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Entscheidung 2 U 13/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Zivilsenat Entscheidungsdatum 01.06.2021
Aktenzeichen 2 U 13/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:0601.2U13.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 24. Februar 2021 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam, Aktenzeichen: 4 O 146/20, wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 54.617 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist Gastronom und Hotelier. Er begehrt Entschädigung und Ersatz von Einnahmeausfällen, die ihm wegen der coronabedingten – zeit- und teilweisen – Schließung seiner Gaststätte samt Hotel im Frühjahr 2020 entstanden sind. Er verlangt einerseits die Zahlung von 27.017,28 € und andererseits die Feststellung einer weiteren Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht des beklagten Landes.

Das Landgericht, auf dessen Urteil im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage insgesamt abgewiesen, und zur Begründung ausgeführt:

Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch aus § 56 Abs. 1 IfSG. Zum einen habe der Kläger nicht zu dem in dieser Vorschrift als Anspruchsinhaber genannten Personenkreis (Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder sonstiger Träger von Krankheitserregern) gehört. Es könne dabei dahinstehen, ob der Begriff des „Ansteckungsverdächtigen“ im Sinne des Klägers aus verfassungsrechtlichen Gründen erweiternd dahingehend auszulegen sei, dass erst recht auch Nichtstörer erfasst seien. Denn zum anderen habe der Kläger keinem beruflichen Tätigkeitsverbot unterlegen. Ein solches ergebe sich weder aus der primär angegriffenen Verordnung noch aus dem Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde G... vom 1. April 2020, das schon seiner Form nach und zudem mangels Regelungsinhalts ohnehin nicht als Verwaltungsakt angesehen werden könne. Die Vorschrift des § 56 IfSG sei auch nicht entsprechend zugunsten eines Nichtstörers anzuwenden. Es fehle die für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke. Das zeige die historische Betrachtung des Gesetzgeberwillens des Bundesseuchengesetzes als Vorgängervorschrift ebenso wie die aktuellen Aktivitäten des Gesetzgebers zur Erweiterung gerade des § 56 IfSG um einen neuen Absatz 1a. Ein Anspruch aus § 65 IfSG scheide aus, da diese Norm nur Anwendung finde auf hier nicht in Rede stehende Maßnahmen auf der Grundlage der §§ 16, 17 IfSG. Ebenso wenig anwendbar seien die Vorschriften des allgemeinen Polizeirechts zur Entschädigung von Nichtstörern, da das Infektionsschutzgesetz für seinen Anwendungsbereich abschließend sei und die allgemeine Regelung sperre. Ein enteignender Eingriff liege nicht vor. Zwar sei die zeit- und teilweise Schließung von Gaststätten formell und materiell rechtmäßig verordnet worden. Dem Kläger sei aber kein individuelles Sonderopfer auferlegt worden, vielmehr seien zahlreiche Branchen von den Schließungsmaßnahmen betroffen gewesen. Eine möglicherweise ein Sonderopfer begründende Existenzvernichtung habe der Kläger nicht konkret dargetan. Ohnehin biete das richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitut des enteignenden Eingriffs nur die Möglichkeit, einzelfallbezogene Eigentumsbeeinträchtigungen auszugleichen, nicht hingegen massenhaft auftretende Schäden. Amtshaftungsansprüche schließlich schieden mangels eines einem Beamten konkret zuzuordnenden Fehlverhaltens sowie deswegen aus, weil der Kläger nicht alles ihm Zumutbare zur Verhinderung des Schadenseintritts getan habe.

Das am 24. Februar 2021 verkündete Urteil ist dem Kläger am 26. Februar 2021 zugestellt worden. Der Kläger hat am 2. März 2021 Berufung eingelegt und diese am 22. März 2021 begründet.

Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Er macht insbesondere geltend, die erzwungene Schließung seiner Gaststätte habe ihm erhebliche, existenzbedrohende Einbußen zugefügt, die das beklagte Land auszugleichen habe. Hätte er einen Ansteckungsherd begründet, wäre ihm der Betrieb durch Verwaltungsakt untersagt worden, was ihm einen Anspruch auf Entschädigung gegeben hätte. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass er gerade dadurch, dass er den Betrieb wie verordnet geschlossen und so keine weiteren Ansteckungsherde begründet habe, schlechter gestellt sein solle. Das beklagte Land habe gezielt in seinen, des Klägers eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen. Es sei verfassungsrechtlich geboten, ihn und andere Unternehmer für die Verluste durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie zu entschädigen. Er habe in seinem bis 2019 sehr erfolgreichen Unternehmen ab Ende März 2020 deutliche Umsatzeinbußen und damit Gewinneinbrüche erlitten, ungeachtet einer ihm gewährten Corona-Soforthilfe von 60.000 €. Zum einen stehe ihm ein Anspruch aus § 56 Abs. 1 IfSG zu. Er sei Ansteckungsverdächtiger im Sinne dieser Norm und auch nach § 2 Nr. 7 IfSG. Hierfür genüge die Gefahr, dass Krankheitserreger im Umfeld des vom Kläger in Person eröffneten Betriebes (auch durch Gäste und andere) aufgenommen werden. Nur so seien die Maßnahmen zu rechtfertigen, erlaube § 32 IfSG doch nur Maßnahmen gegen die in § 28 IfSG enumerativ genannten Störer. Die ver- bzw. angeordnete Betriebsschließung wirke ihm gegenüber wie ein Tätigkeitsverbot nach § 31 IfSG. Sehe man dies anders, müsse ihm erst recht eine Entschädigung gewährt werden, insbesondere im Hinblick auf den Eingriff in sein grundrechtlich geschütztes Eigentum am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Er dürfe nicht schlechter stehen als derjenige, der das Virus in einen Betrieb einschleppe und auf die darauf angeordnete Schließung entschädigt werde. Der Ersatzanspruch berechne sich in der Höhe nach dem üblichen Jahresgewinn und erfasse bei einer Existenzgefährdung wie bei ihm zudem weiterlaufende, nicht gedeckte Betriebskosten.

Sollte ein Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz verneint werden, sei er jedenfalls gemäß §§ 18, 38 OBG BB als nicht verantwortliche Person zu entschädigen, einschließlich des ihm entgangenen Gewinns. Zudem lägen die Voraussetzungen des enteignenden sowie des enteignungsgleichen Eingriffs vor. Der dramatische Umfang der Inanspruchnahme sämtlicher Gastronomen sei rechtswidrig und führe infolge ihrer Totalausfälle zu einem Sonderopfer aller Gastronomen im Unterschied zum Beispiel zum Lebensmitteleinzelhandel. Bei anderer Sichtweise hätte der Bürgermeister der Gemeinde G... mit der Schließungsanordnung vom 1. April 2020 eine Amtspflichtverletzung begangen, denn er, der Kläger, wäre dann nicht Ansteckungsverdächtiger und damit nicht tauglicher Adressat dieser behördlichen Maßnahme gewesen.

Der Kläger beantragt:

1. Der Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 24. Februar 2021, zugestellt am 26. Februar 2021, Aktenzeichen 4 O 146/20 verurteilt, an den Kläger 27.017,28 € nebst 9 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Auf die Berufung des Klägers wird unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 24. Februar 2021, zugestellt am 26. Februar 2021, Aktenzeichen 4 O 146/20, festgestellt, dass dem Kläger aufgrund der gemäß § 6 der Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Corona-Virus Sars-CoV II und COVID-19 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg Teil II – Verordnung 31. Jahrgang Potsdam 22.03.2020 Nr. 11 in der Fassung vom 27. Februar 2020 – Nr. 21/25 vom 24. April 2020) angeordnete Schließung des vom Kläger betriebenen Schlosses ..., K... 5-6, ... G... OT ... für den Zeitraum ab dem 17. April 2020 entstandenen wirtschaftlichen Einbußen Entschädigungsansprüche

a. gemäß § 56 IfSG in der Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 3. Mai 2020 (Sechs-Wochen-Frist gemäß § 56 Abs. 2 IfSG) sowie

b. gemäß §§ 18, 38 OBG-Land Brandenburg ab dem 22. März 2020

c. wegen eines enteignenden Eingriffs ab dem 22. März 2020,

hilfsweise

d. wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs

sowie Schadenersatzansprüche

e. gemäß § 839 BGB i. V. mit Art. 34 GG

zustehen, soweit nicht bereits vom Antrag zu 1 erfasst.

Hilfsweise beantragt er Zurückverweisung.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es hält die Klage im Feststellungsantrag für unzulässig, da zu unbestimmt. In der Sache verteidigt es unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das angegriffene Urteil und ergänzt: Der Kläger sei kein „Störer“ im Sinne des § 56 IfSG gewesen. Die §§ 28, 32 IfSG ermöglichten nicht nur Maßnahmen gegen die dort ausdrücklich genannten Personen, sondern aufgrund der Generalklausel Maßnahmen auch gegenüber der Allgemeinheit. Der Verordnungsgeber habe davon zu Recht Gebrauch gemacht, ohne hierbei aber den Kläger gerade als Störer anzusprechen. Eine analoge Anwendung des § 56 IfSG scheide mangels planwidriger Regelungslücke aus. Das zeige die Gesetzeshistorie ebenso wie die Änderungen der Vorschrift während der Pandemie; zudem seien die „Corona-Hilfen“ nur erklärlich, wenn Entschädigungsansprüche fehlten. Die Analogie sei auch nicht verfassungsrechtlich geboten. Es gebe sachliche Gründe zur Differenzierung zwischen den nach § 56 IfSG Entschädigungsberechtigten und denjenigen, denen der Gesetzgeber dies versage. Entschädigungsansprüche aus dem Ordnungsbehördengesetz schieden mangels individueller Inanspruchnahme des Klägers aus. Die Verordnung nehme auch nicht Nichtstörer in Anspruch, sondern die Allgemeinheit. Ohnehin aber sei das Infektionsschutzrecht insoweit abschließend. Für Ansprüche aus enteignendem und enteignungsgleichem Eingriff oder sonstigen Aufopferungsansprüchen fehle es an einem Sonderopfer des Klägers im Sinne einer atypischen Nebenfolge, zumal bei der beispiellosen Streubreite der Maßnahmen. Die richterrechtlichen Institute seien keinesfalls geeignet, den flächendeckenden Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile zu leisten. Die vorübergehende Betriebsschließung berühre auch nicht das Eigentum des Klägers, nur seine Gewinnerwartung. Amtshaftungsansprüche schieden wegen Rechtmäßigkeit der Verordnungen und aufgrund des Unterlassens schadensabwehrenden Rechtsschutzes aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze, Protokolle und sonstigen Unterlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist sachlich nicht gerechtfertigt. Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt eine abweichende Betrachtungsweise nicht.

1.

