Gericht | OLG Brandenburg 10. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 01.07.2021 | |
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Aktenzeichen | 10 U 3/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0701.10U3.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 08.07.2020 verkündete Teilgrund- und Teilurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus, Az. 1 O 343/18, nebst dem ihm zugrundeliegenden Verfahren aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Cottbus zurückverwiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf einen Gebührenwert bis 16.000 € festgesetzt.
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten mit der Behauptung, von diesem durch einen Tritt gegen das Knie verletzt worden zu sein, auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden in Anspruch.
Die Parteien unterhielten Anfang 2016 eine lose Beziehung zueinander. Am 09./10.01.2016 waren sie Gäste einer privaten Feierlichkeit in M..., in deren Verlauf sie am 10.01.2016 zwischen 0:00 Uhr und 0:15 Uhr miteinander in Streit gerieten.
Noch am selben Tag begab sich die Klägerin, bei der bereits vor dem 09.01.2016 im rechten Bein eine Vier-Etagen-Thrombose im Bereich der Wade, des Oberschenkels, des Beckens und des Bauches bestand, in die Rettungsstelle des evangelischen Krankenhauses L..., wo eine mediale Meniskusläsion und Distorsion des rechten Kniegelenkes mit Knochenquetschung und leichten Haarrissen sowie eine Komplettruptur des vorderen Kreuzbandes festgestellt wurde. Der Kreuzbandriss ist inoperabel. Wegen der Verletzungen war die Klägerin vom 11.01.2016 bis zum 30.01.2016 sowie vom 11.02.2016 bis zum 18.03.2016 arbeitsunfähig. Zudem stellte sich bei ihr wegen des Geschehens vom 10.01.2016 eine Belastungsstörung ein, aufgrund derer sie vom 30.12.2016 bis zum 31.12.2016, vom 23.01.2017 bis zum 09.02.2017 sowie vom 13.03.2017 bis zum 01.04.2017 krankgeschrieben war.
Die Klägerin unterzog sich wegen der Verletzungen des rechten Knies ab März 2016 zweimal wöchentlich einer Physiotherapiebehandlung und wegen der Belastungsstörung und hieraus resultierender Angstattacken im Zeitraum von September 2017 bis Ende Dezember 2017 einer psychologischen Behandlung. Darüber hinaus besuchte sie regelmäßig ein Fitnessstudio, um die Beinmuskulatur zur Kompensation des Bänderrisses zu stärken. Hierfür wandte sie im Zeitraum von Juni 2016 bis Dezember 2018 insgesamt 770,00 € auf. Trotz weitgehender Kompensation des Kreuzbandrisses durch Stärkung der Seitenbänder hat sich bei der Klägerin verletzungsbedingt eine nicht regelgerechte Belastung des Knies eingestellt, in deren Folge sich eine beginnende Arthrose angedeutet und eine Adduktorenentzündung im Bereich der rechten Hüfte herausgebildet hat. Die Fehlbelastung des rechten Knies wirkt sich darüber hinaus auf die gesamte Körperhaltung aus und verursacht unter anderem Blockaden im Bereich des Halses und des Kiefergelenks. Nach Einschätzung der Ärzte der Klägerin ist zu erwarten, dass das Knie wieder instabil werde, wenn die Klägerin die Beinmuskulatur nicht mehr durch regelmäßigen Sport trainieren könne, und dass es zu einer erhöhten Abnutzung des Knies komme, was bis zur Versteifung führen könne.
Die Klägerin hatte nach dem Geschehen vom 10.01.2016 Strafanzeige gegen den Beklagten erstattet, infolge dessen der Beklagte wegen Körperverletzung angeklagt wurde. Das Verfahren wurde nach § 153a Abs. 2 StPO eingestellt, nachdem der Beklagte an die Klägerin eine Zahlung in Höhe von 2.500,00 € geleistet hatte, die nach dem Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen – Strafrichterin – vom 16.01.2017 „auf das … [der hiesigen Klägerin] zustehende Schmerzensgeld anzurechnen“ sei.
