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Entscheidung 5 O 225/17


Metadaten

Gericht LG Neuruppin 5. Zivilkammer Entscheidungsdatum 06.02.2020
Aktenzeichen 5 O 225/17 ECLI ECLI:DE:LGNEURU:2020:0206.5O225.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.410,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins auf einen Betrag in Höhe von 4.244,38 EUR seit dem 16.08.2017 bis zum 12.10.2018 und auf 5.410,88 EUR seit dem 13.10.2018 zu zahlen.

2. Die weitergehende Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits, mit Ausnahme der Kosten, die durch die ursprüngliche Klageerhebung vor dem Arbeitsgericht Neuruppin entstanden sind; diese hat die Klägerin zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin erwirkte mit dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 28.02.2007 – Az. 5 O 89/06 – eine vollstreckbare Forderung in Höhe von 50.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 12.04.2006 gegen den Geschäftsführer der Beklagten. Im Wege der Zwangsvollstreckung aus diesem Titel erwirkte die Klägerin wegen einer Teilforderung in Höhe von 10.000,00 EUR vor dem Amtsgericht ..., Az. 91 M 2214/16, einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss betreffend die angeblichen Forderungen des Geschäftsführers der Beklagten gegenüber der Beklagten, der ..., dem ... und der .... Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K2 (Bl. 49 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der Beklagten als Drittschuldner am 30.01.2017 und deren Geschäftsführer als Hauptschuldner am 08.03.2017 zugestellt.

Dem Geschäftsführer der Beklagten und dessen Ehefrau stand ausweislich der Mitteilung des ... vom 18.04.2017 (Anlage B2, Bl. 38 d. A.) aus der gemeinsamen Steuerveranlagung für das Jahr 2015 ein Guthaben von insgesamt 6.266,99 EUR zu. Hiervon wurde ein Teilbetrag in Höhe von 4.589,12 EUR an die Klägerin ausgekehrt.

Die Klägerin betrieb gegen den Geschäftsführer der Beklagten ferner aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.03.2007 zum Rechtsstreit vor dem Landgericht Neuruppin, Az. 5 O 89/06, eine weitere Zwangsvollstreckung über eine Gesamtsumme in Höhe von 7.314,57 EUR (Hauptforderung 4.559,58 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 2.754,99 EUR). Der entsprechende Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts ... erging unter dem Aktenzeichen 91 M 1372/17. Dieser wurde dem ... ... am 17.08.2017 zugestellt.

Unstreitig leistete das ... ... am 24.09.2018 eine weitere Zahlung in Höhe von 7.314,57 EUR an die Klägerin.

Die Klägerin behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten erhalte für dessen Tätigkeit für die Beklagte - ausgehend von einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von 3.500,00 EUR - ein regelmäßiges monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.180,73 EUR, woraus sich ein monatlich pfändbarer Betrag in Höhe von 732,34 EUR ergebe.

Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 4.244,38 EUR nebst Zinsen sowie zukünftig zur monatlichen Zahlung eines Betrages von 606,34 EUR bis zum vollständigen Ausgleich des Restbetrages von 1.166,50 EUR an die Klägerin zu verurteilen. Die Klägerin beantragt seit der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2018 nunmehr nur noch sinngemäß:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.410,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.08.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat mit dem Schriftsatz 04.12.2018 zunächst angekündigt, Erinnerung und Vollstreckungsabwehrklage, hilfsweise Feststellungsklage, gegen die Klägerin zu erheben. Mit Schriftsatz vom 13.03.2019 hat die Beklagte die Erinnerung zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt widerklagend:

Die Vollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts ... vom 16.12.2016 (Az. 91 M 2214/16) in Höhe von 10.000,00 EUR wird für unzulässig erklärt, hilfsweise wird festgestellt, dass die Forderung aus der Vollstreckung der Klägerseite nicht zusteht.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die streitgegenständliche Forderung der Klägerin sei erfüllt. Dies ergebe sich aus der Mitteilung des ...es ... vom 18.04.2017 (Anlage B2). Denn wenn dem Hauptschuldner und dessen Ehefrau neben der Überweisung an die Klägerin in Höhe von 4.589,12 EUR noch ein Guthaben ausgezahlt werde, ergebe sich hieraus im Umkehrschluss, dass keine weitere Forderung seitens der Klägerin mehr bestanden habe.

