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Entscheidung 2 U 6/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Zivilsenat Entscheidungsdatum 22.06.2021
Aktenzeichen 2 U 6/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:0622.2U6.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das am 03.12.2020 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Potsdam, Az.: 4 O 139/20, teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 600,71 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.06.2020 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf einen Gebührenwert bis 65.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger nehmen die Beklagte wegen nicht rechtzeitiger Erteilung eines Zeugnisses nach § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Kläger erwarben am 07.09.2017 eine bei Abschluss des Kaufvertrages noch zu vermessende Teilfläche eines in Z… gelegenen Grundstücks zur Bebauung. Wegen der Einzelheiten des Kaufvertrages wird auf die Anlage K1 (Blatt 13 ff. d.A.) Bezug genommen. Die Verkäuferin hatte das Grundstück ihrerseits mit notariellem Kaufvertrag vom 18.05.2017 erworben und mit Schreiben des beurkundenden Notars vom 06.06.2017 die Beklagte unter Mitteilung jenes Vertrages um Erteilung eines Negativzeugnisses nach § 28 Abs. 1 BauGB ersucht. Die Bürgermeisterin der Beklagten verweigerte die Erteilung des Zeugnisses mit der Begründung, das Geschäftsgebaren der Verkäuferin für kriminell zu halten, da diese in einer Vielzahl von Fällen versucht hätte, Grundstückseigentümer unter dem Vorwand, Bauland für die Errichtung eines selbstgenutzten Einfamilienhauses zu suchen, zum Verkauf der Immobilien zu bewegen. Vor diesem Hintergrund erteilte die Bürgermeisterin der Beklagten auch hinsichtlich des zwischen der Verkäuferin und den Klägern am 07.09.2017 geschlossenen Kaufvertrages, welcher der Beklagten von dem beurkundenden Notar mit einem Antrag auf Erteilung eines Zeugnisses nach § 28 Abs. 1 BauGB am 11.09.2017 übersandt worden und dort spätestens am 15.09.2017 eingegangen war, das Negativattest nicht.

Nachdem der beurkundende Notar mit Schreiben vom 08.12.2017 und 15.01.2018 die Ausstellung des Negativattestes bei der Beklagten angemahnt hatte, beauftragten die Kläger ihren späteren Prozessbevollmächtigten und nunmehrigen Streithelfer mit der Durchsetzung des Anspruchs auf Erteilung des Negativzeugnisses und der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.

Am 15.03.2018 erhob die Grundstücksverkäuferin beim Verwaltungsgericht Potsdam gegen die Beklagte Untätigkeitsklage auf Erteilung der Negativzeugnisse bezüglich der vorgenannten Grundstückskaufverträge vom 18.05.2017 und vom 07.09.2017 sowie zwei weiterer Verträge, mit denen sie andere Teilflächen des Grundstücks an Dritte verkauft hatte. In jenem Verfahren (Az. VG 4 K 978/18), an welchem sich die hiesigen Kläger als Beigeladene beteiligt haben, wurde die Beklagte mit Urteil vom 20.08.2019 verpflichtet, die begehrten Negativatteste unter anderem bezüglich der Verträge vom 18.05.2017 und vom 07.09.2017 zu erteilen. Dem kam die Beklagte – nach Erlass eines entsprechenden Gebührenbescheides und Zahlung der Gebühren durch die Kläger – unter dem 11.10.2019 nach; das Zeugnis ging am 11.11.2019 bei dem beurkundenden Notar ein.

Die Kläger hatten bereits am 16.03.2017 mit der Firma B… GmbH einen Bauvertrag über die Errichtung eines Einfamilienhaus zu einem Werklohn in Höhe von 281.309,69 € abgeschlossen. Wegen der Einzelheiten des Bauvertrages wird auf Anlage K11 (Blatt 64 ff. d.A.) Bezug genommen. Zur Finanzierung der Baukosten und der Kosten für den Erwerb des Grundstücks hatten sie zwei Darlehensverträge über 100.000 € und 248.000 € abgeschlossen. Nachdem das Bauunternehmen nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Preisbindungsfrist seine Werklohnforderung am 25.03.2019 um 52.420,69 € und am 26.09.2019 um insgesamt 62.785,19 € erhöhte, erklärten die Kläger am 13.11.2019 die Kündigung des Bauvertrages.

Die Kläger haben behauptet, im September 2017 auf die nach dem Bauvertrag geschuldete 1. Rate insgesamt 21.772,39 € gezahlt zu haben. Ferner hätten sie wegen Nichtabrufung des Darlehens seitens des Bauunternehmens im Zeitraum Februar 2018 bis Dezember 2019 insgesamt 9.914,10 € Bereitstellungszinsen an die darlehensgebende Bank bezahlt. Durch die Einlagerung ihrer Möbel im Zeitraum vom 01.09.2017 bis zum 31.12.2019 seien ihnen Kosten in Höhe von insgesamt 2.648,84 € entstanden. Sie haben wegen dieser Zahlungen sowie der ihnen durch die vorgerichtliche Geltendmachung des Anspruchs auf Erteilung des Negativattestes entstandenen Kosten Ersatz begehrt. Zudem haben sie die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für entgangene Gebrauchsvorteile hinsichtlich des geplant gewesenen Einfamilienhauses geltend gemacht.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf welches wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat dafür gehalten, dass ein unter dem Gesichtspunkt der Amts- bzw. Staatshaftung in Betracht kommender Schadensersatzanspruch gemäß § 839 Abs. 3 BGB bzw. § 2 StHG ausgeschlossen sei, da die Kläger es zumindest fahrlässig unterlassen hätten, frühzeitig nach Ablauf der Frist des § 28 Abs. 2 BauGB einen Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO oder Untätigkeits- bzw. Verpflichtungsklage zu erheben. Diese Rechtsbehelfe, deren Einlegung auch nicht wegen der Beiladung der Kläger in dem von der Grundstücksverkäuferin gegen die hiesige Beklagte geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren entbehrlich gewesen sei, seien jedenfalls nicht vollkommen aussichtslos gewesen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgen die Kläger das erstinstanzlich erhobene Schadensersatzbegehren weiter. Sie machen im Wesentlichen geltend, dass die Kläger die Erteilung des Negativzeugnisses weder durch eine verwaltungsgerichtliche Klage noch durch einen Antrag auf einstweilige Anordnung erreicht haben würden. Eine Untätigkeitsklage sei den Klägern wegen der von der Grundstücksverkäuferin erhobenen Untätigkeitsklage gemäß § 173 VwGO, § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG verwehrt gewesen. Denn die Rechtskraft des in jenem Rechtsstreit ergangenen Urteils habe sich gemäß § 121 Nr. 1 VwGO auch auf die gemäß § 63 VwGO beigeladenen Kläger erstreckt. Ein Antrag der Kläger nach § 123 VwGO würde unter dem Gesichtspunkt der Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig gewesen sein, da den Klägern durch die Nichterteilung des Negativattestes lediglich Vermögensschäden entstanden seien. Zulasten der Beklagten, die hierfür darlegungs- und beweisbelastet sei, sei auch nicht festzustellen, dass die Kläger die Erteilung des Negativattestes durch ein anderes Rechtsmittel bzw. auf anderem Wege hätten erlangen können. Die Anrufung der Kommunalaufsichtsbehörde sei ihnen neben der Beschreitung des Verwaltungsrechtswegs, der zumal mehr Erfolg versprochen habe als die Einlegung eines formlosen Rechtsbehelfs, nicht zumutbar gewesen.