Die Klage ist zwar auch hinsichtlich des Feststellungsantrags zulässig. Diesen legt der Senat im Einvernehmen mit dem hierzu im Senatstermin angehörten Kläger dahin aus, dass der Kläger die Feststellung begehrt, das beklagte Land sei ihm zum Ersatz aller weiteren Schäden verpflichtet, die ihm aufgrund der in den SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnungen vom 22. März 2020 (GVBl. II Nr. 11/2020), 17. April 2020 (GVBl. II Nr. 21/2020) und 24. April 2020 (GVBl. II Nr. 25/2020) angeordneten Beschränkungen seines im Schloss ... in der Gemeinde G... unterhaltenen Gastronomiebetriebes entstanden sind. So verstanden ist der Antrag hinreichend bestimmt (zu den Maßstäben vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Januar 1983 – VIII ZR 231/81 –, NJW 1983, 2247/2250, Rdnr. 39 bei juris, sowie die Nachweise bei Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 253 ZPO Rdnr. 88). Dem Kläger kommt auch das notwendige Feststellungsinteresse zu. Dieses ist anzunehmen, wenn der Kläger seinen Anspruch zum Beispiel auf Schadensersatz noch nicht oder nicht ohne Durchführung einer aufwendigen Begutachtung beziffern kann. Befindet sich der anspruchsbegründende Sachverhalt wie zum Beispiel der Schaden zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, so ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte; der Geschädigte kann aber auch bezüglich des bereits bezifferbaren Teils des Schadens Leistungsklage und im Übrigen Feststellungsklage erheben (BGH, Urteil vom 19. April 2016 – VI ZR 506/14 –, NJW-RR 2016, 759 = MDR 2016, 786; Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2020, § 256 ZPO Rdnr. 7a). So liegt der Fall nach dem maßgeblichen Vortrag des Klägers hier. Er hat den wahrscheinlichen Eintritt eines Schadens dargetan, kann dessen Höhe aber aus nachvollziehbaren Gründen noch nicht abschließend beziffern. Hierzu gehört die denkbare Möglichkeit weiterer ihm gewährter staatlicher Leistungen ebenso wie die Möglichkeit steuerlicher Auswirkungen der bereits gewährten staatlichen Hilfen.

2.

Die Klage ist aber insgesamt unbegründet. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Amtshaftung oder Staatshaftung – auch im weiteren Sinne – zu, noch kann er Entschädigung nach den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes fordern.

a)

Der Kläger hat keinen Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG gegen das beklagte Land. Voraussetzung der auf die Körperschaft übergeleiteten Haftung ist, dass ein Beamter im haftungsrechtlichen Sinne in Ausübung eines ihm von dem beklagten Land anvertrauten Amtes schuldhaft eine dem Kläger gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt und so den dem Kläger entstandenen Schaden verursacht hat, für den – bei nur fahrlässigem Handeln des Beamten – der Kläger nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Zu den Amtspflichten in diesem Sinne gehört in erster Linie die Amtspflicht zu (grund)gesetzmäßigem Verhalten. Der Beamte ist verpflichtet, die Aufgaben und Befugnisse der juristischen Person des öffentlichen Rechts, in deren Namen und Rechtskreis er tätig wird, im Einklang mit dem objektiven Recht wahrzunehmen (Papier/Shirvani, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 839 BGB Rdnr. 246) und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu wahren (Papier/Shirvani, ebd., Rdnr. 269).

Die Haftungsvoraussetzungen liegen bei keiner der von dem Kläger angegriffenen Maßnahmen vor.

(1)

Der Erlass der in Rede stehenden Eindämmungsverordnungen konnte von vornherein keine gerade dem Kläger gegenüber bestehende Amtspflicht verletzen. Denn die für die Gesetzgebung verantwortlichen Amtsträger haben nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel Amtspflichten lediglich gegenüber der Allgemeinheit, nicht jedoch gegenüber bestimmten Einzelpersonen oder Personengruppen zu erfüllen. Gesetze und Verordnungen enthalten grundsätzlich generell-abstrakte Regeln, weshalb der Gesetzgeber – bei Tätigwerden oder Untätigbleiben – ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahrnimmt (vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Dezember 1987 – III ZR 220/86 –, BGHZ 102, 350 = NJW 1988, 478/482, Rdnr. 46 bei juris; Papier/Shirvani, a.a.O., Rdnr. 317). Daran ändert auch der Hinweis auf die individuelle Betroffenheit der von dem Gesetz erfassten einzelnen Grundrechtsträger nichts. Denn das allein macht sie nicht zu „Dritten“ im Sinne der Vorschrift. Dies gäbe vielmehr, besonders bei der Weite des Schutzes durch Art. 2 Abs. 1 GG, dieses einschränkende Merkmal insgesamt auf und führte zu einer konturlosen Haftung für jeglichen Verfassungsverstoß des Gesetzgebers. Diese zu begründen kann allerdings wiederum nur Aufgabe des Gesetzgebers sein (ausführlich BGH, Urteil vom 28. Januar 2021 – III ZR 25/20 –, MDR 2021, 487, Rdnr. 20 ff bei juris, m. Anm. Itzel, jurisPR-BGHZivilR 8/2021 Anm. 2).

(2)

Dem Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde G... vom 1. April 2020 liegt ungeachtet seiner Rechtsform kein – über den genannten Erlass der Verordnungen hinausreichendes – Verhalten eines Beamten des beklagten Landes im haftungsrechtlichen Sinne zugrunde. Das beklagte Land hat dem Bürgermeister der Gemeinde G... im haftungsrechtlichen Sinne kein Amt anvertraut.

(3)

Schließlich war das in den genannten Verordnungen enthaltene Gebot, Gaststätten und Beherbergungsbetriebe für den Publikumsverkehr zu schließen, nicht rechtswidrig. Das hat bereits das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg auch für Gaststätten ausführlich und überzeugend begründet (vgl. zum Folgenden insbesondere OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. März 2021 – 11 S 17/21, zur 6. Eindämmungsverordnung vom 12. Februar 2021; Beschluss vom 11. November 2020 – OVG 11 S 111/20, zur SARS-CoV-2- Eindämmungsverordnung vom 30. Oktober 2020):

Die Verordnungen finden in §§ 28 Abs. 1 und 32 Abs. 1 IfSG eine den verfassungsrechtlichen Geboten genügende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Durch § 32 IfSG werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG gelten, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Der Begriff der „Schutzmaßnahmen“ ist dabei umfassend. Er eröffnet der Infektionsschutzbehörde ein möglichst breites Spektrum an geeigneten Schutzmaßnahmen, das durch die Notwendigkeit der Maßnahme im Einzelfall begrenzt wird. Das gilt auch für die Adressaten der infektionsschutzrechtlichen Anordnungen: § 28 IfSG ermöglicht es zum einen, Maßnahmen gegen die genannten Personen zu richten, das heißt gegen Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige usw. Darüber hinaus können aber auch Maßnahmen gegen die Allgemeinheit erforderlich werden, und zudem auch „Nichtstörer“ in Anspruch genommen werden (BT-Drucks 8/2468 S. 27 f; BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16/11 –, BVerwGE 142, 205, Rdnr. 26 bei juris).

Diese generelle, wenig spezifische Ermächtigung ist aus Sachgründen gerechtfertigt. Denn die Fülle der Schutzmaßnahmen, die bei Ausbruch einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, lässt sich nicht von vornherein übersehen (BT-Drs. 8/2468, S. 27, zur Vorgängernorm § 34 BSeuchG; BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16/11 –, BVerwGE 142, 205, Rdnr. 24 bei juris). Darin liegt kein Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Danach müssen zwar Gesetze, die zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigen, Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen. Das Parlament soll sich seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft nicht dadurch entäußern können, dass es einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Exekutive überträgt, ohne die Grenzen dieser Kompetenzen bedacht und diese nach Tendenz und Programm so genau umrissen zu haben, dass der Bürger schon aus der gesetzlichen Ermächtigung erkennen und vorhersehen kann, was ihm gegenüber zulässig sein soll und welchen möglichen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können. Allerdings muss die Ermächtigungsnorm in ihrem Wortlaut nicht so genau wie irgend möglich gefasst sein; sie hat von Verfassung wegen nur hinreichend bestimmt zu sein. Die gesetzlichen Vorgaben müssen sich mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte der Norm. Das Maß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelnen ist einerseits abhängig von der Grundrechtsrelevanz der Regelung, andererseits aber auch von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts. Ist der zu regelnde Sachbereich einer genaueren begrifflichen Umschreibung nicht zugänglich, kann es sachgerechter sein, von einer detaillierten gesetzlichen Regelung abzusehen und die nähere Ausgestaltung des zu regelnden Sachbereichs dem Verordnungsgeber zu überlassen, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermag als der Gesetzgeber (BVerfG, Beschluss vom 21. September 2016 – 2 BvL 1/15 –, BVerfGE 143, 38 = NJW 2016, 3648/3651 f, Rdnr. 54 ff). Diesen Anforderungen wurden die Vorschriften der §§ 32, 28 IfSG jedenfalls im hier maßgeblichen Zeitraum (Frühjahr 2020) noch gerecht. § 28 IfSG zählte beispielhaft auch weitreichende, eine große Anzahl an Personen betreffende mögliche Anordnungen auf, darunter die Beschränkung und das Verbot von Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen, sowie die Schließung von Badeanstalten oder Gemeinschaftseinrichtungen. Das zeigte die Zielrichtung und die Weite der möglichen behördlichen und damit auch im Verordnungswege zulässigerweise zu treffenden Anordnungen hinreichend bestimmt auf. Die einzelnen Maßnahmen mussten auch nicht durch den Bundesgesetzgeber selbst vorherbestimmt werden. Zwar erlauben die Vorschriften auch sehr weitgehende Grundrechtseingriffe bei einer großen Vielzahl an Personen. Doch ist die Annahme des Gesetzgebers nachvollziehbar, dass sich der Sachbereich des Infektionsschutzes einer detaillierten gesetzlichen Regelung entzieht, die vielmehr eher dem Verordnungsgeber überlassen werden müsse, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermag als der Gesetzgeber. Dies auch, da so einerseits örtlichen Besonderheiten angemessen Rechnung getragen werden kann und andererseits auf sich ändernde Anforderungen zeitnah und flexibel reagiert werden kann.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für das Tätigwerden des Verordnungsgebers waren gegeben. Die Pandemie hatte Deutschland im Frühjahr 2020 bereits erreicht. Es wurden an CoViD-19 erkrankte Personen festgestellt. Die Schließung von Gaststätten gehörte zu den durch § 28 IfSG erlaubten Maßnahmen gegenüber der Allgemeinheit, die nicht durch § 31 IfSG gesperrt war, welcher berufsregelnde Maßnahmen allein gegen Kranke, Krankheitsverdächtige usw. vorsieht. Die Maßnahme war angesichts der sich hoch dynamisch entwickelnden Pandemielage auch verhältnismäßig. Sie war geeignet, den grundrechtlich gebotenen Schutz des Lebens und der Gesundheit auch Einzelner zu erreichen. Sie hielt sich in dem hier besonders weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, nicht zuletzt angesichts der zu Beginn der Pandemie noch mehr als heute bestehenden fachwissenschaftlichen Unsicherheit über die Krankheit, ihre Auswirkungen und ihre Übertragungswege. Es war schon aus der maßgeblichen Ex-ante-Sicht nicht falsch, rasch und rigoros auf die exponentiell steigenden Infektionszahlen zu reagieren, um den ansonsten sehr bald nicht mehr beherrschbaren Verlauf zu brechen. Hierzu durften auch – als ein Baustein eines umfassenden Maßnahmenpakets – Gaststätten für den Publikumsverkehr geschlossen werden. Die Einschätzung, dass auf diese Weise eine Verringerung von Kontakten in der Bevölkerung erzielt werden kann, die zu einer Reduzierung von Infektionen beiträgt, ist jedenfalls in Ansehung der dem Gesetzgeber im Frühjahr 2020 zur Verfügung stehenden Tatsachengrundlage nicht zu beanstanden. In Gaststätten trifft erfahrungsgemäß eine Vielzahl auch einander nicht näher bekannter Personen aufeinander. Schutzmaßnahmen wie die Verpflichtung zum Tragen von Masken sind naturgemäß nicht durchgängig umzusetzen, da sie mit der Einnahme von Speisen und Getränken nicht zu vereinbaren sind. Ebenso geeignete aber weniger einschneidende Maßnahmen waren nicht ersichtlich. Angesichts der erheblichen Risiken für die besonders wichtigen Schutzgüter Leben und Gesundheit auf der einen Seite und der zeitlichen Beschränkung und der beabsichtigten wirtschaftlichen Ausgleichsmaßnahmen für besonders Betroffene auf der anderen Seite waren die Maßnahmen auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