Nachdem die Beklagte das von der Klägerin konkret bezifferte Bruttoeinkommen wiederholt (einfach) bestritten und eine weitergehende Substantiierungsobliegenheit bestritten hatte, hat sie mit Schriftsatz vom 16.12.2019, der inklusive Anlagen im Original am 19.12.2019 bei Gericht eingegangen ist, erstmals ausgeführt, dass ihr Geschäftsführer in dem Zeitraum Februar 2017 bis Oktober 2017 ein Nettogehalt in Höhe von 2.209,69 EUR bezogen habe, gegenüber seinem Kind eine Unterhaltsverpflichtung bestehe und pfändbare Bezüge aufgrund mündlicher Vereinbarung mit der Ehefrau des Geschäftsführers vom 22.07.2016 an diese abgetreten wurden.

Aus dem Abrechnungsschreiben des ...es ... vom 12.07.2018 (Anlage B4, Bl. 111 ff. d. A.) und der weiteren Einlassung der Klägerseite ergebe sich darüber hinaus, dass die Klägerin auf die streitgegenständliche Forderung 7.314,57 EUR erhalten habe. Sie bestreitet ausdrücklich, dass dieser Betrag auf die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.03.2007 geleistet wurde. Darüber hinaus unterlägen die in dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.03.2007 titulierten Zinsen der regelmäßigen Verjährungsfrist, sodass die hieraus abgeleitete Zinsforderung ab dem 01.01.2011 verjährt sei. Hilfsweise rechne die Beklagte „in Prozessstandschaft“ für ihren Geschäftsführer den sich hieraus ergebenden bereicherungsrechtlichen Anspruch (zu viel gezahlte Zinsen ab 01.01.2011) mit der Klageforderung in Höhe von 1.580,25 EUR auf. Im Anschluss hieran legte die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.01.2019 eine Abtretungserklärung zwischen ihr und ihrem Geschäftsführer vom 21.12.2018 vor, welche den behaupteten bereicherungsrechtlichen Anspruch betreffen soll und erklärte vorsorglich nochmals die Hilfsaufrechnung.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass rechtlich eine Klageänderung vorliege, weil die Klägerin ihren Anspruch ursprünglich unter Verweis auf § 840 ZPO als Schadensersatzanspruch deklariert habe. Einen Widerklageantrag habe sie nie gestellt; in der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2018 habe sie viel mehr lediglich die Verweisung des Erinnerungsverfahrens an das Amtsgericht ... beantragt, hilfsweise die Feststellungsklage erhoben.

Replizierend auf die weitergehenden Ausführungen der Beklagtenseite behauptet die Klägerin unter Bezugnahme auf das Schreiben des ...es ... vom 28.08.2018 (Bl. 140 d. A.), die Pfändungs- und Überweisungsmaßnahme unter dem Aktenzeichen 91 M 1372/17, im Rahmen derer auch die Zahlung in Höhe von 7.314,57 EUR erfolgt sei, betreffe ausschließlich die gesonderte Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.03.2007. Im Übrigen sei die jüngste Behauptung der Beklagtenseite zu den Unterhaltsverpflichtungen ihres Geschäftsführers und der Abtretung der pfändbaren Bezüge an dessen Ehefrau verspätet.

Die Klägerin hat die Klage ursprünglich vor dem Arbeitsgericht Neuruppin erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 28.09.2017 an das Landgericht Neuruppin verwiesen hat.