Die Kläger machen ferner geltend, dass die Nichterteilung der Negativatteste bezüglich der Kaufverträge vom 18.05.2017 und vom 07.09.2017 adäquat kausal für die geltend gemachten Schäden geworden sei. Die Kläger hätten erst im Jahr 2020 Besitz an dem von ihnen erworbenen Grundstück erlangt. Zuvor sei das Grundstück für sie nicht bebaubar gewesen, da die Verkäuferin selbst mangels Erteilung des deren Kaufvertrag betreffenden Negativattestes durch die Beklagte nicht Besitz und Eigentum an dem Grundstück erlangt gehabt habe. Da der Verkäuferin die Übereignung und Übergabe des Grundstücks mithin ohne ihr Verschulden unmöglich gewesen sei, hätten den Klägern gegen diese insoweit weder Erfüllungs- noch Schadensersatzansprüche zugestanden.

Die Kläger fielen auch hinsichtlich beider Kaufverträge in den Schutzbereich der jeweils verletzten Pflicht nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB. Sinn und Zweck der Norm sei die Prüfung, ob ein Grundstück dem Privateigentum im Falle eines Verkaufs entzogen werde, um der Allgemeinheit zu dienen. Mit der Erteilung des Negativattestes erlaube die öffentliche Hand daher nicht nur den konkreten Verkauf, sondern im Regelfall darüber hinaus die weitere Verwertung des Grundstücks zu nicht-öffentlichen Zwecken. Auch vorliegend habe die Beklagte die Weiterveräußerung des Grundstücks insgesamt verhindern wollen, weshalb die Pflichtverletzung der Beklagten in der generellen Weigerung der Ausstellung jeglicher Negativzeugnisse zu erkennen sei.

Jedenfalls könnten die Kläger den ihnen wegen der Nichterteilung des Negativattestes bezüglich des Vertrages vom 18.05.2017 entstandenen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation beanspruchen, nachdem die Verkäuferin ihnen den betreffenden Ersatzanspruch gegen die Beklagte abgetreten habe.

Abgesehen davon, dass die Kläger mithin erst im Jahr 2020 Besitz an dem von ihnen erworbenen Grundstück erlangt hätten, sei ihnen eine frühere Bebauung nicht zumutbar gewesen. Bis zu dem Zeitpunkt des Übergangs des Grundeigentums auf die Verkäuferin würden die Kläger kein Recht zum Besitz gehabt haben, sodass der ursprüngliche Eigentümer sie auf Herausgabe habe in Anspruch nehmen können. Ein Bereicherungsanspruch würde ihnen in diesem Fall nicht zugestanden haben. Vor diesem Hintergrund sei es eine völlig typische und vorhersehbare Reaktion der Kläger gewesen, nicht vor Erlangung des Eigentums an dem Grundstück mit dem Bau zu beginnen. Dies gelte zumal deshalb, weil die Verweigerung der Negativatteste seitens der Bürgermeisterin der Beklagten darauf abgezielt habe, den Eigentumserwerb der Verkäuferin wegen vermeintlich krimineller Geschäftspraktiken zu unterbinden und damit auch den Eigentumserwerb der Kläger zu verhindern. Würde die Beklagte die Negativzeugnisse unverzüglich erteilt gehabt haben, würde der Notar Mitte November 2017 die Eintragung der Kläger als Eigentümer beantragt haben, der Eigentumsübergang in der 7. Kalenderwoche des Jahres 2018 erfolgt sein und der Bau wie geplant begonnen worden sein.

Die Kausalität zwischen der Untätigkeit der Beklagten und dem geltend gemachten Schaden werde auch nicht dadurch infrage gestellt, dass die Darlehensverträge und der Bauvertrag vor Abschluss des Grundstückskaufvertrages geschlossen wurden. Denn im Bauvertrag hätten sich die Kläger das Recht zum „kostenfreien“ Rücktritt für den Fall vorbehalten, dass der Grundstückserwerb nicht binnen zwölf Monaten zustande komme. Entsprechendes gelte für die Darlehensverträge, deren Wirksamkeit die Eintragung der Grundschuld und damit ebenfalls den Abschluss des Grundstückskaufvertrages vorausgesetzt habe. Die Kosten für die Einlagerung der Möbel seien jedenfalls für den Zeitraum vom 01.08.2018 bis zum 31.12.2019 zu erstatten, da die Kläger das Haus bei rechtzeitiger Erteilung der Negativzeugnisse durch die Beklagte im August 2018 würden bezogen haben können.

Schließlich rechtfertige sich der Schadensersatzanspruch auch aus § 38 Abs. 1 OBG.