Hierfür bedurfte es insbesondere keiner Entschädigungsregelung zugunsten der von den Maßnahmen betroffenen Grundrechtsträger im Infektionsschutzgesetz oder in den hierauf gestützten landesrechtlichen Verordnungen. Zwar können Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums, die an sich durch hinreichende Gemeinwohlinteressen legitimiert sind, im Einzelfall ausnahmsweise zu unzumutbaren Auswirkungen führen. Sie sind dann mit der grundgesetzlichen Eigentumsgewährleistung nur vereinbar, wenn der Gesetzgeber Regelungen zur Wahrung der Belastungsgleichheit oder Verhältnismäßigkeit auch in diesen Fällen vorsieht. Nur wo solche Ausnahmeregelungen nicht genügen, kann im Einzelfall sogar eine finanzielle Ausgleichsbestimmung notwendig werden (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 – 1 BvR 2821/11, BVerfGE 143, 246 = NJW 2017, 217/225 f, Rdnr. 259 f; LG Hannover, Urteil vom 11. Dezember 2020 – 8 O 4/20, BeckRS 2020, 34842, Rdnr. 117 ff bei juris). Um einen solchen extremen Ausnahmefall geht es hier jedoch nicht. In Rede steht ein Schadensgroßereignis, das die gesamte Gesellschaft und weite Teile der Wirtschaft traf und trifft. Das beklagte Land nahm mit den in Rede stehenden Eindämmungsverordnungen nicht Einzelne gesondert in die Pflicht, um ein gesellschaftlich erwünschtes Ziel zu fördern. Es reagierte vielmehr mit steuernden Maßnahmen auf Schäden, die letztlich durch die Pandemie selbst und damit durch ein Naturereignis (höhere Gewalt) verursacht wurden. Die getroffene Differenzierung der Branchen danach, ob die von ihnen angebotenen Dienstleistungen zur Versorgung der Bevölkerung unabdingbar sind oder aufgrund ihrer Natur eher zu einer weiteren Verbreitung der Krankheit beitragen können, begründete dabei als durchaus plausibel jedenfalls für sich keinen Gleichheitsverstoß und damit ein „Sonderopfer“ der nachteilig betroffenen Branchen. Die sozialverträgliche Verteilung der pandemiebedingt ungleichen Lasten ist demgemäß keine Aufgabe des Eigentums- oder besser des Grundrechtsschutzes allgemein (auch im Sinne der Berufs- und etwa der allgemeinen Handlungsfreiheit), sondern eine in erster Linie sozialstaatliche Herausforderung (ausführlich Cornils, Entschädigungshaftung für Corona-Schutzmaßnahmen: Grundrechtshaftung oder soziale Hilfen?, zur Veröffentlichung vorgesehen in: Die Verwaltung 4/2021, III.). In diese Richtung weisen auch die „Sofort-“ und „Überbrückungshilfen“, „Neustarthilfen“, „Kultur-Sonderfonds“ und ähnlichen staatlichen Unterstützungsleistungen, die gerade nicht auf die Entschädigung individueller Einbußen zielen.

Dementsprechend hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die pandemiebedingte Schließung von Schwimmbädern und dergleichen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. November 2020 – OVG 11 S 120/20) ebenso für rechtmäßig erachtet wie die Schließung von Spielhallen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Mai 2020 – OVG 11 S 49/20, zur Eindämmungsverordnung vom 8. Mai 2020) und von Campingplätzen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Mai 2020 – OVG 11 S 38/20, zur auch hier in Rede stehenden Eindämmungsverordnung vom 17. April 2020) sowie von Einzelhandelsgeschäften (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. April 2020 – OVG 11 S 22/20, zur auch hier in Rede stehenden Eindämmungsverordnung vom 22. März 2020) und von Hotels (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Mai 2021 – OVG 11 S 41/21 –; vgl. zu der in der letztgenannten Entscheidung mit Rücksicht auf die Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens als „offen“ bezeichneten Frage der Notwendigkeit der Aufnahme einer Entschädigungsregelung in das Infektionsschutzgesetz und/oder in die hierauf gestützten Rechtsverordnungen insbesondere a.a.O. Rdnr. 64 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 28. Dezember 2020 – 1 BvR 2692/20 –, Rdnr. 10). Der Senat teilt die – ungeachtet der dem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren geschuldeten lediglich summarischen Prüfung – jeweils ausführlich und überzeugend begründete Rechtsansicht des Oberverwaltungsgerichts, zumal der Kläger nichts dafür vorbringt, was die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Einschätzung ernsthaft in Frage stellen könnte.

(4)

Angesichts des aufgezeigten Befundes kann offen bleiben, ob und – mit Blick nicht zuletzt auf den jeweiligen Zeitablauf – in welchem Ausmaß es dem Kläger möglich und zumutbar gewesen wäre, den ihm angeblich entstandenen Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, § 839 Abs. 3 BGB.

b)

Dem Kläger steht auch kein Anspruch aus Staatshaftung gemäß § 1 Abs. 1 des Staatshaftungsgesetzes des Landes Brandenburg zu. Danach haftet für Schäden, die einer natürlichen oder einer juristischen Person hinsichtlich ihres Vermögens oder ihrer Rechte durch Mitarbeiter oder Beauftragte staatlicher oder kommunaler Organe in Ausübung staatlicher Tätigkeit rechtswidrig zugefügt werden, das jeweilige staatliche oder kommunale Organ. Diese Formulierung schließt zwar nicht von vornherein die Haftung des Staates auch für normatives Unrecht aus (vgl. Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Auflage 2013, 14. III. 5 c), S. 584 f). Die im Verordnungswege angeordneten Betriebsschließungen waren aber, wie oben erörtert, nicht rechtswidrig. Auch diesbezüglich kann daher dahinstehen, ob und inwieweit dem Kläger die Abwendung des Schadens durch Gebrauch eines Rechtsmittels im Sinne von § 2 des genannten Gesetzes möglich und zumutbar gewesen sein könnte.

c)

Der Kläger hat ferner keinen Anspruch auf Entschädigung in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung von § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG in der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung des Gesetzes vom 10. Februar 2020 (BGBl. I 2020 S. 148).

(1)

Unmittelbar gewährt die genannte Vorschrift eine Entschädigung in Geld lediglich einer Person, die auf Grund des Infektionsschutzgesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet.

Anspruchsberechtigt nach dieser Norm ist daher schon grundsätzlich nur, wer auf Grund des Infektionsschutzgesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird. Der Anspruchsteller muss folglich (1) zu den genannten Personen gehören und (2) „als solcher“ (3) Verboten der genannten Art unterworfen gewesen sein (vgl. Eckart/Kruse, in: Eckart/Winkelmüller [Hrsg.], Beck’scher Online-Kommentar zum Infektionsschutzrecht, 5. Edition mit Stand 1. Mai 2021, § 56 IfSG Rdnr. 23 ff; Gerhardt, Infektionsschutzgesetz, 5. Auflage 2021, § 56 IfSG Rdnr. 3 ff; Kümper, in: Kießling, Infektionsschutzgesetz, 1. Auflage 2020, § 56 IfSG Rdnr. 7 ff; Itzel, Staatliche Ersatz- und Entschädigungsleistungen bei Pandemien, MDR 2021, 649/650; Cornils, Die Verwaltung 4/2021, II. 1.). Keine dieser Voraussetzungen ist im Falle des Klägers erfüllt.

Die Norm gewährt eine Verdienstausfallentschädigung nur Ausscheidern im Sinne des § 2 Nr. 6 IfSG, Krankheitsverdächtigen im Sinne des § 2 Nr. 5 IfSG und sonstigen Trägern von Krankheitserregern im Sinne des § 31 Satz 2 IfSG, das heißt so genannten Carriern (Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 28; Gerhardt, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 4; Kümper, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 8). Unstreitig gehörte der Kläger nicht zu diesem Personenkreis.

Ebenfalls anspruchsberechtigt ist allein noch der Ansteckungsverdächtige. Hierunter versteht das Gesetz nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 7 IfSG eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein. Die Aufnahme von Krankheitserregern ist in diesem Sinne „anzunehmen“, wenn der Betroffene mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Kontakt zu einer infizierten Person oder einem infizierten Gegenstand hatte. Die Vermutung, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, muss naheliegen. Eine bloß entfernte Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Demzufolge ist die Feststellung eines Ansteckungsverdachts nicht schon gerechtfertigt, wenn die Aufnahme von Krankheitserregern nicht auszuschließen ist. Andererseits ist auch nicht zu verlangen, dass sich die Annahme „geradezu aufdrängt“. Erforderlich und ausreichend ist, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil. Bei dieser Einschätzung ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Ob gemessen daran ein Ansteckungsverdacht im Sinne des Gesetzes zu bejahen ist, beurteilt sich unter Berücksichtigung der Eigenheiten der jeweiligen Krankheit und der verfügbaren epidemiologischen Erkenntnisse und Wertungen sowie anhand der Erkenntnisse über Zeitpunkt, Art und Umfang der möglichen Exposition der betreffenden Person und über deren Empfänglichkeit für die Krankheit (BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16/11, NJW 2012, 2823 Rdnr. 31 ff). Auch nach diesem gleitenden Maßstab unterlag der Kläger keinem – nicht einmal einem abstrakten – Ansteckungsverdacht.

