Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat | Entscheidungsdatum | 17.05.2021 | |
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Aktenzeichen | OVG 6 A 4/20 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2021:0517.OVG6A4.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 34 Abs 1 BauO BB, § 2 Abs 2 BauO BB, § 43 Abs 2 VwGO, § 34 Abs 4 BauO BB, § 32 Abs 1 BauO BB, § 32 Abs 2 BauO BB, § 32 Abs 4 BauO BB, § 32 Abs 7 BauO BB |
Zum Anspruch auf Schallschutzvorkehrungen für einen abweichend von der Baugenehmigung errichteten, zu Wohnzwecken genutzten Wintergarten, der nicht über eine harte Bedachung verfügt (Bedachung aus dem lichtdurchlässigen Baustoff Makrolon).
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks A... in 1... Blankenfelde-Mahlow, das in dem für den Flughafen Berlin-Brandenburg festgesetzten Tag- und Nachtschutzgebiet liegt. Das Grundstück ist mit einem ca. 1936 errichteten Einfamilienhaus bebaut.
Auf seinen auf Erstattung der Aufwendungen für Schallschutz gerichteten Antrag hat die Beklagte für das Grundstück einen schallschutzbezogenen Verkehrswert von 189.000 EUR ermittelt. Den Aufwand für Schallschutzeinrichtungen für die schützenswerten Aufenthaltsräume des Einfamilienhauses bemaß die Beklagte nach schalltechnischer Objektbeurteilung vom 2. April 2020 mit 33.426,45 EUR.
Zur Begründung seiner daraufhin erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass ihm zusätzlich ein Anspruch auf Schallschutz für den im Jahr 1997 an das Wohnhaus angebauten Wintergarten zustehe, der dauerhaft zum Wohnen genutzt werde. Entgegen der Auffassung der Beklagten erfüllte der Wintergarten die bauordnungsrechtlichen Brandschutzanforderungen an die Bedachung. Bei Berücksichtigung des Wintergartens betrage der Aufwand für Schallschutzeinrichtungen insgesamt mehr als 30 % des schallschutzbezogenen Verkehrswertes, so dass ihm ein Anspruch auf Entschädigungsleistung zustehe.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 56.700,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, die außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.706,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Rechtsschutzversicherung des Klägers, die R... zu zahlen,
3. hilfsweise festzustellen, dass für sein Objekt in der A...in 1... Blankenfelde-Mahlow eine neue schalltechnische Objektbeurteilung zu erstellen ist, welche unter Umsetzung des Schallschutzkonzeptes nach den planfestgestellten Lärmschutzauflagen in Teil A II Ziffer 5.1.2 und Ziffer 5.1.3 des Planfeststellungsbeschlusses in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses den an sein Objekt angebauten Wintergarten berücksichtigt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei unbegründet, da die Nutzung des Wintergartens zu Wohnzwecken formell und materiell illegal sei.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte verwiesen, die Gegentand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen ist.
Die Sache konnte durch den Berichterstatter als Einzelrichter verhandelt und entschieden werden, weil die Beteiligten ihr schriftliches Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO).
I. Die Klage hat mit ihrem Hauptantrag zu 1. keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte Entschädigungszahlung in Höhe von 56.700,00 EUR.
1. Anspruchsgrundlage für das Zahlungsbegehren des Klägers ist der Planfeststellungsbeschluss „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 13. August 2004 in Verbindung mit dem Planergänzungsbeschluss „Lärmschutzkonzept BBI“ zum Vorhaben „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 20. Oktober 2009 (im Folgenden: PFB).
Gemäß der Lärmschutzauflage in Teil A II Ziffer 5.1.2 PFB (S. 105 f.) sind für Wohnräume, Büroräume, Praxisräume und sonstige nicht nur vorübergehend betrieblich genutzte Räume in der Umgebung des Flughafens geeignete Schallschutzvorrichtungen vorzusehen. Die Vorrichtungen haben am Tag zu gewährleisten, dass durch die An- und Abflüge am Flughafen im Rauminnern bei geschlossenen Fenstern keine höheren A-bewerteten Maximalpegel als 55 dB(A) auftreten. Innerhalb des Tagschutzgebietes haben die Träger des Vorhabens auf Antrag des Eigentümers eines Grundstücks, das am 15.05.2000 bebaut oder bebaubar war, für geeignete Schallschutzvorrichtungen an den Räumen Sorge zu tragen. Die Schutzauflage gibt demnach das Schutzniveau vor, das der Einhaltung des Schutzziels – dem Kommunikationsschutz am Tag – dient.