Die Klage ist am 15.08.2017 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist bis auf einen geringen Teil der Zinsforderung begründet; die Widerklage ist bereits unzulässig.

1. Klageforderung

a. Maßgebliche Klageanträge

Maßgeblich sind die Klageanträge, wie sie von der Klägerseite seit der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2018 gestellt wurden. Nach der gebotenen Auslegung des Antrages verfolgte die Klägerin seit diesem Zeitpunkt wegen des zwischenzeitlichen Zeitablaufs seit Klageerhebung nur noch einen einheitlichen Zahlungsantrag auf Leistung der sich aus der Summe der ursprünglichen Anträge zu 1. und 2. ergebenden Beträge. Diese Antragsumstellung stellte keine Klageänderung dar, da die Klägerin ohne Änderung des Klagegrundes das rechtliche Interesse weiterverfolgte, § 264 Nr. 3 ZPO.

Entgegen der Annahme der Beklagten liegt auch keine Klageänderung in dem Umstand, dass die Klägerin ihren Anspruch in der Klageschrift noch als Schadensersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO einordnete. Eine Klageänderung liegt vor, wenn sich der Streitgegenstand ändert. Nach dem zugrunde zu legenden, zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff ist von einer Klageänderung auszugehen, wenn sich im Laufe des Rechtsstreits entweder der Klagegrund oder der Klageantrag ändert, ohne dass ein Fall des § 264 ZPO vorliegt (vgl. Greger, in: Zöller, 33. Aufl., § 263 Rn. 7 m.w.N.).

Die Klägerin hat in der Klageschrift alle Tatbestandsvoraussetzungen einer Einziehungsklage schlüssig dargelegt. Der Klageantrag wurde – bis auf die Anpassung in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2018, die keine Klageänderung darstellte (s.o.) – nicht geändert. Unerheblich ist die eigene rechtliche Bewertung der Klägerseite, aus welcher Anspruchsgrundlage sich der geltend gemachte Klageanspruch ergibt. Da die rechtliche Bewertung des dargelegten Klagegrundes im Zusammenhang mit dem Klageantrag ausschließlich Aufgabe des Gerichts ist, waren Ausführungen der Klägerseite hierzu dem Grunde nach sogar entbehrlich. Insofern liegt gerade kein Übergang von einem Schadensersatzanspruch zu einem Erfüllungsanspruch vor, der ggf. eine Klageänderung darstellt (vgl. hierzu Greger, a.a.O.), sondern eine bloße anfänglich irrtümliche Rechtseinschätzung, welche der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2018 ausdrücklich klarstellte.

b. Zulässigkeit

Die Klage ist hinsichtlich der maßgeblichen Anträge zulässig; insbesondere ist der Rechtsweg nach der bindenden Verweisung des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 28.09.2017 eröffnet.

Die Klägerin ist aufgrund der wirksamen Überweisung prozessführungsbefugt, § 836 Abs. 1 ZPO. Sie nimmt die Stellung eines Prozessstandschafters des Vollstreckungsschuldners ein (vgl. Smid, in: MüKoZPO, 5. Aufl., § 835 Rn. 13 m.w.N.). Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist wirksam. Er enthält sowohl Arrestatorium als auch Inhibitorium, § 829 Abs. 1 ZPO, und wurde sowohl der Beklagten als auch deren Geschäftsführer zugestellt, §§ 829 Abs. 2 und 3 ZPO. Die Beklagte als Drittschuldnerin ist hinreichend bezeichnet. Formale Fehler des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, der zum Aktenzeichen 91 M 2214/16 des Amtsgerichts ... erging, sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Die Forderung wurde zur Einziehung überwiesen.

c. Begründetheit

Die von der Klägerin nach §§ 829, 835 ZPO i.V.m. mit dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 28.02.2007 – 5 O 89/06 – angestrengte Einziehungsklage ist ganz überwiegend begründet.