Der Streithelfer der Kläger tritt deren Ausführungen bei und trägt unter Vorlage des zwischen der Verkäuferin des Grundstücks und des Vorverkäufers geschlossenen Grundstückskaufvertrages vom 18.05.2017 weiter vor, dass es in jenem Kaufvertrag an einer Ermächtigung der Verkäuferin gefehlt habe, die in § 7 des mit den Klägern geschlossenen Kaufvertrages vorgesehene Vollmacht zur Bauvorbereitung zu erteilen. Da auch in jenem Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2017 ein Nutzen-/Lastenwechsel nicht erfolgt sei, habe die Verkäuferin den Klägern auch nicht die Vollmacht zum Betreten des Grundstücks erteilen können. Damit sei es den Klägern im Übrigen nicht möglich gewesen, dem Bauunternehmen einen baureifen Bauplatz zur Verfügung zu stellen, was nach § 6 des Bauvertrages Voraussetzung für den Baubeginn gewesen sei. Davon abgesehen sei den Klägern ein Baubeginn vor Eigentumserwerb nicht zumutbar gewesen, weil angesichts der von der Bürgermeisterin der Beklagten erhobenen Betrugsvorwürfe eine behördliche Beschlagnahme des Grundstücks nach § 73 StGB, § 111b StPO in Betracht gekommen sei, und weil die Kläger angesichts der Vielzahl der von der Bürgermeisterin angegriffenen Grundstücksgeschäfte der Verkäuferin stark verunsichert gewesen seien. Die Anrufung der Aufsichtsbehörde stelle kein Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB dar, da der Einzelne kein Einschreiten der Rechtsaufsichtsbehörde beanspruchen könne und ein dahingehender Antrag daher keine Aussicht auf Erfolg habe.

Die Kläger und der Streithelfer beantragen der Sache nach,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 03.12.2020 (Az. 4 O 139/20) aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise, das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 03.12.2020 (Az. 4 O 139/20) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 57.521,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und die Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.399,99 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit näherer Darlegung. Der mit der Hauptforderung geltend gemachte Ersatzanspruch scheitere am fehlenden Zurechnungszusammenhang zwischen der Verzögerung der Erteilung des Negativattestes und dem von Klägerseite behaupteten Schaden. Freistellung von den Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung könnten die Kläger bereits deshalb nicht beanspruchen, weil der Streithelfer es unterlassen habe, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, weshalb die abgerechneten Leistungen für die Kläger unbrauchbar gewesen seien.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der überreichten Unterlagen, im Übrigen auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die statthafte Berufung der Kläger ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache aber nur zu einem geringen Teil Erfolg.

1.

Den Klägern steht gegen die Beklagte wegen der verzögerten Erteilung des Zeugnisses nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB betreffend den hier in Rede stehenden Kaufvertrag vom 07.09.2017 gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG sowie nach § 1 Abs. 1 StHG ein Anspruch auf Zahlung von 600,71 € zu.

a)

Die Beklagte hat im Sinne des § 839 Abs. 1 BGB eine ihr den Klägern gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB hat die Gemeinde, wenn hinsichtlich eines ihr nach § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB mitgeteilten Kaufvertrages ein Vorkaufsrecht nicht besteht oder nicht ausgeübt wird, auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Vorliegend lag der Beklagten der ihr seitens des beurkundenden Notars nach § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB mitgeteilte Kaufvertrag vom 07.09.2017 spätestens am 15.09.2017 vor. Die Ausschlussfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB, wonach das Vorkaufsrecht nur binnen zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrages ausgeübt werden kann, lief demnach spätestens am 15.11.2017 ab. Ungeachtet der Frage des Bestehens eines gesetzlichen Vorkaufsrechtes gemäß §§ 24 f. BauGB stand damit jedenfalls ab diesem Zeitpunkt fest, dass die Beklagte ein Vorkaufsrecht nicht ausüben kann, sodass sie ab diesem Zeitpunkt verpflichtet war, auf den vom beurkundenden Notar bereits zusammen mit der Mitteilung des Kaufvertrages gestellten Antrag unverzüglich ein Negativattest auszustellen. Gegen diese Pflicht hat die Beklagte verstoßen, indem sie das Zeugnis nicht spätestens innerhalb weniger Wochen nach Ablauf der Zweimonatsfrist (vgl. Grziwotz, BeckOK BauGB, Stand: 01.02.2021, § 28 BauGB, Rn. 10), sondern erst am 11.10.2019 erstellte.

Die Bürgermeisterin der Beklagten hat diese Verzögerung zu vertreten. Nach dem objektivierten Sorgfaltsmaßstab des § 276 BGB, der auch im Rahmen des § 839 BGB gilt, kommt es für die Verschuldensfrage auf die Kenntnisse und Einsichten des Beamten an, die für die Führung des übernommenen Amtes erforderlich sind. Jeder Beamte muss die für sein Amt erforderlichen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen (st. Rspr., s. etwa BGH, Urteil vom 23.09.1993 – III ZR 54/92 – NVwZ 1994, 405). Die Bürgermeisterin der Beklagten musste daher wissen, dass sie bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB die Erteilung des Zeugnisses nicht aus anderen Gründen, insbesondere nicht wegen vermeintlicher Gesetzesverstöße der Verkäuferin, verweigern durfte.

Das Schadensersatzbegehren der Kläger rechtfertigt sich daher dem Grunde nach auch aus § 1 Abs. 1 StHG. Denn das Unterlassen der unverzüglichen Erteilung des Negativattestes ab dem 15.11.2017 stimmte – was für diesen Anspruch im Ausgangspunkt allein maßgebend ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2013 – III ZR 323/12 – NVwZ-RR 2013, 896) – nicht mit der objektiven Rechtslage überein.

b)

Der mithin dem Grunde nach bestehende Ersatzanspruch der Kläger umfasst diejenigen Kosten, die durch die vorgerichtliche Geltendmachung des Anspruchs auf Erteilung des Negativattestes entstanden sind.