Mit ihrer seit dem 22.02.2019 rechtshängigen Klage hat die Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld von 10.000,00 €, Ersatz der von Juni 2016 bis Dezember 2018 für den Besuch eines Fitnesscenters aufgewandten Kosten in Höhe von 777,00 € und Ersatz der Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung gefordert. Ferner hat sie die Feststellungen begehrt, dass der Beklagte alle ihr zukünftig aufgrund des streitgegenständlichen Ereignisses entstehenden Kosten zu ersetzen sowie die monatlich anfallenden Kosten für den Besuch eines Fitnessstudios zu erstatten hat. Sie hat behauptet, der Beklagte habe sie im Rahmen der Auseinandersetzung vom 10.01.2016 beleidigt und gewürgt bzw. in den „Schwitzkasten“ genommen. Er habe sie aus dem Raum schaffen wollen, wogegen sie sich zu wehren versucht habe. In dieser Situation habe sie plötzlich einen heftigen Stoß gegen ihr rechtes Knie bemerkt. Der Beklagte habe ihr vorsätzlich gegen das Knie getreten, wodurch sich bei ihr sofort starke Schmerzen eingestellt hätten und sie zusammengebrochen sei. Durch diesen Tritt seien die am 10.01.2016 im Krankenhaus L... festgestellten Verletzungen verursacht worden. Infolge dieser Verletzungen müsse sie regelmäßig zwischen sitzender und stehender Tätigkeit wechseln, um die Belastung des Knies zu minimieren. Sie habe daher ihre bis zum 31.03.2018 ausgeübte Tätigkeit als Kassiererin in einem Supermarkt beendet und im Folgenden eine Beschäftigung als Verkäuferin in einem Textilgeschäft aufgenommen. Zuletzt habe sie nur in Teilzeit arbeiten können, da längeres Sitzen zu Blockadeerscheinungen geführt habe und bei längerem Stehen – auch unter Bewegung – das Bein stark angeschwollen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 11.838,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils aktuellen Basiszinssatz aus 10.000,00 € seit dem 17.10.2017 und aus 1.838,43 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin alle zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Ereignis vom 10.01.2016 zu ersetzen hat, soweit sie nicht bereits auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden;
3. festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin die monatlich anfallenden Kosten für den Besuch eines Fitnessstudios, derzeit 29,90 €, zu erstatten hat;
4. festzustellen, dass die obigen Ansprüche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Beklagten stammen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Einrede der Verjährung erhoben. Im Rahmen der Auseinandersetzung vom 10.01.2016 habe er der Klägerin weder absichtlich noch unabsichtlich gegen ihr Knie getreten. Die Verletzung müsse sie sich später zugezogen haben.
Das Landgericht hat mit Teilgrund- und Teilurteil vom 08.07.2020, auf das wegen der weiteren Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die Klageanträge nach Ziffern 1) und 3) dem Grunde nach für gerechtfertigt erkannt und die mit den Klageanträgen zu 2) und 4) begehrten Feststellungen getroffen. Es hat dafür gehalten, dass der Rechtsstreit hinsichtlich des mit dem Antrag zu 1) geltend gemachten Leistungsbegehrens dem streitigen Grunde nach entscheidungsreif sei, weshalb hierüber nach § 304 Abs. 1 ZPO durch Grundurteil entschieden werden könne. Gleiches gelte hinsichtlich des Antrags zu 3), der bei gebotener Auslegung auf künftige Leistung im Sinne von § 259 ZPO, nämlich Ersatz der von der Klägerin ab Dezember 2018 für den Besuch eines Fitnessstudios aufgewandten Kosten, gerichtet sei. Die daneben erhobenen Feststellungsklagen hinderten den Erlass des Grundurteils nicht, da diese entscheidungsreif seien und hierüber durch Teil-Endurteil entschieden werde.
Der Beklagte sei der Klägerin nach § 823 Abs. 1 BGB zum Ersatz materieller und immaterieller Schäden verpflichtet. Das Landgericht hat sich nach dem Ergebnis der Vernehmung der Zeugen N..., B... und G... überzeugt gezeigt, dass der Beklagte gegen das Knie der Klägerin getreten und diese dadurch verletzt habe. Der Zeuge N... habe bekundet, gesehen zu haben, wie der Beklagte zunächst handgreiflich gegen die Klägerin geworden wäre und ihr im Folgenden gegen ihr Knie getreten hätte, worauf die Klägerin hingefallen wäre und sich am Knie gehalten hätte. Die Kammer halte diese Aussage aus näher dargelegten Gründen für glaubhaft, während sie den Wahrheitsgehalt der abweichenden Angaben der anderen Zeugen aus ebenfalls dargelegten Erwägungen bezweifle. Dafür, dass der Beklagte der Klägerin gegen ihr Knie getreten habe, spreche auch das Nachtatverhalten des Beklagten, der im Strafverfahren mit einer Zahlung an die Klägerin einverstanden gewesen sei und hinsichtlich der später geltend gemachten weiteren Forderungen zunächst auf seiner Haftpflichtversicherung verwiesen habe.
Durch den demnach zur Überzeugung der Kammer feststehenden Tritt gegen das Knie der Klägerin habe der Beklagte deren Körper verletzt, wobei er vorsätzlich und widerrechtlich gehandelt habe. Die Verletzungen seien unstreitig. Die Höhe des der Klägerin hierdurch entstandenen Schadens bleibe im Betragsverfahren zu ermitteln. Der daher dem Grunde nach bestehende Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt, da der Ablauf der Verjährungsfrist rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung mit Ablauf des 31.12.2019 durch Klageerhebung gehemmt worden sei.
Der Antrag auf Erstattung künftiger Fitnessstudiobeiträge sei dem Grunde nach gerechtfertigt, da die Klägerin auch in Zukunft regelmäßig ein Fitnessstudio besuchen müsse, um die Beinmuskulatur zu stärken und so den Bänderriss zu kompensieren. Entscheidungsreife hinsichtlich der Höhe liege jedoch noch nicht vor, da ein Abzug wegen Vorteilsausgleichs in Betracht komme.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung macht der Beklagte geltend, dass das Landgericht nicht durch Teilurteil habe entscheiden dürfen, weil mit dem angefochtenen Urteil nicht zugleich bindend festgestellt werde, dass der Klägerin gegen den Beklagten auch ein über die bereits geleistete Zahlung hinausgehender Anspruch zustehe. Deshalb bestehe die Gefahr widersprechender Entscheidungen. Zudem wendet sich der Beklagte gegen die landgerichtliche Beweiswürdigung.
Der Beklagte beantragt,
das am 08.07.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus aufzuheben und das Verfahren an das Landgericht Cottbus zurückzuverweisen,
hilfsweise, das am 08.07.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit näherer Darlegung.
II.
Die nach § 511 Abs. 1, § 301 Abs. 1 Satz 1, § 304 Abs. 4 ZPO statthafte Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Wert des Beschwerdegegenstandes, der sich hier hinsichtlich des Grundurteils nach der Höhe der Klageforderung richtet (vgl. Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 511 ZPO, Rn. 26 m.w.N.), übersteigt 600 €. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache – vorläufigen – Erfolg.
1.
Das Landgericht hat die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils rechtsfehlerhaft für gegeben erachtet.
Ein Grundurteil darf nach § 304 Abs. 1 ZPO nur ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, grundsätzlich alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und wenn nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (st. Rspr; s. etwa BGH, Urteil vom 06.06.2019 – VII ZR 103/16 – NJW-RR 2019, 982 m.w.N.).
Die Berufung kann sich insofern allerdings nicht mit Erfolg darauf stützen, dass es an der Feststellung eines die bereits geleistete Zahlung von 2.500,00 € übersteigenden Anspruchs der Klägerin fehlt. Denn der Erlass eines Grundurteils ist unter diesem Gesichtspunkt nur dann unzulässig, wenn nach dem im Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Sach- und Streitstand nicht zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (s. etwa BGH, Urteil vom 27.01.2012 – V ZR 224/10 – BeckRS 2012, 5600). Dies war hier selbst unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlung des Beklagten an die Klägerin nicht der Fall.
Ferner kann hier dahingestellt bleiben, ob die Gefahr widersprechender Entscheidungen, die im Falle der objektiven Klagehäufung von aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleiteten Leistungs- und Feststellungsansprüchen den Erlass eines Teilurteils ausschließt, bereits aus der Möglichkeit der teilweisen Abänderung der Ausgangsentscheidung im Instanzenzug bei teilweiser Anfechtung resultiert (so OLG München, Beschluss vom 08.04.2016 – 13 U 109/16 Bau – BeckRS 2016, 16752; ähnlich OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 29.01.2018 – 1 UF 133/15 – BeckRS 2018, 14169; a.A. OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2016 – 24 U 10/14 – NJW 2017, 268).
Denn jedenfalls fehlt es vorliegend an den – vom Berufungsgericht von Amts wegen zu prüfenden (vgl. BGH, Urteil vom 12.06.1975 – III ZR 34/73 – NJW 1975, 1968) – weiteren Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils.
a)
Der mit dem Antrag zu 1) erhobene Anspruch ist zwar nach Grund und Höhe streitig. Das Landgericht hat aber nicht alle Fragen erledigt, die zum Grund des Anspruchs gehören.
Nach den tatbestandlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, die von keiner Partei gemäß § 320 ZPO angefochten worden sind, sind zwar die am 10.01.2016 im Krankenhaus L... festgestellten Verletzungen der Klägerin als solche unstreitig; streitig ist danach hingegen, ob diese aus einem Tritt des Beklagten gegen das Knie der Klägerin oder aus einem weiteren Sturz ohne Fremdeinwirkung resultieren. Da die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren nicht auf den Tritt als solchen bzw. hierdurch erlittene Schmerzen und psychische Belastungen stützt, sondern auf die am 10.01.2016 festgestellte Komplettruptur des vorderen Kreuzbandes ihres rechten Knies und die hieraus resultierenden Folgen, kann diese Frage nicht dem Betragsverfahren vorbehalten werden. Sie bedarf vielmehr bereits zur Feststellung des Haftungsgrundes der Klärung.
Hiervon ist offenbar auch das Landgericht ausgegangen. Denn die Ausführungen, wonach der Anspruch auf Erstattung künftiger Fitnessstudiobeiträge zur Kompensation der Folgen des Bänderrisses dem Grunde nach gerechtfertigt sei, setzen eine Ersatzpflicht des Beklagten für die Folgen des Bänderrisses der Klägerin voraus. Die Annahme einer solchen Verpflichtung des Beklagten wird von den vom Landgericht getroffenen Feststellungen indes nicht getragen. Die Formulierungen des Beweisthemas im Beweisbeschluss vom 09.10.2019 (Blatt 119 d.A.) und der den gegenbeweislich benannten Zeugen G... betreffenden Anordnung vom 26.11.2019 (Blatt 127 d.A.) lassen nicht erkennen, dass die Beweisaufnahme auf die Klärung der Kausalität zwischen dem umstrittenen Tritt und dem Bänderriss abzielte. Gleiches gilt für das Protokoll des Beweistermins vom 13.05.2020 (Blatt 157 ff. d.A.). Dem entspricht es, dass sich die Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil auf den streitigen Tritt des Beklagten beschränkt. Mit der Frage, ob und in welchem Umfang es gerade infolge dieses Trittes zu den Verletzungen der Klägerin gekommen ist, hat sich das Landgericht hingegen nicht auseinandergesetzt. Insbesondere hat es nicht das Vorbringen des Beklagten in Erwägung gezogen, wonach der Bänderriss durch einen Sturz, den die Klägerin unabhängig von der in Rede stehenden Auseinandersetzung außerhalb des Gebäudes erlitten habe, verursacht worden sei.
b)
Wegen des von der Klägerin mit dem Klageantrag zu 3) geltend gemachten Begehrens durfte eine Entscheidung durch Grundurteil zudem in Ermangelung eines summenmäßig bestimmten Anspruchs nicht erlassen werden.
Die von § 304 Abs. 1 ZPO vorausgesetzte Möglichkeit der Trennung in Grund- und Betragsverfahren ist nur bei einem auf die Zahlung von Geld oder die Leistung vertretbarer Sachen gerichteten Anspruch gegeben, der der Höhe nach summenmäßig bestimmt ist (BGH, Urteil vom 27.01.2000 – IX ZR 45/98 – NJW 2000, 1572 m.w.N.). Der Erlass eines Grundurteils scheidet demnach aus, wenn der Umfang der Ersatzpflicht u. a. von einer zukünftigen und im Einzelnen noch ungewissen Entwicklung abhängt (BGH, Urteil vom 19.02.1991 – X ZR 90/89 – NJW 1991, 1896). So aber liegt es hier.
Selbst nach der Annahme des Landgerichtes, wonach der Antrag als Klage auf künftige Leistung im Sinne von § 259 ZPO auszulegen sei, fehlt es an einem summenmäßig bestimmten Anspruch. Vielmehr verdeutlicht bereits die Formulierung des Antrags, wonach sich die monatlich anfallenden Kosten für den Besuch des Fitnessstudios, deren Ersatz die Klägerin begehrt, auf „derzeit 29,90 €“ belaufen, dass die Klägerin von einem bislang nicht bestimmbaren Anspruchsumfang ausgeht. Die Unbestimmtheit der Forderungshöhe begründet sich im Übrigen aus dem Vorbringen der Klägerin, zu einem bislang nicht absehbaren Zeitpunkt altersbedingt nicht mehr in der Lage zu sein, die Beinmuskulatur durch regelmäßigen Sport zu trainieren.
