Gericht | OLG Brandenburg 11. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 24.06.2021 | |
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Aktenzeichen | 11 U 223/20 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0624.11U223.20.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufung des Klägers gegen das am 07.10.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 11 O 371/19 - wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil wird für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.929,00 € festgesetzt.
I.
Die Berufung ist durch einstimmig gefassten Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht in vollem Umfang abgewiesen. Die Klage ist in allen Haupt-, Hilfs- und Nebenforderungen unbegründet. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Senats im gemäß § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO ergangenen Hinweis vom 05.05.2021 Bezug genommen.
Vorab wird klargestellt, dass der Senat den Vortrag der Beklagten auf Seite 33 der Berufungserwiderung zum Vorhandensein des geregelten Kühlmittelthermostats im streitgegenständlichen Fahrzeug dahingehend verstanden hat, dass dieses sowohl auf dem Prüfstand als auch im Straßenbetrieb aktiviert sei. Einer förmlichen „Tatbestandsberichtigung“ bedarf es insoweit nicht
Die gegen die Ausführungen im Hinweisbeschluss vorgebrachten Einwände des Klägers aus dem nachgelassenen Schriftsatz vom 14.06.2021 führen zu keinem anderen Ergebnis. Hierzu im Einzelnen:
1. Entgegen der vom Kläger im vorgenannten Schriftsatz vertretenen Rechtsauffassung hat der Senat den Vortrag ab Seite 10 der Berufungsbegründung nicht missachtet, sondern in seine Würdigung in vollem Umfang mit einbezogen. Aufhebungs- und Zurückverweisungsgründe bestehen danach nicht. Insbesondere hat sich der Senat ab Seite 10 ff. im in Bezug genommenen Hinweisbeschluss vom 05.05.2021 eingehend mit der Kühlmittelsolltemperaturregelung befasst, die der Kläger als unzulässig gerügt hatte. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, dass die Beklagte im Typengenehmigungsverfahren zur Kühlmittelsolltemperaturregelung unvollständig vorgetragen und deshalb arglistig im Typengenehmigungsverfahren gehandelt habe, verdeutlicht sein nach wie vor allgemein gehaltene Vortrag (GA 1597 ff.), dass es sich hierbei in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeug um reine Spekulationen und dementsprechend um Vortrag „ins Blaue hinein“ handelt.
2. Für den Senat ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 14.06.2021 nicht erkennbar, woraus eine Pflicht der Beklagten zur Angabe der Funktionsweise eines Kühlmittelthermostats im Typengenehmigungsverfahren folgen soll. Auch insoweit ist durch den Kläger nicht vorgetragen worden, was hierzu durch die Genehmigungsbehörde abgefragt wurde, welche Antworten die Beklagte (in arglistiger Weise) gegeben hat, weshalb darin eine Täuschung der Mitarbeiter der Genehmigungsbehörde zu sehen sein soll und diese in Kenntnis wahrer Sachlage die Typengenehmigung nicht erteilt haben würde.
3. Der Senat bleibt zudem dabei, dass der Vortrag des Klägers – wie im Hinweisbeschluss eingehend ausgeführt – zur Abschalteinrichtung der Kühlmittelsolltemperaturregelung aus der Berufungsbegründung nach § 531 ZPO präkludiert ist. Es handelt sich - wie bereits dargelegt - um prozessual „neuen“ Vortrag für den der Kläger in der Berufungsbegründung, auf die es gemäß § 520 Abs. 3 ZPO ankommt, nicht dargetan hat, dass und weshalb dieser Vortrag zu berücksichtigen ist. Im Übrigen ist für den Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz vom 14.06.2021 nicht ersichtlich, dass sich der Kläger über die Funktionsweise eines Kühlmittelthermostats oder einer Kühlmittelsolltemperaturregelung nicht bereits erstinstanzlich hätte kundig machen können. Etwaige Presseberichte, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Verfahren vor dem Landgericht erfolgt sind, können keinen neuen Tatsachenvortrag rechtfertigen, zumal selbst insoweit nicht einmal vorgetragen wurde oder ersichtlich ist, dass sich diese Berichterstattung auf das hier in Rede stehende Fahrzeugmodell beziehen soll.
4. Entgegen der Annahmen des Klägers im Schriftsatz vom 14.06.2021 (GA 1599) hat der Senat keinen erheblichen Klagevortrag unberücksichtigt gelassen. Der Senat hat in diesem Zusammenhang weder außer Acht gelassen, dass die Beklagte dem KBA die vorhandenen Abschalteinrichtungen nicht angezeigt habe. Er hat weder verkannt, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug mindestens zwei unzulässige Abschalteinrichtung verwendet worden seien. Der Senat hat auch nicht rechtsfehlerhaft verkannt, dass die Beklagte eine ungültige und falsche Übereinstimmungsbescheinigung ausgestellt habe und mit dem Kaufvertrag der Klägerin COC-Papiere ausgehändigt habe, die die Übereinstimmung mit dem genehmigten Typ bescheinigen solle und auch bereits im Kaufvertrag als Posten aufgeführt sei. Schließlich hat der Senat nicht verkannt, dass die Beklagte Konstruktionsteile verbaut habe, die ausschließlich unter Nutzung der Ausnahmeregelungen dazu in der Lage gewesen seien, die vorgeschriebene Haltbarkeitsintervalle von 160.000 km zu erfüllen. All die dahingehenden Ausführungen des Klägers sind inhaltlich ohne jegliche Substanz. Sie zeigen nicht auf, an welcher Stelle der Kläger (erstinstanzlich) etwas hierzu vorgetragen haben will, was nicht in die Würdigung des Senats einbezogen worden sein soll. Aus den vorgenannten Punkten handelt es sich offensichtlich um Textbausteine aus anderen Verfahren, bei denen erneut deutlich wird, dass der dahingehende Vortrag des Klägers vollständig „ins Blaue hinein“ erfolgt.