Greift der Betroffene eine ihn belastende rechtswidrige Verwaltungsmaßnahme erfolgreich im Wege des Primärrechtsschutzes an, kann er nach § 839 Abs. 1 BGB, § 1 StHG grundsätzlich Ersatz der hierdurch adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten als einen vom Schutzzweck der verletzten Pflicht zu rechtmäßigem Verhalten umfassten Schaden beanspruchen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 19.01.2006 – III ZR 82/05 – BGHZ 166, 22 m. w. Nachw.).

Ausweislich der mit der Klage vorgelegten Schriftsätze war der Streithelfer vorgerichtlich von den Klägern nicht nur mit der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen, sondern auch mit der Geltendmachung des Anspruchs auf Erteilung des Negativattestes beauftragt. Er hat die Kläger insofern mit Schriftsatz vom 14.05.2018 (Anlage K3, Blatt 47 f. d.A.) vorgerichtlich und später als Beigeladene in dem vor dem Verwaltungsgericht Potsdam (Az. VG 4 K 978/18) geführten Verfahren, in welchem die Beklagte mit dem Urteil vom 20.08.2019 unter anderem zur Erteilung des Negativzeugnisses bezüglich des hier in Rede stehenden Kaufvertrages vom 07.09.2017 verurteilt worden ist, vertreten.

Dafür, dass die Kläger wegen der ihnen hierdurch entstandenen, in dem vorgenannten verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht erstattungsfähigen Kosten auf andere Weise Ersatz erlangen können, ist nichts ersichtlich. Allenfalls mag den Klägern insofern ein Anspruch gegen eine möglicherweise unterhaltene Rechtsschutzversicherung zustehen, der jedoch nicht unter § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB fällt (vgl. BGH, Urteil vom 05.04.2018 – III ZR 211/17 – NJW 2018, 2264).

Auch ist nicht festzustellen, dass die Kläger es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen haben, den ihnen durch die Beauftragung des Streithelfers mit der vorgerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs auf Erteilung des Negativattestes entstandenen Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Vielmehr ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Kläger nicht selbst über die erforderlichen Rechtskenntnisse verfügten und sie daher zur Prüfung der insofern bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten auf die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts angewiesen waren.

Ferner kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die vom Streithelfer im Hinblick auf die vorgerichtliche Verfolgung des Anspruchs auf Erteilung des Negativattestes erbrachten Leistungen völlig unbrauchbar gewesen seien. Die Nutzlosigkeit der auf der Grundlage eines Anwaltsdienstvertrages von einem Rechtsanwalt erbrachten Leistungen führt nicht ohne weiteres zum Erlöschen der Gebührenforderung. Da das Dienstvertragsrecht grundsätzlich keine Gewährleistung kennt, wird der durch einen Anwaltsdienstvertrag nach §§ 611, 675 BGB begründete Vergütungsanspruch durch eine mangelhafte Dienstleistung nicht beeinträchtigt, sodass auch im Fall der Schlechtleistung der Rechtsanwalt die gesamte Vergütung fordern kann und dem Auftraggeber kein Recht zur Minderung der Vergütung zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 15.07.2004 – IX ZR 256/03 – NJW 2004, 2817). Die Verpflichtung des Auftraggebers zur Zahlung der Gebühren kann lediglich entfallen, wenn die Belastung mit der Honorarverbindlichkeit Bestandteil des aus einer anwaltlichen Vertragsverletzung resultierenden Schadens ist (vgl. BGH, Urteil vom 04.02.2010 – IX ZR 18/09 – BGHZ 184, 209), insbesondere, wenn der Anwalt schuldhaft einen möglichen prozessualen Kostenerstattungsanspruch des Auftraggebers gegen die Gegenpartei vereitelt hat (BGH, Urteil vom 24.09.2015 – IX ZR 206/14 – NJW 2015, 3519). So liegt es hier jedoch nicht. Die Belastung der Kläger mit der Honorarforderung des Streithelfers ist nicht Bestandteil eines aus einer (unterstellten) Verletzung des Anwaltsvertrages nach § 280 Abs. 1 BGB resultierenden Schadens. Denn ungeachtet der Frage, ob den Klägern wegen einer Pflichtverletzung des Anwaltsvertrages im Hinblick auf die Abwendung des vorliegend streitgegenständlichen Schadens durch Gebrauch eines Rechtsmittels ein Ersatzanspruch gegen den Streithelfer zusteht, umfasste dieser jedenfalls nicht die durch die vorgerichtliche Geltendmachung des Anspruchs der Kläger gegen die Beklagte aus § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB begründete Honorarforderung.

Der Höhe nach beläuft sich der demnach begründete Ersatzanspruch – wie vom Streithelfer gegenüber der Beklagten in dem Schriftsatz vom 04.04.2019 (Anlage K4, Blatt 49 ff. d.A.) geltend gemacht worden ist – auf 600,71 €, nämlich eine gemäß Nr. 1008 VV RVG erhöhte 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 5.000 € zuzüglich der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG und Umsatzsteuer. Für den Ansatz eines höheren Gegenstandswerts bestehen hingegen keine Anhaltspunkte, §§ 2, 23 Abs. 1 Satz 1, 3 RVG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Die hiervon abweichende Einschätzung der Kläger, die ihrer Schadensberechnung unter Bezugnahme auf die Streitwertfestsetzung aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 20.08.2019 einen Gegenstandswert von 20.000 € zugrunde legen, lässt unberücksichtigt, dass auch das Verwaltungsgericht ausweislich der Begründung der Wertfestsetzung von dem Streitwert nach § 52 Abs. 2 GKG ausgegangen ist, allerdings im dortigen Verfahren insgesamt vier Negativatteste streitgegenständlich waren, sodass die Einzelwerte von jeweils 5.000 € gemäß § 39 Abs. 1 GKG zu addieren waren.

c)

Hinsichtlich der behaupteten Zahlungen an das Bauunternehmen steht den Klägern ein Ersatzanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG sowie nach § 1 Abs. 1 StHG hingegen nicht zu.

aa)

Der Schaden ist der (schuldhaften) Pflichtverletzung der Beklagten im schadensrechtlichen Sinn nicht zurechenbar.

