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Pflegebedürftigkeit - Antrag nach altem Recht - Streitgegenstand - sozialrechtlicher Herstellungsanspruch


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 30. Senat Entscheidungsdatum 22.04.2021
Aktenzeichen L 30 P 12/18 ECLI ECLI:DE:LSGBEBB:2021:0422.L30P12.18.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 140 SGB 11

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Leistungen der Pflegeversicherung bereits seit Stellung seines ersten Leistungsantrages im Jahr 2015 für die Zeit bis 12. Juni 2018. Die Beklagte gewährt dem Kläger auf eine erneute Antragstellung seit 13. Juni 2018 Leistungen aus der Pflegeversicherung nach dem Pflegegrad 3.

Der am 4. April 1953 geborene verheiratete Kläger ist bei der Beklagten pflegepflichtversichert (Versicherungsnummer: ). Bei ihm sind ein Grad der Behinderung von 100 und die Merkzeichen G, B und seit 20. Oktober 2017 auch die Merkzeichen aG und T festgestellt.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2015 beantragte der im streitgegenständlichen Zeitraum zusammen mit seiner Ehefrau in einem Einfamilienhaus, bei dem sich der Wohnbereich über zwei Etagen erstreckt, lebende Kläger die Gewährung von Pflegegeld für die Pflege durch seine Ehefrau.

Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) von dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. In diesem nach einem Hausbesuch am 29. Oktober 2015 erstellten Gutachten führte die begutachtende Pflegefachkraft Bals pflegebegründende Diagnose eine COPD (chronic obstructive pulmonary disease <chronisch obstruktive Lungenerkrankung>) mit Dyspnoe nach geringster Belastung, Rückenschmerzen, leichte kognitive Funktionseinschränkungen, Lungenemphysem, Zustand nach Spontan-Pneumothorax links 2010, Zustand nach Wirbelkörperfraktur BWK 10/11, operative Therapie 1998, Zustand nach Parotis-Teilresektion 2011, Morbus Dupuytren links und Zustand nach Plattenepithel Karzinom am linken Ohr an. Die Gutachterin beschreibt einen stabilen Allgemeinzustand, einen mäßigen Kräftezustand und einen ausreichenden Ernährungszustand. Beim Duschen benötige der Kläger aufgrund der eingeschränkten Belastbarkeit Hilfe bei der Pflege des Rückens und des Unterkörpers sowie Unterstützung bei der Haarwäsche. Rasur, Kämmen und Toilettengänge könne der Kläger ohne Hilfe verrichten. Bei der Ernährung werde keine Hilfe benötigt. Bei der Mobilität sei zu berücksichtigen, dass er Hilfe beim täglichen Ein- und Ausstieg in bzw. aus der Badewanne benötige. Aufstehen, Zubettgehen sowie Gehen könne der Kläger allein. Auch beim An- und Auskleiden werde keine Hilfe benötigt.

Der MDK stellte letztlich bei dem Versicherten einen Pflegebedarf in der Grundpflege i.H.v. 14 Minuten/täglich (Körperpflege 12 Minuten/täglich für Teilunterstützung beim Duschen und Mobilität 2 Minuten/täglich <Transfer beim Ein- und Ausstieg in die Badewanne>) und in der Hauswirtschaft i.H.v. 43 Minuten/täglich fest. Die Alltagskompetenz sei nicht erheblich eingeschränkt.

Mit Bescheid vom 3. November 2015 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung ab. Zum Zeitpunkt der Begutachtung sei in der Grundpflege im Tagesdurchschnitt ein Hilfebedarf mit einem Zeitaufwand von 14 Minuten und in der hauswirtschaftlichen Versorgung von 43 Minuten ermittelt worden. Damit umfasse der Hilfebedarf der Grundpflege nicht mehr als 45 Minuten am Tag; dies sei jedoch Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach der Pflegestufe I.

Die vom Kläger bevollmächtigte Ehefrau erhob hiergegen für ihn Widerspruch mit Schreiben vom 3. Dezember 2015, den sie mit Schreiben vom 13. März 2016 begründete. Um die Pflege des Klägers bewerkstelligen zu können, habe sie seit Februar 2016 Urlaub genommen und werde ab 1. April 2016 in den vorzeitigen Ruhestand treten. Der Kläger verfüge nur noch über ein vermindertes Lungenvolumen i.H.v. 24 % und benötige immer wieder kleine Pausen, um Luft zu holen. Sie verabreiche täglich Fußbäder wegen der schmerzhaften Dornwarzen und führe zweimal täglich Klopfmassagen durch. Zweimal wöchentlich fahre sie ihn zur Physiotherapie. Hinzu kämen weitere Fahrten zu Ärzten. Der Kläger sei stark depressiv. Weiter reichte sie ein Pflegetagebuch für den Zeitraum vom 6. bis 13. März 2016 ein.

Die Beklagte veranlasste daraufhin eine erneute Begutachtung durch den MDK. Die Pflegefachkraft S bestätigte in ihrem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 30. März 2016 vollumfänglich die Ergebnisse des vorangegangenen Gutachtens. Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2016 den Widerspruch des Klägers zurück.