5. Der Senat verkennt auch nicht den Umstand, dass die Beklagte die technischen Emissionsminderungsstrategien dem KBA nicht im Rahmen der Zulassung angezeigt habe. Zu den Abschalteinrichtungen wird auf die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss Seite 9 des Hinweisbeschlusses Bezug genommen. Etwas anderes folgt auch nicht aus der angeführten Presseberichterstattung, die nicht das hier in Rede stehende Fahrzeug betrifft, sondern Fahrzeuge des Typs Mercedes Vito bzw. Mercedes GLK.
6. Wie der Senat bereits auf Seite 7 des Hinweisbeschlusses ausgeführt hat, ist auch die vom Kläger angeführte EuGH-Entscheidung für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit nicht streitentscheidend. Mit den dahingehenden Ausführungen des Senats, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, befasst sich der Kläger im Schriftsatz vom 14.06.2021 nicht.
7. Soweit der Kläger Ausführungen zur Rolle und Funktion des Kraftfahrtbundesamtes im sogenannten Diesel-Abgasskandal macht und die Genehmigungsbehörde dadurch in ein „schlechtes Licht“ rücken will, vermag der Senat eine Relevanz für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit nicht zu erkennen.
8. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 14.06.2021 zur vermeintlichen Manipulation in Bezug auf das OBD-System, verweist der Senat auf die dahingehenden Ausführungen im Hinweisbeschluss auf Seite 13. Es verbleibt dabei, dass weder in erster Instanz noch in der gemäß § 520 Abs. 3 ZPO maßgeblichen Berufungsbegründung hinreichend substantiiert hierzu vorgetragen worden ist. Mit dem dahingehenden Monitum des Senats im in Bezug genommenen Hinweisbeschluss befasst sich der Kläger in seinem Schriftsatz vom 14.06.2021 nicht weiter.
9. Auch soweit der Kläger nunmehr Ausführungen zur behaupteten Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten macht (vgl. GA 1610 - 1613), befasst er sich nicht mit den hierzu ergangenen Hinweisen des Senats im Beschluss vom 05.05.2021.
10. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger zudem auf eine Entscheidung des Landgerichts Heilbronn zur (fehlenden) Tatbestandswirkung der Typengenehmigung (vgl. GA 1613 ff.). Auch insoweit erfolgt eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss vom 05.05.2021 (dort Seite 6 ff.) nicht. Im streitgegenständlichen Fall besteht schon keine konkrete Gefahr des Widerrufs der Typengenehmigung. Es bestehen hierzu nicht einmal irgendwelche Anhaltspunkte für einen solchen Widerruf. Insoweit passen auch die vom Kläger herangezogenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zu dem hier zu entscheidenden Rechtsstreit nicht.
11. Soweit der Kläger eingangs und am Ende seines Schriftsatzes vom 14.06.2021 auf Entscheidungen und Hinweisverfügungen anderer Oberlandesgerichte Bezug nimmt, stehen diese der vorgenannten Entscheidung und auch einem Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. Der Kläger zeigt weder auf, dass es sich bei den in Bezug genommenen Entscheidungen um denselben Fahrzeugtyp handelt, der hier in Rede steht, noch macht der Kläger deutlich, welcher Tatsachenvortrag in den jeweiligen Verfahren (bei welchem Verfahrensstand) von den dortigen Prozessparteien unterbreitet wurde. Der Senat kann daher nicht nachvollziehen, dass die genannten Oberlandesgerichte ihre Entscheidungen und Hinweise auf einen vergleichbaren Sachverhalt gestützt haben. Der Senat verbleibt daher dabei auch unter Berücksichtigung der angeführten Rechtsprechung, im hier zu entscheidenden Streitfall dabei, dass keine Veranlassung dazu besteht, den Rechtsstreit an das Landgericht zur weiteren Sachaufklärung zurückzuverweisen oder eine eigene anderslautende Sachentscheidung zu treffen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die weitere prozessuale Nebenentscheidung findet ihre rechtliche Grundlage in § 708 Zif. 10, 711, 713 ZPO. Mit Blick auf den festgesetzten Streitwert ist ein Rechtsmittel gegen den Zurückweisungsbeschluss im Sinne von § 713 ZPO unzweifelhaft nicht möglich, weshalb eine Abwendungsbefugnis im Sinne von § 711 ZPO nicht auszusprechen war.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Insoweit kann auf die Ausführungen des Senats auf Seite 5 f. im Hinweisbeschluss vom 05.05.2021 verwiesen werden. Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen werden durch den Schriftsatz des Klägers vom 14.06.2021 nicht hervorgebracht.
Hinsichtlich der Festsetzung des Gebührenstreitwerts wird auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss (dort Seite 19 f.) verwiesen. Auch hiergegen erinnert der Kläger im vorgenannten Schriftsatz vom 14.06.2021 nichts, weshalb es dabei verbleibt.