Für die nach dem Vortrag des Klägers am 04.09. und 26.09.2017 an das Bauunternehmen geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 21.772,39 € ist das Verhalten der Beklagten schon nicht kausal geworden. Denn diese Zahlungen haben ihre Grundlage in §§ 3, 7 des Bauvertrags (Anlage K11, Blatt 64 ff. d.A.), der am 16.03.2017, und damit noch vor dem am 07.09.2017 notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag, geschlossen wurde.

Ein ersatzfähiger Schaden begründet sich aus diesen Zahlungen auch nicht im Hinblick darauf, dass die Kläger ihrem Vorbringen nach aufgrund der Verzögerungen bei der Erteilung der Negativatteste und der damit einhergegangenen Steigerung der Werklohnforderung des Bauunternehmens den Bauvertrag gekündigt hätten und deshalb nach § 10 jenes Vertrages eine pauschalierte Abstandssumme in Höhe von 10 % des Gesamtpreises schuldeten, die einer Rückforderung der bereits geleisteten Zahlungen von 21.772,39 € entgegenstehe.

Haftungstatbestände zielen regelmäßig auf den Schutz vor Fremdschädigungen, nicht aber vor Selbstschädigungen. Bei Interessenbeeinträchtigungen, die unmittelbar auf einem eigenen Willensentschluss des Geschädigten beruhen, fehlt es daher in der Regel am Zurechnungszusammenhang mit einem (schädigenden) Verhalten eines Dritten. Anderes gilt, wenn die selbstschädigende Handlung durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde oder für sie ein rechtfertigender Anlass im Sinne einer nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen zu bewertenden Entschließung bestand und der Geschädigte nicht selbst in völlig ungewöhnlicher oder unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden endgültig herbeiführt (BGH, Urteil vom 13.10.2016 – IX ZR 149/15 – NJW 2017, 1600 m.w.N.).

Nach diesem Maßstab fehlt es an einem Zurechnungszusammenhang zwischen der pflichtwidrigen Verzögerung der Erteilung der Negativatteste durch die Beklagte und der Kündigung des Bauvertrages durch die Kläger.

Grundsätzlich stellt zwar die auftraggeberseitige Kündigung eines Bauvertrages wegen verzögerungsbedingter Baukostensteigerungen keine ungewöhnliche Reaktion dar. Dies gilt zumal bei einem Anstieg der Werklohnforderung in dem hier in Rede stehenden Umfang, nämlich um mehr als 20 %. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob die Mehrforderung des Werkunternehmers begründet ist. Denn jedenfalls ohne Vorliegen besonderer Umstände, die im Streitfall nicht ersichtlich sind, ist es dem Auftraggeber nicht zuzumuten, an einem Bauvertrag festzuhalten, bei dem die Höhe der Werklohnforderung bereits vor Beginn der Bauausführung im Streit steht.

Vorliegend ist jedoch eine andere Würdigung geboten. Nach ihrem erstinstanzlichen Vorbringen hatten es die Kläger in der Hand, mit der Ausführung des Baus noch vor Ablauf der bauvertraglich vereinbarten Preisbindungsfrist zu beginnen. Der Grundstückskaufvertrag vom 07.09.2017 sieht vor, dass die Übergabe des verkauften Grundbesitzes am 16.10.2017, jedoch nicht vor vollständiger Hinterlegung des Kaufpreises auf dem Notaranderkonto, erfolgt (§ 6 Abs. 1), dass die Verkäuferin den Käufern eine Bauvorbereitungsvollmacht erteilt, welche die Käufer bereits vor Eigentumsumschreibung zur Durchführung von Bauarbeiten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung berechtigt (§ 7), und dass die Verkäuferin die Käufer bereits mit Vertragsabschluss zur dinglichen Belastung des Kaufgegenstandes bevollmächtigt (§ 13). Entsprechend dieser vertraglichen Vereinbarungen ist eine Grundschuld zu Gunsten der finanzierenden Bank am 07.09.2017 bestellt und am 30.01.2018 im Grundbuch eingetragen und der Kaufpreis für das Grundstück am 26.10.2017 auf das Notaranderkonto gezahlt worden. Nachdem am 19.12.2017 auch die Baugenehmigung erteilt worden war, waren die Kläger daher in der Lage, innerhalb von neun Monaten nach Abschluss des Bauvertrages vom 16.03.2017 die Voraussetzungen für den Baubeginn nach § 6 des Bauvertrages, nämlich die Zurverfügungstellung eines baureifen Bauplatzes, eine auflagenfreie Baugenehmigung und eine unwiderrufliche Zahlungssicherheit zum Nachweis der Finanzierung des Bauvorhabens, zu gewährleisten und damit innerhalb der in § 3 Abs. 2 des Bauvertrages vereinbarten Preisbindungsfrist von zwölf Monaten die Bauarbeiten aufzunehmen.

Ausgehend hiervon war ein Baubeginn vor Ablauf der Preisbindungsfrist trotz des noch ausstehenden Eigentumserwerbs auch nicht mit unverhältnismäßigen Risiken verbunden. Denn nach Erfüllung der von ihnen mit dem Kaufvertrag übernommenen Leistungspflichten hatten die Kläger einen einredefreien Anspruch auf Übereignung des Grundstücks gegen die Verkäuferin, der zudem durch die am 11.01.2018 im Grundbuch eingetragene Eigentumsverschaffungsvormerkung gesichert war. Nach Zahlung der Grunderwerbsteuer am 02.01.2018 – die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes lag dem beurkundenden Notar ebenfalls noch im Januar 2018 vor – hing die Eintragung der Kläger als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch nur noch von dem hier in Rede stehenden Negativattest nach § 28 Abs. 1 BauGB ab, wobei zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Ablaufs der Frist nach § 28 Abs. 2 BauGB bereits feststand, dass ein Vorkaufsrecht jedenfalls nicht mehr ausgeübt werden kann und das Attest – ungeachtet der rechtlich unzutreffenden Einwände der Bürgermeisterin der Beklagten – zwingend zu erteilen ist.

