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Entscheidung 37/20


Metadaten

Gericht VerfG Potsdam Entscheidungsdatum 20.05.2021
Aktenzeichen 37/20 ECLI ECLI:DE:VERFGBB:2021:0520.37.20.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 28 Abs 1 S 2 GG, Art 2 Abs 5 Verf BB 1992, Art 12 Abs 1 Verf BB 1992, Art 21 Abs 1 Verf BB 1992, Art 22 Abs 1 Verf BB 1992, Art 22 Abs 3 Verf BB 1992, Art 63 Abs 2 Verf BB 1992, § 59 VerfGG BB, § 20 Abs 1 S 2 VerfGG BB, § 4 Abs 1 Nr 3 WahlPrG BB, § 12 WahlPrG BB, § 1 Abs 1 WahlG BB, § 2 S 1 WahlG BB, § 3 Abs 2 S 1 WahlG BB, § 3 Abs 6 WahlG BB, § 3 Abs 7 WahlG BB, § 15 Abs 1 WahlG BB, § 15 Abs 1 S 3 WahlG BB, § 15 Abs 1 S 4 WahlG BB, § 15 Abs 2 WahlG BB, § 15 Abs 2 S 1 WahlG BB, § 15 Abs 2 S 1 Halbs 1 WahlG BB, § 15 Abs 2 S 2 WahlG BB, § 49 Abs 2 WahlG BB, § 49 Abs 3 WahlG BB

Tenor

Die Wahlprüfungsbeschwerde wird verworfen.

Gründe

A.

Die Beschwerdeführer erheben Beschwerde gegen die Wahl zum 7. Landtag Brandenburg vom 1. September 2019.

I.

Der Einspruch der Beschwerdeführer gegen die Wahl wurde vom Landtag Brandenburg am 23. Januar 2020 zurückgewiesen und diese Entscheidung den Beschwerdeführern am 4. Februar 2020 zugestellt.

II.

Die Wahlprüfungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht wurde am 4. April 2020 erhoben. Ihr sind über 100 Wahlberechtigte beigetreten.

Die Beschwerdeführer berufen sich auf § 4 Abs. 1 Nr. 3 Gesetz über die Prüfung der Wahlen zum Landtag des Landes Brandenburg (Wahlprüfungsgesetz - WPrüfG) und tragen vor, dass Vorschriften des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz - GG), der Verfassung des Landes Brandenburg (Art. 2 Abs. 5, Art. 12 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 und Art. 22 Abs. 1 und Abs. 3 Verfassung des Landes Brandenburg - LV) und des Brandenburgischen Landeswahlgesetzes bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen in einer Weise verletzt worden seien, die die Verteilung der Sitze beeinflusst habe. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. Brandenburgisches Landeswahlgesetz (BbgLWahlG) solle die Zahl der Wahlberechtigten eines Wahlkreises von der durchschnittlichen Zahl der Wahlberechtigten der Wahlkreise nicht um mehr als 25% nach oben oder unten abweichen. In drei Wahlkreisen sei bei der Landtagswahl am 1. September 2019 die Zahl der Wahlberechtigten um mehr als 25% vom Durchschnitt der Zahl der Wahlberechtigten aller Wahlkreise abgewichen. Zudem dürfe nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Kommunalwahlrecht die Abweichungsklausel von 25% nach oben oder nach unten nicht in pauschalierender Weise angewandt werden, wenn dies zu deutlichen Eingriffen in den Grundsatz der Wahlgleichheit führe. Bei der Landtagswahl habe es in weiteren zehn Wahlkreisen erhebliche Abweichungen vom Mittelwert unterhalb der Schwelle von 25% gegeben. Die Landesregierung verkenne in ihrer Erwiderung, dass die Toleranzen nicht der Maßstab für die Wahlkreiseinteilung seien. Es wäre möglich gewesen, annähernd gleich große Wahlkreise zu bilden. Der Gesetzgeber müsse sachlich gerechtfertigte Gründe für die ungleiche Größe der Wahlkreise vortragen, nachweisen und abwägen, und zwar detailliert und transparent vor der Wahl. Bei einer anderen Aufteilung des Wahlgebiets hätten die Wahlberechtigten andere Kandidaten wählen können. Es hätte andere Listen oder Listenplätze und andere Stimmverteilungen gegeben. Andere Abgeordnete wären in den Landtag eingezogen. Ein genauerer Vortrag sei an dieser Stelle nicht möglich. Vorhersagen zu müssen, welcher Bewerber bei einem korrekten Zuschnitt der Wahlkreise auf welchen Listenplatz gesetzt und mit welcher Stimmenzahl er gewählt worden wäre, würde eine verfassungswidrige Hürde für den Zugang zu den Gerichten errichten.