Am 1. August 2016 (einem Montag) hat der Kläger, vertreten durch seine Ehefrau, bei dem Sozialgericht (SG) Berlin Klage erhoben und Leistungen entsprechend der Pflegestufe I begehrt. Zur Begründung der Klage ist auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren verwiesen worden. Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt, und zwar von dem Pneumologen S vom 9. November und 22. Dezember 2016 (Konsultationen halbjährlich in Begleitung der Ehefrau, wegen sofortigen Beschwerden bei geringster Anstrengung Unterstützung erforderlich bei Körperpflege und Mobilität, u.a. mit Berichten über eine Maßnahme der stationären Rehabilitation in der Ostseeklinik S vom 7. bis 28. Mai 2015 <Entlassung mit vollschichtigem Leistungsvermögen für zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sachbearbeiter>, auch über einen stationären Aufenthalt im V Klinikum N wegen einer Bronchoskopie vom 6. bis 9. September 2016), von dem Orthopäden G vom 2. November und 23. Dezember 2016 (wöchentlich bis monatlich Konsultationen, kein Hilfebedarf bei der Grundpflege mit Bericht über einen stationären Aufenthalt im V Klinikum S vom 19. bis 20. September 2016 wegen einer durch den Morbus Dupuytren bedingten Operation der Hand), von der Physiotherapeutin M vom 31. Oktober und 11. Dezember 2016 (Begleitung der Ehefrau wegen Atemnot erforderlich) und von der Praxis für Physiotherapie „B vom 13. November und 14. Dezember 2016 (Behandlung zwei- bis viermal wöchentlich, Belastungsdyspnoe bei Tätigkeiten mit durchschnittlicher körperlicher Belastung).

Das SG Berlin hat den Arzt Dr. H mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser hat den Kläger in seinem Haus am 30. Mai 2017 aufgesucht und in seinem Gutachten vom 3. Juni 2017 als pflegebegründende Diagnosen eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung mit Atemnotbeschwerden bei geringer Belastung, Notwendigkeit einer bis zu 18 Stunden andauernden Sauerstofflangzeittherapie, aktuell Narbenhernie bei Zustand nach mehreren Bauchoperationen mit Beeinträchtigung der Atemmechanik (offene Bauchwandwundenversorgung, geplante plastische Deckung am 1. Juni 2017), Zustand nach Brustwirbelkörperfraktur der BWK 10 und 11 im Jahre 1998 (BG-Fall, Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit: 30), leichte bis mittelgradige Beeinträchtigung der Beugefähigkeit der Wirbelsäule ohne neurologische Ausfälle sowie Dupuytren‘sche Kontrakturen der Finger 5 rechts und links mit kompletter Beugekontraktur des Kleinfingers links ohne relevante Beeinträchtigung der Greiffähigkeit und Feinbeweglichkeit festgestellt. Die Gesundheitssituation habe sich aktuell wegen der durchgeführten Bauchoperationen und der noch nicht geschlossenen Bauchwandlücke verändert. Dies habe zu einer Zunahme der Atembeschwerden geführt. Der Kläger klage trotz der Versorgung mit zwei Sauerstoffkonzentratoren (ein stabiles Gerät und ein leichtes Tragegerät) über Atembeschwerden. Er könne spontan seinen Kopf und auch den Oberkörper normal bewegen, sich leicht nach vorne beugen und auch sitzend den rechten Fuß am Fußrücken mit der linken Hand erreichen. Das Greifvermögen sowie die Feinbeweglichkeit beider Hände seien normal. Eine Werkzeugstörung der Arme und Hände liege nicht vor. Überkopf-, Nacken- und Schürzengriff seien möglich.

Im Bereich der Körperpflege hat der Gutachter (bei verbleibender Möglichkeit zur eigenständigen Säuberung des Oberkörpers, des Gesichts, der Arme und Hände) einen Unterstützungsbedarf bei der Ganzkörperpflege (Unterkörper) mit 10 Minuten/ täglich festgestellt. Im Bereich Ernährung bestehe ein Hilfebedarf bei dem Voröffnen einer geschlossenen Mineralwasserflasche von 1 Minute/täglich. Im Bereich der Mobilität bestehe ein Bedarf für Teilhilfe beim An-/Auskleiden (v.a. bei Kleidungsstücken, welche über die Füße gezogen werden müssten) von 8 Minuten/täglich und beim Treppensteigen von 3 Minuten/täglich für das Positionieren eines Schemels zum Ausruhen. Beim Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung werde hingegen keine Hilfe benötigt. Der Kläger sei in der Lage, unter Benutzung seines Sauerstoffkonzentrators die kurze Strecke vom pflegerelevanten Wohnbereich bis zum Auto zu bewältigen und auch am Therapieort auszusteigen und diesen zu erreichen. Der Gesamthilfebedarf betrage täglich 22 Minuten. Der Hilfebedarf habe sich geringgradig gegenüber der Vorbegutachtung akzentuiert, sei jedoch nicht pflegestufenrelevant.

Die Ehefrau des Klägers ist dem Gutachten entgegen getreten. Das Gutachten werde der schweren Erkrankung ihres Ehemannes (COPD IV und einem Restlungenvolumen von 25 %) und den daraus folgenden Einschränkungen nicht gerecht. Sie hat außerdem u.a. ein Attest des behandelnden Pulmologen S vom 3. Juli 2017 eingereicht.

Nach Anhörung der Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 12. Januar 2018 die Klage mit dem zugrunde gelegten Antrag des Klägers, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 3. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2016 Leistungen der Pflegestufe I ab Antragstellung zu gewähren, abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegestufe I, die Bescheide des Beklagten vom 3. November 2015 und 30. Juni 2016 seien nicht zu beanstanden. Voraussetzung für einen Pflegebedarf nach Pflegestufe I sei, dass bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität (sogenannte Grundpflege) für mindestens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich ein Hilfebedarf bestehe und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt werde. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegefachkraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötige, müsse wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssten auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen.

Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Das Gericht folge der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Hin dessen Gutachten vom 3. Juni 2017. Dieser komme nach Auswertung der ihm überlassenen Verwaltungs- und Gerichtsakten und nach einer Untersuchung des Klägers in Anwesenheit seiner Ehefrau in der Wohnung zu dem Ergebnis, dass der Kläger im Bereich der Grundpflege einen Hilfebedarf von 22 Minuten am Tag und im Bereich der Hauswirtschaft von 45 Minuten am Tag habe.

Die Einwände des Klägers würden im Ergebnis nicht überzeugen. Es komme nicht auf die Schwere der Erkrankung an, sondern ausschließlich auf den Hilfebedarf. Die geschilderte aufwändige medizinische Pflege im Zusammenhang mit den Folgen der Bauchoperation seien vom Sachverständigen erkannt und gewürdigt worden. Diese seien jedoch der Behandlungspflege - und damit dem Bereich der Krankenversicherung - und nicht der Pflegeversicherung zuzuordnen.

