen Gesetzgebers gezeigt werden, durch die Abschaffung der von ihm zuvor ausdrücklich verlangten regelmäßigen Beurteilungen die Verwaltung in die Lage zu versetzen, flexible Lösungen und bei Bedarf ein Anlassbeurteilungssystem zu ermöglichen (siehe VG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 20. Februar 2021 – 2 L 587/20 – juris Rn. 33). Ein solches System hatte das Bundesverwaltungsgericht früher nicht beanstandet, dann jedoch im Beschluss vom 30. Juni 2016 – 2 B 85.15 (2 C 18.16) – (juris) die Revision zugelassen zur Klärung der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Beurteilungssystem, das für auf Lebenszeit ernannte Richter im Grundsatz auf Regelbeurteilungen verzichte und lediglich Anlassbeurteilungen mit abhängig vom Einzelfall begrenzten Beurteilungszeiträumen vorsehe, den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genüge. Zur Klärung kam es in jenem Fall nicht. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Mai 2019 mag dann als Absage an die verfassungsrechtliche Notwendigkeit eines Regelbeurteilungssystems gedeutet werden (– 2 C 1.18 – juris Rn. 39), vielleicht auch noch dessen Beschluss vom 2. Juli 2020 – 2 A 6.19 – (juris Rn. 10). Nunmehr dekretiert das Bundesverwaltungsgericht kurzerhand, Regelbeurteilungen komme zur Durchsetzung von Art. 33 Abs. 2 GG entscheidende Bedeutung zu (Urteil vom 17. September 2020 – 2 C 2.20 – juris Rn. 15; Beschluss vom 21. Dezember 2020 – 2 B 63.20 – juris Rn. 21). Dem fügt das Gericht in beiden Entscheidungen einen Satz zur Begründung („Denn …“) an, der für ein verfassungsrechtlich gebotenes Regelbeurteilungssystem ebenso wenig hergibt wie die angeführten Belege der Verfassungsrechtsprechung. Hätte der brandenburgische Gesetzgeber in § 19 LBG ein Anlassbeurteilungssystem statuiert, wäre diese Bestimmung nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts durch das Urteil vom 17. September 2020 gleichsam über Nacht verfassungswidrig geworden.

Der Berliner Gesetzgeber hatte sich anders verhalten und mit seinem Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz (vom 17. Mai 1999 in der Fassung vom 21. Dezember 2005) eine ausführliche Programmierung von Auswahlverfahren in Kraft gesetzt, wozu dienstliche Beurteilungen auf der Grundlage von aufgabenbezogenen Anforderungsprofilen gehörten (§ 6 Abs. 3 VGG). Der Gesetzgeber konnte sich seinerzeit und noch aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2011 – 2 C 19.10 – (juris Rn. 30) sicher wähnen, eine verfassungsfeste Konkretisierung der Bestenauslese vorgenommen zu haben. Doch schon im Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 – (juris Rn. 22 ff.; seine abweichende Ansicht bekräftigend: BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 32, 36 Satz 3 mit Distanzierung vom Bundesverwaltungsgericht) hat das Bundesverwaltungsgericht seine bisherige Rechtsprechung umgestoßen. Im Ergebnis erklärte es die Berliner Regelung für verfassungswidrig, ohne die Bestimmung überhaupt zu beachten. Der Berliner Gesetzgeber hat sein Gesetz aufgehoben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat aus Art. 33 Abs. 2 GG Vorgaben für dienstliche Beurteilungen entwickelt, die in dem von ihm neuerdings für wesentlich gehaltenen Bereich den Gesetzgebern kaum Möglichkeiten zur relevanten Gestaltung belassen. Der Parlamentsvorbehalt hätte die Folge, dass die Gesetzgeber die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu kodifizieren sowie spätere Meinungsumschwünge nachzuzeichnen hätten. Mit Blick auf die bereits dargestellte Aufgabenverteilung nach Funktionsgerechtigkeit im Sinne des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 21. April 2015 – 2 BvR 1322, 1989/12 – juris Rn. 53) agiert das Bundesverwaltungsgericht widersprüchlich. Alles, was es unschwer und zwingend aus Art. 33 Abs. 2 GG herleitet, ist der Gestaltungsmacht der Gesetzgeber entzogen. Der Gesetzgeber ist kein Notar des Bundesverwaltungsgerichts.

Der Antragsteller wendet sich noch mit zwei weiteren Gründen gegen den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts. Er legt auch insoweit entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht dar, warum deshalb die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben sei, und setzt sich mit der angefochtenen Entscheidung nicht auseinander.

Zum einen vermisst er in der Sachverhaltsdarstellung des Verwaltungsgerichts die Erwähnung seiner Replik vom 15. Februar 2021 auf die Stellungnahme von Kriminaloberrat R... . Das Verwaltungsgericht hat in Teil I der Gründe auf dessen Stellungnahmen ohne inhaltliche Auswertung Bezug genommen. Der Antragsteller zeigt mit diesem Vorbringen keinen Rechtsfehler des Verwaltungsgerichts auf. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist nach § 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO zu begründen. Die Begründung von Beschlüssen muss im Unterschied zur Begründung von Urteilen (§ 117 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO) keinen Tatbestand enthalten (siehe den fehlenden Verweis auf § 177 VwGO in § 122 Abs. 1 VwGO sowie Kilian/Hissnauer in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 122 Rn. 16). Demgemäß ist es zulässig, dass Beschlüsse einen vollständigen Tatbestand enthalten oder nur einen verkürzten Tatbestand zur besseren Orientierung beim Lesen der tragenden Erwägungen. Das Gericht darf auch – wie der Senat in diesem Beschluss – auf einen Tatbestandsteil ganz verzichten.

Der Antragsteller meint zum andern, dass Verwaltungsvorschriften als Willenserklärungen auslegungsbedürftig seien. Das Verwaltungsgericht hätte die Behörde nicht wie ein Gesetz auslegen dürfen und stattdessen den Willen der Behörde erforschen müssen. Der Antragsteller zeigt nicht auf, an welcher Stelle des 19-seitigen Beschlusses dem Verwaltungsgericht dieser angebliche Fehler unterlaufen sein soll und bei welcher Regelung sich die behördliche Willensentscheidung oder Praxis von der Richtlinie entscheidungserheblich entfernt hätte, geschweige denn, was sich daraus zum Vorteil des Antragstellers ergäbe.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).