Der Kläger wurde deshalb auch nicht „als Ansteckungsverdächtiger“ einem Tätigkeitsverbot unterworfen. Weder die behördliche und noch weniger die im Wege der Verordnung angeordnete Schließung seines Betriebes zielten auf den Kläger persönlich. Sie knüpften auch in keiner Weise an eine von ihm selbst ausgehende Infektionsgefahr an, die ihrerseits auf einer tatsächlich fundierten Annahme gegründet hätte, er selbst habe Krankheitserreger aufgenommen. Er ist vielmehr einer von vielen Betroffenen von flächendeckenden Betriebsschließungen, die ohne Zuordnung zu einem konkreten Ansteckungsverdacht erfolgten und daher als solche keine Entschädigungspflicht nach § 56 Abs. 1 IfSG auszulösen vermochten (vgl. Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 29; Kümper, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 12; Shirvani, NVwZ 2020, 1457; Bethge/Dombert, NordÖR 2020, 329/330; Stöß/Putzer, NJW 2020, 1465/1466; dezidiert Gerhardt, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 44 und Cornils, Die Verwaltung 4/2021, II. 1.).

Dem Kläger kann in diesem Zusammenhang nicht darin gefolgt werden, für seine Einordnung als Ansteckungsverdächtiger genüge die – wie auch immer konkretisierte – Gefahr, dass Krankheitserreger im Umfeld des von ihm in Person eröffneten Betriebes (auch durch Gäste und andere) aufgenommen wurden. Ein solches Normverständnis löst sich vollständig von der Legaldefinition, die auf die Annahme abstellt, dass der Ansteckungsverdächtige selbst Krankheitserreger aufgenommen hat (s. o.; vgl. dazu auch die Nachweise bei Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 30 f).

Ein derartiges Verständnis kann der Vorschrift auch nicht im Wege einer systematischen oder verfassungskonformen Auslegung untergeschoben werden:

Die Einbeziehung der durch den Kläger genannten weiteren Personengruppen in den Kreis der „Ansteckungsverdächtigen“ ist schon nicht erforderlich, um infektionsschutzrechtliche Maßnahmen gegen sie zu ermöglichen. Die gegenteilige Annahme des Klägers beruht auf der unzutreffenden Überlegung, die §§ 28 und 32 IfSG erlaubten berufsbeschränkende Maßnahmen ausschließlich im Rahmen des § 31 IfSG. Sie dürften daher allein gegen die in der zuletzt genannten Norm genannten Personen gerichtet werden, das heißt nach § 31 Satz 1 IfSG nur gegen Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider bzw. im Falle des Satzes 2 der Vorschrift auch so genannte Carrier. Das ist jedoch nicht richtig. Vielmehr verpflichtet § 28 Abs. 1 IfSG die Behörde, zur Verhinderung der Weiterverbreitung einer übertragbaren Krankheit die diesem Ziel dienenden „notwendigen Schutzmaßnahmen“ zu treffen, soweit und solange dies erforderlich ist. Zu den notwendigen Schutzmaßnahmen gehören „insbesondere“ die in den folgenden Paragraphen genannten besonderen Maßnahmen, darunter auch berufliche Tätigkeitsverbote nach § 31 IfSG. Die Vorschriften zu speziellen Schutzmaßnahmen sind demzufolge nicht abschließend (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 6. April 2020 – 13 B 398/20.NE –, NWVBl 2020, 251, Rdnr. 46 f bei juris; LG Köln, Urteil vom 12. Januar 2021 – 5 O 215/20 –, BeckRS 2021, 264, Rdnr. 30 bei juris; LG Hannover, Urteil vom 9. Juli 2020 – 8 O 2/20 –, NJW-RR 2020, 1226, Rdnr. 89 bei juris; ausführlich Johann/Gabriel, in: Eckart/Winkelmüller a.a.O., § 28 IfSG Rdnr. 12 f m. w. N.; einschränkend bei konkreten Tätigkeitsverboten aber etwa Gerhardt, a.a.O., § 28 IfSG Rdnr. 4). Vielmehr kann die Behörde aufgrund der Generalklausel des § 28 IfSG auch Schutzmaßnahmen „gegen die Allgemeinheit“ oder auch „gegen Nichtstörer“ richten (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 − 3 C 16/11, BVerwGE 142, 205 = NJW 2012, 2823, Rdnr. 26), selbst wenn dies faktisch mit Einschränkungen im Erwerbsleben der Betroffenen verbunden ist. Dies gilt in gleicher Weise auch für Ge- und Verbote, die nach § 32 IfSG durch die Landesregierungen bzw. die von ihnen bestimmten Stellen in Form von Rechtsverordnungen erlassen werden dürfen. Denn auch derartige Anordnungen sind nach § 32 Satz 1 IfSG unter den gleichen Voraussetzungen zulässig, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG gelten (vgl. OVG Münster, ebd.).

Die vom Kläger postulierte Erweiterung des Kreises der „Ansteckungsverdächtigen“ ist auch verfassungsrechtlich nicht erforderlich.

Es ist bereits fraglich, ob eine Entschädigungspflicht – als Ziel der vom Kläger geforderten erweiternden Auslegung – überhaupt verfassungsrechtlich geboten wäre. Das Bundesverfassungsgericht hat dies – ohne hierzu im konkreten Fall entscheiden zu müssen – allerdings für den Fall erwogen, dass nur so die Verhältnismäßigkeit der mit einem Tätigkeitsverbot im Interesse der Allgemeinheit verbundenen Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit und gegebenenfalls in das Eigentumsgrundrecht gewahrt werden könne (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. April 1981 – 1 BvL 11/78 –, BVerfGE 57, 107, Rdnr. 28 bei juris; siehe auch BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 – 1 BvR 2821/11 –, BVerfGE 143, 246 = NJW 2017, 217/225, Rdnr. 259 bei juris). Eine Entschädigungspflicht wird für die hier in Rede stehenden Betriebsschließungen als Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie von einem Teil des Schrifttums für notwendig erachtet (vgl. Antweiler, NVwZ 2020, 584/587 f; Papier, DRiZ 2020, 180/183; Shirvani, NVwZ 2020, 1457/1459 f). Nach anderer Auffassung dienen die Maßnahmen mit dem Ziel, das Leben und die körperliche Unversehrtheit von Millionen von Menschen zu schützen, derart gewichtigen Gemeinwohlbelangen, dass die Sozialbindung des Eigentums dessen Eigennützigkeit überwiegt und auch entschädigungslose Eingriffe hinzunehmen sind. Die Pandemie wirke schicksalhaft und betreffe eine unüberschaubare Anzahl an Menschen, direkt und über die staatlich angeordneten Maßnahmen mittelbar. Keiner der Betroffenen erleide einen individuellen, besonderen Härtefall, für den nach herkömmlichen Grundsätzen allein eine Ausgleichsregelung erforderlich sei (vgl. Berwanger, NVwZ 2020, 1804/1806 f; Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 2; Stöß/Putzer, NJW 2020, 1465/1466 f; in diese Richtung auch Kment, NVwZ 2020, 687; Cornils, Corona, entschädigungsrechtlich betrachtet, verfassungsblog.de vom 13. März 2020).

Auf diesen Meinungsstreit kommt es aber für die Auslegung der §§ 2 Nr. 7, 56 Abs. 1 IfSG nicht an. Denn die vom Kläger vertretene Auslegung der Norm ist mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht mehr zu vereinbaren (so zutreffend Stöß/Putzer, NJW 2020, 1465/1466 f). Der Wortlaut einer Vorschrift bildet die Grenze seiner Auslegung, die selbst aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht überschritten werden darf. Auch dürfen unter Berufung auf eine notwendige verfassungskonforme Auslegung die wesentlichen gesetzgeberischen Grundentscheidungen und Wertungen nicht angetastet werden (Walter, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 92. Ergänzungslieferung mit Stand August 2020, Art. 93 GG Rdnr. 113). Die verfassungskonforme Auslegung einer Norm ist vielmehr nur dann zulässig – und gegebenenfalls geboten –, wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere Deutungen möglich sind, von denen jedenfalls eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt. Die durch den Wortlaut und den Gesetzeszweck gezogenen Grenzen sind zu beachten. Ein Normverständnis, das mit dem Wortlaut nicht mehr in Einklang zu bringen ist, kann durch verfassungskonforme Auslegung ebenso wenig gewonnen werden wie ein solches, das in Widerspruch zu dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes treten würde (BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1996 – 1 BvL 44/92 –, NJW 1997, 722/725, Rdnr. 130 bei juris). Nicht zuletzt muss der Gesetzgeber selbst die maßgeblichen Entscheidungen zu Art und Ausmaß einer Entschädigung treffen (so auch Papier, DRiZ 2020, 180/183).

(2)

Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf nicht ausdrücklich genannte Personengruppen kommt nicht in Betracht.

Etwas anderes wird zwar im Schrifttum gelegentlich vertreten: Wer seinen Beruf aufgrund einer Betriebsschließung nicht ausüben könne, stehe nicht anders als derjenige, der Adressat einer Tätigkeitsuntersagung oder Quarantäneanordnung sei (so Antweiler, NVwZ 2020, 584/588 f). Er sei darüber hinaus sogar erst recht zu entschädigen, wenn er weder persönlich als Infizierter oder dessen Verdächtiger noch durch seine beruflich-gesellschaftliche Stellung Anlass für das ihm auferlegte Sonderopfer gegeben habe (Rommelfanger, COVuR 2020, 178/180; vgl. auch die Nachweise bei Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 30.1 f und bei Kümper, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 13). Nach anderer Auffassung sprechen bereits der eindeutige Wortlaut und die abschließende Aufzählung der Anspruchsberechtigten gegen eine analoge Anwendung der Vorschrift (Eibenstein, NVwZ 2020, 930/932; Bethge/Dombert, NordÖR 2020, 329/331).

Indes fehlt es schon an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Analogie nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält. Die Lücke muss sich also aus dem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden Regelungsplan ergeben. Darüber hinaus muss der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar sein, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie beim Erlass der herangezogenen Norm, zum gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 – III ZR 61/14 –, NJW 2015, 1176, Rdnr. 9 bei juris m. w. N.).