Nach der Lärmschutzauflage in Teil A II Ziffer 5.1.7 Nr. 2 PFB (S. 108) hat der Betroffene gegenüber der Vorhabenträgerin einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 30 % des Verkehrswertes, soweit die Kosten für Schallschutzeinrichtungen im Sinne der Auflagen 5.1.2 und 5.1.3 30 % des Verkehrswertes von Grundstück und Gebäuden mit zu schützenden Räumen überschreiten und damit außer Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck stehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die Maßnahmen, die zur schallschutztechnischen Ertüchtigung der mehreren anspruchsberechtigten Aufenthaltsräume in dem klägerischen Einfamilienhaus erforderlich sind, um die planfestgestellten Lärmschutzziele zu erreichen, erfordern mit Kosten in Höhe von 33.426,45 EUR einen finanziellen Aufwand, der deutlich unter der sich bei 56.700 EUR befindenden Kappungsgrenze von 30 % des maßgeblichen Verkehrswertes liegt.
2. Die Beklagte lehnt zu Recht eine Anspruchsberechtigung auf Schallschutz für den Wintergarten ab. Bei dem Wintergarten handelt es sich nach zutreffender Einschätzung der Beklagten nicht um einen schützenswerten Wohnraum im Sinne der Schallschutzauflage in Teil A II Ziffer 5.1.2 PFB (Tagschutz).
a) Nach der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zählen zu den Wohnräumen alle Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind und die am 15.05.2000 in bereits errichteten Gebäuden liegen oder auf zu diesem Zeitpunkt bebaubaren Grundstücken in Gebäuden errichtet werden. Der genannte Stichtag 15.05.2000 wurde im Hinblick auf das Datum des Beginns der ersten Auslegung der Planfeststellungsunterlagen festgelegt. Ab diesem Zeitpunkt konnte jeder Betroffene die Auswirkungen des Vorhabens erkennen (Teil C Ziffer 10.1.8.3.1 PFB S. 655 f.).
Zwar dient der Wintergarten nach seiner tatsächlichen Nutzung unstreitig dem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen und ist im Jahr 1997 als Anbau zu dem bereits ca. 1936 erbauten Wohnhaus und damit auf einem am Stichtag 15.05.2000 bebaubaren Grundstück errichtet worden.
b) Die Beklagte kann sich jedoch mit Erfolg darauf berufen, dass dem Wintergarten die objektive Eignung für eine Wohnnutzung fehlt, da der Wintergarten im Jahr 1997 nicht für eine Nutzung zu Wohnzwecken genehmigt worden ist und eine solche weder nach damaligen noch nach aktuellem Bauordnungsrecht genehmigungsfähig wäre.
aa) Nach Teil A II Ziffer 5.1.7 Nr. 7 PFB (S. 109) entfällt die Verpflichtung zur Erfüllung der Lärmschutzauflagen, soweit das betroffene Gebäude zum Abriss bestimmt ist oder nur vorübergehend für die entsprechenden Zwecke genutzt wird oder das Grundstück zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr bebaubar und nicht mit einem rechtmäßig errichteten Gebäude bebaut ist.