Die Beschwerdeführer haben eine Liste mit den Zahlen der Wahlberechtigten in den einzelnen Wahlkreisen und den Angaben der absoluten Zahlen der Abweichungen und der prozentualen Abweichungen vom landesweiten Durchschnitt vorgelegt.

Die Beschwerdeführer beantragen,

festzustellen, dass die Wahl vom 1. September 2019 zum 7. Landtag Brandenburg gegen die Wahlrechtsgleichheit verstößt und ungültig ist.

III.

Die Landesregierung, der Landtag Brandenburg und der Landeswahlleiter haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten; die beiden letzteren haben von einer Stellungnahme abgesehen.

Die Ministerin der Justiz trägt für die Landesregierung vor, dass die Landesregierung im Bericht an den Landtag vom 7. Dezember 2017 (LT-Drs. 6/7754) die Veränderung der Wahlberechtigtenzahlen in den 44 Landtagswahlkreisen für die 6. Wahlperiode gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BbgLWahlG dargestellt und zutreffend prognostiziert habe, dass bei der Landtagswahl 2019 in keinem Wahlkreis die absolute Toleranzgrenze von 33 1/3% überschritten werden würde, weshalb die Landesregierung eine Änderung der bestehenden Wahlkreiseinteilung nicht empfohlen habe. Die Wahlprüfungsbeschwerde sei nicht substantiiert. Sie setze sich nicht mit dem Bericht vom 7. Dezember 2017 auseinander und lasse nicht erkennen, inwieweit der Zuschnitt der Wahlkreise die Verteilung der Landtagsmandate beeinflusst haben solle. Die Wahlkreiseinteilung stehe im Einklang mit § 15 Abs. 1 und Abs. 2 BbgLWahlG, wonach in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Wahlkreis auch ein abgerundetes zusammenhängendes Ganzes möglichst unter Wahrung der örtlichen Verhältnisse bilden solle. Das Gebiet amtsfreier Gemeinden und der räumliche Wirkungskreis der Ämter dürfe nur ausnahmsweise durchschnitten werden. Die Wahlkreise sollten auch im Hinblick auf die Bevölkerungsentwicklung möglichst beständig sein, um eine dauerhafte Verbindung zwischen den Wahlkreisabgeordneten und den Wählenden zu ermöglichen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Überhangmandaten sei auf die Landtagswahl in Brandenburg nicht anwendbar, weil im Land Brandenburg ein vollständiger Verhältnisausgleich für errungene Überhangmandate stattfinde und bislang überhaupt nur bei einer Landtagswahl Überhangmandate angefallen seien. Auch die von den Beschwerdeführern angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Kommunalwahlrecht sei auf das Landtagswahlrecht nicht übertragbar. Außerdem werde darauf hingewiesen, dass es für die Ungültigerklärung der Wahl wegen des Bestandsschutzes einer gewählten Volksvertretung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eines erheblichen Wahlfehlers von solchem Gewicht bedürfe, dass ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten Volksvertretung unerträglich erscheine.

B.

Die Wahlprüfungsbeschwerde (Art. 63 Abs. 2 LV, § 59 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg - VerfGGBbg -, § 12 WPrüfG) ist unzulässig. Die Beschwerdeführer legen nicht substantiiert dar, dass ein Wahlfehler von erheblichem Gewicht besteht, der die Verteilung der Sitze im Landtag Brandenburg im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 WPrüfG beeinflusst haben könnte.