Es lässt sich schon keine Regelungslücke im Sinne eines unbeabsichtigten Abweichens von dem durch den Gesetzgeber verfolgten Regelungsplan feststellen (ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Mai 2021 - OVG 1 L 16/21 -, Rdnr. 7 bei juris; LG Hannover, Urteil vom 9. Juli 2020 – 8 O 2/20 –, NJW-RR 2020, 1226, Rdnr. 40 ff bei juris; Urteil vom 11. Dezember 2020 – 8 O 4/20, BeckRS 2020, 34842, Rdnr. 52 ff bei juris; LG Stuttgart, Urteil vom 5. November 2020 – 7 O 109/20 –, BeckRS 2020, 31215, Rdnr. 36 bei juris; LG Köln, Urteil vom 12. Januar 2021 – 5 O 215/20 –, BeckRS 2021, 264, Rdnr. 33 bei juris; Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 31; Kümper, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 13; Cornils, Die Verwaltung 4/2021, II. 2. a); Itzel, MDR 2021, 649/653).

Bereits der historische Gesetzgeber des Reichsseuchengesetzes verfolgte nicht den Plan einer umfassenden Entschädigungsregelung zugunsten aller – ob als „Störer“ oder als „Nichtstörer“, als Adressaten einer seuchenpolizeilichen Maßnahme oder nur mittelbar – Betroffener. Im Gegenteil war ihm bewusst, dass „[w]ie in Kriegszeiten […] auch in Seuchezeiten nicht Vergütung jedes erlittenen Nachtheiles möglich“ sei; maßgeblichen Einfluss gewann im Gesetzgebungsverfahren die Auffassung, dass „es der Gerechtigkeit und Billigkeit [entspreche], wenn solchen Personen eine Entschädigung zugesprochen werde, die durch direkte polizeiliche Eingriffe in ihre persönliche Verkehrsfreiheit und in die Verfügungsgewalt über ihre Arbeitskräfte daran gehindert würden, ihrer regelmäßigen Tagesarbeit nachzugehen und den im Falle unbehinderter Verkehrsfreiheit ihnen sicher in Aussicht stehenden Lohn zu verdienen“. Der Anspruch sollte dabei begrenzt werden auf invalidenversicherte Personen, weil man diesen „die Ersatzleistung wohl gönnen könne“. Zudem sollte jede anderweitige sozialversicherungsrechtliche Vorsorge zur Kürzung oder zum Wegfall des Entschädigungsanspruchs führen (Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 31 unter Verweis auf die Gesetzgebungsmaterialien).

Der Gesetzgeber des Bundes-Seuchengesetzes war ebenso zurückhaltend. Er beschränkte den Entschädigungsanspruch zunächst auf Ausscheider, Ausscheidungsverdächtige und Ansteckungsverdächtige, die kraft behördlicher Anordnung in ihrer Erwerbstätigkeit eingeschränkt sind. Denn sie erhalten anders als Kranke, die ebenfalls Adressaten eines dem entsprechenden beruflichen Tätigkeitsverbotes sein können, keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Dies war Grund für den Gesetzgeber des § 49 BSeuchG (in der Gesetzgebung anfänglich noch bezeichnet als § 48 BSeuchG) als der Vorgängernorm des § 56 IfSG (vgl. BT-Drs. 14/2530 S. 88), ihnen eine ähnliche Absicherung zu verschaffen, da sie „vom Schicksal in ähnlicher Weise betroffen sind wie Kranke“. Ihnen sollte daher aus Billigkeit eine gewisse Sicherung vor materieller Not verschafft, keinesfalls aber voller Schadensausgleich gewährt werden. Die Leistungen sind deshalb seit je daran orientiert, was die Betroffenen als Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung im Krankheitsfalle erhalten würden (vgl. BT-Drs. 3/1888 S. 27; BT-Drs. 3/2662 S. 3 und BT-Prot. 3/157 S. 8978 und 8979; siehe auch BGH, Urteil vom 30. November 1978 – III ZR 43/77 –, Rdnr. 22 und 28 bei juris; Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 1 und 31.1). Diese letztlich punktuelle Regelung bezeichnete der Gesetzgeber des Infektionsschutzgesetzes als abschließend und weitere Ansprüche – mit der Ausnahme von Amtshaftungsansprüchen für schuldhaft rechtswidriges Verwaltungshandeln – ausschließend (BT-Drs. 14/2530 S. 87). Schon das spricht gegen die Annahme eines gesetzgeberischen Plans für eine umfassende Entschädigungsregelung.

Umso mehr ist dies der Fall angesichts der zahlreichen Aktivitäten des Gesetzgebers nach Beginn der Corona-Pandemie, die auch in Änderungen des § 56 IfSG mündeten. Anzuführen ist hier in erster Linie das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I 2020 S. 587; hierzu BT-Drs. 19/18111), das mit § 56 Abs. 1a IfSG eine weitere Entschädigungsregelung einführte, die eindeutig auf den Verdienstausfall wegen des Wegfalls einer Kinderbetreuungsmöglichkeit beschränkt ist. Dieses Gesetz lässt damit gerade nicht erkennen, dass die schon zu diesem Zeitpunkt umstrittene Frage einer Entschädigung ganzer Branchen den Gesetzgeber zur Aufgabe seines überkommenen Regelungsplans bewegt hätte (vgl. LG Hannover, Urteil vom 9. Juli 2020 – 8 O 2/20 –, NJW-RR 2020, 1226, Rdnr. 49 bei juris; Urteil vom 11. Dezember 2020 – 8 O 4/20 –, BeckRS 2020, 34842, Rdnr. 51 bei juris; LG Köln, Urteil vom 12. Januar 2021 – 5 O 215/20 –, BeckRS 2021, 264, Rdnr. 34 bei juris; Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 31.1). Hierauf folgten bis heute weitere vier Gesetze, die Änderungen an § 56 IfSG vornahmen (vgl. die Übersicht bei Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 7 f):

- Zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19. Mai 2020 (BGBl. I 2020 S. 1018; hierzu BT-Drs. 19/18967)

- Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise vom 19. Juni 2020 (BGBl. I 2020 S. 1385; hierzu BT-Drs. 19/19150, 19/19379 und 19/19601)

- Drittes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I 2020 S. 2397; hierzu BT-Drs. 19/23944 und BT-Drs. 19/24344)

- Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen vom 29. März 2021 (BGBl. I 2021 S. 370; hierzu BT-Drs. 19/26545).

Es mag - je nach dem durch die Pandemie selbst oder durch die Infektionsschutzmaßnahmen bewirkten Ausmaß der individuell erlittenen wirtschaftlichen Einbußen - durchaus als ungleichgewichtig bis hin zur Ungerechtigkeit empfunden werden, dass der Gesetzgeber einzelnen Betroffenen einer (hoch) infektiösen Krankheit Entschädigung gewährt, anderen aber, zumal den hiervon nicht Betroffenen, dagegen nicht. Diese Betrachtung greift indes zu kurz. Sie lässt zum einen das erwähnte Ziel der gesetzlichen Regelung außer Acht: Dieses besteht gerade nicht in der Entschädigung desjenigen, in dessen Grundrechte aus Gründen des Infektionsschutzes (vorübergehend) eingegriffen wird. Die Regelung bezweckt nicht die Abmilderung des Eingriffs und damit seine Legitimierung im Sinne der Verhältnismäßigkeit. Sie ist nicht Ausdruck einer Verantwortungsübernahme durch den Staat. Sie soll vielmehr den von der Krankheit Betroffenen und damit in erster Linie Hilfsbedürftigen eine Billigkeitsentschädigung gewähren. Ihr Hintergrund ist sozialstaatlich, nicht entschädigungsrechtlich. Er ist auch nicht polizeirechtlich, weshalb eine Unterscheidung nach „Störern“ und „Nichtstörern“ ebenso verfehlt erscheint wie ihre Abstufung nach ihrer „Entschädigungswürdigkeit“ (vgl. Cornils, Die Verwaltung 4/2021, II. 2. b) (2)). Zum anderen ist die Ungleichbehandlung keineswegs willkürlich: Eine Entschädigung der von der Infektionskrankheit Betroffenen kann deren Bereitwilligkeit befördern, sich gesundheitsbehördlich angeordneten Maßnahmen zu beugen und sich ihnen nicht zu entziehen (Compliance; hierzu bereits allgemein BT-Drs. III/1888 S. 53). Ungeachtet dessen wäre es jedenfalls allein Sache des Gesetzgebers, seine Entscheidung gegebenenfalls zu korrigieren (so auch LG Köln, Urteil vom 12. Januar 2021 – 5 O 215/20 –, BeckRS 2021, 264, Rdnr. 36 bei juris; Shirvani, NVwZ 2020, 1457/1461).

(3)

Dem Kläger kommt auch mit Blick auf die geltend gemachte Existenzgefährdung kein Anspruch aus § 56 Abs. 4 IfSG zu. Nach dieser Vorschrift können den Entschädigungsberechtigten bei einer Existenzgefährdung die während der Verdienstausfallzeiten entstehenden Mehraufwendungen auf Antrag in angemessenem Umfang von der zuständigen Behörde erstattet werden. Selbständige, deren Betrieb oder Praxis während der Dauer einer Maßnahme nach Absatz 1 ruht, erhalten neben der Entschädigung nach den Absätzen 2 und 3 auf Antrag von der zuständigen Behörde Ersatz der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang.

