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Entscheidung 6 W 4/21, 6 U 2/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 25.05.2021
Aktenzeichen 6 W 4/21, 6 U 2/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:0525.6W4.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug und in Abänderung der landgerichtlichen Wertfestsetzung auch der Streitwert erster Instanz werden auf 9.000 € festgesetzt.

Auf die Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam vom 22.12.2020 abgeändert und der Antrag des Verfügungsbeklagten auf Streitwertbegünstigung zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Verfügungskläger nimmt den Verfügungsbeklagten im Wege einstweiliger Verfügung nach den Vorschriften des UWG auf Unterlassung vorgeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens in Anspruch. Das Landgericht hat mit dem am 24.11.2020 verkündeten Urteil den Verfügungsantrag zurückgewiesen und den Streitwert auf 30.000 € festgesetzt. Mit der Berufung verfolgt der Verfügungskläger den Verfügungsantrag weiter.

Auf Antrag des Verfügungsbeklagten hat das Landgericht mit Beschluss vom 22.12.2020 bestimmt, dass sich die Verpflichtung des Verfügungsbeklagten zur Zahlung von Gerichtskosten gemäß § 12 Abs. 4 UWG (a.F.) nach einem dessen Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwertes von 500 € bemisst. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers.

II.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug und unter amtswegiger Abänderung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG auch der Streitwert erster Instanz sind auf 9.000 € festzusetzen.

Der Gebührenstreitwert eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, in welchem ein Unterlassungsanspruch verfolgt wird, ist gemäß § 51 Abs. 2, 4 GKG nach dem Ermessen des Gerichts ausgehend von der sich aus dem Antrag des Antragstellers/Verfügungsklägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen, wobei dieser Wert unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen ist.

Wie den Parteien bereits mit Hinweis vom 29.04.2021 mitgeteilt wurde, setzt der Senat in ständiger Rechtsprechung bei Streitigkeiten wegen Verletzung von Informationspflichten im Onlinehandel (Fernabsatzgeschäft) betreffend kleine oder mittelgroße Unternehmen bei dem Vertrieb von Wirtschaftsgütern von nicht beträchtlichem Wert den Streitwert in der Regel auf 6.000 € im Verfügungsverfahren und auf 9.000 € im Hauptsacheverfahren fest (Senat, Beschlüsse v. 11.08.2015 - 6 W 61/15, vom 22.09.2015 - 6 W 107/15, vom 03.01.2019 - 6 U 162/18). Ein solcher Fall liegt hier vor. Im Hinblick auf die Mehrzahl der geltend gemachten Verstöße ist allerdings eine maßvolle Erhöhung auf 9.000 € angemessen.

III.

Die nach § 68 Abs. 2 GKG zulässige Beschwerde des Verfügungsklägers gegen die Anordnung der Streitwertbegünstigung des Verfügungsbeklagten ist begründet. Ein Fall des § 12 Abs. 3 UWG n.F. (entspricht § 12 Abs. 4 UWG a.F.) liegt nicht vor.

Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen ein Anspruch aus einem der im UWG geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht nach § 12 Abs. 3 UWG a.F. auf ihren Antrag anordnen, dass sich ihre Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtskosten nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Vorschrift findet in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entsprechende Anwendung (vgl. MüKo-Schlinghoff, Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. 2014, § 12 Rn 642).

Je niedriger der Streitwert, desto weniger besteht Anlass, eine Streitwertbegünstigung anzuordnen. Folglich kommt eine Begünstigung bei Streitwerten von bis zu 10.000 € regelmäßig nicht in Betracht kommt (vgl. OLG, Stuttgart, Beschluss vom 10.09.2015 - 2 W 41/15, juris Rn 12; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 12 Rn 4.22).

Abgesehen davon fehlt es vorliegend an der Voraussetzung einer erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage des Verfügungsbeklagten.

An die Darlegung und Glaubhaftmachung dieser Voraussetzung sind strenge Voraussetzungen zu stellen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.09.2015 - 2 W 41/15 juris Rn 9 Schlinghoff, a.a.O. Rn 642). Maßgebend für die im Ermessen des Gerichts stehende Entscheidung ist nicht, ob die Partei die Kosten nach dem vollen Streitwert nicht tragen kann, sondern ob ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährdet wird. Es ist deshalb eine Abwägung vorzunehmen zwischen der wirtschaftlichen Lage der Partei einerseits und der Kostenbelastung andererseits (vgl. BGH, Beschluss vom 27.01.1994 - I ZR 276/91 - Streitwertherabsetzung; zit. nach Beck online). Eine wirtschaftliche Gefährdung liegt noch nicht vor, wenn sich die Partei in finanziellen Schwierigkeiten befindet, solange ihr eine Kreditaufnahme möglich und zumutbar ist und noch nicht die Insolvenz droht (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., Rn 11; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 12 Rn 4.21). Eine Streitwertbegünstigung scheidet allerdings dann aus, wenn die betreffende Partei bereits endgültig vermögenslos ist, denn in dieser Lage tritt durch die Belastung mit den Gerichtskosten keine zusätzliche Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Situation mehr ein (vgl. BGH, Beschluss vom 24.02.1953 – I ZR 106/51; zit. nach Beck-Online).

Unter Anwendung dieser Grundsätze kann vorliegend eine Streitwertherabsetzung zu Gunsten des Beklagten nicht erfolgen. Der Verfügungsbeklagte, über dessen Vermögen zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, hat ein Schreiben des Insolvenzverwalters vorgelegt, in dem ausgeführt wird, dass bereits zum 31.12.2019 von seiner Zahlungsunfähigkeit auszugehen war. Er war mithin bereits vor Einleitung des streitgegenständlichen Verfahrens und unabhängig von der - im Fall seines Unterliegens - dadurch gegebenenfalls zusätzlich entstehende Kostenbelastung, vermögenslos. Eine Streitwertbegünstigung ist unter diesen Voraussetzungen nicht gerechtfertigt.

Die Kostenfolgen im Beschwerdeverfahren ergeben sich aus § 68 Abs. 3 GKG.