Bei der Drittschuldnerklage handelt es sich um eine Leistungsklage des Gläubigers, der nach Pfändung und Überweisung der Forderung gemäß § 836 Abs. 1 ZPO zur Einziehung ermächtigt ist, Zahlung an sich zu verlangen, um gegen den Drittschuldner einen Vollstreckungstitel zu erlangen. Der Prüfungsumfang des Prozessgerichts ist auf das wirksame Bestehen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beschränkt. Ein Verstoß gegen vollstreckungsrechtliche Verfahrensvorschriften wird demgegenüber nicht geprüft (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10.10.2018 – 31 U 141/17, juris Rn. 32).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Mithin ist die Klägerin berechtigt, die angeblichen Forderungen des Vollstreckungsschuldners gegenüber der Beklagten einzuziehen.

Der Geschäftsführer der Beklagten hatte tatsächlich Vergütungsforderungen gegenüber der Beklagten, die von dem streitgegenständlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts ... zum Aktenzeichen 91 M 2214/16 erfasst werden und auch in Höhe der Klageforderung bestehen.

Auszugehen ist von einem unstreitigen monatlichen Vergütungsanspruch des Geschäftsführers der Beklagten in Höhe vom 3.500,00 EUR (brutto). Da es sich um Arbeitseinkommen im weitesten Sinne handelt, unterliegt die Pfändbarkeit des jeweiligen monatlichen Anspruchs den Beschränkungen der §§ 850 ff. ZPO. Die Klägerin hat schlüssig und substantiiert dargelegt, dass sich hieraus ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.180,73 EUR bzw. ein monatlich pfändbarer Betrag in Höhe von 732,34 EUR ergibt.

Dem ist die Beklagte, die sich bis zu ihrem Schriftsatz vom 16.12.2019 auf ein einfaches Bestreiten zurückzog, nicht hinreichend entgegengetreten, mit der Folge, dass der Vortrag der Klägerin als zutreffend zu unterstellen ist, § 138 Abs. 3 ZPO.

Die Beklagte wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es ihr spätestens nach dem Vortrag der Klägerseite, wonach sie aufgrund der eigenen Angaben des Geschäftsführers der Beklagten im Rahmen einer Vermögensauskunft vom 08.08.2018 von einem Bruttoeinkommen in Höhe von 3.500,00 EUR ausgeht, obliegen dürfte, substantiiert hierzu Stellung zu nehmen. Noch in dem Schriftsatz vom 27.06.2019 vertrat die Beklagte allerdings eine gegenteilige Ansicht.

Soweit die Beklagte sodann erst mit Schriftsatz vom 16.12.2019, der im Original mit Anlagen erst am 19.12.2019 bei Gericht einging, nunmehr erstmalig behauptet, dass keine pfändbaren Bezüge bestehen, weil eine Unterhaltspflicht des Geschäftsführers gegenüber seinem Sohn bestanden habe und im Übrigen die pfändbaren Ansprüche an seine Ehefrau abgetreten wurden, kann sie hiermit nicht gehört werden. Der dahingehende Vortrag war nach § 296 ZPO als verspätet zurückzuweisen.

Die Beklagte wahrte mit der Eingabe am 19.12.2019, weniger als eine Woche vor den Weihnachtsfeiertagen, sicherlich nicht ganz zufällig gerade noch die höchstrichterlich für zulässig erachtete 3-Wochen-Frist bis zur mündlichen Verhandlung am 09.01.2020, bei deren Einhaltung im Regelfall nicht von einer Verzögerung im Sinne des § 296 Abs. 2 ZPO auszugehen sein soll (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.1981 – IVa ZR 282/80, juris Rn. 15).

Der Vortrag war jedoch nach § 296 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Insoweit wurde der Klägerseite mit Verfügung vom 03.06.2019 eine eindeutige Frist im Sinne des § 273 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Stellungnahme u.a. auf den richterlichen Hinweis gesetzt, dass der bisherige Vortrag unzureichend ist. Der Hinweis wurde der Beklagten zugestellt; die Verfügung ist mit der vollständigen Unterschrift des zuständigen Dezernenten versehen.