Schon der Wortlaut macht deutlich, dass diese Vorschrift keine eigenständige Anspruchsgrundlage darstellt. Sie bestimmt lediglich die mögliche Höhe der auf anderer Grundlage zu gewährenden Entschädigung: Sowohl der Hinweis auf den „Entschädigungsberechtigten“ in Satz 1 wie die Formulierung „neben der Entschädigung nach den Absätzen 2 und 3“ in Satz 2 machen deutlich, dass Voraussetzung des Ausgleichs von Mehraufwendungen bzw. von Betriebsausgaben das Bestehen eines Anspruchs nach Absatz 1 Satz 1, nach Absatz 1 Satz 2 oder nach Absatz 1a ist. Diese allein bilden die Grundlage für die Ansprüche aus § 56 IfSG (Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 14 f; Kümper, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 40 ff).

d)

Ein Anspruch aus § 65 IfSG zugunsten des Klägers besteht ebenfalls nicht. Nach dieser Vorschrift erhält eine Entschädigung, wessen Gegenstände auf Grund einer Maßnahme nach den §§ 16 und 17 IfSG vernichtet, beschädigt oder in sonstiger Weise in ihrem Wert gemindert werden, oder wem hieraus ein anderer nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil verursacht wird. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor. Der Kläger war nicht Adressat einer Maßnahme nach den §§ 16 und 17 IfSG. Diese Vorschriften verpflichten die zuständigen Behörden, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, die das Auftreten einer übertragbaren Krankheit verhindern und die dem Einzelnen oder der Allgemeinheit hierdurch drohenden Gefahren abwehren können (§ 16 IfSG). In Betracht kommen speziell die in § 17 IfSG genannten besonderen Maßnahmen bis hin zur Vernichtung von Gegenständen. Nach § 17 Abs. 4 IfSG können die Landesregierungen bzw. die von ihnen ermächtigten Stellen die notwendigen Gebote bzw. Verbote in Form einer Rechtsverordnung erlassen. Notwendig ist in jedem Fall ein Tätigwerden zur Verhütung des Ausbruchs einer übertragbaren Krankheit (Zwanziger, in: Eckart/Winkelmüller a.a.O., § 16 IfSG Rdnr. 3). Hiervon nicht umfasst sind Maßnahmen, mit denen die Verbreitung einer bereits ausgebrochenen Krankheit verhindert werden soll; diesbezüglich ist § 28 IfSG die speziellere Norm (vgl. Zwanziger, ebd., Rdnr. 4; zu den Vorgängervorschriften des Bundes-Seuchengesetzes ebenso BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1971 – I C 60/67, BVerwGE 39, 190 = NJW 1972, 458, Rdnr. 28 bei juris). Das hat auch Folgen für die Entschädigung des Betroffenen bei Bekämpfungsmaßnahmen: Insoweit ist § 56 IfSG die speziellere Norm, die einen Rückgriff auf § 65 IfSG ausschließt (Kruse, in: Eckart/Winkelmüller a.a.O., § 65 IfSG Rdnr. 9 und 9.1 sowie 13; zur Vorgängervorschrift § 57 BSeuchG siehe BGH, Urteil vom 1. März 1971 – III ZR 29/68, BGHZ 55, 366 = NJW 1971, 1080). Die durch die in Rede stehenden Eindämmungsverordnungen angeordneten Betriebsschließungen sollten aber nicht den erstmaligen Ausbruch von CoViD-19 verhindern, sondern die weitere Verbreitung der Krankheit. Die zu treffenden Maßnahmen waren deshalb allein auf §§ 28 und 32 IfSG zu stützen und nicht auf §§ 16 und 17 Abs. 7 IfSG (vgl. LG Hannover, Urteil vom 9. Juli 2020 – 8 O 2/20 –, NJW-RR 2020, 1226, Rdnr. 30 bei juris; Urteil vom 11. Dezember 2020 – 8 O 4/20 –, BeckRS 2020, 34842, Rdnr. 42 bei juris; Antweiler, NVwZ 2020, 584/588; Bethge/Dombert, NordÖR 2020, 329/330; Cornils, Verfassungsblog vom 13. März 2020; Eibenstein, NVwZ 2020, 930/931; Gerhardt, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 45; Giesberts/Gayger/Weyand, NVwZ 2020, 417; Itzel, MDR 2021, 649/650 f; Kruse, a.a.O., § 65 IfSG Rdnr. 13; Shirvani, NVwZ 2020, 1457/1458; a. A. Schwintowski, NJOZ 2020, 1473/1474).

Die entsprechende Anwendung der Vorschrift auch auf Bekämpfungsmaßnahmen nach den §§ 28 ff IfSG kommt nicht in Betracht. Zwar wird dies in der Literatur vereinzelt unter Hinweis darauf vertreten, dass die Bekämpfungsmaßnahmen auch der Verhütung einer weiteren Ausbreitung der Krankheit dienten, so dass Bekämpfung und Verhütung ineinander verschränkt seien (ausführlich Schwintowski, NJOZ 2020, 1473/1475 ff; ebenso Rommelfanger, CoVuR 2020, 178/180). Das aber verwischt nicht nur die durch den Gesetzgeber mit der Aufteilung in Verhütungsmaßnahmen gemäß dem 4. Abschnitt und in Bekämpfungsmaßnahmen gemäß dem 5. Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes klar gezogenen Grenzen, die er in der Gesetzesbegründung zu § 10 BSeuchG, der Vorgängervorschrift zu § 16 IfSG (dazu BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1971 – I C 60/67, BVerwGE 39, 190 = NJW 1972, 458, Rdnr. 28 bei juris; BGH, Urteil vom 1. März 1971 – III ZR 29/68 –, BGHZ 55, 366 = WM 1971, 602) ausdrücklich betont hat (BT-Drs. III/1888 S. 21 f):

„Der Abgrenzung der Begriffe ‚Verhütung‘ und ‚Bekämpfung‘ kommt im Rahmen dieser Vorschrift eine besondere Bedeutung zu, da sie keine Grundlage für Bekämpfungsmaßnahmen bildet. Wie schon nach dem bisherigen Recht sollen auch in Zukunft alle die Maßnahmen zur Bekämpfung gehören, die an das Auftreten einer übertragbaren Krankheit, eines Krankheitsverdachts, eines Ansteckungsverdachts, eines Ausscheidungsfalles oder eines Ausscheidungsverdachts anknüpfen. In diesen Fällen gelten stets die besonderen Vorschriften des Fünften Abschnitts. Verhütung bedeutet danach die Verhinderung der Entstehung übertragbarer Krankheiten, nicht aber die Verhinderung der Verbreitung bereits aufgetretener Krankheiten.“

Diese Unterscheidung ist auch plausibel: Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums kann durchaus weniger ins Gewicht fallen, solange lediglich Vorsorge gegen eine ansteckende Krankheit zu treffen ist. Erfordert die Krankheit dagegen bereits Bekämpfungsmaßnahmen, können auch stärkere Eingriffe in das Eigentum erforderlich werden, die mit Blick auf die gewichtiger werdenden Grundrechte der von der Krankheit Betroffenen oder bereits konkret Bedrohten zu legitimieren sind und daher nicht ohne weiteres nur gegen volle Entschädigung erfolgen dürfen (vgl. Cornils, Die Verwaltung 4/2021, II. 2. b) (1)).

Hinzu kommt, dass eine Ausweitung der Entschädigungsregelung auf alle Vermögensschäden aller „Nichtstörer“ dem gesetzgeberischen Regelungskonzept geradezu widerspricht. Die in Rede stehenden Maßnahmen gehören bereits nicht zu denen, für die die Vorschrift nach dem Regelungsplan des Gesetzgebers ursprünglich Entschädigung gewähren sollte. Der Gesetzgeber hatte zunächst – zurückgehend auf § 29 RSeuchG – primär gegenstandsbezogene Maßnahmen zur Desinfektion bzw. „Entseuchung, Entwesung und Entrattung“ vor Augen (BT-Drs. III/1888 S. 29, zu § 56 BSeuchG). An dieser prinzipiell gegenstandsbezogenen Anknüpfung sollte auch die Ergänzung der Vorschrift um den „anderen nicht nur unwesentlichen Vermögensnachteil“ im Jahr 1971 nichts ändern. Sie stellte vielmehr weiterhin auf die „Enteignung“ im damaligen Verständnis und damit auf den Eingriff in das Eigentum ab (BT-Drs. VI/1568 S. 9). Entsprechend ist auch der „Vermögensnachteil“ der vierten Alternative nicht abstrakt, sondern im Kontext der ersten drei Alternativen zu lesen (ebenso Bethge/Dombert, NordÖR 2020, 329/330; Cornils, Verfassungsblog vom 13. März 2020; Giesberts/Gayger/Weyand, NVwZ 2020, 417/420; Eibenstein, NVwZ 2020, 930/931). Maßnahmen gegenüber der Allgemeinheit, wie sie hier in Rede stehen, sollten dagegen entschädigungslos bleiben (ausführlich Kruse, a.a.O., § 65 IfSG Rdnr 3.1 und 4.1 sowie 13; Kümper, a.a.O., § 65 IfSG Rdnr. 5). Der Gesetzgeber schränkte die Entschädigungsregelung im Nachhinein sogar noch weiter ein, da sich die zunächst eingeführte Regelung seiner Auffassung nach als zu großzügig erwiesen und dazu geführt habe, dass Gesundheitsbehörden zur Vermeidung erheblicher Belastungen des Landeshaushaltes auf notwendige Bekämpfungsmaßnahmen verzichtet hätten (BT-Drs. VI/1568 S. 9). Auch dies spricht gegen einen konsistenten Regelungsplan des Gesetzgebers, nach dem jegliche – erhebliche – Vermögensminderung eines „Nichtstörers“ auszugleichen sei. Es fehlt also auch hier die für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke (ebenso LG Köln, Urteil vom 12. Januar 2021 – 5 O 215/20 –, BeckRS 2021, 264, Rdnr. 41 bei juris; LG Hannover, Urteil vom 9. Juli 2020 – 8 O 2/20 –, NJW-RR 2020, 1226, Rdnr. 37 ff bei juris; Urteil vom 11. Dezember 2020 – 8 O 4/20 –, BeckRS 2020, 34842, Rdnr. 49 ff bei juris; Itzel, MDR 2021, 649/653).

e)

Auch ein Anspruch aus § 38 OBG BB besteht zugunsten des Klägers nicht.

Nach § 38 Abs. 1 lit. b OBG BB ist ein Schaden zu ersetzen, den jemand durch Maßnahmen der Ordnungsbehörden erleidet, wenn er durch rechtswidrige Maßnahmen entstanden ist, wobei gleichgültig ist, ob die Ordnungsbehörden ein Verschulden trifft oder nicht. Diese Voraussetzungen liegen schon deshalb nicht vor, weil die mittelbar angegriffenen Verordnungen, die als Maßnahmen (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 1971 – III ZR 110/68 –, BGHZ 56, 40 = NJW 1971, 1172, Rdnr. 12 bei juris: „Gesetz, Verwaltungsakt oder sonstiges Verwaltungshandeln“; ebenso Eibenstein, NVwZ 2020, 930/933 gegen LG Heilbronn, Urteil vom 29. April 2020 – I 4 O 82/20 –, NVwZ 2020, 975, Rdnr. 20) der Gesundheitsministerin in ihrer Funktion als Landesordnungsbehörde (§ 2 Abs. 2 OBG BB) verstanden werden können, nicht rechtswidrig waren. Insoweit kann auf das oben Erörterte verwiesen werden.

Doch auch ein Anspruch nach § 38 Abs. 1 lit. a OBG BB besteht nicht. Danach ist ein Schaden zu ersetzen, den jemand durch Maßnahmen der Ordnungsbehörden erleidet, wenn er infolge einer Inanspruchnahme nach § 18 OBG BB entstanden ist.

