Gericht | VG Frankfurt (Oder) 4. Kammer | Entscheidungsdatum | 28.01.2021 | |
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Aktenzeichen | 4 K 1530/15 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2021:0128.4K1530.15.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Grundsteuer-A-Bescheid des Beklagten für die Jahre 2014 und 2015 vom 2. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2015 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten.
Die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Grundsteuer A.
Der Kläger ist Eigentümer von land- und forstwirtschaftlichen Flächen, u.a. im Bereich der amtsangehörigen Gemeinde F ..., deren Verwaltung dem Beklagten obliegt. Die Gemeinde F ... ist Mitglied in den Wasser- und Bodenverbänden „U ... “, „S ... und „W ... “. Im Wasser- und Bodenverband „W ... “ ist der Kläger ebenfalls Mitglied.
Die Hauptsatzung der Gemeinde F ... wurde am 3. März 2009 erlassen (Öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt für das Amt J ... ) vom 25. März 2009, S. 3 f.). Sie ersetzte die Hauptsatzung der Gemeinde F ... vom 10. Januar 2003.
Der Hebesatz für die Grundsteuer A für das Jahr 2013 betrug laut Festsetzung der der Gemeinde F ... 300 v.H. [Öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt für das Amt J ... vom 25. Januar 2013, S. 3]. Der Hebesatz für die Grundsteuer A für das Jahr 2014 wurde ursprünglich mit Hebesatzsatzung der Gemeinde F ... vom 19. Juni 2014 [Öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt für das Amt J ... vom 17. Juli 2014, S. 4] auf 90 v. H. angehoben. Mit Hebesatzsatzung der Gemeinde F ... vom 14. Februar 2017 [Öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt für das Amt J ... vom 17. März 2017, S. 2] ersetzte die Gemeinde Friedrichswalde ihre Hebesatzsatzung vom 17. Juni 2014 rückwirkend zum 1. Januar 2014. Der Hebesatz betrug nunmehr ebenfalls 790 v. H.
Der Hebesatz für die Grundsteuer A für das Jahr 2015 wurde mit Haushaltssatzung 2015 der Gemeinde F ... vom 2. März 2015 gleichfalls auf 790 v. H. festgesetzt [Öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt für das Amt J ... vom 20. März 2015, S. 15].
Die Hauptsatzung der Gemeinde F ... vom 3. März 2009 sowie die Satzungen vom 2. März 2015 und vom 14. Februar 2017 waren zu keinem Zeitpunkt Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens. Auch wurde hinsichtlich dieser Satzungen die Verletzung landesrechtlicher Verfahrens- oder Formvorschriften nicht binnen der in § 3 Abs. 4 Brandenburgische Kommunalverfassung (BbgKVerf) festgelegten Jahresfrist geltend gemacht.
Mit Messbescheid datiert auf den 24. Februar 2015 setzte das Finanzamt Angermünde den Zerlegungsanteil des Grundsteuermessbetrages für die land- und forstwirtschaftlichen Flächen des Klägers im Gebiet der Gemeinde F ... auf 180,56 EUR fest.
Mit Bescheid vom 2. März 2015 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger für die Gemeinde F ... Grundsteuer A für die Jahre 2014 und 2015 in Höhe von jeweils 1.426,42 EUR, insgesamt 2.852,84 EUR, fest.
Hiergegen erhob der Kläger am 25. März 2015 Widerspruch. Er begründete den Widerspruch im Folgenden damit, dass die ursprüngliche Hebesatzsatzung 2014, die der Steuerfestsetzung zu Grunde liegt, rechtswidrig zustande gekommen sei.
Sie sei formell rechtswidrig, da die Einladung zu der Sitzung der Gemeindevertretung am 17. Juni 2014 nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden sei. Obwohl dies zwingend erforderlich sei, lasse sich den Einladungen zur Sitzung der Gemeindevertretung, während der die ursprüngliche Hebesatzsatzung für das Jahr 2014 beschlossen wurde, nicht entnehmen, in welchem der drei Schaukästen der Aushang tatsächlich erfolgt sei. Darüber hinaus sei die Bekanntmachung fehlerhaft, da für außenstehende Dritte nicht erkennbar sei, welcher Mitarbeiter die Einladungen ausgehangen und abgenommen habe. Eine bloße Paraphe genüge nicht den Anforderungen an die Dokumentationspflicht.
Ferner sei der Grundsteuerbescheid materiell rechtswidrig. Die Refinanzierung der Wasser- und Bodenverbandsbeiträge über die Grundsteuer verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Bereits auf Ebene der Grundsteuerbescheide komme es regelmäßig zu einer Ungleichbehandlung der Steuerschuldner, weil die Steuererhebung entweder auf dem Ersatz- oder auf dem Einheitswert beruhe. Ebenfalls würden sich Unterschiede bei der Besteuerung von Acker- und Waldflächen ergeben, da der Ersatzvergleichswert für forstwirtschaftliche Nutzung einer Fläche 125 DM je Hektar betrage, für die landwirtschaftliche Nutzung jedoch unterschiedliche Bemessungswerte angesetzt würden.
Es sei zudem zweifelhaft, ob die sogenannte „Grundsteuerlösung“ mit höherrangigem Recht, insbesondere mit § 80 Abs. 1 des Brandenburgischen Wassergesetzes (BbgWG), vereinbar sei. Denn mit dieser Vorschrift werde ein undifferenzierter Flächenmaßstab verbindlich festgeschrieben, während eine Veranlagung über die Grundsteuer zwangsweise zu einer Differenzierung zwischen den Grundsteuerarten „A“ und „B“ führe. Damit werde der wasserrechtlich festgelegte undifferenzierte Flächenmaßstab in unzulässiger Weise aufgebrochen. Hinzu komme, dass gemeindeeigene Flächen nicht besteuert würden. Denn gemäß §§ 3, 4 des Grundsteuergesetzes (GrStG) sei bestimmter Grundbesitz von der Grundsteuer befreit. Anders als im Falle der Refinanzierung durch Umlage, passe die Gemeinde die Höhe der Grundsteuerhebesätze regelmäßig so an, dass auch diejenigen Beiträge refinanziert würden, die auf steuerbefreite Flächen entfielen.
