Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 2. Kammer | Entscheidungsdatum | 16.04.2021 | |
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Aktenzeichen | 2 Sa 182/21 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2021:0416.2SA182.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 611a Abs 2 BGB, § 11 BUrlG |
Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Urlaubsentgelt nicht vor Urlaubsantritt aus, ist die Urlaubserteilung des Arbeitgebers jedenfalls im bestehenden Arbeitsverhältnis nach Treu und Glauben gesetzeskonform so zu verstehen (§ 157
BGB), dass der Arbeitgeber damit zugleich streitlos stellt, dass er für den gewährten Urlaub dem Grunde nach zur Zahlung von Urlaubsentgelt nach den gesetzlichen Vorgaben und etwaigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen verpflichtet ist, sofern dem nicht konkrete Anhaltspunkte entgegenstehen.
Anderenfalls hätte er den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nicht wirksam erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB).
Aufgrund dieser „Zusage“ ist der Zweck einer Ausschlussfrist – ähnlich wie beim Erteilen einer schriftlichen Lohnabrechnung – erreicht. Der Arbeitnehmer muss den Urlaubsentgeltanspruch nicht mehr im Sinne einer Verfallsklausel geltend machen (vgl. BAG 30.01.2019 – 5 AZR 43/18 – EzA § 3 MiLoG Nr. 4 Rz. 45 m.w.N.).
I. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.08.2020 – 34 Ca 15494/19 – wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1078,45 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 09,18 EUR seit dem 01.03.2016,
aus 56,59 EUR seit dem 01.04.2016,
aus 16,40 EUR seit dem 01.05.2016,
aus 36,89 EUR seit dem 01.06.2016,
aus 94,07 EUR seit dem 01.11.2016,
aus 47,61 EUR seit dem 01.01.2017,
aus 72,74 EUR seit dem 01.03.2017,
aus 10,76 EUR seit dem 01.04.2017,
aus 54,70 EUR seit dem 01.07.2017,
aus 18,38 EUR seit dem 01.08.2017,
aus 134,64 EUR seit dem 01.09.2017,
aus 03,27 EUR seit dem 01.10.2017,
aus 15,82 EUR seit dem 01.11.2017,
aus 49,00 EUR seit dem 01.12.2017,
aus 94,63 EUR seit dem 01.01.2018,
aus 70,07 EUR seit dem 01.02.2018,
aus 22,17 EUR seit dem 01.03.2018,
aus 33,58 EUR seit dem 01.04.2018
aus 01,80 EUR seit dem 01.06.2018,
aus 67,37 EUR seit dem 01.07.2018,
aus 48,24 EUR seit dem 01.08.2018,
aus 99,17 EUR seit dem 01.11.2018,
aus 42,21 EUR seit dem 01.01.2019,
zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage ab- und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 35,3 %, die Beklagte 64,7 % bei einem Streitwert von 1666,67 EUR in beiden Instanzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten um Urlaubsentgeltdifferenzen für die Jahre 2016 bis einschließlich Ende 2019, insbesondere um die Zuschläge wegen Schichtarbeit und Boni während des Referenzzeitraums vor dem genommenen Urlaub. Die Klägerin hat in der Berufungsverhandlung die Entgeltklage für das Jahr 2019 zurückgenommen.
Die Klägerin ist aufgrund des Arbeitsvertrages vom 5./25.06.20214 (vgl. den Vertrag in Kopie Bl. 27 d. A.) bzw. des Änderungsvertrages vom 11.04./11.05.2017 (vgl. den Vertrag in Kopie Bl. 32 – 33 R. d. A.) bei der Beklagten als Customer Service (CS) Executive bzw. zuletzt CS Partner Specialist tätig. Die Klägerin erhält ein Grundentgelt („Salary“) pro Monat, vierteljährlich einen Bonus gemäß Ziff. 4.3 des Arbeitsvertrages („Bonus Quarterly“) sowie Schicht- und andere Zuschläge (in den Abrechnungen insbesondere mit „Shift“ und einem Prozentsatz bezeichnet). Zu den Abrechnungen der Jahre Oktober 2015 bis einschließlich 2019 vergleiche die Abrechnungen in Kopie Bl. 34 – 89 d. A. sowie Bl. 170 – 221 d. A.