Dass die Kläger es trotz der demnach weitgehend gesicherten Erwerbsaussicht unterließen, den Bauvertrag durchzuführen, sondern sie die Preisbindungsfrist ablaufen ließen, was zum Anstieg der Werklohnforderung des Bauunternehmens führte und die Kläger letztlich zur Kündigung des Bauvertrages veranlasste, ist der Beklagten nicht mehr zuzurechnen.

Der hiergegen von den Klägern und deren Streithelfer in der Berufungsinstanz vorgebrachte Einwand, wonach den Klägern ein Baubeginn erst im Jahr 2020 möglich gewesen sei, weil die Grundstücksverkäuferin selbst zuvor keinen Besitz an dem Grundstück gehabt habe und den Klägern daher auch keinen Besitz an dem Grundstück habe verschaffen können, führt im Ergebnis zu keiner anderen Würdigung. Denn auch mit Blick auf diese Umstände ist nicht die verzögerte Erteilung des Negativattestes bezüglich des Kaufvertrages vom 07.09.2017 ursächlich für die Verzögerung des Baubeginns und in der weiteren Folge für die Kündigung des Bauvertrages geworden. Als Ursache hierfür kommt vielmehr das Unvermögen der Grundstücksverkäuferin in Betracht, die von ihr kaufvertraglich übernommene Verpflichtung zu erfüllen, den Klägern das Grundstück zu übergeben, nachdem der Kaufpreis am 26.10.2017 auf dem Notaranderkonto hinterlegt worden war.

Die Kläger können auch nichts daraus für sich herleiten, dass dieses Unvermögen der Grundstücksverkäuferin ebenfalls auf einer Pflichtverletzung der Beklagten, nämlich der verzögerten Erteilung des Negativattestes hinsichtlich des Grundstückskaufvertrages vom 18.05.2017 zwischen der Grundstücksverkäuferin und dem Voreigentümer, beruhte. Nach Maßgabe des Vorstehenden dürfte der Beklagten zwar auch diesbezüglich eine (schuldhafte) Amtspflichtverletzung zur Last zu legen sein. Die Kläger sind insofern aber nicht Dritte im Sinne von § 839 Abs. 1 BGB bzw. fallen nicht in den Schutzbereich der verletzten Norm. Denn ein Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB steht nur den an dem betreffenden Rechtsvorgang Beteiligten, also dem Käufer und dem Verkäufer, zu (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand Oktober 2020, § 28 BauGB Rn. 18). Der Schutz eines darüber hinausgehenden Personenkreises, namentlich von (potenziellen) Erwerbern im Falle der Weiterveräußerung durch den Käufer, ist von der Vorschrift hingegen nicht erfasst. Die Erteilung des Negativattestes liegt nämlich nicht (zumindest auch) im Interesse etwaiger weiterer Erwerber in einer Veräußerungskette und greift auch nicht in deren Rechtsstellung ein. Die dem von Klägerseite entgegengehaltene Erwägung, wonach mit der Erteilung des Negativattestes im Regelfall auch die weitere Verwertung des Grundstücks zu nicht-öffentlichen Zwecken erlaubt werde, lässt bereits unberücksichtigt, dass die Gemeinde in jedem Veräußerungsfall erneut über das Bestehen und gegebenenfalls die Ausübung eines Vorkaufsrechtes zu befinden hat. Der Umstand, dass die Gemeinde beim Verkauf eines Grundstücks kein Vorkaufsrecht ausgeübt hat, begründet daher kein rechtlich schutzwürdiges Vertrauen der Vertragspartner des Käufers darauf, dass auch im Falle des Weiterverkaufs ein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden wird. Auch die übrigen von den Klägern vorgebrachten Argumente verfangen nicht: die Vorschrift des § 252 BGB vermag bereits nach ihrem Zweck keine Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten zu begründen, sondern bestimmt lediglich den Umfang eines begründeten Ersatzanspruchs. Die von der Bürgermeisterin der Beklagten mit der Nichterteilung des Negativattestes bezüglich des Vertrages vom 18.05.2017 verfolgten Absichten sind für die Auslegung der Vorschrift des § 28 BauGB irrelevant.

Entgegen der Auffassung der Kläger kommen vorliegend auch nicht die Grundsätze der Drittschadensliquidation zum Tragen, sodass die Verkäuferin nicht zur Liquidation der streitgegenständlichen Schäden berechtigt ist und daher die Abtretung dieses vermeintlichen Anspruchs an die Kläger ins Leere geht. Die Drittschadensliquidation setzt voraus, dass der Gläubiger aus einer Sonderverbindung oder aus Delikt nicht unmittelbar geschädigt ist, sondern der Schaden bei einem Dritten eingetreten ist, der entweder nicht selbst Partner der Sonderverbindung ist oder (noch) nicht Inhaber des verletzten Rechtsgutes war; erforderlich ist mithin, dass der aus einer Sonderverbindung Berechtigte und der Träger des durch diese Verbindung geschützten Interesses verschiedene Personen sind und der durch eine Verletzung der Pflichten aus der Sonderverbindung verursachte Schaden deshalb nicht bei dem Berechtigten aus dieser Verbindung, sondern bei dem Dritten eintritt (vgl. bereits BGH, Urteil vom 10.07.1963 – VIII ZR 204/61 – BGHZ 40, 91). In dieser Konstellation soll die Aufspaltung der potentiellen Gläubigerseite nicht dem Schädiger zum Vorteil gereichen, wenn der Dritte schon vor dem Schadensfall die Gefahr übernommen und damit den Gläubiger entlastet hat (vgl. Oetker, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 249 BGB Rn. 289; Schiemann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, §§ 249-254 Rn. 62 jeweils m.w.N.). Anders als die Rechtsfigur des Schuldverhältnisses mit Schutzwirkung für Dritte begründet die Drittschadensliquidation daher keine Erhöhung des Haftungsrisikos des Schuldners, sondern eine bloße Schadensverlagerung (Oetker, a.a.O., Rn. 292 m.w.N.).