Schließlich stelle die Refinanzierung über die Grundsteuer einen unzulässigen Systembruch dar. Es sei allgemein anerkannt, dass Verbandsbeiträge an die Wasser- und Bodenverbände zu zahlen seien, weil auf der ersten Stufe Gemeinden und Städte Zwangsmitglieder in den Verbänden seien und auf der zweiten Stufe die Umlageschuldner von ihrer gesetzlichen Unterhaltungspflicht befreit würden. Die Beiträge korrespondierten demnach mit einem Vorteil, nämlich einer Gegenleistung der Wasser- und Bodenverbände. Steuern, wie auch die Grundsteuer, seien dagegen unabhängig von einer behördlichen Gegenleistung zu zahlen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Zur Begründung führte er aus: Die ursprüngliche Hebesatzsatzung 2014 sei formell ordnungsgemäß erlassen worden. Die Einladung zur Sitzung der Gemeindevertretung sei ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. Diesbezüglich müsse lediglich gewährleistet sein, dass dem interessierten Einwohner nicht nur die theoretische Möglichkeit der Kenntnisnahme eröffnet werde. Bei einer Gemeinde wie F ... genüge die Bekanntmachung in einem Aushangkasten. Die Gemeinde F ... habe ihren ca. 1000 Einwohnern in drei Aushangkästen die Einladung zur Sitzung der Gemeindevertretung öffentlich bekanntgemacht und diesen Erfordernissen mithin genüge getan.
Auch die geltend gemachten Verstöße gegen höherrangiges Recht lägen nicht vor. Es obliege der Gemeinde, zu bestimmen, ob und in welcher Höhe sie Grundsteuern erhebe. Die Gemeinde könne als Ausdruck ihrer kommunalen Selbstverwaltung autonom nach ihren jeweiligen finanziellen Bedürfnissen über die Hebesätze entscheiden. Sie dürfe dabei lediglich keine willkürlichen Entschließungskriterien in ihre Erwägungen einbeziehen und zudem nicht für eine übermäßige Belastung bzw. eine Steuer mit erdrosselnder Wirkung sorgen. Es begegne daneben auch keinen Bedenken, wenn die Gemeinde die Grundsteuer zur Refinanzierung der von ihr an den Wasser- und Bodenverband zu entrichtenden Beiträgen nutze und die Hebesätze mit Blick auf diese Belastung des kommunalen Haushaltes festsetze.
Mit seiner am 19. Oktober 2015 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ergänzt und vertieft seinen bisherigen Vortrag und führt insbesondere aus:
In formell-rechtlicher Hinsicht sei die fehlerhafte Bekanntmachung von Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzung der Gemeindevertretung entgegen dem Vortrag des Beklagten nicht unbeachtlich, da sowohl die Brandenburgische Kommunalverfassung als auch die Hauptsatzung der Gemeinde F ... zwingende Regelungen zur öffentlichen Bekanntmachung von Gemeindevertretersitzungen vorsähen.
Die Einladungen zu den öffentlichen Gemeindevertretersitzungen, während derer die Hauptsatzung der Gemeinde Friedrichswalde aus dem Jahr 2009, die jeweiligen Hebesatzsatzungen 2014 sowie die Haushaltssatzung 2015 beschlossen worden seien, seien unter Verletzung landesrechtlicher Verfahrens- bzw. Formvorschriften bekannt gemacht worden. Darüber hinaus sei ein wesentlicher Teil der Hebesatzsatzung vom 14. Februar 2017 verfahrensfehlerhaft im nichtöffentlichen Teil der Gemeindevertretersitzung erörtert worden. Die Geltendmachung dieser Verletzung von landesrechtlichen Verfahrens- oder Formvorschriften bei dem Zustandekommen von Satzungen sei nach § 3 Abs. 4 Satz 1 BbgKVerf nicht ausgeschlossen. Die hier missachteten Verfahrens- bzw. Formvorschriften verletzten den für das Demokratieprinzip bedeutsamen Öffentlichkeitsgrundsatz, weswegen ihre Geltendmachung von dieser Ausschlussfrist nicht umfasst sei. Hinsichtlich der Hebesatzsatzung vom 6. Februar 2017 könne sich der Beklagte darüber hinaus nicht auf die Ausschlussfrist des § 3 Abs. 4 Satz 1 BbgKVerf berufen, da er entgegen dem Grundsatz von Treu und Glauben den Erlass dieser Satzung im Verfahren verschwiegen habe.
In materiell-rechtlicher Hinsicht verstoße die Refinanzierung der Wasser- und Bodenverbandsbeiträge über die Grundsteuer gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil nicht alle Eigentümer zur Grundsteuer herangezogen würden. Es gebe nämlich Fälle, in denen das Finanzamt keinen Grundsteuermessbescheid erlasse, da keine Kenntnis über den Steuerschuldner bestehe oder weil die Flächengröße zu gering sei.
Zudem verstoße die Grundsteuerlösung gegen den Grundsatz, wonach allein diejenigen Umlageschuldner, deren Grundstücke in einer Lastengemeinschaft, d.h. in demselben Gewässereinzugsgebiet, lägen, zur Umlage herangezogen werden dürften. Wenn eine Gemeinde Mitglied in unterschiedlichen Wasser- und Bodenverbänden sei, könnten die jeweiligen Verbände die Gemeinde zu unterschiedlichen Beitragssätzen heranziehen. Indem die Gemeinde gleichwohl sämtliche Grundeigentümer mit einheitlichen Hebesätzen zur Grundsteuer heranziehe, würden die unterschiedlichen Beitragssätze der beiden Wasser- und Bodenverbände unzulässig nivelliert.
Die Veranlagung über die Grundsteuer verstoße zudem gegen den in der Verfassung des Landes Brandenburg und dem Kommunalabgabengesetz verankerten Grundsatz, dass spezielle Entgelte vor allgemeinen Steuern zu erheben seien.
Außerdem werde durch die Refinanzierung über die Grundsteuer auch nicht der wassergesetzlich vorgesehene Umlageschuldner herangezogen. Die wasserrechtlichen Vorschriften sähen ausschließlich den Grundstückseigentümer und den Erbbauberechtigten als Schuldner vor. Nach Maßgabe des Grundsteuergesetzes könne dagegen auch der Nutzer zur Grundsteuer veranlagt werden.
Bei der Refinanzierung über die Grundsteuer handele es sich nicht um „eine andere Art der Finanzierung“ im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 des Brandenburgischen Wassergesetzes. Die Grundsteuer sei lediglich eine andere Form der Umlage, weil sowohl die Umlage als auch die Grundsteuer an das Eigentum und die Fläche anknüpften. In der Folge müsse die Grundsteuer an den gesetzlichen Umlagekriterien gemessen werden.
Gegen die Refinanzierung von Wasser- und Bodenverbandsbeiträgen durch die Erhebung von Grundsteuer spreche schließlich ebenfalls, dass der Gesetzgeber nunmehr ermögliche, dass Grundeigentümer auf Antrag Mitglieder in den Wasser- und Bodenverbänden werden könnten. Bei Anwendung der Grundsteuerlösung seien Mitglieder auf Antrag einer Doppelbelastung ausgesetzt.