Ob ein Gebäude rechtmäßig errichtet ist, richtet sich zunächst nach dem Inhalt der Baugenehmigung bzw. den dieser zugrunde liegenden Angaben in den Bauvorlagen. Dem entspricht die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zum Tagschutz, wonach bei Gebäuden, die ohne die erforderliche Baugenehmigung und auch materiell baurechtswidrig errichtet wurden oder genutzt werden, kein Anspruch auf Durchführung von Schallschutzmaßnahmen oder Kostenerstattung besteht (Teil C Ziffer 10.1.8.3.1 PFB S. 656). Soweit die Schutzauflagen ihrem jeweiligen Schutzzweck entsprechend (tags: Kommunikationsschutz, nachts: Nachtruhe) auf einzelne Räume bezogen sind, die in der Nebenbestimmung der Teil A II Ziffer 5.1.7 Nr. 7 PFB enthaltene Regelung jedoch auf das gesamte Gebäude abstellt, dürfte dies dem Umstand geschuldet sein, dass eine Baugenehmigung in der Regel für das gesamte Gebäude erteilt wird. Die Regelung in Teil A II Ziffer 5.1.7 Nr. 7 PFB nimmt damit nicht nur Schwarzbauten insgesamt, sondern auch im Widerspruch zu bauordnungsrechtlichen Vorgaben errichtete und nicht genehmigte bzw. nicht genehmigungsfähige Räume aus der Verpflichtung der Vorhabenträgerin zur schalltechnischen Ertüchtigung aus.
bb) Die für die Errichtung des Wintergartens erteilte Baugenehmigung vom 7. Oktober 1997 umfasst nicht die Nutzung zu Wohnzwecken. Die Baugenehmigung ist vielmehr auf einen typischen Wintergarten gerichtet, der baulich und funktionell von dem Wohnhaus abgetrennt ist und somit einer eigenständigen Nutzung dient. So verfügt der Wintergarten dem Positionsplan/Grundriss aus den Bauvorlagen zufolge weder über einen direkten Zugang von dem Wohnhaus aus noch ist eine Heizung vorgesehen. Der Zugang ist ausschließlich über die angrenzende Terrasse durch eine Schiebetür genehmigt. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch aus dem vorgelegten Bescheid des Finanzamts vom 8. September 1998 über eine Eigenheimzulage ab 1998 nicht, dass eine Wohnnutzung genehmigt worden ist, zumal das Finanzamt eine bauordnungsrechtliche Prüfung nicht vornimmt.
cc) Der unstreitig abweichend von der Baugenehmigung vom 7. Oktober 1997 mit einem offenen Durchbruch zum Wohnhaus und einer Heizung und damit formell illegal errichtete Wintergarten ist auch weder nach dem im Jahr 1997 geltenden noch nach dem aktuellen Bauordnungsrecht für eine Wohnnutzung genehmigungsfähig, da die vorhandene Dachhaut nicht den bauordnungsrechtlichen Brandschutzanforderungen genügt.
(1) Nach § 34 Abs. 1 der im Zeitpunkt der Errichtung des Wintergartens geltenden Brandenburgischen Bauordnung von 1994 (GVBl I S. 126) muss die Dachhaut gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähig sein (harte Bedachung).
Die Bedachung des hier in Rede stehenden Wintergartens besteht unstreitig aus dem lichtdurchlässigen Baustoff Makrolon, der mangels Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme für eine Wohnraumnutzung grundsätzlich nicht geeignet ist und daher keine harte Bedachung darstellt. Bedachungen aus dem Baustoff Makrolon zählen nach der DIN 4102 Teil 4 nicht zu den ohne Nachweis gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähigen harten Bedachungen (vgl. im Einzelnen Böhme in Jäde/Dirnberger/Reimus, Bauordnung Brandenburg, § 32 Rn. 9). Dem entsprechen die von der Beklagten vorgelegten Schreiben des Brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft vom 3. April 2012 und vom 9. September 2013, wonach Makrolon für eine Wohnraumüberdachung nicht geeignet und auch nicht genehmigt sei. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegen getreten. Soweit er geltend macht, dass die Baugenehmigung vom 7. Oktober 1997 die Dachdeckung aus Makrolon genehmigt habe, lässt er unberücksichtigt, dass der Wintergarten – wie oben ausgeführt – nicht für eine Wohnnutzung genehmigt worden ist. Die vorhandene Bedachung ist auch nicht ausnahmsweise als sog. weiche Bedachung nach § 34 Abs. 4 BbgBO 1994 zulässig gewesen. Dies setzt voraus, dass das Gebäude einen Abstand von der Grundstücksgrenze von mindestens 12 m (Nr. 1), von Gebäuden auf demselben Grundstück mit harter Bedachung einen Abstand von mindestens 15 m (Nr. 2), von Gebäuden auf demselben Grundstück mit weicher Bedachung einen Abstand von mindestens 24 m (Nr. 3) und von kleinen, nur zu Nebenzwecken dienenden Gebäuden ohne Feuerstätten auf demselben Grundstück einen Abstand von mindestens 5 m (Nr. 4) aufweist. Dies ist nach übereinstimmender Auffassung der Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht der Fall.