Die Beklagte hat jedoch selbst innerhalb der bis zum 02.07.2019 verlängerten Frist zunächst keine weiteren Ausführungen gemacht.

Hinsichtlich des vollständig erst am 19.12.2019 und damit deutlich nach Ablauf der verlängerten Frist eingegangen weiteren Schriftsatzes hat die Beklagte keine Entschuldigung vorgebracht.

Die Zulassung der neuen Verteidigungsmittel würde den Prozess nach Überzeugung des Gerichts auch verzögern. Maßgeblich ist der sogenannte absolute Verzögerungsbegriff. Danach liegt eine Verzögerung vor, wenn die Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens eine Beweisaufnahme erforderlich machen würde, die ohne Zulassung nicht erfolgen müsste (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 14.01.1999 – VII ZR 112/97, juris Rn. 5). So liegt der Fall hier. Der Rechtsstreit ist ohne Zulassung des neuen Vortrags in dem Schriftsatz vom 16.12.2019 entscheidungsreif.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Rechtsstreit seit dem 15.08.2017 rechtshängig ist. Bereits seit dessen Beginn war auch die Höhe der pfändbaren Bezüge Gegenstand der Auseinandersetzung. Die Beklagte wusste mithin, dass es ggf. hierauf ankommen wird. Zuzugeben ist der Beklagten zwar, dass bloße Schätzungen der Klägerin zum monatlichen Einkommen ihres Geschäftsführers keinen substantiierten Vortrag darstellten. Spätestens jedoch, als die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.01.2019 unter Bezugnahme auf die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers vom 08.08.2018 zu dessen Einkommen ausführte, hätte es ihr oblegen, hier substantiiert zu erwidern. Entgegen der Ansicht der Beklagten kam es insoweit zunächst nicht darauf an, dass diese Ausführungen tatsächlich – ggf. urkundlich – bewiesen werden müssen, bevor sie hierauf substantiiert zu erwidern habe. Insoweit verkennt sie die Regeln der Relationstechnik. Der Schriftsatz der Klägerin ist der Beklagten am 06.03.2019 zugestellt worden. Soweit sie hierauf und darauf folgend auf den ausdrücklichen richterlichen Hinweis vom 03.06.2019 zunächst keine weitergehenden Ausführungen machte, sich vielmehr auf den Standpunkt stellte, das Gericht verkenne die Rechtslage und sich wie bis zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon weiter bemühte, hinsichtlich des Prozessstoffes größtmögliche Verwirrung zu stiften, kann die erst am 19.12.2019 vollständig erfolgte Eingabe nur als verspätet zurückzuweisen sein.
Dabei ist nicht zuletzt auch zu berücksichtigen, dass der Schriftsatz vom 16.12.2019 erst am 20.12.2019 vorgelegt wurde und noch mit Verfügung vom selben Tage an den Klägervertreter versandt wurde. Soweit dieser mit am 06.01.2020 eingegangenem Schriftsatz den neuerlichen Vortrag streitig stellte, war dies angesichts der zwischenzeitlichen Feiertage nicht zu beanstanden. Damit stand überhaupt erst am 06.01.2020 fest, dass der neue Vortrag streitig und damit beweisbedürftig ist. Da dem zuständigen Dezernenten jener Schriftsatz auch erst am 07.01.2020 vorgelegt wurde, bestand keine realistische Möglichkeit, noch die von Beklagtenseite angebotene Beweisaufnahme durchzuführen. Ungeachtet dessen hat die Beklagte bereits zuvor andeuten lassen, dass sich die als Beweismittel benannte Zeugin ... ggf. auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen wird (vgl. Schriftsatz vom 13.03.2019).