Der Kläger beantragt,
den Grundsteuer-A-Bescheid des Beklagten für die Jahre 2014 und 2015 vom 2. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2015 aufzuheben,
sowie die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorfahren für Notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte tritt der Klage entgegen und verweist zur Begründung auf die Gründe des Widerspruchsbescheides.
Darüber hinaus verweist er auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 30. September 2013 (VG 1 K 694/12). In jener Entscheidung habe sich das VG Cottbus mit einer dem hiesigen Klägervortrag entsprechenden Argumentation auseinandergesetzt und diese als nicht zutreffend bezeichnet.
A. Die als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Klage ist begründet.
Die Beklagte hat die Grundsteuer für die Jahre 2014 und 2015 in dem streitgegenständlichen Bescheid gemäß §§ 27 Abs. 1, 25 Abs. 1 GrStG unter Berücksichtigung des seitens des Finanzamtes Angermünde gemäß § 13 GrStG festgesetzten Grundsteuermessbetrages von 180,56 EUR und unter Anwendung des maßgeblichen Grundsteuerhebesatzes der Gemeinde F ... in Höhe von 790 v.H. zwar rechnerisch richtig festgesetzt (jeweils 180,56 EUR x 7,9 = 1426,42 EUR).
Der Kläger macht jedoch zutreffend Einwände gegen den für die Jahre 2014 und 2015 festgesetzten Grundsteuerhebesatz geltend. Der Hebesatz für die Grundsteuer A ist mit der Haushaltssatzung der Gemeinde F ... für das Haushaltsjahr 2015 vom 2. März 2015 und der Hebesatzsatzung für die Gemeinde Friedrichswalde für das Jahr 2014 vom 14. Februar 2017 rechtswidrig auf jeweils 790 v.H. festgelegt worden.
I. Zwar bestehen hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit der Satzungen keine Bedenken.
1. Soweit der Kläger Verstöße gegen landesrechtliche Verfahrens- oder Formvorschriften beim Zustandekommen der Haushaltssatzung 2015 und der Hauptsatzung aus dem Jahre 2009 – jeweils der Gemeinde F ... – rügt, kann er damit nicht gehört werden. Die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Rügen des Klägers scheitern an § 3 Abs. 4 Satz 1 BbgKVerfG. Nach dieser Regelung ist das Zustandekommen einer Satzung unter Verletzung von landesrechtlichen Verfahrens- oder Formvorschriften unbeachtlich, wenn diese Verletzung nicht innerhalb eines Jahres seit der öffentlichen Bekanntmachung geltend gemacht worden ist. Wie sich aus dem Vortrag des Beklagten ergibt, wurden hinsichtlich dieser Satzungen keine Verletzungen landesrechtlicher Verfahrens- oder Formvorschriften geltend gemacht. Ob die Einladungen zu den öffentlichen Sitzungen der Gemeindevertretung nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben wurde, kann daher offenbleiben. Dem Kläger kann auch nicht dahingehend gefolgt werden, dass die Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes bei der Beschlussfassung wegen seiner Bedeutung für das Demokratieprinzip nicht gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 BbgKVerf unbeachtlich sein kann. Hierfür spricht bereits der Vergleich mit staatlichen Rechtsverordnungen. Diese entstehen ebenfalls unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit und sind bezüglich der Regelungsinhalte mit Satzungen vergleichbar. Ferner wird dem Demokratieprinzip insoweit Rechnung getragen, als mit der Veröffentlichung der Satzung für die Öffentlichkeit eine Anstoßwirkung dahingehend entfaltet wird, den Rechtssetzungsprozess und damit die Einhaltung des Grundsatzes der Öffentlichkeit auf Fehler zu untersuchen (vgl. Schuhmacher, in: Schuhmacher et al., Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Stand Juli 2018, § 3, Rn. 9.4.3).
2 Auch hinsichtlich der Hebesatzsatzung für das Jahr 2014 vom 6. Februar 2017 bestehen keine Bedenken in Bezug auf ihre formelle Rechtmäßigkeit.
a) Insbesondere verstößt ihr Erlass nicht gegen das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) enthaltene Rückwirkungsverbot. Eine Rechtsnorm entfaltet Rückwirkung, wenn der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist. Der zeitliche Anwendungsbereich einer Norm bestimmt, in welchem Zeitpunkt die Rechtsfolgen einer gesetzlichen Regelung eintreten sollen. Grundsätzlich erlaubt die Verfassung nur ein belastendes Gesetz, dessen Rechtsfolgen für einen frühestens mit der Verkündung beginnenden Zeitraum eintreten. Die Anordnung, eine Rechtsfolge solle schon für einen vor dem Zeitpunkt der Verkündung der Norm liegenden Zeitraum gelten (Rückbewirkung von Rechtsfolgen, sog. echte Rückwirkung), ist in der Regel unzulässig. Der von einem Gesetz Betroffene muss grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verkündung einer Neuregelung darauf vertrauen können, dass er nicht nachträglich einer bisher nicht geltenden Belastung unterworfen wird. In diesem Vertrauen wird der Bürger verletzt, wenn eine Rechtsvorschrift an abgeschlossene Tatbestände rückwirkend ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen er bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Dieser Schutz des Vertrauens in den Bestand der ursprünglich geltenden Rechtsfolgenlage findet seinen verfassungsrechtlichen Grund vorrangig in den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen, insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1986 – 2 BvL 2/83 –, BStBl II 1986, 628, BVerfGE 72, 200-278, Rn. 90, juris; Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 12. Januar 2005 – Vf. 3-VII-03 –, Rn. 214, juris).
§ 2 der Hebesatzsatzung der Gemeinde F ... vom 14. Februar 2017 legt den Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs dieser Satzung auf den 1. Januar 2014 und damit auf einen Zeitpunkt fest, der mehr als drei Jahre vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Satzung gültig geworden ist. Es handelt sich um den Fall einer echten Rückwirkung.
Das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot darf allein aus zwingenden Gründen des gemeinen Wohls oder wegen eines nicht – oder nicht mehr – vorhandenen schutzbedürftigen Vertrauens des Einzelnen durchbrochen werden (BVerfG, Beschluss vom 03. Dezember 1997 – 2 BvR 882/97 –, BVerfGE 97, 67-88). Der Bürger kann auf das geltende Recht bei seinen Dispositionen auch dann nicht vertrauen, wenn es unklar und verworren ist; in solchen Fällen ist es dem Gesetzgeber erlaubt, die Rechtslage rückwirkend zu klären. Schließlich kann sich der Bürger nicht immer auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen. Der Gesetzgeber kann daher unter Umständen eine nichtige Bestimmung rückwirkend durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm ersetzen (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961 – 2 BvL 6/59 –, BVerfGE 13, 261-274, Rn. 51 - 55).