(2) Die vorhandene Bedachung des Wintergartens ist auch nicht nach § 32 BbgBO in der aktuell geltenden Fassung genehmigungsfähig.
(a) Die aus dem Baustoff Makrolon bestehende Bedachung stellt aus den oben genannten Gründen keine harte Bedachung im Sinne von § 32 Abs. 1 BbgBO dar.
(b) Die Bedachung ist auch nicht nach § 32 Abs. 2 BbgBO genehmigungsfähig. Nach § 32 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BbgBO sind Bedachungen, die die Anforderungen nach Absatz 1 nicht erfüllen, bei Wohngebäuden der Gebäudeklasse 1, zu der das klägerische Einfamilienhaus zählt, zulässig, wenn die Gebäude einen Abstand von der Grundstücksgrenze von mindestens 6 Meter (Nr. 1), von Gebäuden auf demselben Grundstück mit harter Bedachung einen Abstand von mindestens 9 Meter (Nr. 2), bei Gebäuden auf demselben Grundstück mit Bedachungen, die die Anforderungen nach Absatz 1 nicht erfüllen, einen Abstand von mindestens 12 Meter (Nr. 3) und bei Gebäuden auf demselben Grundstück ohne Aufenthaltsräume und ohne Feuerstätten mit nicht mehr als 50 Kubikmeter Brutto-Rauminhalt einen Abstand von mindestens 5 Meter (Nr. 4) einhalten.
(aa) Bei dem Wintergarten dürfte es sich bereits nicht um ein Gebäude im Sinne der §§ 32 Abs. 2, 2 Abs. 2 BbgBO handeln. Nach § 2 Abs. 2 BbgBO sind Gebäude selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Die selbstständige Benutzbarkeit setzt voraus, dass die bauliche Anlage ihre Funktion unabhängig von anderen baulichen Anlagen erfüllen kann, was insbesondere einen eigenen Eingang erfordert (vgl. Otto, Brandenburgische Bauordnung 2016, 4. Aufl., § 2 Rn. 57). Zwar verfügt der hier in Rede stehende Wintergarten über eine auf die Terrasse führende Schiebetür. Bei dieser dürfte es sich jedoch nicht um einen für eine selbstständige Benutzbarkeit der baulichen Anlage sprechenden eigenen Eingang handeln, da der Wintergarten vor allem durch den – in Abweichung von der Baugenehmigung hergestellten – offenen Durchgang zu dem Wohnzimmer des Einfamilienhauses zugänglich ist. Dies legt es nahe, den Wintergarten nicht als typischen Wintergarten, sondern als erweiterten Wohnraum zu betrachten, wobei die Schiebetür den rückwärtigen Gartenzugang des Hauses darstellt. Der Annahme einer selbstständigen Benutzbarkeit steht zudem der Umstand entgegen, dass aufgrund des Durchbruchs zwischen dem Wohnzimmer des Haupthauses und dem angebauten Wintergarten in dem gesamten Wohnbereich ein Ausgleich der Raumtemperatur stattfinden dürfte. Die Frage, ob der Wintergarten ein selbstständig benutzbares Gebäude oder aber eine Gebäudeeinheit mit dem Einfamilienhaus darstellt, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, da bei beiden Betrachtungsweisen jedenfalls die nach § 32 Abs. 2 BbgBO notwendigen Abstände nicht eingehalten werden. Bei der Ermittlung der geforderten Abstände ist das Gebäude mit der Gesamtheit seiner Gebäudeteile in die Betrachtung einzubeziehen, d.h. regelmäßig gilt der nächstgelegene Gebäudeteil als maßgeblicher Bezugspunkt (vgl. Böhme, a.a.O., § 32 Rn. 13).
(bb) Nimmt man an, der Wintergarten stelle ein selbstständiges Gebäude dar, wäre der geforderte Abstand von 9 Metern zu dem Einfamilienhaus als Gebäude mit harter Bedachung nicht gewahrt (§ 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 2 BbgBO). Soweit die Garage ein Gebäude im Sinne des § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BbgBO darstellen sollte, also keine Feuerstätten und nicht mehr als 50 Kubikmeter Rauminhalt aufweist, wäre zudem der notwendige Abstand von 5 Metern nicht eingehalten (§ 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BbgBO), da der Wintergarten direkt an die zur Grundstücksgrenze hin stehende Garage angebaut ist und mit dieser eine gemeinsame Außenwand besitzt.
Ginge man hingegen davon aus, der Wintergarten bilde mit dem Einfamilienhaus ein einheitliches Gebäude, wäre der Abstand von 5 Metern zu der Garage aus den zuvor genannten Gründen ebenfalls nicht gewahrt. Sollte es sich bei der Garage um ein Gebäude im Sinne des § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 BbgBO handeln, wären die für diese Gebäude vorgeschriebenen Abstände von 9 bzw. 12 Metern nicht eingehalten. Sollte die Garage kein selbstständig benutzbares Gebäude, sondern ebenfalls ein Gebäudeteil des Einfamilienhauses darstellen, wäre der notwendige Abstand zur Grundstückgrenze von 6 m (§ 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 Nr. 1 BbgBO) nicht eingehalten, da die Garage – soweit ersichtlich – in unmittelbarer Nähe der Grundstücksgrenze steht.
Nach allem bedurfte es keiner näheren Betrachtung, ob der nach § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 Nr. 1 BbgBO notwendige Abstand des Wintergartens als selbstständiges Gebäude oder als Teil des Einfamilienhaus von der Grundstücksgrenze von 6 m (gemessen von der Außenwand des Wintergartens oder von der garagenseitigen Außenwand des Einfamilienhauses) gewahrt ist. Im Übrigen hätte es dem Kläger oblegen, dies – etwa durch Einreichung eines maßstabsgerechten Lageplans der hier in Rede stehenden baulichen Anlagen auf dem Grundstück – nachzuweisen.
(c) Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf § 32 Abs. 4 BbgBO berufen, wonach abweichend von den Absätzen 1 und 2 lichtdurchlässige Teilflächen aus brennbaren Baustoffen in Bedachungen nach Absatz 1 zulässig sind, wenn eine Brandentstehung bei einer Brandbeanspruchung von außen durch Flugfeuer und strahlende Wärme nicht zu befürchten ist oder Vorkehrungen hiergegen getroffen werden.
(aa) Wann eine Brandbeanspruchung von außen nicht zu befürchten ist oder welche Vorkehrungen hiergegen zu treffen sind, wird für lichtdurchlässige Flächen in der Liste der Technischen Baubestimmungen zur DIN 4102 Teil 4 konkretisiert. Danach sind in harten Bedachungen lichtdurchlässige Teilflächen aus brennbaren Baustoffen zulässig, wenn die Summe der Teilflächen höchstens 30 Prozent der Dachfläche beträgt, die Teilflächen einen Abstand von mindestens 5 m zu Brandwänden unmittelbar angrenzender höherer Gebäude oder Gebäudeteile aufweisen und die Teilflächen als Lichtbänder höchstens 2 m breit und maximal 20 m lang sind, untereinander und zu den Dachrändern einen Abstand von mindestens 2 m haben oder als Lichtkuppeln eine Fläche von nicht mehr als 6 m², untereinander und von den Dachrändern einen Abstand von mindestens 1 m und von Lichtbändern aus brennbaren Baustoffen einen Abstand von 2 m haben (vgl. Böhme, a.a.O., § 32 Rn. 18; siehe auch Plum / Koch in: Gädtke / Johlen, Wenzel / Hanne / Kaiser / Koch / Plum, BauO NRW, 13. Aufl., § 32 Rn. 17).
(bb) Sollte der Wintergarten ein selbstständiges Gebäude darstellen (s.o.), läge bereits keine lichtdurchlässige Teilfläche aus brennbaren Baustoffen vor, da die Bedachung des Wintergartens vollständig aus dem Baustoff Makrolon besteht.
Soweit der Wintergarten mit dem Einfamilienhaus ein einheitliches Gebäude bilden sollte, kann dahinstehen, ob es sich bei der lichtdurchlässigen Bedachung des Anbaus um eine Teilfläche aus brennbaren Baustoffen in einer harten Bedachung handelt und ob die Summe der Teilflächen höchstens 30 Prozent der gesamten Dachfläche beträgt. Maßgeblich ist, dass die Teilfläche jedenfalls den notwendigen Abstand von mindestens 5 m zu der Brandwand des unmittelbar angrenzenden Einfamilienhauses nicht einhält. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Lichtbänder höchstens 2 m breit sind und von den Dachrändern einen Abstand von mindestens 1 m aufweisen. Dem ist der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten.
(d) Soweit der Kläger sich auf § 32 Abs. 7 Satz 2 BbgBO beruft, lässt er unberücksichtigt, dass sich diese für Anbauten an Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 geltende Ausnahmevorschrift auf die in § 32 Abs. 7 Satz 1 BbgBO geregelten Anforderungen an Dächer von Anbauten bezieht, die der Widerstandsfähigkeit des Daches gegen eine Brandbeanspruchung von innen nach außen und damit einem anderen Schutzzweck als die harte Bedachung nach § 32 Abs. 1 BbgBO dienen (vgl. Böhme, a.a.O., § 32 Rn. 26). Die Vorschrift des § 32 Abs. 7 Satz 2 BbgBO stellt keine weitere Ausnahmeregelung zu § 32 Abs. 1 BbgBO dar.
dd) Nach allem ist eine Wohnnutzung des Wintergartens nicht genehmigungsfähig. Der Wintergarten ist somit kein anspruchsberechtigter Wohnraum im Sinne der planfestgestellten Lärmschutzauflage für den Tagschutz. Die von der Beklagten für die Aufenthaltsräume in dem Einfamilienhaus ermittelten Kosten für Schallschutzvorkehrungen in Höhe von 33.426,45 EUR, die der Kläger nicht in Frage gestellt hat, erreichen nicht die Kappungsgrenze von 30 % des Verkehrswertes von 189.000 EUR, so dass der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht besteht.
II. Das mit dem Antrag zu 2. verfolgte Klageziel hat keinen Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.706,94 EUR an seine Rechtsschutzversicherung.
Zum Einen ist die Klage bereits unzulässig, weil der Kläger den Erstattungsanspruch nicht aus eigenem Recht und in eigenem Namen geltend macht, sondern in Prozessstandschaft seiner Rechtsschutzversicherung, die er nicht nachgewiesen hat. Zum Anderen ist sie auch unbegründet. Der Anspruch lässt sich - ungeachtet der Frage, wer ihn gerichtlich geltend macht - schon deshalb nicht gemäß § 280 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB als Verzugsschaden geltend machen, weil die Beklagte nicht dazu verpflichtet ist, die mit der Klage begehrte Entschädigung zu leisten.
III. Auch der Hilfsantrag muss erfolglos bleiben. Er ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGO mit Blick auf die Subsidiarität der Feststellungsklage unzulässig, weil das auf Erstellung einer neuen schalltechnischen Objektbeurteilung unter Berücksichtigung des Wintergartens gerichtete Begehren durch Leistungsklage erreicht werden kann. Die Klage ist zudem unbegründet, weil die von der Beklagten zugrunde gelegte schalltechnische Objektbeurteilung vom 2. April 2020 aus den unter I. dargelegten Gründen nicht zu beanstanden ist.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO nicht vorliegen.