Es ist bereits fraglich, ob der Kläger tatsächlich, wie von § 18 OBG BB vorausgesetzt, als „nicht verantwortliche Person“ in Anspruch genommen wurde, und nicht vielmehr als Gefahrverursacher im Sinne des § 16 Abs. 1 OBG BB. Nach weit verbreiteter Auffassung sind (nur) die in § 2 Nr. 4 bis 7 IfSG näher definierten „infektionsschutzrechtlich relevanten“ Personen als „infektionsschutzrechtliche Störer“ aufzufassen, das heißt Kranke, Krankheitsverdächtige, Ausscheider und Ansteckungsverdächtige (so bereits BT-Drs. III/1888 S. 27 und BT-Drs. III/2662 S. 3, je zu § 48 BSeuchG; dies aufgreifend etwa BGH, Urteil vom 30. November 1978 – III ZR 43/77 –, BGHZ 73, 16 = NJW 1979, 422, Rdnr. 22 bei juris; BVerfG, Beschluss vom 29. April 1981 – 1 BvL 11/78 –, BVerfGE 57, 107, Rdnr. 17 bei juris; ausführlich OVG Lüneburg, Urteil vom 3. Februar 2011 – 13 LC 198/08 –, NdsVBl 2011, 158 und nachgehend BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16/11 –, BVerwGE 142, 205 = NJW 2012, 2823; jüngst ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. März 2021 – 11 S 17/21 –, Rdnr. 29 bei juris) bzw. Eigentümer einer mit Krankheitskeimen oder -überträgern behafteten oder dessen verdächtigen Sache (BT-Drs. III/1888 S. 29 und 45 sowie 53 zu § 56 BSeuchG; BT-Drs. VI/1568 S. 9 zu § 57 BSeuchG). Teils wird jedoch insbesondere die Einordnung der Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ausscheider und Ansteckungsverdächtigen als Störer für „irreführend“ gehalten, weil nach der Systematik des Infektionsschutzgesetzes diese vier Personengruppen vorrangig im Rahmen des infektionsschutzrechtlichen Anlasses, also der bestehenden Gefahrenlage, erwähnt werden und nur in einzelnen Standardermächtigungen als Adressaten (Kießling, Infektionsschutzgesetz, § 2 IfSG Rdnr. 18; dem zustimmend Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rn. 101). Vereinzelt wird besonders bei SARS-CoV-2 die Differenzierung von Störern und Nichtstörern generell in Frage gestellt, weil eine Vielzahl von Übertragungen des Virus bereits in der präsymptomatischen Phase oder gar durch vollkommen symptomlose Überträger stattfinden könne (so VGH Mannheim, Beschluss vom 25. Juni 2020 – 1 S 1739/20 –, ZD 2020, 655, Rdnr. 26 bei juris). Nach einer weiteren Auffassung sollen Geschäftsschließungen der auch hier in Rede stehenden Art keine Inanspruchnahme von Nichtstörern, sondern eine „Jedermannmaßnahme“ sein, die nicht Einzelne besonders, sondern gewissermaßen „jedermann“ als Teil der Allgemeinheit treffe (so LG Stuttgart, Urteil vom 5. November 2020 – 7 O 109/20 –, BeckRS 2020, 31215, Rdnr. 35 ff). Und teils wird schließlich mit Blick auf das besondere Schutzgut des Infektionsschutzgesetzes – die Freiheit der ganzen Nation von Infektionskrankheiten – jedes Verhalten als gefahrerhöhend und damit als Störung angesehen, das geeignet ist, zur Verbreitung der Krankheit beizutragen. Dem entspreche es, dass § 28 IfSG auch Anordnungen gegenüber Veranstaltungen oder sonstigen Ansammlungen von Menschen, gegenüber Badeanstalten oder Gemeinschaftseinrichtungen und damit „Schutzmaßnahmen gegenüber der Allgemeinheit“ (BT-Drs. 8/2468 S. 27 f; dies aufgreifend BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16/11 –, BVerwGE 142, 205, Rdnr. 26 bei juris) erlaube, die abzugrenzen seien von der Inanspruchnahme von Nichtstörern. Zu dem in diesem Sinne die Gefahr einer weiteren Verbreitung des Virus erhöhenden Verhalten zähle aber schon das Öffnen von gastronomischen oder Einzelhandelsbetrieben, soweit dieses physische Kontakte, Interaktionen und Ansammlungen befördere. Jedenfalls müsse der Unternehmer in diesen Fällen als Zweckveranlasser aufgefasst werden, der aber letztlich als Handlungsstörer zu qualifizieren sei. Jeder Unternehmer, der trotz der grassierenden Pandemie das Zusammenkommen fremder Menschen fördere, nehme die Weiterverbreitung des Virus in Kauf und profitiere hiervon sogar noch wirtschaftlich (ausführlich Vießmann, NVwZ 2021, 15/17 ff).

Auch dieser Meinungsstreit bedarf hier letztlich keiner Entscheidung. Denn die Vorschrift ist bereits gemäß § 38 Abs. 3 OBG BB nicht anwendbar. Danach gehen, wie auch sonst allgemein anerkannt, dem allgemeinen polizeirechtlichen Entschädigungsanspruch des Nichtstörers sondergesetzliche Regelungen vor, soweit diese den betreffenden Entschädigungsanspruch abschließend regeln (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1997 – III ZR 208/96 –, BGHZ 136, 172 = NJW 1998, 544, Rdnr. 8 bei juris; Ossenbühl/Cornils a.a.O., 12. VI, S. 527 f; Cornils, Die Verwaltung 4/2021, II. 3.). Dies erfordert keine vollkommen umfassende, jeden denkbaren Entschädigungsanspruch enthaltende Regelung. Es genügt eine abschließende Regelung für die betreffende Fallkonstellation (vgl. LG Hannover, Urteil vom 9. Juli 2020 – 8 O 2/20 –, NJW-RR 2020, 1226, Rdnr. 58 bei juris). Eine solche abschließende Regelung ist im Infektionsschutzgesetz getroffen worden. Dieses Gesetz enthält mit den §§ 56 ff IfSG eine Vielzahl an Entschädigungsnormen, darunter in § 65 IfSG auch eine Regelung zur Entschädigung von in Anspruch genommenen „Nichtstörern“. Schon das begründet die Vermutung, diese Regelung stelle die nach dem Plan des Gesetzgebers vollständige und lückenlose, in diesem Sinne also abschließende Regelung dar (ebenso LG Hannover, a.a.O., unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Dieses Ergebnis wird durch die Gesetzesbegründung untermauert, wonach die im 12. Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes getroffenen Entschädigungsregelungen umfassend den von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Aufopferungsanspruch ersetzen sollen, dem damit im Anwendungsbereich des Infektionsschutzgesetzes keine lückenschließende Funktion mehr zukomme. Lediglich Ansprüche aus Amtshaftung blieben unberührt (BT-Drs. 14/2530 S. 87). Dieses ausdrückliche gesetzliche Ziel würde ebenso unterlaufen wie das ausdifferenzierte Entschädigungssystem für Seuchenverhütungs- und Seuchenbekämpfungsmaßnahmen, würden neben der im Infektionsschutzgesetz geregelten Entschädigung von „Nichtstörern“ bei Verhütungsmaßnahmen auf der Grundlage des allgemeinen Polizeirechts auch Entschädigungsansprüche für Bekämpfungsmaßnahmen gewährt (so zutreffend LG Hannover, Urteil vom 9. Juli 2020 – 8 O 2/20 –, NJW-RR 2020, 1226, Rdnr. 61 bei juris; LG Köln, Urteil vom 12. Januar 2021 – 5 O 215/20 –, BeckRS 2021, 264, Rdnr. 42 bei juris; LG Heilbronn, Urteil vom 29. April 2020 – I 4 O 82/20 –, NVwZ 2020, 975, Rdnr. 22; Schmitz/Neubert, NVwZ 2020, 666/669; Stöß/Putzer NJW 2020, 1465/1467; Eckart/Kruse, a.a.O., § 56 IfSG Rdnr. 33.1; a. A. unter Berufung auf die Gesetzesbegründung zum abgelösten Bundes-Seuchengesetz Giesberts/Gayger/Weyand, NVwZ 2020, 417/420 f; Itzel, MDR 2021, 649/653 f; Rommelfanger, COVuR 2020, 178/181 ff).

f)

Die Klage kann auch nicht mit Erfolg auf die Grundsätze des enteignungsgleichen Eingriffs gestützt werden.

Zugunsten des Klägers kann in diesem Zusammenhang unterstellt werden, dass diese Grundsätze im Streitfall nicht bereits durch die Bestimmungen des erwähnten Staatshaftungsgesetzes, dessen Anwendbarkeit auf Rechtsverordnungen zumindest nicht unzweifelhaft erscheint (s. o.), verdrängt werden (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 16. Januar 2007 – 2 U 24/06 –, LKV 2008, 190/192; BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1995 – III ZR 190/94 –, NVwZ-RR 1997, 204/205; Ossenbühl/Cornils, a.a.O., 14. III. 9 b), S. 588). Denn ihre Voraussetzungen sind bereits nicht gegeben.

Nach dem richterrechtlich geprägten und aus dem allgemeinen Aufopferungsgedanken der §§ 74, 75 der Einleitung zum Preußischen Allgemeinen Landrecht hergeleiteten Institut des enteignungsgleichen Eingriffs hat der Staat Entschädigung für rechtswidrige hoheitliche Eingriffe in das Eigentum zu leisten. Voraussetzung ist damit, dass rechtswidrig in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition von hoher Hand unmittelbar eingegriffen wird, die hoheitliche Maßnahme also unmittelbar eine Beeinträchtigung des Eigentums herbeiführt, und dem Berechtigten dadurch ein besonderes, anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit auferlegt wird (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. Dezember 2016 – III ZR 387/14 –, BGHZ 213, 200 = NJW 2017, 1322, Rdnr. 20 bei juris; Ossenbühl/Cornils, a.a.O., 5. I. 5, S. 269). Daran fehlt es vorliegend.