Unter diesen Gesichtspunkten ist es hier verfassungsrechtlich gerechtfertigt, das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot zu durchbrechen. Es ist davon auszugehen, dass die ursprünglich erlassene Hebesatzsatzung der Gemeinde F ... vom 17. Juni 2014 formell unwirksam gewesen ist. Der Kläger trägt in seiner Widerspruchsbegründung vom 2. Juli 2015 und in seinem Schriftsatz vom 20. Juli 2016 zu Recht vor, dass die öffentliche Bekanntmachung von Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzung der Gemeindevertretung am 17. Juni 2014 entgegen § 36 Abs. 1 BbgKVerf i.V.m. § 8 Abs. 4 der Hauptsatzung der Gemeinde F ... vom 9. März 2009 nicht ordnungsgemäß erfolgt ist. Mit der Widerspruchsbegründung vom 2. Juli 2015 dürfte auch eine gemäß fristgemäße Rüge des Verstoßes vorliegen (§ 3 Abs. 4 BbgKVerf).
Bei dieser Sachlage wäre ein etwaiges Vertrauen der Betroffenen darauf, von einer Beitragspflicht überhaupt verschont zu bleiben, nicht schutzwürdig, da aus § 27 Abs. 1 Satz 1 GrStG hervorgeht, dass die Grundsteuer für das Kalenderjahr festgesetzt wird. Die Erwartung, die Gemeinde werde von der Ermächtigung zur Erhebung solcher Steuern keinen Gebrauch machen, wäre schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil auch der Erlass einer nichtigen Satzung unmissverständlich den Willen der Gemeinde zum Ausdruck bringt, dass solche Steuern erhoben werden sollen.
Die Hebesatzsatzung vom 14. Februar 2017 ersetzt die als nichtig anzusehende Hebesatzsatzung vom 17. Juni 2014; sie konnte also grundsätzlich ohne Verletzung des Rechtsstaatsprinzips rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Hiergegen spricht auch nicht die Regelung des § 25 Abs. 3 GrStG, wonach der Beschluss über die Festsetzung oder Änderung des Hebesatzes bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres mit Wirkung vom Beginn dieses Kalenderjahres zu fassen ist. Der Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, den Satzungsgeber anzuhalten, möglichst schnell Klarheit hinsichtlich der Höhe der geltenden Hebesätze in einem bestimmten Jahr zu schaffen. Ziel der Regelung kann aber nicht sein, zu verhindern, dass eine ursprünglich fristgemäß erlassene, jedoch nichtige Hebesatzsatzung, nicht gemäß den oben aufgeführten Grundsätzen durch eine wirksame Satzung ersetzt werden kann.
b) Dem Kläger ist auch dahingehend zuzustimmen, dass die Hebesatzsatzung vom 14. Februar 2017 unter Verstoß gegen Form- und Verfahrensvorschriften der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg erlassen worden ist, da der Grundsatz der Öffentlichkeit der Gemeindevertretersitzung verletzt worden ist.
aa) Zum einen sind Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzung nicht in einer den Anforderungen des § 36 Abs. 1 Satz 1 BbgKVerf genügenden Weise bekannt gemacht worden. Gemäß § 36 Abs. 1 BbgKVerf erfolgt die Bekanntmachung von Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzung der Gemeindevertretung entsprechend der Regelungen der Hauptsatzung. Hinsichtlich der Form der Bekanntmachung regelt § 1 Abs. 3 Satz 2 der Bekanntmachungsverordnung für das Land Brandenburg (BekanntmV), dass in Gemeinden und Ämtern mit bis zu 10.000 Einwohnern anstelle der Veröffentlichung im Bekanntmachungsblatt auch durch Aushang in Bekanntmachungskästen bekannt gemacht werden können. Beim Aushang in Bekanntmachungskästen ist die Aushangsfrist des § 5 Abs. 2 Satz 1 BekanntmV zu wahren. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit regelt § 5 Abs. 2 Satz 3 BekanntmV eine „Vermerkspflicht“, wonach dokumentiert werden soll, dass die Bekanntmachung durch Aushang in Bekanntmachungskästen während der vollen Dauer der Aushangsfrist den Bürgern förmlich zugänglich gemacht wurde. Danach ist der Tag des Anschlags beim Anschlag, der Tag der Abnahme nach der Abnahme auf dem ausgehängten Schriftstück durch die Unterschrift des jeweiligen Bediensteten zu vermerken. Sind in der Hauptsatzung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 BekanntmV mehrere Standorte von Bekanntmachungskästen bestimmt, in denen die öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen hat, erfordern Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich, dass der Vermerk nach § 5 Abs. 2 Satz 3 BekanntmV den Tag des Anschlages und den Tag der Abnahme des Aushanges im Hinblick auf den jeweiligen durch die Hauptsatzung bestimmten Standort des Bekanntmachungskastens dokumentiert. Nur hierdurch lässt sich hinreichend klar und sicher nachprüfen, ob die Bekanntmachung an jedem der in der Hauptsatzung bestimmten Standorte der Bekanntmachungskästen unter Einhaltung der Bekanntmachungsfrist den Bürgern zugänglich gemacht wurde (OVG Brandenburg, Beschluss vom 30. September 2003 – 2 B 165/03 –, Rn. 7, juris).
Diesen Anforderungen entsprechen die auf den vorgelegten Fotokopien der Aushänge der Einladung zur Gemeindevertretersitzung aufgebrachten Aushangsvermerke nicht. Zum einen sind die Aushangsvermerke lediglich paraphiert und nicht unterschrieben. Zum anderen dokumentieren die auf den ausgehangenen Schriftstücken aufgebrachten Vermerke nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 BekanntmV in hinreichender Weise den Tag des Anschlages und den Tag der Abnahme des Aushanges im Hinblick auf die konkreten in der Hauptsatzung bestimmten Standorte der Bekanntmachungskästen. Gemäß § 8 Abs. 4 der Hauptsatzung der Gemeinde F ... vom 3. März 2009 sind Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzungen der Gemeindevertretung der Gemeinde Friedrichswalde in den Bekanntmachungskästen der Ortsteile F ... und P ... öffentlich bekannt zu machen. Der Kläger hat drei Fotokopien von Aushängen zur Gerichtsakte gereicht. Sie sind jeweils beschriftet mit „Aushang“, „Aushang P ... “, „Aushang G ... “. Es ist somit nicht eindeutig erkennbar und feststellbar, ob die Aushänge tatsächlich in den in der Hauptsatzung festgelegten Bekanntmachungskästen ausgehangen wurden.