Mithin waren pfändbare monatliche Bezüge des Geschäftsführers der Beklagten in Höhe von 732,34 EUR zugrunde zu legen, die in der Summe mit Ablauf des Monats Oktober 2017 – gerechnet ab Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 30.01.2017 - die Klageforderung überstiegen. Der Beweisbeschluss vom 07.02.2019, der ohnehin unzulässigerweise u.a. die Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Zeugen vorsah, war vor diesem Hintergrund aufzuheben. Die Parteien erhielten hinsichtlich der beabsichtigten Aufhebung Gelegenheit zur Stellungnahme.

Etwaige Auszahlungen der Beklagten an deren Geschäftsführer waren wegen des angeordneten Arrestatoriums der Klägerin gegenüber unwirksam.

Der streitgegenständliche Zahlungsanspruch der Klägerin ist weder durch Auskehrung eines Steuerguthabens durch das ... noch durch sonstige Handlung erloschen. Hinsichtlich der rechtsvernichtenden Einwendungen trägt die Beklagte nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast. Ein entsprechender Nachweis ist ihr nicht gelungen.

Generell kann sich die Beklagte schon deshalb in diesem Rechtsstreit nicht auf eine etwaige Auskehrungen von Zahlbeträgen des weiteren Drittschuldners an die Klägerin berufen, weil etwaigen Überpfändungen bei Pfändung mehrerer Forderungen im Wege der Vollstreckungserinnerung zu begegnen ist (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 08.11.2011 - 6 U 102/09, juris Rn. 158), diese ausschließlich vor dem Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zu erheben ist, §§ 766, 764, 802 ZPO und jedenfalls im vorliegenden Fall nur durch den Geschäftsführer der Beklagten einzulegen ist.

Ungeachtet dessen hat die Beklagte auch keine erheblichen Einwendungen vorgebracht.

Zu Unrecht behauptet die Beklagte zunächst, dass die Klägerin unstreitig gestellt habe, bereits einen Betrag in Höhe von 5.410,88 EUR aufgrund der Pfändung zum Aktenzeichen 91 M 2214/16 erhalten zu haben. Soweit die Beklagte diesbezüglich auf die offensichtliche Vertauschung der Beträge durch die Klägerin in dem Schriftsatz vom 26.02.2018 Bezug nimmt, kann dem keine Bedeutung zugemessen werden, da sich dieser Fehler klar erkennbar bereits aus dem weiteren Inhalt des Schreibens sowie dem übrigen Vortrag der Klägerseite überhaupt ergibt.

Soweit sie sich wiederholt und vehement auf die Anlage B2 stützt, aus deren Inhalt sich rückschließbar ergebe, dass bereits vor dem 18.04.2017 der Betrag in Höhe von 5.410,88 EUR vonseiten des ...es an die Klägerin ausgekehrt worden sein muss, wenn in der Mitteilung nur noch ein Restbetrag von 4.489,12 EUR an die Klägerin und ein Guthaben an den Geschäftsführer der Beklagten ausgezahlt wurde, war dem angebotenen Beweis der Zeugenvernehmung des zuständigen Sachbearbeiters des ...es nicht nachzugehen. Denn die angebotene Beweisaufnahme würde einen unzulässigen Ausforschungsbeweis umfassen, da die maßgeblichen Tatsachen - vorherige Zahlung von 5.410,88 EUR - hinsichtlich Anlass, Zeitpunkt und Art der Leistung erstmals von dem Zeugen dargelegt würden. Hierauf wurde die Beklagtenseite nochmals in der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2020 ausdrücklich hingewiesen.