Auch aus den eingereichten Befundberichten ergebe sich keine andere Einschätzung. Soweit dort ein Hilfebedarf gesehen werde, sei dies vom Sachverständigen berücksichtigt worden. Bezüglich der Begleitung zur Physiotherapie habe zwar die Physiotherapeutin M eine Begleitung für notwendig erachtet, während die Physiotherapiepraxis „B eine Begleitung nur für weite Gänge und Ausflüge für notwendig erachtet habe. Der Sachverständige Dr. H sei hingegen zu der Einschätzung gelangt, dass der Kläger noch in der Lage sei, unter Benutzung seines Sauerstoffkonzentrators die kurzen Strecken zum Auto und vom Auto zur Physiotherapiepraxis zu gehen. Dies sei plausibel, weil der Kläger selbst auch nicht vortrage, er benötige Begleitung. Dem im Widerspruchsverfahren eingereichten Pflegetagebuch sei dies nicht zu entnehmen.

Gegen den ihm am 27. Januar 2018 zugestellten Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 12. Januar 2018 hat der Kläger, nunmehr fachkundig vertreten, am 1. Februar 2018 Berufung eingelegt. Die von der Beklagten eingeholten Gutachten und das gerichtliche Sachverständigengutachten würden den tatsächlichen Hilfebedarf nicht zutreffend darstellen. Insoweit werde auf das bisherige Vorbringen Bezug genommen. Der Kläger hat weiter ein Pflegetagebuch für den 4. Februar 2018 eingereicht über den Pflegebedarf unter Berücksichtigung des ab 1. Januar 2017 maßgeblichen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eine Stellungnahme seiner Ehefrau, wonach er rund um die Uhr auf ihre Hilfe angewiesen sei. Sie mache alles für ihn; er könne nichts mehr selbständig verrichten.

Am 2. Mai 2018 begab sich der Kläger erneut in stationäre Behandlung und teilte dies mit Schriftsatz vom 25. Mai 2018 mit. Er wurde dort zeitweise intensivmedizinisch betreut und langzeitbeatmet. In dem Entlassungsbericht des M Krankenhauses über den stationären Aufenthalt vom 2. Mai 2018 bis 12. Juni 2018 werden als Diagnosen aufgeführt: große Bauchwandhernie mit Wundheilungsstörung und instabiler Narbe, Zustand nach Sigmaresektion bei gedeckt perforierter Sigmadivertikulitis am 30. Juni 2016 mit mehrfachen Revisionen und frustranen Netzimplantationen (4x) und multiplen operativen Wundrevisionen sowie prolongierte Nachblutung im Bereich der Lappenplastikentnahmestelle nach Operation vom 9. Mai 2018. Als Nebendiagnosen werden genannt: Zustand nach respiratorischer Insuffizienz bei Pneumonie, chronische Subileussymptomatik, Zustand nach hämodynamischer Instabilität – Katecholamintherapie, Zustand nach Niereninsuffizienz, COPD Gold C, Lungenemphysem, Zustand nach Ventilimplantation Oberlappen links 10/2016, Zustand nach Infektexacerbation Zustand nach Nikotinabusus 80 PJ bis 2009 und Asbestexposition, Fettleber.

Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2018 hat der Beklagte den Kläger darauf hingewiesen, dass er einen neuen Antrag auf Pflegeleistungen stellen solle, damit diese nach Entlassung aus dem Krankenhaus zur Verfügung gestellt werden könnten.

Der Kläger stellte am 13. Juni 2018 einen neuen Antrag auf Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung. Wegen seines Lungenleidens war er erneut vom 20. Juni bis 23. Juni 2018 in stationärer Behandlung. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den MDK. Die Pflegefachkraft K suchte den Kläger am 4. Juli 2018 in seiner häuslichen Umgebung auf und fand ihn bei reduziertem Kraftzustand im Pflegebett liegend vor. Dabei stellte die Gutachterin einen feinschlägigen Aktionstremor der oberen Extremitäten und eine gestörte Feinmotorik beider Hände fest. Die Selbständigkeit sei eingeschränkt bei Verschlüssen, Zahnpflege, Kämmen der Haare, Richten der Kleidung und Öffnen von Dosen und Flaschen. Feste Mahlzeiten müssten kleingeschnitten werden. Positionswechsel im Bett sei selbständig möglich. Drehen/Aufrichten aus dem Liegen sei mit punktueller personeller Unterstützung möglich. Aufstehen aus sitzender Position sei mit hohem Kraftaufwand durch eine Pflegeperson möglich. Gehen sei mit personeller Unterstützung möglich, es bestehe ein Sturzrisiko. Treppensteigen sei nicht möglich. Transfer in die Badewanne sei mit personeller Hilfe möglich. Freies Sitzen sei möglich, Stehen mit zweihändigem Festhalten. Bei geringster Belastung sei Atemnot feststellbar. Die Stimmungslage sei depressiv gefärbt. Die Gutachterin stellte im Modul 1: Mobilität einen Hilfebedarf mit 7,5 gewichteten Punkten, im Modul 4: Selbstversorgung einen Hilfebedarf mit 30 gewichteten Punkten, im Modul 5: Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen einen Hilfebedarf von 5 gewichteten Punkten, im Modul 6: Gestaltung des Alltagsleben und sozialer Kontakte mit 11,25 gewichteten Punkten, insgesamt 53,75 gewichteten Punkten und damit die Voraussetzung des Pflegegrades 3 fest.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. Juli 2018 Leistungen aus der Pflegeversicherung in Gestalt von Pflegegeld nach dem Pflegegrad 3 seit dem 13. Juni 2018.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger sodann sein Begehren mit Schriftsatz vom 20. Juli 2018 auf die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung für die Zeit von der erstmaligen Antragstellung bis zur Zuerkennung des Pflegegrades 3 beschränkt. Bis zur Gewährung von Leistungen des Pflegegrades 3 habe zumindest die Pflegestufe I vorgelegen. Er sei nicht erst im Sommer 2018 krank und hilfebedürftig geworden. Vielmehr sei er bereits seit der ersten Antragstellung im hohen Maße auf Hilfe durch seine Ehefrau angewiesen gewesen. Die Ehefrau des Klägers hat sich nochmals kritisch zu den Feststellungen des gerichtlich bestellten Gutachters Dr. H geäußert.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit schriftlicher Entscheidung erklärt.

Mit Schreiben vom 17. September 2020 hat die Berichterstatterin darauf hingewiesen, dass sich die geltend gemachten Leistungsansprüche aus der Pflegeversicherung bis zum 31. Dezember 2016 nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden alten Recht richten würden. Insofern liege eine zeitnahe Begutachtung vor, wonach die Voraussetzungen nach der Pflegestufe I nach alter Rechtslage nicht vorgelegen hätten. Für den anschließenden Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 12. Juni 2018 gehe das Gericht davon aus, dass hierüber nicht zu entscheiden sei, weil durch den Systemwechsel mit der Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs ein unter altem Recht gestellter Antrag nicht als Antrag nach neuem Recht gesehen werden könne. Es werde angefragt, ob sich die Beteiligten dahingehend einigen könnten, dass der Kläger sich im vorliegenden Verfahren beschränke auf den Zeitraum bis 31. Dezember 2016 und sich der Beklagte bereit erkläre, über den Antrag des Klägers vom 22. Oktober 2015 für die Zeit ab 1. Januar 2017 gesondert zu entscheiden. Der Kläger hat dem widersprochen.

Der Senat hat zunächst zu einem Termin zur mündlichen Verhandlung am 18. Februar 2021 geladen, der wegen der Pandemielage aufgehoben wurde. Mit Schreiben vom 4. Februar 2021 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtigt, im Wege schriftlicher Entscheidung zu entscheiden.

Dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers ist der sachgerechte Antrag zu entnehmen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Januar 2018 und den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Leistungen nach der Pflegestufe I bzw. nach dem Pflegegrad 2 in Form von Pflegegeld vom 22. Oktober 2015 bis 12. Juni 2018 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die angegriffenen Entscheidungen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe zutreffend die Voraussetzungen der Pflegestufe I verneint.

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (2 Bände) und der Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>); die Beteiligten sind nach der Abladung des zunächst geladenen Termins zur mündliche Verhandlung am 18. Februar 2021 auf die Absicht des Senats, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, hingewiesen worden.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs.1 Satz 1, Abs. 4 SGG) zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht für den Zeitraum bis 31. Dezember 2016 abgewiesen, weil die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht vorlagen (hierzu 1.). Auch soweit es die Klage für den Zeitraum ab 1. Januar 2017 abgewiesen hat, ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden (hierzu 2.).

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der vorinstanzliche Gerichtsbescheid des SG vom 12. Januar 2018 und der Bescheid der Beklagten vom 3. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2016 und die damit erfolgte Entscheidung über einen geltend gemachten Anspruch von Geldleistungen nach der Pflegestufe I gemäß §§ 14 ff. des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der vom 11. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 2016 geltenden und hier anzuwendenden Fassungen des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz – PflegeVG vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 2014 – im Folgenden a.F.).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen nach der Pflegestufe I für den Zeitraum von der (ersten) Antragstellung im Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2016. Die Feststellung des Vorliegens von Pflegebedürftigkeit oder einer erheblich eingeschränkten Alterskompetenz nach § 45a SGB XI in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung erfolgt jeweils auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Antragstellung (hier Oktober 2015) geltenden Rechts. Der Erwerb einer Anspruchsberechtigung auf Leistungen der Pflegeversicherung richtet sich ebenfalls nach dem zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht (§ 140 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XI in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung des 2. Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung zur Änderung weiterer Vorschriften (2. Pflegestärkungsgesetz – PSG II vom 21. Dezember 2015 – BGBl. I, S. 2424). Dies gilt nach der Gesetzesbegründung für das gesamte Verfahren von der Antragstellung über das Widerspruchs- bis zum sozialgerichtlichen Verfahren (BT-Drs. 18/5926, S. 140). Daraus folgt, dass Entscheidungen, die die ab dem 1. Januar 2017 geltende Rechtslage betreffen, nicht zulässiger Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, der sich mit der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Rechtslage zu befassen hat, sind (vgl. bereits Urteil des Senats vom 9. Mai 2019 – L 30 P 59/17, unveröffentlicht, ferner Landessozialgericht <LSG> Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. November 2017 – L 1 P 8/15, juris Rn. 35; a.A. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. März 2021 – L 6 P 8/17, juris Rn. 43 ff. – und Beschluss vom 6. August 2018 – L 6 P 5/18 B PKH juris Rn. 11,). Insofern handelt es sich bei dem Bescheid vom 5. Juli 2018, mit dem dem Kläger ab 13. Juni 2018 Pflegeleistungen nach dem Pflegegrad 3 bewilligt wurden, um einen Folgebescheid, der nicht nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des laufenden Verfahrens geworden ist, weil er – unabhängig davon, dass er auf einen Neuantrag ergangen ist – einen anderen Streitgegenstand, nämlich Leistungen nach der ab 1. Januar 2017 geltenden Rechtslage, betrifft (vgl. Klein in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 96 SGG Rn. 36). Daher kann auch die Klage auf Leistungen für die Zeit nach dem 1. Januar 2017 keinen Erfolg haben (dazu 2.).

Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger hat bis zum 31. Dezember 2016 keinen Anspruch auf Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I, da für den gesamten Zeitraum von Antragstellung im Oktober 2015 bis 31. Dezember 2016 der für die Pflegestufe I erforderliche Grundpflegebedarf von mehr als 45 Minuten nicht ersichtlich ist.