bb) Zum anderen ist die Hebesatzsatzung vom 14. Februar 2017 unter Verletzung des § 36 Abs. 2 Satz 1 BbgKVerf beschlossen worden. Nach dieser Vorschrift sind Sitzungen der Gemeindevertretung öffentlich. Nichtöffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern. Zwar war die Hebesatzsatzung ausweislich der Sitzungsniederschrift auch Gegenstand des öffentlichen Teils der Gemeindevertretersitzung vom 6. Februar 2017. Laut Protokoll wurden in diesem Teil der Gemeindevertretersitzung vom Bürgermeister jedoch lediglich einige Informationen zur Beschlussvorlage gegeben unter Hinweis auf eine präzise Erläuterung seitens der Kämmerin im nichtöffentlichen Teil der Sitzung. Die Kommunalverfassung des Landes Brandenburg sieht nicht vor, dass vor Erlass einer Satzung eine ausführliche Information oder Beratung erfolgen muss. Im vorliegenden Fall folgt der Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz aber daraus, dass die öffentliche, ohne Beratung durchgeführte Beschlussfassung der am gleichen Tag unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführten Beratung und Beschlussfassung nachfolgte. So wurden laut Protokoll im nichtöffentlichen Teil der Gemeindevertretersitzung unter dem TOP 2 bzw. 2.1 „Nicht öffentlicher Teil“ bzw. „Thematik Informationen vom Amt J ... ausführliche Informationen zu den öffentlichen TOP 5 (Hebesatzsatzung) und TOP 6 (Kleinbeitragsregelung Realsteuern) gegeben. Während für die Kleinbeitragsregelung Realsteuern ausführliche Informationen ebenfalls in öffentlicher Sitzung gegeben wurden und eine kurze Beratung stattfand, ist dies für die Hebesatzsatzung unterbleiben. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb der nichtöffentliche TOP 2.1 „Thematik vom Amt J ... benannt wurde, obwohl laut Protokoll stattdessen die TOP 5 und 6 vorberaten wurden. Hier drängt sich förmlich auf, dass die Öffentlichkeit von den Beratungen ausgeschlossen werden sollte, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen für eine ausnahmsweise nichtöffentliche Sitzung gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BbgKVerf erkennbar nicht gegeben sind. Die hier praktizierte Verfahrensweise widerspricht dem Sinn und Zweck des Gebots der Öffentlichkeit von Gemeindevertretersitzungen. Dabei kann offenbleiben, ob es unter besonderen Umständen zulässig ist, im Interesse einer sachlich gut vorbereiteten oder auch reibungslos ablaufenden Behandlung in öffentlicher Sitzung, eine der Information der Gemeindevertreter und des Bürgermeisters dienende Vorberatung durchzuführen. Denn jedenfalls darf eine solche nichtöffentliche Vorbereitung nicht - wie hier geschehen - die Sachdiskussion vorwegnehmen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2000 – 14 S 237/99 –, Rn. 39, juris).
Diese Verstöße sind jedoch gemäß § 3 Abs. 4 BbgKVerf unbeachtlich. Die Hebesatzsatzung vom 14. Februar 2017 ist am 17. März 2017 im Amtsblatt für das Amt J ... bekannt gemacht worden. Laut Auskunft des Beklagten wurden hinsichtlich der Satzung binnen Jahresfrist keine Verletzung landesrechtlicher Verfahrens- oder Formvorschriften geltend gemacht. Dem Kläger kann auch insoweit aus den bereits dargelegten Gründen nicht dahingehend gefolgt werden, dass die Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes bei der Beschlussfassung wegen ihrer Bedeutung für das Demokratieprinzip nicht gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 BbgKVerf unbeachtlich sein kann.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 4 Satz 1 BbgKVerf auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Der Grundsatz von Treu und Glauben, der für das Zivilrecht in § 242 BGB normiert ist, gilt nach ständiger Rechtsprechung gewohnheitsrechtlich oder als allgemeiner Rechtsgedanke auch im Verwaltungsrecht (BVerwG, Urteil vom 11. September 2013 – 8 C 11/12 –, BVerwGE 147, 348-362, Rn. 44, juris). Auf diesen kann sich der Kläger insbesondere nicht in seiner Ausprägung als Verpflichtung, aus einem treuwidrig selbst herbeigeführten oder verhinderten Ereignis keine Vorteile zu ziehen, berufen (vgl. hierzu BVerwG, ebda.; BVerwG, Urteil vom 26. März 2003 – 6 C 24/02 –, Rn. 20, juris). Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass der Beklagte durch das Nichteinführen der Hebesatzsatzung vom 14. Februar 2017 in das verwaltungsgerichtliche Verfahren den Schein geweckt und unterhalten hat, es käme immer noch auf die Satzung vom 17. Juni 2014 an. Jedoch muss beachtet werden, dass die Hebesatzsatzung aus dem Jahr 2017 ordnungsgemäß im Amtsblatt für das Amt J ... veröffentlicht worden ist. Dem Kläger wäre es daher möglich gewesen, anhand allgemein zugänglicher Quellen, von dem Erlass der neuen Hebesatzsatzung zu erfahren.
II. In materieller Hinsicht erweisen sich die Festsetzungen des Hebesatzes für die Grundsteuer aber als unwirksam.
Gemäß §§ 1 und 25 GrStG bestimmt die Gemeinde, ob und in welcher Höhe, d. h. mit welchem Hebesatz, sie von dem in ihrem Gemeindegebiet liegenden Grundbesitz Grundsteuer erhebt. Das Aufkommen der Grundsteuer steht nach Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG den Gemeinden zu. Wegen der verfassungsrechtlich garantierten Steuerhoheit als Bestandteil der Finanzhoheit, die eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft gewährleistet, haben die Gemeinden bei der Festsetzung der Hebesätze einen weiten Entschließungsspielraum, der seine Grenzen lediglich in den allgemeinen Grundsätzen des Haushalts- und Steuerrechts findet (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 18. Dezember 2012 – 5 K 1134/12 –, Rn. 42, juris).
Im Rahmen des Entschließungsspielraums, der auch erfasst, auf welche Weise die Gemeinde ihre kommunale Aufgabenerfüllung finanziert, steht es der Gemeinde also zu, die Hebesätze autonom unter Abwägung der jeweiligen finanziellen Bedürfnisse festzusetzen. Allerdings darf die Grundsteuer die dieser Steuer unterworfenen Bürger nicht übermäßig belasten und ihre Vermögensverhältnisse nicht grundlegend beeinträchtigen. Die Steuer darf mithin gemessen an einer normalen finanziellen Leistungskraft keine „erdrosselnde“ Wirkung haben. Auch darf die Gemeinde bei ihrer eigenverantwortlichen Abschätzung des Finanzbedarfs keine grob unsachlichen, d.h. evident willkürlichen Entschließungskriterien tragend werden lassen. Die gerichtliche Kontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob die Grenzen dieses Satzungsermessens eingehalten worden sind (vgl. zum Ganzen VG Münster, Urteil vom 1. Dezember 2010 – 9 K 1493/10 –, Rn. 35, juris). Dementsprechend sind weder das Gericht noch der jeweilige Steuerpflichtige befugt, ihre eigenen für richtig oder sachgerecht gehaltenen Bewertungen an die Stelle des hierzu nach der Rechtsordnung berufenen – und entsprechend legitimierten – Gesetzgebers zu stellen (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 18. Dezember 2012 – 5 K 1134/12 –, Rn. 44, juris).