1. Die Wahlprüfungsbeschwerde ist gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs., § 20 Abs. 1 Satz 2 VerfGGBbg zu begründen. Es sind die Tatsachen zu substantiieren, auf die sie sich stützt (vgl. zum Bundesrecht: BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 1991 - 2 BvR 562/91 -, Rn. 11, 37, 39 und 41, juris). Von der Substantiierungspflicht befreien weder Schwierigkeiten im tatsächlichen Bereich noch der Grundsatz der Amtsermittlung im Wahlprüfungsverfahren (vgl. zum Bundesrecht: BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 2 BvC 4/04 -, BVerfGE 122, 304, 309, Rn. 19, www.bverfg.de).

Dabei sind im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 WPrüfG für die Substantiierung nur solche Wahlfehler relevant, die auf die Verteilung der Sitze Einfluss nehmen können. Dieser Zusammenhang ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unverzichtbar (vgl. zum Erfordernis der Mandatsrelevanz: BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 1955 - 1 BvC 2/54 -, BVerfGE 4, 370, 373, juris; BVerfG, Beschluss vom 9. Mai 1978 - 2 BvC 2/77 -, BVerfGE 48, 271, 280, juris; BVerfG, Beschluss vom 19. September 2017 - 2 BvC 46/14 -, Rn. 40, www.bverfg.de).

Zum Schutz der Funktionsfähigkeit des gewählten Parlaments ist es erforderlich, sowohl den Wahlfehler hinreichend darzulegen als auch zu erläutern, inwiefern dieser die Sitzverteilung beeinflusst haben kann (vgl. für das Bundesrecht: BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 2012 - 2 BvC 3/11 -, Rn. 48, m. w. N., www.bverfg.de).

2. Die Beschwerdeführer tragen keinen Wahlfehler vor, der sich auf die Sitzverteilung hätte auswirken können.

a) Die Beschwerdeführer haben bereits das Vorliegen eines Wahlfehlers nicht substantiiert. Sie rügen, die Landesregierung sei ihrer Verpflichtung aus § 15 Abs. 2 Satz 2 BbgLWahlG zur Überprüfung der Wahlkreisgröße innerhalb von 40 Monaten nach Beginn der Wahlperiode nicht nachgekommen. Weiterhin gehen sie davon aus, es sei fälschlicherweise bei der Berechnung von Toleranzgrenzen auf die Anzahl der Einwohner statt auf die Anzahl der Wahlberechtigten abgestellt worden, wie es das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 31. Januar 2012 - 2 BvC 3/11 - (Rn. 88, www.bverfg.de) verlangt hat. Beides entspricht nicht den Tatsachen. Die Landesregierung hat am 7. Dezember 2017 ihren Bericht zu Veränderungen der Wahlberechtigtenzahlen in den 44 Landtagswahlkreisen (LT-Drs. 6/7754) beim Landtag vorgelegt. Darin befasst sie sich mit den Kriterien des § 15 Abs. 1 und Abs. 2 BbgLWahlG und gelangt zu der Prognose, bei der Wahl zum 7. Landtag werden Abweichungen von der durchschnittlichen Wahlkreisgröße innerhalb der Grenzen der absoluten und relativen Toleranzgrenzen bleiben, § 15 Abs. 2 Satz 1 BbgLWahlG. Vor diesem Hintergrund genügt es dem Erfordernis der Substantiierung nicht, wenn die Beschwerdeführer darauf verweisen, dass in drei Wahlkreisen eine leichte Überschreitung der relativen Toleranzgrenze vorgekommen sei. Die Wahlgleichheit ist zwar formal zu verstehen und von großer Bedeutung für die Demokratie, beinhaltet aber kein absolutes Differenzierungsverbot. Eingriffe sind gerechtfertigt, wenn ein durch die Verfassung legitimierter sachlicher Grund vorliegt, der von einem Gewicht ist, das der Wahlgleichheit die Waage halten kann (vgl. Beschluss vom 23. Oktober 2020 - VfGBbg 9/19 -, Rn. 148, m. w. N., https://verfassungsgericht.brandenburg.de; BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 2021 - 2 BvC 3/11 -, Rn. 61, m. w. N., www.bverfg.de). Für den Zuschnitt von Wahlkreisen ergibt sich ein solcher Grund aus der Notwendigkeit der Aufteilung des Wahlgebiets, welche niemals zu exakt gleich großen Bezirken führen kann. Das Bundesverfassungsgericht betrachtet auch die Konsistenz von Wahlkreisen als einen bedeutenden Wert. Die Wahlkreise sollen ein abgerundetes, zusammengehöriges Ganzes bilden. Historisch verwurzelte Verwaltungsgrenzen sollen nach Möglichkeit nicht durchschnitten werden. Grundsätzlich ist die Kontinuität des Wahlkreiszuschnitts zu wahren, um gewachsene Beziehungen zwischen den ansässigen Wahlberechtigten und „ihren“ Abgeordneten zu ermöglichen. § 15 Absatz 1 Satz 3 und 4 BbgLWahlG enthält die vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Grundsätze, die bei der Bildung von Wahlkreisen zu berücksichtigen sind. In ihrem Bericht vom 7. Dezember 2017 hat sich die Landesregierung gemäß § 15 Absatz 2 Satz 2 BbgLWahlG mit den Veränderungen der Wahlberechtigtenzahlen in den 44 Landtagswahlkreisen auseinander gesetzt, dabei ausdrücklich die genannten Kriterien berücksichtigt und zutreffend auf die Wahlberechtigten und nicht auf die Einwohner abgestellt. Auf all das gehen die Beschwerdeführer in ihrem Vortrag nicht ein.