Auch mit dem weitergehenden Vortrag der Beklagten, wonach die unstreitige weitere Zahlung des ...es an die Klägerin in Höhe von 7.314,57 EUR nicht auf die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss erging, sondern auf die streitgegenständliche Forderung anzurechnen sei, kann sie nicht durchdringen. Aus dem in diesem Zusammenhang angeführten Schreiben des ...es vom 12.07.2018 (Anlage B4) ergibt sich dies gerade nicht. Demgegenüber hat die Klägerin detailliert und plausibel unter Bezugnahme auf das Schreiben des ...es vom 28.08.2018 (Bl. 140 d. A.) ausgeführt, dass diese Zahlung auf die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss im Rahmen der Zwangsvollstreckung zum Aktenzeichen 91 M 1372/17 erging.
Im Übrigen setzt sich die Beklagte damit in Widerspruch zu ihrer übrigen Einlassung. Denn wenn die Zahlung des Betrages am 24.09.2018 erfolgte, kann diese jedenfalls nicht im Rahmen des Schreibens des ...es vom 18.04.2017 (Anlage B2) Berücksichtigung gefunden haben.

Schließlich hat die Klägerin mit dem entsprechenden Überweisungsbeleg, der die Summe von 7.324,77 EUR (und damit die fragliche Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss in Höhe von 7.314,57 zzgl. der von Klägerseite angegebenen Verzinsung) auswies und in dem Verwendungszweck ausdrücklich das Aktenzeichen 91 M 1372/17 nannte (Bl. 142 d. A.), zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass die Zahlung auf den Kostenfeststezungsbeschluss erging.

Jedenfalls konnte sich die Beklagte angesichts dessen nicht auf bloße pauschale Aussagen zurückziehen.

Auch die Hilfsaufrechnung der Beklagten geht ins Leere. Dabei kann die Frage nach der Zulässigkeit einer Hilfsaufrechnung „in Prozessstandschaft“ ebenso dahinstehen, wie Wirksamkeit der als Anlage zum Schriftsatz vom 08.01.2019 vorgelegten Abtretung vom 21.12.2018, denn es besteht bereits keine Hauptforderung. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsbeschlusses mittitulierte Zinsforderungen unterliegen ebenfalls der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB. Eine Überzahlung erfolgte mithin nicht.

Die Zinsforderung ergibt sich aus § 291 BGB. Dabei war allerdings zu berücksichtigen, dass die Verzinsung des Teilbetrages von 1.166,50 EUR erst mit Antragsumstellung durch den Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2018 in Betracht kam.

2. Widerklage

a. Maßgebliche Anträge

Zu Unrecht moniert die Beklagte, sie habe keinen Widerklageantrag gestellt. Das Gegenteil ergibt sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 18.12.2018, das als öffentliche Urkunde vollen Beweis des beurkundeten Vorgangs erbringt, nach welchem der Beklagtenvertreter ausdrücklich die Widerklageanträge aus dem Schriftsatz vom 04.12.2018 stellte.

Im Weiteren verbieten sich auch weitere Überlegungen dazu, ob die Ausführung der Beklagten in dem Schriftsatz vom 13.03.2019 „In Bezug auf die Aussetzung des Verfahrens wird der Beschluss des Gerichtes vom 07.02.2019 antragsgegnerseitig akzeptiert; damit erledigt sich auch das weitere Verfolgen der Vollstreckungsabwehrklage/ Feststellungsklage“ eventuell als Rücknahme der Widerklage auszulegen sein könnte. Denn der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2020 ausdrücklich klargestellt, dass er wie in der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2018 verhandelt.

b. Unzulässigkeit

Die Widerklage ist bereits unzulässig. Die Vollstreckungsgegenklage kann zulässigerweise nur der Zwangsvollstreckungsschuldner, nicht jedoch der Drittschuldner erheben (vgl. Schmidt/Brinkmann, in: MüKoZPO, 5. Aufl., § 767 Rn. 44 m.w.N.). Der hilfsweise erhobenen Feststellungsklage fehlt das Feststellungsinteresse, da die Klägerin als Prozessgegner in gleicher Sache mit einer Leistungsklage vorgeht.

3. Prozessuale Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und § 17b Abs. 2 Satz 2 GVG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708, 709, 711, 713 ZPO.