Gemäß § 36 ff. SGB XI a.F. haben Pflegebedürftige bei häuslicher Pflege Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Diese erhalten sie auf Antrag (§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB XI) ab Antragstellung, frühestens jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen (§ 33 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI a.F. können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch auf Pflegegeld setzt somit Pflegebedürftigkeit voraus.

Pflegebedürftig im Sinne des SGB XI a.F. sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichen oder höherem Maße (§ 15 SGB XI a.F.) der Hilfe bedürfen (§ 14 Abs. 1 SGB XI a.F.). Gemäß § 14 Abs. 4 SGB XI a.F. sind gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Sinne des Absatzes 1

1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung,

2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung,

3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und wieder Aufsuchen der Wohnung,

4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.

Nach § 15 Abs. 1 SGB XI a.F. sind für die Gewährung von Leistungen nach diesem Gesetz pflegebedürftige Personen (§ 14 SGB XI a.F.) einer der folgenden drei Pflegestufen zuzuordnen:

o Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

o Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

o Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

Schließlich muss nach § 15 Abs. 3 SGB XI a.F. der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt

o in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen,

o in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen,

o in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen.

Nach diesen Regelungen hatte der Kläger keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen zur Pflegestufe I, weil eine erhebliche Pflegebedürftigkeit im Sinne von § 15 SGB XI a.F. in dem hier maßgeblichen Zeitraum vom Oktober 2015 bis 31. Dezember 2016 nicht festgestellt werden kann.

Der Senat folgt vielmehr – wie das SG in der angegriffenen Entscheidung – der Einschätzung des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. H in seinem Gutachten vom 3. Juni 2017, wonach bei dem Versicherten nur ein durchschnittlicher täglicher Pflegebedarf in der Grundpflege von insgesamt 22 Minuten bestand. Dieses zeitnah – ein knappes halbes Jahr nach Ablauf des zu entscheidenden Zeitraums – erstellte Gutachten kann hier herangezogen werden, da die Leiden des Klägers progredient verlaufen. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Hilfebedarf zwischen der ersten Antragstellung im Oktober 2015 und der Begutachtung 2017 zwischenzeitlich vergrößert und sodann wieder verringert haben könnte, sind nicht ersichtlich. Dr. H hat den Kläger in seiner häuslichen Umgebung aufgesucht, eine ausführliche Anamnese erhoben und eine umfassende Untersuchung durchgeführt. In Kenntnis der vorgelegten Unterlagen und der gewonnenen persönlichen Eindrücke entwickelt Dr. H angesichts der zahlreichen Erkrankungen des Klägers vor allem auf internistischem und orthopädischem Gebiet einen Hilfebedarf des Klägers, der deutlich nicht den die Gewährung von Leistungen der Pflegestufe I begründenden Umfang von 45 Minuten/täglich erreicht. Dabei schildert Dr. H nachvollziehbar, dass der Kläger trotz Versorgung mit Sauerstoffgeräten noch in der Lage war, sich im Haus unter Einschluss der Treppe selbständig zu bewegen. Beeinträchtigungen der Greiffähigkeit werden nicht beschrieben. Die Beweglichkeit sei noch in einem Umfang vorhanden gewesen, dass er lediglich für das Waschen des Unterkörpers Hilfe benötigt habe. Dies begründet nachvollziehbar einen Unterstützungsbedarf im Bereich der Körperpflege beim Duschen von 10 Minuten für das Waschen des Unterkörpers, im Bereich der Ernährung für die mundgerechte Zugbereitung einen Hilfebedarf von 1 Minute/täglich für das Öffnen von Mineralwasserflaschen und im Bereich des Mobilität beim An- und Auskleiden von Kleidungsstücken, die über die Füße gezogen werden müssen, von 8 Minuten/täglich sowie beim Treppensteigen von 3 Minuten/täglich für das Positionieren eines Schemels. Nachvollziehbar ist auch das Verneinen eines Hilfebedarfs beim Verlassen der Wohnung. Der Kläger war auch mit einem mobilen Sauerstoffgerät ausgerüstet, mit dem er nach dem in der Untersuchung gewonnenen Eindruck des Gutachters in der Lage war, die kurzen Strecken vom Haus zum Auto und vom Auto in die Physiotherapiepraxis ohne Hilfe zu gehen.

Dieses Gutachten steht im Einklang mit den im Verwaltungsverfahren von dem MDK eingeholten Gutachten vom 29. Oktober 2015 und 30. März 2016, die nachvollziehbar bei noch besserem Allgemeinzustand und besserer Beweglichkeit des Klägers nur bei der Dusche und beim Transfer in die Badewanne einen Hilfebedarf und damit insgesamt einen geringeren Hilfebedarf gesehen hatten.

Soweit die Ehefrau in ihren Anmerkungen zu dem Gutachten von Dr. H versucht, ein anderes Bild der Hilfebedürftigkeit des Klägers zu zeichnen, kann dies nicht zu einer anderen Einschätzung führen. Soweit sie geltend macht, dass sie alle Tätigkeiten für den Kläger übernehme, kann dies keine andere Beurteilung begründen. Maßgeblich ist die objektiv bestehende Notwendigkeit der Hilfestellung und insoweit hat Dr. H nachvollziehbar unter Würdigung der vorgelegten medizinischen Unterlagen und seiner eigenen, in der Untersuchung auch durch Beobachtung des Klägers gewonnenen Erkenntnisse noch ein Selbsthilfepotential des Klägers aufgezeigt, welches auszuschöpfen ist. Ärztliche Befunde, die die von der Ehefrau genannte schwere Depression belegen könnten, fehlen. Bei der Begutachtung hatte der Kläger lediglich angegeben, dass es ihn schon belaste, dass er überhaupt nichts mehr machen könne und zu nichts mehr fähig sei. Anhaltspunkte für eine schwerwiegende psychische Erkrankung, die geeignet gewesen wären, einen höheren Hilfebedarf zu begründen, lagen damit nicht vor.