Zusammenfassend beschränkt sich mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG die gerichtliche Prüfungskompetenz bei der Kontrolle satzungsrechtlicher Hebesatzfestlegungen auf die Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht und die Nichtüberschreitung des weiten Beurteilungsfreiraums des „Satzungsermessens“ durch die normsetzende Gemeinde (Verwal-tungsgericht Cottbus, Urteil vom 13. September 2013 – 1 K 694/12 –, juris, Rn. 23; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 06. März 2019 – 4 A 612/17 –, Rn. 33, juris).
Ausgehend von diesem Maßstab halten die durch die Gemeindevertretung der Gemeinde F ... für die Steuerjahre 2014 und 2015 beschlossenen Hebesätze für die Grundsteuer A in Höhe von jeweils 790 v. H. einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Dadurch, dass die Gemeinde F ... den Grundsteuerhebesatz zum Zwecke der Refinanzierung der Kosten der Gewässerunterhaltung erhöht hat [hierzu a)], hat sie gegen höherrangiges Recht verstoßen [hierzu b)] und im Übrigen das der Gemeinde zustehende Satzungsermessen [hierzu c)] überschritten.
1. Die Gemeinde F ... hat die Grundsteuer für die Jahre 2014 und 2015 auf 790 v.H. festgesetzt, im Vergleich zu 300 v.H. im Jahr 2013, um die durch sie zu begleichenden Wasser- und Bodenverbandsbeiträge zu refinanzieren. Aus den Satzungsunterlagen, insbesondere aus den Ausführungen unter TOP3 des Protokolls der öffentlichen Gemeindevertretersitzung vom 17. Juni 2014, ergibt sich eindeutig, dass der Zweck der Erhöhung die Refinanzierung der Wasser- und Bodenverbandsbeiträge gewesen ist. Dieser Umstand wird vom Beklagten auch nicht in Frage gestellt.
2. Die Refinanzierung der Kosten der Gewässerunterhaltung über die Grundsteuer verstößt vorliegend gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
a) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs 1 GG ergibt sich daraus, dass die Gemeinde F ... Mitglied in mehreren Wasser- und Bodenverbänden ist und durch die Refinanzierung der Kosten der Gewässerunterhaltung über die Grundsteuer die jeweiligen Beitragssätze unzulässig nivelliert werden.
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich, je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen, unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für den Sachbereich des Steuerrechts verbürgt der allgemeine Gleichheitssatz den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten. Der Normgeber hat dabei einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes und des Steuermaßstabs. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen. Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren. Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachverhalt und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (BVerfG, Beschluss vom 04. Februar 2009 – 1 BvL 8/05 –, BVerfGE 123, 1-39, BStBl II 2009, 1035, Rn. 55, juris; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. Februar 2010 – 1 BvR 529/09 –, Rn. 36, juris; BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 – 9 C 7/16 –, BVerwGE 159, 216-238, Rn. 50, juris).
Zwar mag die Verwaltungsvereinfachung als Grund für diese Gleichbehandlung zweier ungleicher Vergleichsgruppen angeführt werden. Jedoch kann hier nicht angenommen werden, dass mit der gleichmäßigen Belastung sämtlicher Grundstückseigentümer mit einem Grundsteuerhebesatz, der ebenfalls die Kosten der Gewässerunterhaltung refinanziert, der Satzungsgeber sich realitätsgerecht am typischen Fall orientiert hat. Vielmehr ist vorliegend nicht erkennbar, dass nicht nur einzelne Grundsteuerpflichtige der Gemeinde F ... einem anderen Gewässerunterhaltungsverband angehören als die überwiegende Mehrheit der übrigen Grundsteuerpflichtigen im Gemeindegebiet.
In einer solchen Situation verbietet sich damit eine offensichtlich gleichheitswidrige Nivellierung der in den jeweiligen Verbandsgebieten bestehenden Kostenstruktur durch die Erhebung einer einheitlichen Umlage im Zusammenhang mit der Festsetzung der Grundsteuer.
b) Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht ergibt sich ferner daraus, dass Grundsteuerpflichtige, die Mitglied eines Gewässerunterhaltungsverbandes sind, einer Art. 3 GG entgegenstehenden gleichheitswidrigen abgabenrechtlichen Doppelbelastung ausgesetzt sind.
Das Verbot der Doppelbelastung begründet eine Pflicht zur Differenzierung bei der Erhebung einer Abgabe, wenn ein Teil der Abgabepflichtigen bereits zu einer anderen Abgabe für die gleiche Inanspruchnahme oder Leistung herangezogen wurde und sich deshalb die nunmehr erfolgende gleichmäßige Abgabenerhebung als gleichheitswidrige Doppelbelastung auswirken kann (BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1992 – 8 C 70/89 –, Rn. 12, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 10. Februar 1998 – 5 TG 4683/96 –, Rn. 3, juris VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. April 2008 – 15 K 834/05 –, Rn. 57, juris).
Einer derartigen zweifachen Belastung für denselben Vorteil ist nicht jedoch die Gruppe derjenigen Grundsteuerpflichtigen ausgesetzt, die auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden (GUVG) als Eigentümer von Grundstücken Mitglieder auf Antrag in Gewässerunterhaltungsverbänden sind. Die Möglichkeit der Mitgliedschaft auf Antrag in Wasser- und Bodenverbänden besteht erst ab dem 1. Januar 2019 und somit nicht in dem Zeitraum, für den die streitgegenständlichen Abgabenbescheide erlassen wurden. Für Anfechtungsklagen, die auf bestimmte (abgeschlossene) Zeiträume bezogene Bescheide wie Grundsteuerbescheide zum Gegenstand haben, ist die Sach- und Rechtslage in jenen Zeiträumen maßgeblich (Brandt in: Brandt/Domgörgen, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 4. Aufl. 2018, P. IV. 7. c): Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, Rn. 115).
Einer derartigen zweifachen Belastung für denselben Vorteil ist jedoch die Gruppe derjenigen Grundsteuerpflichtigen ausgesetzt, die auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 GUVG als Eigentümer von Grundstücken Mitglieder in Gewässerunterhaltungsverbänden sind. Nach dieser Regelung können Verbände Personen auf Antrag aufnehmen, die zur Erstattung von Mehrkosten der Gewässerunterhaltung gemäß § 85 des Brandenburgischen Wassergesetzes verpflichtet sind oder denen der Verband im Rahmen seiner freiwilligen Aufgaben Pflichten abnimmt oder erleichtert. Diese Personengruppe ist als Verbandsmitglied verpflichtet, dem Verband jährlich die Beiträge zu zahlen die zur Erfüllung seiner Aufgaben und Verbindlichkeiten und zu einer ordentlichen Wirtschaftsführung erforderlich sind. Darüber hinaus ist sie zur Zahlung der festgesetzten Grundsteuer verpflichtet, mit der die Gemeinde F ... unter anderem die Kosten refinanziert, die ihr ihrerseits durch die Mitgliedschaft in den Wasser- und Bodenverbänden „U ... “, „S ... “ und „W ... “ entstehen.
Dem kann auch nicht der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) entgegengehalten werden. Danach sind Steuern Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen; womit auch die Grundsteuer nicht unmittelbar an die Kosten der erhebenden Gemeinde für die Gewässerunterhaltung aufgrund der Beitragszahlungen an die Verbände anknüpft soll (so die „Rechtliche Bewertung des Verbändevorschlags zur Novellierung wasserrechtlicher Vorschriften im Land Brandenburg“ des Parlamentarischen Beratungsdienstes des Landestages Brandenburg vom 20. Februar 2017, S. 15). Im Falle der Refinanzierung der Gewässerunterhaltung durch die Grundsteuer muss nämlich davon ausgegangen werden, dass die Grundsteuer insoweit eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellt. Mit der im Wege der Grundsteuer erfolgten Umlage korrespondiert nämlich ein „Vorteil“ der in Anspruch genommenen Grundsteuerpflichtigen. Dieser ist jedenfalls darin zu sehen, dass den Eigentümern der Flächen, die im Verbandsgebiet der Grundsteuer unterliegen, eine an sich ihnen selbst aufzuerlegende Unterhaltungspflicht abgenommen wird, wenn die Gemeinde Mitglied des Unterhaltungsverbandes ist (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2007 – 9 C 1/07 –, Rn. 33, juris; Landesverfassungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Juni 2015 – LVG 3/14 –, Rn. 106, juris). Ob hierdurch die Gemeinde bereits gemäß § 3 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) verpflichtet ist, die Refinanzierung der Kosten der Gewässerunterhaltung durch Umlage sicherzustellen, kann offenbleiben. Da aber somit der Grundsteuer insoweit ein konkreter Vorteil korrespondiert, als sie der Refinanzierung der Kosten der Gewässerunterhaltung dient, sind solche Grundsteuerpflichtigen einer unzulässigen steuerlichen Doppelbelastung ausgesetzt, die selbst Mitglieder in Wasser- und Bodenverbänden sind.
Die Hebesatzungen der Gemeinde F ... sehen offensichtlich auch keine Möglichkeit vor, diese Doppelbelastung zu verhindern. Eine solche ergibt sich auch nicht aus dem Grundsteuergesetz (GrStG). Das GrStG enthält in den §§ 32-34 GrStG lediglich spezialgesetzliche Erlassnormen für Kulturgüter bzw. die Möglichkeit des Erlasses im Falle wesentlicher Ertragsminderung um mehr als 50 Prozent. Ein Rückgriff auf die allgemeinen Erlassnormen der §§ 163, 227 AO scheitert bereits daran, dass die §§ 32-34 GrStG die Fälle der sachlichen Unbilligkeit der Grundsteuererhebung abschließend regeln (BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 1994 – 8 B 229/93 –, Rn. 5, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2001 – 2 S 1450/01 –, Rn. 30, juris).
c) Damit ist auch die Typisierung des Satzungsgebers dahingehend, dass sämtliche Grundsteuerpflichtigen durch einen erhöhten Grundsteuerhebesatz zur Refinanzierung der der Gemeinde entstehenden Kosten der Gewässerunterhaltung herangezogen werden, gleichheitswidrig und verstößt gegen Art. 3 GG. Nicht berücksichtigt wird vom Satzungsgeber bei dieser Regelung, dass bestimmte Grundsteuerpflichtige als Mitglied eines Wasser- und Bodenverbandes bereits Kosten für die Gewässerunterhaltung tragen und andere wiederum dies nicht tun. Zwar mag die Verwaltungsvereinfachung als Grund für diese Gleichbehandlung zweier ungleicher Vergleichsgruppen angeführt werden. Jedoch kann hier nicht angenommen werden, dass mit der gleichmäßigen Belastung sämtlicher Grundstückseigentümer mit einem Grundsteuerhebesatz, der ebenfalls die Kosten der Gewässerunterhaltung refinanziert, der Satzungsgeber sich realitätsgerecht am typischen Fall orientiert hat. Es ist weder erkennbar noch dargetan, dass der Grundstückseigentümer, der Mitglied in einem Wasser- und Bodenverband auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 GUVG ist, die Ausnahme darstellt, während der Grundstückseigentümer, der nicht Mitglied in einem Wasser- und Bodenverband ist, als typisierter Regelfall angesehen werden kann.
3. Im Übrigen hat die Gemeinde F ... durch die Refinanzierung der Kosten der Gewässerunterhaltung über die Grundsteuer in willkürlicher Weise ihr Satzungsermessen überschritten. Wie oben dargelegt, darf die Gemeinde bei der Festlegung des Hebesatzes keine grob unsachlichen, also evident willkürlichen Entschließungskriterien maßgeblich werden lassen.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass von solchen willkürlichen Entschließungskriterien etwa dann ausgegangen werden kann, wenn die durch die Erhöhung des Hebesatzes erzielten Mehreinnahmen nicht zur Erfüllung gemeindlicher Aufgaben erforderlich sind (Hessischer VGH, Beschluss vom 05. August 2014 – 5 B 1100/14 –, Rn. 10, juris; VG Köln, Urteil vom 02. Februar 2016 – 17 K 868/15 –, Rn. 46, juris). Nach Auffassung der Kammer muss diese Annahme umso mehr dann gelten, wenn die beabsichtigte Einnahme nicht nur nicht erforderlich ist, sondern gesetzlich überhaupt so nicht vorgesehen ist.
Hiervon muss im Falle der Refinanzierung der Kosten der Gewässerunterhaltung im Wege der Grundsteuer ausgegangen werden. In der Rechtsprechung wird angezweifelt, ob durch Grundstücke verursachte Lasten für die Gemeinde als Rechtfertigung für die Grundsteuer angeführt werden können (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2007 – 9 C 1/07 –, Rn. 36, juris; Landesverfassungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Juni 2015 – LVG 3/14 –, Rn. 106, juris). Hiergegen spricht insbesondere auch, dass durch die Finanzierung über die Grundsteuer das im Brandenburgischen Wassergesetz vorgesehene, ausdifferenzierte System der Finanzierung der Gewässerunterhaltung vollständig unterlaufen wird.
Auf der Grundlage des § 40 Abs. 1 Satz 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) obliegt die Unterhaltung oberirdischer Gewässer den Eigentümern der Gewässer, soweit sie nicht nach landesrechtlichen Vorschriften Aufgabe von Gebietskörperschaften, Wasser- und Bodenverbänden, gemeindlichen Zweckverbänden oder sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts ist. Der brandenburgische Landesgesetzgeber hat von der Ermächtigung in § 40 Abs. 1 Satz 1 WHG Gebrauch gemacht. So obliegt im Land Brandenburg gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BbgWG die Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung den Gewässerunterhaltungsverbänden nach dem Wasserverbandsgesetz und dem Gesetz über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden (GUVG). § 40 Abs. 1 Satz 3 WHG ermächtigt die Länder zudem für den Fall, dass eine Körperschaft nach Satz 1 unterhaltspflichtig ist, zu bestimmen, inwieweit Gewässereigentümer, die in Satz 2 genannten Personen, andere Personen, die aus der Unterhaltung Vorteile haben, oder sonstige Eigentümer von Grundstücken im Einzugsgebiet verpflichtet sind, sich an den Kosten der Unterhaltung zu beteiligen. Auch von der Ermächtigung des § 40 Abs. 1 Satz 3 WHG hat der brandenburgische Gesetzgeber Gebrauch gemacht, indem er gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BbgWG sämtliche Grundstückseigentümer in die Finanzierung der Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung durch die Gewässerunterhaltungsverbände eingebunden hat. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass jedes Grundstück schon allein infolge seiner Lage im Einzugsgebiet eines Gewässers den Zulauf von Wasser verursacht und damit die Gewässerunterhaltung erschwert (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2007 – 9 C 1/07 –, Rn. 34, juris). Mit der Übertragung der Gewässerunterhaltungspflicht auf die Gewässerunterhaltungsverbände korrespondiert zum einen die entsprechende Entlastung der Gewässereigentümer von der an sich ihnen obliegenden Unterhaltungslast. Zum anderen korrespondiert damit in Bezug auf die Grundstückseigentümer im Verbandsgebiet, die keine Gewässereigentümer sind, eine Entlastung von der Kostenbeteiligungspflicht gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 WHG gegenüber den Gewässereigentümern. In diesen Entlastungen liegt der Vorteil für sämtliche pflichtigen Grundstückseigentümer im zweistufigen Finanzierungssystem nach § 80 BbgWG, der die Belastung dieser Grundstückseigentümer mit der Refinanzierung der Verbandsbeiträge für die Unterhaltung von Gewässern II. Ordnung rechtfertigt. Der so verstandene Vorteil der pflichtigen Grundstückseigentümer wird durch die Regelung des § 30 Abs. 1 Wasserverbandsgesetz (WVG) verdeutlicht, wonach der Beitrag der Verbandsmitglieder und der Nutznießer sich u.a. nach dem Vorteil bemisst, den sie von der Aufgabe des Verbandes haben. (vgl. zum Ganzen: VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 24. Mai 2019 – 5 K 2522/17 –, Rn. 50, juris).
Die Gewässerunterhaltungsumlage wird mithin zusammenfassend sachlich dadurch gerechtfertigt, dass bei typisierender Betrachtung jedes Grundstück durch seine Lage im Einzugsgebiet eines Gewässers zu dessen Unterhaltungsbedarf beiträgt und die Grundstückseigentümer insoweit eine Lastengemeinschaft bilden (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Juni 2015 – OVG 9 B 20.13 –, Rn. 21, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Juni 2018 – OVG 12 B 3.18 –, Rn. 24, juris).
Werden dagegen die von der Gemeinde zu tragenden Gewässerunterhaltungsbeiträge über die Grundsteuer refinanziert und ist die fragliche Gemeinde, wie auch F ..., Mitglied in mehreren Wasser- und Bodenverbänden, so kommt der überkommene Grundsatz der Lastengemeinschaft nicht mehr zum Tragen. Der in der Grundsteuer enthaltene Refinanzierungsbetrag wird dann unabhängig von dem Vorteil festgesetzt, der dem Grundstückseigentümer aus dem Umstand erwächst, dass die Gemeinde für ein bestimmtes Grundstück Mitglied im jeweiligen Wasser- und Bodenverband ist. Sind die Beiträge der Wasser- und Bodenverbände, in denen die Gemeinde Mitglied ist, unterschiedlich hoch, zahlen nämlich sämtliche pflichtige Personen einen verbandsunabhängigen, nivellierten Betrag. Für eine derartige Refinanzierung der Gewässerunterhaltungsbeiträge ist der in § 79 Abs. 2 Satz 1 BbgWG verwendete Begriff der anderen „Art der Finanzierung“ keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage, auch wenn die amtliche Begründung zu § 80 BbgWG dies ausdrücklich suggeriert (vgl. amtliche Begründung des Gesetzes vom 23.April 2008 (GVBl. I S. 62), S. 102). Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass nicht erkennbar ist, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers die in § 80 Abs. 2 BbgWG eingeführte Möglichkeit der „anderen Art der Finanzierung“ unabhängig von dem Grundsatz der Lastengemeinschaft ausgestaltet werden kann. Vielmehr muss angenommen werden, dass die „andere Art der Finanzierung“ eine solche sein muss, die bei Refinanzierung des Gewässerunterhaltungsbeitrags den tatsächlichen Vorteil des Grundstückseigentümers berücksichtigt, der ihm aus der Tätigkeit des Wasser- und Bodenverbandes zukommt. Im Falle der Refinanzierung über die Grundsteuer ist dies, wie dargestellt, eindeutig nicht gegeben.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).
C. Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren wird gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt, weil es dem Kläger aus der Sicht einer verständigen, rechtsunkundigen Partei nicht zuzumuten war, den Rechtsstreit ohne anwaltliche Hilfe zu führen.
D. Die Berufung wird gemäß § 124a Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zugelassen, da das Urteil hinsichtlich Refinanzierung der Kosten der Gewässerunterhaltung im Wege der Grundsteuer von dem Beschluss des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 23. März 2010 – OVG 9 N 55.09 – abweicht und auf dieser Abweichung beruht.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes auf 2.852,84 Euro festgesetzt.