Eine derartige Fallgestaltung war hier schon deshalb nicht gegeben, weil nicht von vornherein feststand, dass (etwaige) Schäden durch Versagung oder Verzögerung des Negativattestes nicht die Verkäuferin als Gläubigerin der durch § 28 Abs. 1 BauGB begründeten Sonderverbindung zur Beklagten, sondern deren Vertragspartner treffen. Vielmehr blieb bis über den Eintritt des Verzuges der Beklagten mit der Erteilung des den Kaufvertrag vom 18.05.2017 betreffenden Attestes hinaus die Möglichkeit, dass der Verkäuferin hierdurch – etwa durch die Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten seitens der Käufer – unmittelbare Schäden, entstehen. Auch bestand für die Käufer die Möglichkeit, wegen der Verzögerung der Erteilung des Negativattestes und des daraus begründeten Unvermögens der Verkäuferin zur Erfüllung der von ihr geschlossenen Kaufverträge von den Verträgen nach § 323 Abs. 1 BGB bzw. § 326 Abs. 5 BGB zurückzutreten. Angesichts der mithin möglich gewesenen Ersatzansprüche der Verkäuferin hinsichtlich eigener Schäden führte die Anwendung der Grundsätze der Drittschadensliquidation in der vorliegenden Fallgestaltung daher nicht lediglich zu einer Schadensverlagerung, sondern zu einer dieser Rechtsfigur fremden Ausweitung der Haftung der Beklagten.

Davon abgesehen stand der Verkäuferin der vermeintlich an die Kläger abgetretene Schadensersatzanspruch aus den im Folgenden dargelegten Erwägungen nach § 839 Abs. 3 BGB, § 2 StHG nicht zu.

bb)

Ein Ersatzanspruch der Kläger nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG sowie nach § 1 Abs. 1 StHG wegen der behaupteten Zahlungen an das Bauunternehmen scheitert ferner daran, dass die Kläger es unterlassen haben, rechtzeitig Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, § 839 Abs. 3 BGB, § 2 StHG.

Nach § 839 Abs. 3 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Die Vorschrift zielt darauf ab, eine Subsidiarität der Schadensersatzpflicht im Verhältnis zu den primären Rechtsschutzmitteln zu begründen und den Schadensersatzanspruch bei rechtswidrigem Handeln des Staates der verwaltungsgerichtlichen Klage nachzuordnen. Dem Verletzten soll auf diese Weise die Wahlmöglichkeit genommen werden, entweder den rechtswidrigen Hoheitseingriff mit den ordentlichen Rechtsschutzmitteln abzuwehren oder aber diesen zu dulden und dafür zu „liquidieren“ (statt vieler Papier/Shirvani, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 839 BGB, Rn. 390 m.w.N.). Diesem gesetzgeberischen Anliegen entsprechend sind unter Rechtsmitteln alle Rechtsbehelfe zu verstehen, die sich gegen die eine Amtspflichtverletzung darstellende Handlung oder Unterlassung richten und sowohl deren Beseitigung oder Berichtigung als auch die Abwendung des Schadens zum Ziel haben und herbeizuführen geeignet sind. Dazu zählen nicht nur die gesetzlich vorgesehenen ordentlichen Verfahrensmittel wie z.B. das Widerspruchsverfahren, die verwaltungsgerichtliche Klage und der verwaltungsgerichtliche Eilrechtsschutz, die – wie von Klägerseite geltend gemacht worden ist – dem Petenten ein förmliches Verfahren eröffnen und bei Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen einen Anspruch auf eine Sachentscheidung begründen. Zu den Rechtsmitteln im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB sind nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, von der abzuweichen der Senat keine Veranlassung hat, vielmehr auch formlose Rechtsbehelfe wie Gegenvorstellungen, Erinnerungen an die Erledigung eines Antrages, Dienstaufsichtsbeschwerden und Fachaufsichtsbeschwerden zu rechnen (st. Rspr., s. etwa BGH, Urteil vom 21.02.2019 – III ZR 115/18 – NJW 2019, 1374; Urteil vom 04.07.2013 – III ZR 201/12 – BGHZ 197, 375 jeweils m.w.N.; speziell zum Erfordernis der Einreichung einer Dienstaufsichtsbeschwerde bei Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen wegen verzögerter Erteilung des Negativattestes s. Köster, in: Schrödter, Baugesetzbuch, 9. Auflage 2019, § 28 BauGB, Rn. 13 m.w.N.).

Die Möglichkeit der Einlegung eines solchen Rechtsmittels führt zum Anspruchsausschluss nach § 839 Abs. 3 BGB, wenn dieses überhaupt und innerhalb einer für den Betroffenen zumutbaren Zeit zum Erfolg geführt hätte. Dabei ist für die Erfolgsaussicht grundsätzlich maßgebend, welche Entscheidung der zuständigen Stelle sachlich richtig gewesen wäre. Darauf, welche Entscheidung diese Stelle (mutmaßlich) tatsächlich getroffen hätte, kommt es im Falle formloser Rechtsbehelfe nur an, wenn die Feststellung möglich ist, dass die zuständige Behörde durch den Rechtsbehelf nicht veranlasst worden wäre, das Fehlverhalten der ihrer Aufsicht unterstehenden Behörde zuzugeben und zu korrigieren (vgl. BGH, Urteil vom 05.02.1987 – III ZR 16/86 – BeckRS 2010, 21193).

Entsprechendes gilt für den Anspruch nach § 1 Abs. 1 StHG. Ähnlich § 839 Abs. 3 BGB bestimmt § 2 StHG, dass natürliche und juristische Personen alle ihnen möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen haben, um einen Schaden zu verhindern oder zu mindern, und dass eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht zu einer entsprechenden Einschränkung oder zum Ausschluss der Haftung führt. Anders als § 839 Abs. 3 BGB sieht die innerhalb des Anwendungsbereichs des brandenburgischen Staatshaftungsgesetzes gegenüber § 839 Abs. 3 BGB speziellere Vorschrift des § 2 StHG damit als Sanktion neben dem Ausschluss des Schadensersatzanspruchs auch dessen Einschränkung vor, sodass dem Grunde nach Raum für eine nach § 839 Abs. 3 BGB nicht vorgesehene Abwägung bleibt. Ungeachtet dieser Unterschiede stimmen beide Vorschriften aber darin überein, dass nur ein schuldhaftes Verhalten des Geschädigten Einfluss auf den Schadensersatzanspruch hat. Im Hinblick auf die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immer wieder betonte Einordnung der StHG-Regelungen in das bestehende Haftungssystem sind daher die zum Primärrechtsschutz und zur Schadensabwendungspflicht entwickelten Grundsätze des Amtshaftungsrechts auch auf einen konkurrierenden Anspruch aus § 1 Abs. 1 StHG anwendbar (vgl. Dörr, in: beck-online, Großkommentar BGB, Stand: 01.10.2020, § 839 BGB, Rn. 966).