2. Der Kläger hat auch für den weiter streitbefangenen Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 12. Juni 2018 keinen Anspruch auf Gewährung von Pflegeleistungen nach dem seit 1. Januar 2017 geltenden Recht.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus den Überleitungsvorschriften des § 140 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB XI. Weder war bei ihm das Vorliegen einer Pflegestufe im Sinne der §§ 14 und 15 SGB XI in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung oder einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung festgestellt worden (Nr. 1) noch lagen bei ihm – wie bereits ausgeführt - spätestens am 31. Dezember 2016 alle Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine regelmäßig wiederkehrende Leistung der Pflegeversicherung vor (Nr. 2).

Zwar bestimmt § 140 Abs. 1 SGB XI, dass der Zeitpunkt der Antragstellung für den Rechtszustand bei der Entscheidung über einen Leistungsantrag maßgebend ist und danach für Anträge, die bis zum 31. Dezember 2016 bei der Pflegeversicherung eingegangen sind, der bis zu diesem Zeitpunkt geltende Rechtszustand auch dann anzuwenden ist, wenn die Verwaltungsentscheidung erst später ergangen ist (Udsching in: Udsching/Schütze, SGB XI, 5. Aufl. 2018, § 140 SGB XI Rn. 3). Dies führt indes nicht dazu, dass auch bei einem Eintritt der Pflegebedürftigkeit erst nach dem 1. Januar 2017 das vor dem 31. Dember 2016 maßgebliche Recht weiterhin Anwendung findet, denn § 140 Abs. 2 Satz 1 SGB XI knüpft die Rechtsgeltung daran an, dass Leistungen bis zum 31. Dezember 2016 hätten beansprucht werden können und bewertet nur den Umstand, dass ggf. darüber noch keine Entscheidung vorliegt, als unerheblich (Meßling in Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB XI, 2. Aufl. § 140 SGB XI <Stand 25. Januar 2021> Rn. 17.2).

Auch eine analoge Anwendung des § 140 Abs. 2 SGB XI (so das SG Darmstadt, Urteil vom 8. März 2019 – S 31 P 103/16, juris) scheidet aus. Insoweit steht der eindeutige Wortlaut der Übergangsvorschrift entgegen, der auf das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 2016 abstellt (Hessisches LSG, Urteil vom 24. Juni 2020 – L 6 P 18/19, juris Rn. 59, Revision beim Bundessozialgericht <BSG> anhängig B 3 P 6/20 R; zustimmend: Roth in Hauck/Noftz, SGB XI § 140 SGB XI <Stand 03/21>Rn. 8b, a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. Dezember 2019 – L 5 P 2/19, juris Rn. 33, Revision beim BSG anhängig B 3 P 2/20 R).

Der Kläger hat einen Antrag auf Leistungen nach dem neuen Recht erst am 13. Juni 2018 gestellt. Leistungen der Pflegeversicherung werden nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB XI auf Antrag erbracht, so dass eine Leistungsgewährung nicht vor dem 13. Juni 2018 in Betracht kommt, denn der unter Geltung alten Rechts gestellte Antrag vom 22. Oktober 2015 wirkt nicht fort (hierzu a.), und der Kläger kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so gestellt werden, als ob er schon zu einem früheren Zeitpunkt einen Antrag nach neuem Recht gestellt hätte (hierzu b.).

a.) Der vom Kläger im Oktober 2015 gestellte Antrag auf Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I ist kein Antrag auf Gewährung von Pflegegeld nach dem ab dem 1. Januar 2017 geltenden Recht. Unter Heranziehung des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/22 R juris Rn. 32) hat das Hessische LSG im Urteil vom 24. Juni 2020 (a.a.O, juris Rn. 79 ff.) hierzu ausgefüht:

„Hier ist Streitgegenstand allein ein Antrag auf Pflegegeld nach altem Recht, der an den alten Pflegebedürftigkeitsbegriff anknüpft. Der dem klägerischen Begehren zugrundeliegende Lebenssachverhalt ist ein Antrag nach altem Recht, der nur bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Überleitungsbestimmung des § 140 SGB XI zum Klageziel eines Pflegegeldes nach Pflegegrad 2 nach neuem Recht hätte führen können.

Mit dem Inkrafttreten des neuen Pflegeversicherungsrechts zum 1. Januar 2017 fand ein Systemwechsel statt, es wurde ein neuer Begriff der Pflegebedürftigkeit eingeführt. Dieser orientiert sich erklärtermaßen nicht mehr vornehmlich an körperlichen Defiziten. Vielmehr ersetzen fünf für alle Pflegebedürftigen einheitlich geltende Pflegegrade das bisherige System der drei Pflegestufen und der zusätzlichen Feststellung von erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (insbesondere Demenz). Die bisherigen Leistungen für Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (§§ 45a ff. SGB XI a.F.) werden in das reguläre Leistungsrecht integriert. Alle Pflegebedürftigen erhalten damit einen einheitlichen Zugang (Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-​SGB XI, 2. Aufl., § 14 SGB XI [Stand: 13.06.2019] Rn. 11).

Anträge auf Pflegegeld nach altem Recht wirken infolge dieses Systemwechsels nur bis zum 31. Dezember 2016 fort, aber nicht darüber hinaus. Während § 37 SGB XI a.F. Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe I, II oder III zur Tatbestandsvoraussetzung hat, verlangt § 37 SGB XI in der ab 1. Januar 2017 geltenden Fassung, dass der Anspruchsinhaber pflegebedürftig nach dem Pflegegrad 2, 3, 4, oder 5 ist. Damit ist ein Antrag auf Pflegegeld bis zum 31. Dezember 2016 in der Sache auf ein Aliud, nämlich die Feststellung einer Pflegestufe nach altem Recht und nicht auf die Feststellung eines Pflegegrades nach neuem Recht gerichtet. Die Systemänderung hat zur Folge, dass ein nach altem Recht gestellter und beschiedener Antrag mit dem Außerkrafttreten dieses Rechts verbraucht ist und nicht dazu dienen kann, die Umstände nach neuem Recht im gerichtlichen Verfahren ohne vorherigen Antrag und ohne Durchführung eines Verwaltungsverfahrens unter Anlegung der Maßstäbe des neuen Rechts erneut zu beurteilen.