Zwar kann noch angenommen werden, dass der Gaststättenbetrieb des Klägers eine als Eigentum geschützte Rechtsposition darstellt, in die das beanstandete Öffnungsverbot unmittelbar eingriff. Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb steht als solcher unter dem Schutz des Art. 14 GG (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 1990 – III ZR 74/88, BGHZ 111, 349 = NJW 1990, 3260, Rdnr. 25 bei juris; offen gelassen von BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 –, BVerfGE 105, 252 = NJW 2002, 2621/2625, Rdnr. 79 bei juris; vgl. weiter Ossenbühl/Cornils, a.a.O., 5.III. 2. a) S. 293; Papier/Shirvani, a.a.O., Rdnr. 51). In ihn wird eingegriffen, wenn in die Substanz dieses Betriebes eingegriffen wird, zu der nicht nur der gegenständliche Bestand des Betriebes gehört, sondern die „Sach- und Rechtsgesamtheit“ als solche und damit alles, was zusammengenommen den wirklichen Wert des Betriebes ausmacht. Diese Substanz ist berührt, wenn in den Betrieb als wirtschaftlichen Organismus eingegriffen und damit das ungestörte Funktionieren dieses Organismus unterbunden oder beeinträchtigt, wenn mit anderen Worten der „Eigentümer“ gehindert wird, von dem Gewerbebetrieb als der von ihm aufgebauten und aufrechterhaltenen Organisation sachlicher und persönlicher Mittel den bestimmungsgemäßen Gebrauch zu machen (BGH, a.a.O., Rdnr. 26). Die Abgrenzung zum allein durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz des Erwerbs durch berufliche Betätigung erfordert eine Abwägung: Greift ein Akt der öffentlichen Gewalt eher in die Freiheit der individuellen Erwerbs- und Leistungstätigkeit ein, so ist der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG berührt; begrenzt er mehr die Innehabung und Verwendung vorhandener Vermögensgüter, so kommt der Schutz des Art. 14 GG in Betracht (BGH, a.a.O., Rdnr. 28). Nach diesen Maßstäben liegt es näher, die nahezu umfassende – wenn auch zeitlich beschränkte – Anordnung der Betriebsschließung als Eingriff in die Substanz des Betriebes zu verstehen. Dessen ungestörtes Funktionieren wird – auf gewisse Zeit – unterbunden oder wenigstens beeinträchtigt, und sein „Eigentümer“ gehindert, von dem Gewerbebetrieb als der von ihm aufgebauten und aufrechterhaltenen Organisation sachlicher und persönlicher Mittel den bestimmungsgemäßen Gebrauch zu machen. Ihm werden nicht allein Erwerbschancen genommen (so auch LG Köln, Urteil vom 12. Januar 2021 – 5 O 215/20 –, BeckRS 2021, 264, Rdnr. 43 bei juris; LG Hannover, Urteil vom 9. Juli 2020 – 8 O 2/20 –, NJW-RR 2020, 1226, Rdnr. 65 bei juris; a. A. LG Heilbronn, Urteil vom 29. April 2020 – I 4 O 82/20 –, Rdnr. 27 bei juris).

Auch kann die Anordnung als „Eingriff“ angesehen werden, obwohl sie in Form einer Rechtsverordnung erging. Zwar erfasst der enteignungsgleiche Eingriff kein legislatives Unrecht. Für untergesetzliches Recht auch in Form von Rechtsverordnungen gilt dieser Ausschluss jedoch nicht uneingeschränkt, jedenfalls dann nicht, wenn die einschlägigen Normen an eigenen, nicht auf ein Parlamentsgesetz zurückgehenden Nichtigkeitsgründen leiden, mag sich dies auch auf eine Vielzahl an Betroffenen auswirken (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 1990 – III ZR 74/88 –, BGHZ 111, 349 = NJW 1990, 3260; Beschluss vom 28. November 2007 – III ZR 198/06 –, BeckRS 2007, 19238; Papier/Shirvani, a.a.O., Rdn. 56; Ossenbühl/Cornils, a.a.O., 5. III. 3 d) aa), S. 307).

Der Eingriff war jedoch nicht rechtswidrig. Die Verordnungen waren, wie bereits erörtert, rechtmäßig.

Angesichts dieses Ergebnisses kann auch im vorliegenden Zusammenhang der Vorrang des Primärrechtsschutzes ebenso dahinstehen (hierzu Papier/Shirvani, a.a.O., Rdnr. 62 f) wie der mögliche Umfang der Entschädigung. Zwar wird stets darauf hingewiesen, dass Rechtsfolge des enteignungsgleichen Eingriffs die angemessene Entschädigung für den Substanzverlust ist, nicht hingegen Schadensersatz (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2007 – III ZR 198/06 –, BeckRS 2007, 19238; Papier/Shirvani, a.a.O., Rdnr. 64). Indes wird bei vorübergehenden Eingriffen in einen Gewerbebetrieb derjenige Betrag als angemessene Entschädigung angesehen, den der Gewerbebetrieb infolge des Eingriffs weniger als ohne den Eingriff abgeworfen hat, so dass dem geschädigten Gewerbetreibenden auch der Ertragsverlust im Sinne des ausgebliebenen Ertrags aus der entzogenen Vermögenssubstanz zu ersetzen ist, allerdings ohne Rücksicht auf eine mögliche Steigerung (vgl. Papier/Shirvani, a.a.O., Rdnr. 66).

g)

Schlussendlich kommt dem Kläger auch kein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs zu. Der Anwendungsbereich dieses Entschädigungsinstituts ist bereits nicht eröffnet.

Ein Anspruch aus enteignendem Eingriff setzt voraus, dass eine an sich rechtmäßige hoheitliche Maßnahme bei einem Betroffenen unmittelbar zu Nachteilen führt, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muss, die aber die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen. Da das Sonderopfer nicht – wie beim enteignungsgleichen Eingriff – mit der Rechtswidrigkeit der hoheitlichen Maßnahme begründet werden kann, muss geprüft werden, ob die Einwirkungen auf die Rechtsposition des Betroffenen die Sozialbindungsschwelle überschreiten, also im Verhältnis zu anderen ebenfalls betroffenen Personen eine besondere Schwere aufweisen oder im Verhältnis zu anderen nicht betroffenen Personen einen Gleichheitsverstoß bewirken (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. Dezember 2016 – III ZR 387/14 –, BGHZ 213, 200 = NJW 2017, 1322, Rdnr. 25 bei juris; Ossenbühl/Cornils, a.a.O., 6. III. 1, S. 344 f). Der Anwendungsbereich des enteignenden Eingriffs ist daher nur eröffnet, soweit es sich um unvorhersehbare, atypische Nebenfolgen rechtmäßiger hoheitlicher Maßnahmen handelt (Papier/Shirvani, a.a.O., Rdnr. 78). Dieses Rechtsinstitut ist dagegen keine geeignete Grundlage, um massenhaft auftretende Schäden auszugleichen. Die Lösung der damit aufgeworfenen Entschädigungs- und Ausgleichsprobleme kann nicht einem richterrechtlichen Haftungsinstitut überlassen bleiben, wie es der enteignende Eingriff darstellt. Es ist vielmehr Aufgabe des Gesetzgebers, Vorschriften über den Ausgleich von unzumutbaren, durch Primärrechtsschutz nicht abwendbaren Vermögenseinbußen zu schaffen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Zubilligung von Entschädigungs- oder Ausgleichsansprüchen in Massen-Schadensfällen weitreichende Folgen für die Staatsfinanzen haben kann. Dann aber muss die Zubilligung solcher Ansprüche entsprechend dem Grundsatz der Gewaltenteilung und dem demokratischen Prinzip der Entscheidung des Parlamentsgesetzgebers vorbehalten sein. Das insbesondere dann, wenn verschiedene, nicht unerheblich voneinander abweichende Lösungen denkbar sind und daher dem politischen Gestaltungswillen des demokratisch legitimierten Parlamentsgesetzgebers ein weiter Spielraum offensteht (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1987 – III ZR 220/86 –, BGHZ 102, 350 = NJW 1988, 478/480 f, Rdnr. 32 ff. zum Waldsterben; Urteil vom 10. Februar 2005 – III ZR 330/04 –, NJW 2005, 1363 zur Krankenhausbehandlung von Notfallpatienten; vgl. auch Cornils, Die Verwaltung 4/2021, II. 3.).

Der vorliegende Fall betrifft ein solches Massenphänomen, das zu lösen der enteignende Eingriff weder entwickelt noch auch nur in der Lage ist (vgl. Cornils, ebd.). Der Kläger führt selbst an, dass die verordneten Betriebsschließungen nicht nur ihn, sondern alle Gastronomen in Brandenburg betrafen, und zu erheblichen wirtschaftlichen Verwerfungen geführt hätten. Schon das spricht gegen ein individuelles Sonderopfer. Darüber hinaus ist die Gastronomie bei weitem nicht die einzige von den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffene Branche. Die Eindämmungsverordnung vom 22. März 2020 verbot in § 1 Abs. 1 Satz 1 Veranstaltungen und betraf damit so gut wie die gesamte Kulturszene des Landes. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 waren körpernahe Dienstleistungen untersagt, bei denen dienstleistungsbedingt ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Leistungserbringer und Empfänger nicht eingehalten werden kann. Nach § 3 waren Tanzveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Spezialmärkte, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Gewerbe untersagt. Vergnügungsstätten, Prostitutionsstätten, Kinos, Theater, Konzerthäuser, Museen, Jahrmärkte, Freizeit- und Tierparks sowie Einrichtungen, die Freizeitaktivitäten anbieten und ähnliche Einrichtungen, waren zu schließen. Gleiches galt nach § 4 für Sportanlagen, Schwimmbäder, Fitnessstudios, Tanzstudios, Thermen, Wellnesszentren und ähnliche Einrichtungen. Die in § 6 genannten Gaststätten und Beherbergungsbetriebe wie die des Klägers waren damit bei weitem nicht die einzigen betroffenen Betriebe. Ihre Inhaber erbrachten offensichtlich kein „Sonderopfer“ im genannten Sinne. Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Schließung aufgrund der Verordnung vom 17. April 2020. Zwar ermöglichte diese eine weitere Öffnung insbesondere von Betrieben des Einzelhandels (vgl. besonders § 2 der Verordnung). Sogenannte körpernahe Dienstleistungen waren aber weiterhin untersagt, desgleichen die in den §§ 3 und 5 (vormals 4) genannten Freizeiteinrichtungen.

Ob eine im Ergebnis abweichende Sichtweise geboten ist, wenn eine verordnete Betriebsschließung eine konkret existenzgefährdende bzw. existenzvernichtende Folge für den Betroffenen hat (vgl. hierzu LG Hannover, Urteil vom 9. Juli 2020 – 8 O 2/20 –, NJW-RR 2020, 1226, Rdnr. 69 bei juris, m. w. N.; Itzel, MDR 2021, 649/654), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Eine derartig gravierende Folge ist beim Kläger im Frühjahr 2020 nach seinem eigenen Vorbringen nicht eingetreten. Er gibt selbst an, er habe auch nach Inkrafttreten der hier in Rede stehenden Eindämmungsverordnungen noch Umsätze in nennenswerter Höhe zum Beispiel aus dem Außer-Haus-Verkauf von Speisen und Getränken generiert. Hinzu kommt, dass er daneben im Frühjahr 2020 immerhin staatliche Corona-Hilfen in Höhe von 60.000 € vereinnahmt hat.

3.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 und 708 Nr. 10 sowie 711 ZPO, die Entscheidung zum Streitwert auf §§ 43, 47 und 48 GKG sowie § 3 ZPO.

4.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen.