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Entscheidung 5 W 40/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Zivilsenat Entscheidungsdatum 06.05.2021
Aktenzeichen 5 W 40/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:0506.5W40.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 vom 12. April 2021 und die Beschwerde des Beteiligten zu 2 vom 4. Mai 2021 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg – Grundbuchamt – vom 22. März 2021, Az.: Grundbuch von …Blatt …, werden zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.600,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten wenden sich gegen eine vom Grundbuchamt abgelehnte Eigentumsumschreibung.

Als Eigentümer des im verfahrensgegenständlichen Grundbuch unter der laufenden Nr. 64 des Bestandsverzeichnisses gebuchten Grundstücks (Flurstücke 486-489 und 635-639 der Flur 10) sind „Die Anlieger“ eingetragen.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2021 beantragte Notar T… J… im Namen der Beteiligten, im Grundbuch das Eigentum bezüglich der Flurstücke 636 bis 638 der Flur 10 auf den Beteiligten zu 2 umzuschreiben. Er überreichte hierfür die Ausfertigung einer notariellen Urkunde vom 17. Dezember 2020 (UR-Nr. …/… des Notars J… in B…). In dieser erklärte der Vertreter der Beteiligten zu 1 für diese, gemäß Art. 233 § 10 EGBGB als Vertreterin des Personenzusammenschlusses „Die Anlieger“ zu handeln und in dieser Eigenschaft dem Beteiligten zu 2 die Flurstücke 636 bis 638 der Flur 10 zu einem Preis von 4.600,00 € zu verkaufen. Zudem erklärten die Beteiligten in diesem Vertrag die Auflassung bezüglich der vorgenannten Flurstücke und bewilligten und beantragten die Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch (Bl. 232 ff. d.A.).

Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag mit Beschluss vom 22. März 2021 (Bl. 245 f. d.A.) mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Beteiligten zu 1 nicht verfügungsbefugt sei, da der als „Die Anlieger“ bezeichnete Personenzusammenschluss alten Rechts durch § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Auflösung der Gemeinschaften der Separations-interessenten vom 11. Mai 1951 in Brandenburg aufgelöst worden seien, weswegen die Vorschrift des Art. 233 § 10 Abs. 1 EGBGB in Brandenburg keine Anwendung finde. Das Eigentum sei nach Abschaffung der Gemeinden als Rechtssubjekte in Volkseigentum übergegangen. Die Zuordnung des ehemaligen Volkseigentums müsse daher erst nach Maßgabe des Vermögenszuordnungsgesetzes durchgeführt werden und zur Grundbucheintragung ein behördlicher Bescheid herbeigeführt werden.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1 mit ihrer Beschwerde vom 12. April 2021, mit der sie geltend macht, das Grundbuchamt missachte die Richtigkeitsvermutung des § 891 BGB. Gemäß den Eintragungen im Grundbuch müsse davon ausgegangen werden, dass „Die Anlieger“ Eigentümer seien und sie selbst zur Verfügung berechtigt sei. Das Grundbuchamt habe die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht zu prüfen, da das Grundbuch vom Zeitpunkt der Antragstellung an, dem redlichen Erwerber gegenüber nach der Regelung in § 892 Abs. 2 BGB als richtig gelte. Im Übrigen habe das Grundbuchamt in vorherigen Fällen derartige Zweifel nicht gehabt, sondern sogar mit Schreiben vom 28. Februar 2018 darauf hingewiesen, dass es sich bei der Eintragung „Die Anlieger“ um die Eintragung eines Personenzusammenschlusses alten Rechts im Sinne Art. 233 § 10 Abs. 1 EGBGB handele.

Im Übrigen könne durch die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben eine Vermögenszuordnung nicht mehr erfolgen, da diese ihre operative Arbeit bereits eingestellt habe.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13. April 2021 nicht abgeholfen und ergänzend ausgeführt, es habe nicht die Grundbuchunrichtigkeit, sondern die Verfügungsbefugnis der Beteiligten geprüft.

Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2021 hat sich der Beteiligte zu 2 der Beschwerde der Beteiligten zu 1 angeschlossen und sich ebenfalls auf einen gutgläubigen Erwerb berufen.

II.

Die nach §§ 71 Abs. 1, 73 GBO zulässigen Beschwerden sind unbegründet. Das Grundbuchamt hat den Eintragungsantrag zu Recht zurückgewiesen.

1. Die Beteiligte zu 1 ist zur Verfügung über das (Teil-)Grundstück nicht befugt.

a) Nach Art. 233 § 10 Abs. 1 und 2 EGBGB ist zwar die Gemeinde, in der das Grundstück liegt, zur Verfügung über das Grundstück befugt, wenn es einem Personenzusammenschluss zusteht, dessen Mitglieder nicht namentlich im Grundbuch aufgeführt sind. Durch § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Auflösung der Gemeinschaften der Separationsinteressenten vom 11. Mai 1951 (BbgGVBl. 1951, 8) wurden aber alle von alters her bestehenden Gemeinschaften der Separationsinteressenten in Brandenburg aufgelöst (BVerwGE 126, 114, juris Rn. 12 ff.; ZOV 2008, 108, juris Rn. 11).

Infolgedessen existiert der im Grundbuch eingetragene Personenzusammenschluss „Die Anlieger“ nicht mehr. Da kein Personenzusammenschluss vorliegt, ist der Anwendungsbereich des Art. 233 § 10 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB hier, ebenso wie bei anderen noch im Grundbuch eingetragenen von alters her vor dem 11. Mai 1951 bestehenden Gemeinschaften, nicht eröffnet (vgl. Senat, Beschluss vom 3. März 2014 – 5 W 3/14; Beschluss vom 13. Februar 2012 – 5 Wx 115/11; vgl. auch BVerwG, ZOV 2008, 108, juris Rn. 15).

Anders, als die Beteiligten meinen, ist auch nicht nach § 891 BGB zu vermuten, dass dieser Personenzusammenschluss (noch) existiert. Denn die Vermutung des § 891 BGB erstreckt sich nicht auf die Existenz einer Person (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. Juni 2003 – 20 W 274/02 –, Rn. 11, juris, mit umfangreichen Nachweisen; Toussaint in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 891 BGB (Stand: 01.07.2020), Rn. 27).

b) Auch aus anderen Gründen ergibt sich die Möglichkeit einer Verfügung der Beteiligten zu 1 über das (Teil-)Grundstück nicht.

Das Gemeinschaftsvermögen ging mit der Auflösung der altrechtlichen Personenzusammenschlüsse zwar zunächst auf die Belegenheitsgemeinden über (§ 2 des Gesetzes vom 11. Mai 1951). Doch sind die Gemeinden ihrerseits mit sog. Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der Deutschen Demokratischen Republik vom 23. Juli 1957 (GBl. 613 f.) sowie dem Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 18. Januar 1957 (GBl. 65) als Rechtssubjekte abgeschafft worden. Die Gemeinden wurden in Gestalt ihrer Räte zu Organen des Zentralstaats, mit der Folge, dass das Gemeindeeigentum in Volkseigentum überging (vgl. Senat, Beschluss vom 3. März 2014 – 5 W 3/14).

c) Das die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben ihre operative Arbeit eingestellt hat, führt bereits deswegen zu keiner anderen Bewertung, weil ihre Arbeit von Nachfolgeorganisationen übernommen worden ist.

2.

Die Kostenfolge ergibt sich hinsichtlich der Gerichtskosten aus dem Gesetz (§ 22 Abs. 1 GNotKG, Nr. 14510 Unterabschnitt 1, Abschnitt 5, Hauptabschnitt 4 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG); eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.

3.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 79 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 1 i.V.m. 46 Abs. 1 GNotKG und entspricht dem sich aus dem Kaufpreis ermittelten Wert des Grundstücks.