b) Weiterhin fehlt es an substantiiertem Vortrag von Umständen, die eine Auswirkung des vermeintlichen Wahlfehlers auf die Sitzverteilung möglich erscheinen lassen.

Es genügt der Darlegungslast nicht, wenn die Beschwerdeführer abstrakt behaupten, dass bei einer anderen Aufteilung des Wahlgebiets andere Listen oder Listenplätze und andere Stimmverteilungen zustande gekommen wären. Der Vortrag bleibt im Spekulativen. Zur Substantiierung der Mandatsrelevanz bedarf es mehr als theoretischer Möglichkeiten (vgl. für das Bundesrecht: BVerfG, Beschluss vom 23. November 1993 - 2 BvC 15/91 -, Rn. 55, juris). Andernfalls ist ein Eingriff der Wahlprüfungsinstanzen in das gewählte Parlament nicht zu rechtfertigen. Das Abstellen auf die Mandatsrelevanz trägt der Tatsache Rechnung, dass die verfassungspolitische und verfassungsrechtliche Stellung sowie die Arbeitsfähigkeit eines gewählten Parlaments einen hohen Schutz genießen. Dementsprechend können grundsätzlich nur solche festgestellten Gesetzesverletzungen zu Eingriffen der Wahlprüfungsinstanzen führen, die auf die gesetzmäßige Zusammensetzung der Volksvertretung von Einfluss sind oder sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 1991 - 2 BvR 562/91 -, Rn. 36, m. w. N., juris). Der Bestandsschutz des Parlaments findet seine Grundlage im Demokratiegebot und kann in der Abwägung nur zurücktreten, wenn ein erheblicher Wahlfehler von solchem Gewicht vorliegt, dass „ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten Volksvertretung unerträglich erschiene“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Juli 2008 - 2 BvC 1/07 -, Rn. 135, m. w. N., www.bverfg.de).

c) Die Beschwerdeführer behaupten, dass bei einem anderen Zuschnitt der Wahlkreise andere Direktkandidaten gewählt worden wären. Dieser unkonkrete Vortrag ist nach den hohen verfassungsrechtlichen Anforderungen, die sich aus dem Bestandsschutz des Parlaments ergeben, nicht ausreichend, einen Einfluss auf die Sitzverteilung zu substantiieren.