Hätte der Gesetzgeber trotz des Systemwechsels eine Überleitung, also ein Fortwirken von unter der Geltung des alten Rechts gestellter und bis zum 31. Dezember 2016 unbegründeter Anträge als Anträge nach dem neuen Recht gewollt, hätte er das zum Ausdruck bringen müssen.“

Der Senat folgt diesen überzeugenden Ausführungen und macht sie sich nach eigener Prüfung zu eigen.

Zwar sind Sozialleistungsträger auf Grund von § 17 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verpflichtet, umfassend zu prüfen, welche Leistungen sie bei dem ihnen unterbreiteten Sachverhalt nach materiellem Recht zu erbringen haben (BSG, Urteil vom 25. Oktober 1984 - 7 RAr 10/84 juris m.w.N.); ein gestellter Antrag ist deshalb grundsätzlich auf alle Ansprüche zu beziehen, die nach dem vorgetragenen Lebenssachverhalt sinnvoller Gegenstand des Leistungsbegehrens sein können. Andernfalls könnte die Beklagte sich später auf einen fehlenden oder verspäteten Antrag berufen und eine Leistung verweigern, deren Anspruchsvoraussetzungen bereits während des Verwaltungsverfahrens hätten festgestellt werden können; der Versicherte wäre zur Vermeidung von Rechtsnachteilen gezwungen, während eines laufenden Verfahrens bei allen Gesetzesänderungen einen weiteren Antrag zu erwägen (vgl. BSG, Urteil vom 5. Oktober 2005 – B 5 RJ 6/05 R, juris Rn. 14). Infolge dieses Systemwechsels kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Entscheidung über einen Anspruch nach altem Recht gleichsam die Entscheidung nach neuem Recht vorwegnimmt und mitumfasst (so etwa zur Rechtsänderung von der Erwerbsunfähigkeitsrente zur Erwerbsminderungsrente zum 1. Januar 2001: BSG, Urteil vom 17. Februar 2005 - B 13 RJ 31/04 R, juris).

Eine besondere Verpflichtung kann sich auch dadurch ergeben, dass der Antrag in zeitlicher Nähe zu einer bevorstehenden Gesetzesänderung gestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. Mai 2006 – B 13 RJ 38/05 R, juris).

Dies zugrunde gelegt, kann der im Oktober 2015 gestellte Antrag nach altem Recht, der Gegenstand des mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2016 beendeten Verwaltungsverfahrens war, nicht als Antrag nach der ab 1. Januar 2017 geltenden Rechtslage angesehen werden, da im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung das neue Recht noch nicht galt und auch das Inkrafttreten der Neuregelung nicht unmittelbar bevorstand.

b.) Auch der sozialrechtliche Herstellungsanspruch verhilft dem Kläger nicht zum Erfolg seines Begehrens. Eine frühere Antragstellung auf Leistungen aus der Pflegeversicherung unter Geltung neuen Rechts lässt sich nicht begründen.

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine (behördliche) Pflichtverletzung, d.h. einen dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Fehler, der beim Berechtigten einen sozialrechtlichen Nachteil kausal bewirkt hat und den der Träger durch Vornahme einer zulässigen Amtshandlung in der Weise beseitigen kann, dass der Zustand wiederhergestellt wird, der bestünde, wenn die Pflichtverletzung unterblieben wäre (BSG, Urteile vom 23, Juni 2020 - B 2 U 5/19 R, juris Rn. 20, vom 23. Oktober 2014 - B 11 AL 7/14 R, juris Rn. 35, vom 3. April 2014 - B 5 R 5/13 R, juris Rn. 37; zum Prüfschema der Rechtsprechung: Spellbrink, Kasseler Komm. Stand Juli 2020, SGB I, Vor §§ 13-15 Rn. 34).

Insbesondere kommt die Verletzung von Auskunfts- und Beratungspflichten nach §§ 14 und 15 SGB I in Betracht. Nach § 14 SGB I hat jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. In der Regel wird die Beratungspflicht durch ein entsprechendes Begehren ausgelöst (BSG, Urteil vom 17. August 2000 - B 13 RJ 87/98 R, juris Rn. 38; BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 39/01 R, juris Rn. 43). Aber auch wenn ein Beratungsbegehren nicht vorliegt, ist der Versicherungsträger gehalten, die Versicherten bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zutage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 1975 - 12 RJ 88/75 , juris Rn. 14). Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage liegt, allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 4 AS 29/13 R, juris Rn. 29. m.w.N.).

An einer derartigen Gestaltungsmöglichkeit, über die die Beklagte hätte beraten müssen, fehlte es hier zunächst jedoch. Vorliegend richtet sich die Klage gegen den Bescheid vom 3. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2016. Während des Verwaltungsverfahrens, das zu der angegriffenen Behördenentscheidung führte, bestand kein Anlass für die Beklagte, auf eine erneute Antragstellung hinsichtlich der am 1. Januar 2017 geltenden Rechtslage hinzuweisen, denn das neue Recht trat erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens in Kraft.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger seit dem 1. August 2016 einen Rechtsstreit gegen die Beklagte führte. Der Rechtsstreit betraf – wie bereits ausgeführt - allein einen nach altem Recht gestellten und zu beurteilenden Antrag.