Mit ihrer beim Arbeitsgericht Berlin nach vorheriger Geltendmachung per Schreiben vom 13.11.2010 am 12.12.2019 eingegangenen und der Beklagten am 19.12.2019 zugestellten Klage hat die Klägerin Urlaubsentgeltdifferenzen für die oben genannten Zuschläge und Boni gefordert. Zwar habe sie in den einzelnen Jahren während ihres Urlaubs Urlaubsentgelt erhalten, dabei seien jedoch gezahlte Zuschläge wie der Vierteljahresbonus, die Schicht- und Feiertagszuschläge bei der Berechnung nicht berücksichtigt worden. Die Ansprüche seien trotz der in Ziff. 11 des Arbeitsvertrages geregelten Verfallsfrist nicht verfallen. Sie bezieht sich dabei insbesondere auf die Rechtsprechung des EuGH im Fall „King“ vom 29.11.2017 – C-217/16 -.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.509,62 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 18,06 Euro seit dem 01.03.2016,
aus 77,63 Euro seit dem 01.04.2016,
aus 49,54 Euro seit dem 01.05.2016,
aus 36,89 Euro seit dem 01.06.2016,
aus 151,87 Euro seit dem 01.11.2016,
aus 75,96 Euro seit dem 01.01.2017,
aus 128,71 Euro seit dem 01.03.2017,
aus 19,73 Euro seit dem 01.04.2017,
aus 59,24 Euro seit dem 01.07.2017,
aus 29,76 Euro seit dem 01.08.2017,
aus 176,31 Euro seit dem 01.09.2017,
aus 4,33 Euro seit dem 01.10.2017,
aus 23,32 Euro seit dem 01.11.2017,
aus 66,56 Euro seit dem 01.12.2017,
aus 126,01 Euro seit dem 01.01.2018,
aus 85,26 Euro seit dem 01.02.2018,
aus 28,74 Euro seit dem 01.03.2018,
aus 46,64 Euro seit dem 01.04.2018,
aus 2,59 Euro seit dem 01.06.2018,
aus 55,91 Euro seit dem 01.07.2018,
aus 55,99 Euro seit dem 01.08.2018,
aus 131,62 Euro seit dem 01.11.2018,
aus 54,94 Euro seit dem 01.01.2019
zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 157,05 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 25,30 Euro seit dem 01.02.2019,
aus 56,10 Euro seit dem 01.03.2019,
aus 28,60 Euro seit dem 01.04.2019,
aus 136,25 Euro seit dem 01.05.2019,
aus 201,82 Euro seit dem 01.08.2019,
aus 34,41 Euro seit dem 01.10.2019,
aus 89,80 Euro seit dem 01.11.2019,
aus 96,05 Euro seit dem 01.01.2020
zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf Erfüllung. Durch das ständige nachträgliche Zahlen des Entgelts („Salary“) hätte sie die Ansprüche auf Urlaubsentgelt beglichen. Selbst wenn sie die Klägerin unterbezahlt hätte, was bestritten werde, hätte sie das Urlaubsentgelt als primär entstandene Forderung vor der regulären Entgeltforderung beglichen. Offen bliebe dann der Anspruch auf rückständiges Gehalt, dies wäre ein anderer Streitgegenstand.
Die Klägerin habe aber auch ihre Forderungen gemäß § 11 BurlG nicht ordnungsgemäß dargelegt. Insbesondere habe sie nicht den maßgeblichen Zeitraum von 13 Wochen als Referenzzeitraum genommen, sondern die drei vor dem Urlaub abgerechneten Monate. Dies sei unzulässig und der Höhe nach unzutreffend.
Die Boni seien ohnehin nicht mit in die Abrechnung miteinzubeziehen, da sie sich ausschließlich nach der vereinbarten qualitativen Leistung richteten. Die Zahlung des Bonus sei unabhängig von der Inanspruchnahme des Urlaubs.
Endlich seien die Ansprüche der Klägerin auch verfallen, da sie erst im November 2019 geltend gemacht worden seien.
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 25.08.2020 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kammer die Höhe der Klageforderung nicht nachvollziehen konnte. Zwar habe die Klägerin grundsätzlich recht damit, wenn sie meine, dass Zuschläge generell bei der Höhe des Urlaubsentgelts miteinzubeziehen seien. Sie habe indes nicht recht damit, wenn sie bei der Berechnung der Höhe der Differenzen zwischen dem ihr tatsächlich gezahlten Urlaubsentgelt und dem von ihr geltend gemachten Urlaubsentgelt den vierteljährlich gezahlten Bonus miteinbeziehe. Diesen Bonus zahle die Beklagte unabhängig von der Frage, ob der Arbeitnehmer im jeweiligen Quartal Urlaub genommen habe oder nicht, so dass dies ein Gehaltselement sei, das für die Höhe der Berechnung des Urlaubsentgelts nach der Referenzmethode des § 11 BurlG keine Rolle spielen könne. Würde dieser vierteljährliche Bonus bei der Referenzmethode miteinbezogen, müsste die Beklagte diesen Bonus für die Urlaubstage im jeweiligen Quartal quasi doppelt bezahlen, was nicht der Ansatz der Referenzmethode sei.
Zum Anspruch im Übrigen äußert sich das Arbeitsgericht Berlin nicht.
Wegen des Vortrags der Parteien in der ersten Instanz wird im Übrigen auf das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.08.2020 Bl. 119 – 120 d. A. verwiesen.
Gegen dieses ihr am 22.09.2020 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 15.10.2020 eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.12.2020 am 21.12.2020 begründete Berufung der Klägerin.
Sie verfolgt ihre Ansprüche weiter, gliedert diese sowohl als Ansprüche mit dem Vierteljahresbonus als auch ohne („hilfsweise“) auf, verweist darauf, dass wenigstens die Schicht- und Sonntagszuschläge bei der Berechnung des Urlaubsentgelts zu zahlen wären – was vom Arbeitsgericht überhaupt nicht beschieden worden sei – und verweist im Übrigen auf die Abrechnungspraxis der Beklagten. Sie habe auch den 13-Wochen-Zeitraum berücksichtigt (vgl. dazu die Berechnungen Bl. 141 ff. d. A.) sowie die sonstigen Abrechnungen vor dem Urlaubszeitraum (vgl. die Abrechnungen in Kopie Bl. 170 ff. d. A.). Ihr stehe auch der Bonus als Berechnungsgrund für die Urlaubsentgeltberechnung zu, da die Bonushöhe von der Erreichung von Zielvorgaben der Beklagten abhänge. Sei eine Arbeitnehmerin wegen Urlaub oder Krankheit nicht in der Lage, Arbeitsleistung zu erbringen, so sinke der Umfang der Aufgabenerfüllung und der Bonus falle geringer aus. Eine Berücksichtigung dieses Bonus würde entgegen der Auffassung der Beklagten und dem folgenden Arbeitsgericht nicht zu einer Doppelung der Bonuszahlung für die Zeiten des Urlaubs führen. Vielmehr führte die Nichtberücksichtigung dazu, dass bei der Urlaubsvergütung ein nicht unerheblicher Teil der zuvor im Referenzzeitraum erzielten Vergütung zu Unrecht unberücksichtigt bliebe.
Die Ansprüche seien auch nicht verfallen, insoweit verweist die Klägerin konkret auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Nach Rücknahme der Klage im Hinblick auf die Urlaubsentgeltdifferenzen für 2019 im Einverständnis mit der Beklagten unter Hinweis darauf, dass die Beklagte seit 2019 die Zuschläge nunmehr miteinbeziehe (vgl. dazu etwa die Abrechnungen für Januar und Februar 2019 vom 17.01.2019 bzw. 18.02.2019 Bl. 211 und 212 d. A., in denen die Beklagte den Schichtzuschlag als Durchschnitt bezahlt „Shift Holidays ave.“), beantragt die Klägerin,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.08.2020 – 34 Ca 15494/19 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.509,62 Euro, hilfsweise 1.078,45 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 18,06 Euro, hilfsweise 09,18 EUR seit dem 01.03.2016,