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Kläger – wie vom Landgericht angenommen – die Grundbuchsperre des § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO voraussichtlich hätten überwinden können, oder ob dem Erfolg eines solchen Antrages das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache, das Fehlen eines hinreichenden Anordnungsgrundes oder die Rechtshängigkeit des von der Grundstücksverkäuferin angestrengten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens entgegengestanden hätte. Denn ungeachtet der Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes war es den Klägern möglich, insoweit die Aufsichtsbehörde anzurufen. Hinsichtlich der Ausstellung des Negativattestes unterliegt die Beklagte jedenfalls der Kommunalaufsicht nach § 109 BbgKVerf, sodass wegen dessen rechtswidriger Versagung bezüglich des hier in Rede stehenden Kaufvertrages vom 07.09.2017 eine Beanstandung nach § 113 Abs. 1 BbgKVerf und eine Anordnung nach § 115 BbgKVerf des Landrats als der nach § 110 Abs. 1 BbgKVerf zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde in Betracht kamen.

Ein entsprechender Antrag war den Klägern auch zumutbar. Die Anrufung des Landrats hätte aller Voraussicht nach dazu geführt, dass die Bürgermeisterin der Beklagten zur Erteilung des fraglichen Zeugnisses angewiesen worden wäre. Denn nach Ablauf der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauBG war der Anspruch auf Erteilung dieses Zeugnisses gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB nicht mehr zweifelhaft. Insbesondere stand der Anspruch weder im Ermessen der Beklagten, noch war die Beklagte berechtigt, das Negativattest wegen vermeintlicher Rechtsverstöße der Grundstücksverkäuferin zu verweigern. Da dieser Anspruch allein aus dem Datum der Mitteilung des Kaufvertrages und dem Umstand der Nichtausübung eines Vorkaufsrechtes, mithin einem sehr überschaubaren Sachverhalt folgte, ist ferner davon auszugehen, dass eine Entscheidung der Kommunalaufsicht innerhalb weniger Wochen ergangen wäre. Schließlich lässt die Reaktion der Beklagten auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 20.08.2019 den Schluss zu, dass sie eine entsprechende Beanstandung zeitnah umgesetzt hätte. Umstände, die diese Vermutungen widerlegten oder entkräfteten und einen anderen Verlauf erwarten ließen, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass der Landrat durch einen entsprechenden formlosen Rechtsbehelf der Kläger nicht veranlasst worden wäre, das Fehlverhalten der Beklagten zuzugeben und zu korrigieren.

Den Klägern ist die Nichteinlegung dieses Rechtsmittels auch i.S.d. § 254 BGB vorzuwerfen. Grundsätzlich darf zwar der Bürger von der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns ausgehen und demgemäß darauf vertrauen, dass die Behörden das ihnen Obliegende richtig und sachgemäß tun. Der Bürger braucht deshalb, solange er nicht hinreichenden Anlass zu Zweifeln hat, nicht anzunehmen, dass die Behörden falsch handeln (BGH, Urteil vom 18.10.1990 – III ZR 260/88 – NVwZ-RR 1991, 171). Vorliegend bestand für die Kläger aber Anlass zu Zweifeln, nachdem die Bürgermeisterin der Beklagten trotz der Aufforderungen des beurkundenden Notars vom 08.12.2017 und vom 15.01.2018, das Attest auszustellen, untätig blieb.

d)

Aus denselben Gründen steht den Klägern auch hinsichtlich der weiteren geltend gemachten Schadenspositionen ein Ersatzanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG sowie nach § 1 Abs. 1 StHG nicht zu. Auch die Bereitstellungszinsen, die die Kläger ihrem Vortrag nach wegen Nichtinanspruchnahme des zur Finanzierung der Baukosten aufgenommenen Darlehens zu tragen hatten, der Verlust der Nutzungsmöglichkeiten des geplant gewesenen Einfamilienhauses und die durch die Einlagerung der Möbel entstandenen Kosten stellen keine der hier in Rede stehenden Pflichtverletzung der Beklagten zurechenbaren Folgen dar und wären abgesehen davon durch rechtzeitige Anrufung der Kommunalaufsicht aller Voraussicht nach vermeidbar gewesen.

2.

Die nach dem Vorstehenden gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG und § 1 Abs. 1 StHG unbegründeten Schadensersatzforderungen rechtfertigen sich auch nicht aus einem anderen Rechtsgrund. Insbesondere steht den Klägern insofern kein Ersatzanspruch nach § 38 Abs. 1 OBG zu. Denn Voraussetzung hierfür ist die Schadenszufügung durch eine Maßnahme einer Ordnungsbehörde, was nach § 1 Abs. 1 OBG die Wahrnehmung von Aufgaben der Gefahrenabwehr voraussetzt. Dies ist bei der Erteilung des Negativattestes nach § 28 Abs. 1 BauGB nicht der Fall. Davon abgesehen finden auch im Rahmen des § 38 OBG die allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätze Anwendung, weshalb den Klägern auch danach mangels Zurechenbarkeit der fraglichen Schäden zu dem amtspflichtwidrigen Verhalten der Beklagten ein Ersatzanspruch nicht zustünde.

3.

Hinsichtlich des begründeten Teils der Hauptforderung stehen den Klägern nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu.

4.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.

Die Streitwertfestsetzung begründet sich aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.