Zu den Hinweispflichten der Pflegekassen in der vorliegenden Konstellation (vor dem 31. Dezember 2016 anhängig gewordene Klageverfahren über Anträge nach altem Recht) hat das Hessische LSG (Urteil vom 24. Juni 2020 – L 6 P 18/19, juris Rn.72) ausgeführt:

„Der Senat sieht keine allgemeine umfassende Verpflichtung der Beklagten während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens nach altem Recht, die Klägerin zu informieren, dass Personen, die – wie die Klägerin – bis zum 31. Dezember 2016 nicht pflegebedürftig nach altem Recht waren, ab 1. Januar 2017 einen neuen Antrag stellen müssten, wenn sie Ansprüche nach neuem Recht geltend machen wollten. … Auch nach Klageerhebung am 24. November 2016 bestand für die Beklagte zunächst kein Anlass, die Klägerin auf die Möglichkeit der Antragstellung nach dem ab 1. Januar 2017 geltenden neuen Recht hinzuweisen. Wäre die Entscheidung der Beklagten rechtswidrig gewesen und hätte der Klägerin also die Pflegestufe I schon vor Erlass der letzten Behördenentscheidung am 20. Oktober 2016 oder jedenfalls vor dem 31. Dezember 2016 zugestanden, so hätte § 140 SGB XI zur Überleitung der Pflegestufe in einen Pflegegrad nach neuem Recht geführt. Tatsächlich hat sich die Entscheidung der Beklagten aber als richtig erwiesen, weil die Vorgutachten retrospektiv durch den Sachverständigen Dr. F. bestätigt wurden (…). Für die Beklagte war auch bei Klageerhebung in keiner Weise ersichtlich, dass zum Inkrafttreten des neuen Rechts am 1. Januar 2017 bei der Klägerin ein Pflegegrad nach neuem Recht anzuerkennen wäre.“

Auch diesen Ausführungen folgt der Senat nach eigener Prüfung und macht sie sich, auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen, zu eigen.

Hier vermag der erkennende Senat bis zur Mitteilung des Klägers über einen Krankenhausaufenthalt im Mai 2018 keine entsprechende Hinweispflicht der Beklagten auf eine (erstmalige) Antragstellung nach neuem Recht zu erkennen. Die Klageerhebung erfolgte noch unter Geltung des alten Rechts. Das SG veranlasste eine Begutachtung durch Dr. H auf der Grundlage alten Rechts. Mit der Vorlage des Gutachtens von Dr. H änderte sich die Sachlage nicht dergestalt, dass die Beklagte nunmehr auf die Stellung eines Antrages nach dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff hätte hinweisen müssen. Der Gutachter Dr. Hschätzte das Ausmaß der Hilfebedürftigkeit des Klägers aufgrund seiner schwerwiegenden Erkrankungen und Einschränkungen nicht grundlegend anders ein, als die vom Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des MDK, so dass die Annahme, dass der Kläger nach dem seit 1. Januar 2017 geltenden neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff nunmehr als pflegebedürftig anzusehen sei, nicht nahe lag, zumal sich aus dem Gutachten keine erhebliche Erhöhung des Unterstützungsbedarfs und keine Hinweise auf kognitive Einschränkungen oder eine beginnende dementielle Entwicklung ergaben, denen unter Geltung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs höheres Gewicht hätte zukommen können.

Neben dem gerichtlichen Verfahren hat es keine weiteren Kontakte des Klägers mit der Beklagten gegeben, so dass es sich dieser zunächst nicht aufdrängen musste, den Kläger auf die Möglichkeit einer neuen Antragstellung hinzuweisen.

Eine signifikante Änderung trat erst im Berufungsverfahren ein. Der Kläger ließ mit Schriftsatz vom 25. Mai 2018 mitteilen, dass er seit dem 2. Mai 2018 in stationärer Behandlung mit künstlicher Beatmung sei. Die Beklagte hat dies unverzüglich nach Erhalt der Mitteilung zum Anlass genommen, den Kläger mit Schriftsatz vom 4. Juni 2018 auf die Möglichkeit eines Neuantrages hinzuweisen und dies anzuregen. Denn nun lag die Vermutung nahe, dass aufgrund einer wesentlich veränderten Situation, d.h. einer Erhöhung des Hilfebedarfs aufgrund einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes, (erstmals) hinreichende Pflegebedürftigkeit eingetreten bzw. ein Pflegegrad nach neuem Recht gegeben sein könnte. Die Beklagte ist damit ihrer aus §§ 14, 15 SGB I folgenden Hinweispflicht zeitnah nachgekommen. Dem folgend hat der Kläger auch sogleich einen Antrag gestellt, dem die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens auch entsprochen hat. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Hilfebedarf zwischen der Begutachtung durch Dr. im Mai 2017und dem stationären Klinikaufenthalt im Mai 2018 signifikant geändert hätte, sind nicht ersichtlich. Vor dem Krankenhausaufenthalt war der Kläger – so seine Angaben gegenüber der Pflegefachkraft Kbei der Begutachtung am 4. Juli 2018 – im Bereich der Mobilität noch selbständig und konnte noch mit Pausen Treppen steigen. Damit werden Verhältnisse geschildert, die mit den von Dr. Harrer beschriebenen Umständen im Wesentlichen übereinstimmen. Erst nach dem langen Krankenhausaufenthalt war der Kläger schwach und überwiegend bettlägerig, mit der Folge, dass sein Hilfebedarf signifikant anstieg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Frage, ob auf der Grundlage eines nach altem Recht gestellten Antrags auf Pflegegeld, der nach altem Recht beschieden ist und klagebefangen ist, in Anbetracht der Übergangsregelung des § 140 SGB XI eine gerichtliche Verpflichtung der Pflegeversicherung zur Zahlung von Pflegegeld nach neuem Recht (für die Zeit ab Januar 2017) in Betracht kommt, vorliegend nicht klärungsbedürftig im Sinne des § 160 Abs. 2 Satz 1 SGG ist. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger auch nach den Maßstäben des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff im streitbefangenen Zeitraum hinreichend pflegebedürftig geworden ist.