aus 77,63 Euro, hilfsweise 56,59 EUR seit dem 01.04.2016,
aus 49,54 Euro, hilfsweise 16,40 EUR seit dem 01.05.2016,
aus 36,89 Euro, hilfsweise 36,89 EUR seit dem 01.06.2016,
aus 151,87 Euro, hilfsweise 94,07 EUR seit dem 01.11.2016,
aus 75,96 Euro, hilfsweise 47,61 EUR seit dem 01.01.2017,
aus 128,71 Euro, hilfsweise 72,74 EUR seit dem 01.03.2017,
aus 19,73 Euro, hilfsweise 10,76 EUR seit dem 01.04.2017,
aus 59,24 Euro, hilfsweise 54,70 EUR seit dem 01.07.2017,
aus 29,76 Euro, hilfsweise 18,38 EUR seit dem 01.08.2017,
aus 176,31 Euro, hilfsweise 134,64 EUR seit dem 01.09.2017,
aus 4,33 Euro, hilfsweise 3,27 EUR seit dem 01.10.2017,
aus 23,32 Euro, hilfsweise 15,82 EUR seit dem 01.11.2017,
aus 66,56 Euro, hilfsweise 49,00 EUR seit dem 01.12.2017,
aus 126,01 Euro, hilfsweise 94,63 EUR seit dem 01.01.2018,
aus 85,26 Euro, hilfsweise 70,07 EUR seit dem 01.02.2018,
aus 28,74 Euro, hilfsweise 22,17 EUR seit dem 01.03.2018,
aus 46,64 Euro, hilfsweise 33,58 EUR seit dem 01.04.2018,
aus 2,59 Euro, hilfsweise 1,80 EUR seit dem 01.06.2018,
aus 75,84 EUR, hilfsweise 67,37 EUR seit dem 01.07.2018,
aus 55,99 Euro, hilfsweise 48,24 EUR seit dem 01.08.2018,
aus 131,62 Euro, hilfsweise 99,17 EUR seit dem 01.11.2018,
aus 54,94 Euro, hilfsweise 42,21 EUR seit dem 01.01.2019
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren Vortrag zur unzureichenden bzw. falschen Darlegung der Klageforderung bezüglich Geld- und Zeitfaktor, zur Nichtberücksichtigung der Quartalsboni, der Erfüllung des Urlaubsanspruchs sowie zum Verfall der geltend gemachten Ansprüche.
Wegen des konkreten Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 18.12.2020 (Bl. 134 ff. d. A.) und vom 06.04.2021 (Bl. 245 f. d. A.) sowie der Beklagten vom 19.02.2021 (Bl. 234 ff. d. A.) verwiesen.
I.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe b, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 ArbGG; §§ 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden.
II.
Die Berufung der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von Urlaubsentgelt gemäß § 611 a Abs. 2 BGB i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 1 und 1 BUrlG i. V. m. dem Arbeitsvertrag der Parteien in der im Tenor wiedergegebenen Höhe von 1.078,45 EUR brutto.
1. Dabei war für die Berechnung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG der Vierteljahresbonus („Bonus Quarterly“) nicht zu berücksichtigen.
a) Insofern zutreffend weist dabei die Beklagte darauf hin, dass die Quartalsboni dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn der Bonus unabhängig von der Frage gezahlt wird, ob der Arbeitnehmer im betreffenden Quartal Urlaub genommen hat oder nicht. Wenn die Zielvorgaben für die Erteilung des Bonus so konzipiert sind, dass es sich um ein Gehaltselement handelt, welches von der Abwesenheit des Arbeitnehmers unabhängig ist, ist der Bonus für die Berechnung des Urlaubsentgelts nicht heranzuziehen (vgl. nur Neumann/Fenski/Kühn, BUrlG, 11. Aufl. 2016, § 11 Rz. 30 m.w.N.; BAG 11.04.2000 – 9 AZR 266/99 – EzA § 11 BUrlG Nr. 45).
b) So liegt es hier: Gemäß Ziff. 4.3 des Arbeitsvertrages wird ein Bonus bei Erreichen der Zielvorgaben gezahlt, die wiederum vom Erreichen qualitativer und/oder qualitativer Ziele abhängt. Ausdrücklich haben die Arbeitsvertragsparteien geregelt, dass nur für Zeiträume ohne Entgeltzahlungspflicht auch im Bereich der Entgeltfortzahlung nach § 4 EFZG eine Kürzung vorgesehen werden kann. Es wäre nun an der Klägerin gewesen, darzulegen und zu beweisen, dass der Bonus auch wegen des genommenen Urlaubs (in welcher Höhe?) gekürzt worden ist. Dies hat sie mit ihrem pauschalen Vortrag nicht vermocht.