d) Der Landesgesetzgeber hat sich in Brandenburg für eine Variante der personalisierten Verhältniswahl mit Mehrheitswahlkomponente entschieden. Von den 88 zu wählenden Landtagsabgeordneten werden 44 in den 44 Wahlkreisen durch Mehrheitswahl ermittelt („Erststimme“) und die Übrigen durch Verhältniswahl nach den Landeslisten der Parteien, politischen Vereinigungen und Listenvereinigen auf der Grundlage der abgegebenen Zweitstimmen und unter Berücksichtigung der in den Wahlkreisen erfolgreichen Direktkandidaten gewählt, § 1 Absatz 1 BbgLWahlG. Von den auf die Landesliste einer Partei oder Wählervereinigung entfallenden Sitzen werden die in den Wahlkreisen direkt errungenen Mandate abgezogen. Die verbleibenden Sitze werden entsprechend der Reihenfolge der Bewerber auf der Landesliste vergeben. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Ist die Landesliste erschöpft, bleiben weitere Sitze unbesetzt. Dieses Verfahren hat zur Folge, dass Größenunterschiede zwischen den Wahlkreisen keinen Einfluss auf die Anzahl der Sitze im Parlament nehmen (vgl. für das Bundesrecht: BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1963 - 2 BvC 3/62 -, BVerfGE 16, 131, 139, m. w. N., juris). Im Unterschied zu einem Wahlsystem der reinen Mehrheitswahl kommt im Rahmen der personalisierten Verhältniswahl der Größe der Wahlkreise keine entscheidende Bedeutung bezüglich des Erfolgswerts der Stimmen zu, solange keine Überhangmandate entstehen (vgl. für das Bundesrecht: BVerfG, Beschluss vom 26. August 1961 - 2 BvR 322/61 -, BVerfGE 13, 127, 129, juris). Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BbgLWahlG werden die für jede Landesliste abgegebenen gültigen Zweitstimmen zusammengezählt. Die Wahlkreisgröße wirkt sich dabei nicht aus, da alle Stimmen im ganzen Land gezählt werden.

e) Entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen die Wahlrechtsgleichheit durch unterschiedlich große Wahlkreise bei der Bundestagswahl verneint, weil auch auf Bundesebene die Direktmandate auf die nach der Verhältniswahl errungenen Sitze angerechnet werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1963 - 2 BvC 3/62 -, Rn. 23, juris; BVerfG, Urteil vom 25. Juli 2012 - 2 BvE 9/11, 2 BvF 3/11, 2 BvR 2670/11 -, Rn. 112, juris).

aa) Etwas anderes gilt, wenn Überhangmandate entstehen, wenn also mehr Direktmandate errungen werden, als einer Partei oder Wählervereinigung nach Auszählung der Zweitstimmen zustehen. In diesem Zusammenhang entfaltet die annähernd gleiche Stimmgröße der Wahlkreise Bedeutung für den Grundsatz der Erfolgswertgleichheit. Unterdurchschnittlich große Wahlkreise sollen kein überproportionales Gewicht erhalten und der Anfall von Überhangmandaten soll auf ein Mindestmaß beschränkt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1963 - 2 BvC 3/62 -, Rn. 26, juris; BVerfG, Beschluss vom 24. November 1988 - 2 BvC 4/88 -, BVerfGE 79, 169, 171, m. w. N., juris; BVerfG, Urteil vom 10. April 1997 - 2 BvF 1/95 -, Rn. 93, juris; BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 2012 - 2 BvC 3/11 -, Rn. 56, www.bverfg.de; BVerfG, Urteil vom 25. Juli 2012 - 2 BvE 9/11, 2 BvF 3/11, 2 BvR 2670/11 -, Rn. 60, m. w. N., juris).

bb) In Brandenburg hat der Gesetzgeber diesem Problem Rechnung getragen, indem Überhangmandate (§ 3 Abs. 6 BbgLWahlG) durch Zusatzmandate nach § 3 Abs. 7 BbgLWahlG ausgeglichen werden, um die Auswirkungen der Erststimmen auf den Proporz zu minimieren (vgl. Urteil vom 12. Oktober 2000 - VfGBbg 19/00 -, https://verfassungsgericht.brandenburg.de; vgl. im Weiteren BVerfG, Urteil vom 25. Juli 2012 - 2 BvE 9/11, 2 BvF 3/11, 2 BvR 2670/11 -, Rn. 126, 130, 135, juris).

Bei der Wahl zum 7. Landtag Brandenburg sind im Übrigen keine Überhang- und Ausgleichsmandate entstanden. Die Beschwerdeführer setzen sich mit der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht auseinander und legen nicht dar, wie das Stimmverhältnis in diesem Wahlsystem und bei diesem Abstimmungsergebnis in erheblichem Ausmaß durch die Wahlkreiseinteilung beeinflusst worden sein soll.

f) Die von den Beschwerdeführern angestellten rechtlichen Überlegungen beziehen sich auf die Rechtsprechung zu Kommunalwahlen (BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2008 - 8 C 1/08 - (Sachsen-Anhalt); OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2019 - OVG 12 B 39.18 -; VG Cottbus, Urteil vom 24. Juli 2018 - 1 K 1821/14 -, sämtlich veröffentlicht in juris) und sind nicht auf das Wahlrecht zum Landtag Brandenburg übertragbar. Zu dem behaupteten Effekt der Wahlkreisgröße auf das Stimmenverhältnis kommt es bei der Landtagswahl aufgrund einer anderen Rechtslage offensichtlich nicht. Die Beschwerdeführer substantiieren die Wahlprüfungsbeschwerde mit diesem Vortrag nicht.

Bei den Kommunalwahlen in Brandenburg und in Sachsen-Anhalt konkurrieren die Bewerber verschiedener Wahlkreise beim Einzug in die Gemeindevertretung (vgl. § 49 Abs. 2 und 3 Brandenburgisches Kommunalwahlgesetz (BbgKWahlG); § 40 Kommunalwahlgesetz Sachsen-Anhalt - KWG LSA -). Nach den dortigen Regelungen gibt es eine Rangfolge der Bewerber nach der erreichten Stimmenzahl, nach der sich der Einzug in die Gemeindevertretung entscheidet. Wer in einem Wahlkreis mit vielen Wahlberechtigten zur Wahl steht, hat größere Chancen, mehr Stimmen auf sich zu vereinigen, als ein Bewerber, der in einem Wahlkreis mit wenigen Wahlberechtigten antritt, so dass sich ein unterschiedlich starker Zuschnitt der Wahlkreise auf die Chancengleichheit der Bewerber auswirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2008 - 8 C 1/08 -, Rn. 29, juris; VG Cottbus, Urteil vom 24. Juli 2018 - 1 K 1821/14 -, Rn. 96f., juris). Bei der Landtagswahl in Brandenburg findet jedoch keine Verteilung der Sitze auf die Wahlkreise statt (vgl. zur Verteilung bei der Kommunalwahl: VG Cottbus, Urteil vom 24. Juli 2018 - 1 K 1821/14 -, Rn. 67, juris). Daher kommt es bei der Landtagswahl nicht darauf an, dass der gewählte Direktkandidat möglichst viele Stimmen auf sich vereinigt, um in den Landtag einzuziehen. Wer in seinem Wahlkreis die meisten Stimmen erhalten hat, ist unmittelbar in den Landtag gewählt, § 2 Satz 1 BbgLWahlG. Die relativen Stimmverhältnisse im Vergleich zu den in den anderen Wahlkreisen gewählten Direktkandidaten spielen keine Rolle. Für jeden in einem Wahlkreis gewählten Direktkandidaten steht im Landtag ein Sitz zur Verfügung.

C.

Das Verfassungsgericht hat einstimmig gemäß § 59 Abs. 3 VerfGGBbg von einer mündlichen Verhandlung abgesehen, da von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten war.

D.

Der Beschluss ist einstimmig ergangen. Er ist unanfechtbar.