2. Im Übrigen hat die Klägerin wegen der Schichtzuschläge einen Anspruch auf Zahlung, der weder erloschen noch verfallen ist.
a) Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts unter Einbeziehung der im Einzelnen ausgerechneten Zuschläge aufgrund der Zahlungen der Beklagten in dem in § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG geregelten Referenzzeitraum von 13 Wochen. Dies hat sie im Einzelnen in der Aufstellung und Berechnung Bl. 140 ff. d. A. für den 13-Wochen-Zeitraum vor den einzelnen Urlaubstagen konkret dargelegt und berechnet. Dem ist die Beklagte nicht konkret entgegengetreten. Es kann daher dahinstehen, ob nicht auch nicht eine Berechnung nur unter Heranziehung der letzten drei Monatsabrechnungen vor dem Urlaubszeitraum ausgereicht hätte (so z. B. BAG 05.11.2002 – 9 AZR 658/00 – EzA § 11 BUrlG Nr. 53, zu II 2 b) cc) (1) der Gründe; BAG 24.11.1992 – 9 AZR 564/91 – EzA § 11 BUrlG Nr. 33; BAG 11.04.2000 – 9 AZR 266/99 – a.a.O.).
b) Die Beklagte hat den Urlaubsentgeltanspruch der Klägerin nicht vollständig erfüllt. Zwar hat die Beklagte den Grundentgeltanspruch stets durchgängig erfüllt, sei dies der Urlaubsentgelt- oder der Gehaltsanspruch („Salary“). Sofern sie jedoch die Zuschläge zu zahlen hatte (Schichtzuschläge sind bei der Berechnung ebenso wie Sonntagszuschläge zu berücksichtigen, vgl. nur Neumann/Fenski/Kühn, a.a.O., § 11 Rz. 35 m.w.N. aus der BAG-Rechtsprechung, vgl. auch BAG 08.06.1977 AP § 11 BUrlG Nr. 13; BAG 22.01.2002 AP § 11 BUrlG Nr. 55), hat die Beklagte dies gerade nicht mit den normalen Zahlungen erbracht, wie sie behauptet. Vielmehr hat sie gemäß § 366 Abs. 1 BGB gerade mit ihrer Zahlung nur das Grundentgelt als Erfüllung ohne die diesbezüglichen Zulagen bestimmt. Dies geht eindeutig aus der geänderten Abrechnungs- und Bezahlungspraxis für 2019 hervor, indem nunmehr die Beklagte die Durchschnittszahlungen der Schichtzuschläge berechnet und bestimmt, was sie vorher schlicht nicht vorgenommen hat (vgl. die Abrechnungen Bl. 211, 212, 213, 214, 215 für die Monate Januar bis Mai 2019 sowie Bl. 218 für den Monat August 2019 und Bl. 220 bis 221 für Oktober und November 2019 jeweils unter „Shift Holidays ave.“ als eine Abkürzung für average = Durchschnitt ).
c) Endlich sind die Ansprüche der Klägerin auch nicht verfallen.
aa) Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Urlaubsentgelt nicht vor Urlaubsantritt aus, ist die Urlaubserteilung des Arbeitgebers jedenfalls im bestehenden Arbeitsverhältnis nach Treu und Glauben gesetzeskonform so zu verstehen (§ 157 BGB), dass der Arbeitgeber damit zugleich streitlos stellt, dass er für den gewährten Urlaub dem Grunde nach zur Zahlung von Urlaubsentgelt nach den gesetzlichen Vorgaben und etwaigen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen verpflichtet ist, sofern dem nicht konkrete Anhaltspunkte entgegenstehen. Anderenfalls hätte er den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nicht wirksam erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Aufgrund dieser „Zusage“ ist der Zweck einer Ausschlussfrist – ähnlich wie beim Erteilen einer schriftlichen Lohnabrechnung – erreicht. Der Arbeitnehmer muss den Urlaubsentgeltanspruch nicht mehr im Sinne einer Verfallsklausel geltend machen (vgl. BAG 30.01.2019 – 5 AZR 43/18 – EzA § 3 MiLoG Nr. 4 Rz. 45 m.w.N.).
bb) So liegt es hier: Das Urlaubsentgelt ist wie das normale Arbeitsentgelt („Salary“) stets nach dem Urlaub gezahlt worden, wie sich nicht nur aus den Abrechnungsdaten, sondern auch aus dem diesbezüglichen Vortrag der Beklagten und dem Arbeitsvertrag (Ziff. 4.1) ergibt.
3. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs. 1; 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Ansprüche waren spätestens gemäß Ziff. 4.1 des Arbeitsvertrages am letzten Werktag des Kalendermonats fällig.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1; 97 Abs. 1; 516 Abs. 3 ZPO.
IV.
Für eine Zulassung der Revision bestand angesichts der oben zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung, unter deren Rechtssätze der vorliegende Fall zu subsummieren war, kein Anlass.