Abgesehen davon ist der landgerichtlichen Auslegung des Klageantrags zu 3) als Antrag nach § 259 ZPO nicht beizutreten. Die Klage auf künftige Leistung ermöglicht die gerichtliche Geltendmachung eines noch nicht fälligen Anspruchs, nicht aber die Verfolgung eines erst in der Zukunft entstehenden Anspruchs; sie setzt vielmehr voraus, dass der geltend gemachte Anspruch bereits entstanden ist (s. etwa BGH, Urteil vom 12.07.2006 – VIII ZR 235/04 – NJW-RR 2006, 1485). Für einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB – wie für jegliche deliktische Haftung (s. etwa Förster, in: BeckOK BGB, Stand: 01.02.2021, § 823 BGB, Rn. 7) – bedarf es hierfür u.a. des Eintritts des Schadens. Hieran fehlt es vorliegend. Die Entstehung eines Anspruchs der Klägerin auf Ersatz von Kosten für den Besuch eines Fitnessstudios setzt voraus, dass die Kosten angefallen sind oder die Klägerin zumindest dahingehende Vermögensdispositionen getroffen hat. Ferner ist nach den allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen erforderlich, dass der Besuch des Fitnessstudios wegen der in Rede stehenden Verletzung erforderlich und vom Standpunkt eines verständigen Menschen zweckmäßig und geboten erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.1969 – VI ZR 69/68 – NJW 1969, 2281). Maßgebend sind dabei die konkreten Umstände und Verhältnisse in dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin ihre Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Fitnessstudio begründet bzw. die Möglichkeit zur Beendigung eines zuvor begründeten Vertrages hat. Ein Anspruch auf Ersatz des von der Klägerin nach einem Vertrag mit einem Fitnessstudio geschuldeten Entgelts kann demnach etwa ausscheiden, wenn und soweit die Klägerin die hieraus resultierenden Trainingsmöglichkeiten nicht (mehr) für das wegen des hier in Rede stehenden Kreuzbandrisses gebotene Training nutzt bzw. nutzen kann. Auch ist eine Ersatzpflicht des Beklagten ausgeschlossen, wenn und soweit es der Klägerin möglich und zumutbar ist, das gebotene Training anderweitig zu geringeren Kosten durchzuführen. Allein der Umstand, dass es für die Klägerin nach aktueller medizinischer Beurteilung auch in Zukunft voraussichtlich erforderlich sein werde, ihr Knie aufgrund der hier in Rede stehenden Verletzung besonders zu trainieren, rechtfertigt daher nicht die Annahme, dass der Klägerin wegen der insofern zukünftig voraussichtlich anfallenden Kosten für den Besuch eines Fitnessstudios bereits gegenwärtig ein nach § 823 Abs. 1 BGB ersatzfähiger Schaden entstanden ist.
Dem Antrag zu 3) ist daher bei der gebotenen Auslegung kein Leistungsbegehren zu entnehmen. Vielmehr ist die Klage insoweit ihrer Formulierung nach als (unbezifferte) Feststellungsklage zu behandeln, die einer Entscheidung durch Grundurteil von vornherein nicht zugänglich ist (s. etwa BGH, Urteil vom 22.07.2009 – XII ZR 77/06 – BGHZ 182, 116).
2.
Der Verfahrensfehler, mit dem das angefochtene Urteil mithin behaftet ist, rechtfertigt die Aufhebung der Entscheidung und des Verfahrens und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Es liegen die Voraussetzungen nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO vor.
Der erforderliche Antrag ist gestellt. Darin, dass die vom Landgericht ausweislich des Tatbestandes als streitig erkannte Kausalität zwischen der behaupteten Verletzungshandlung des Beklagten und dem unstreitigen Bänderriss im rechten Knie der Klägerin in den Entscheidungsgründen ohne weitere Ausführungen, insbesondere ohne Verarbeitung des Vortrags des Beklagten zu einem Sturz der Klägerin als alternativer Verletzungsursache, unterstellt wird, ist ein im Sinne von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wesentlicher Verfahrensmangel zu erkennen. Dieser Mangel, der nicht lediglich die Entscheidung hinsichtlich der Klageanträge zu 1) und 3), sondern auch die weiteren vom Landgericht tenorierten Feststellungen betrifft, macht eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig. Die Klägerin hat ihre Behauptung, sich die fragliche Verletzung nicht nach der in Rede stehenden Tätlichkeit des Beklagten zugezogen zu haben, sondern bereits in dem Moment, als der Beklagte von ihr abgelassen habe, verletzt gewesen zu sein, mit dem Schriftsatz vom 19.08.2019 (Blatt 112 d.A.) in das Wissen der Zeugen B... und N... gestellt. Zur Erhebung dieses Beweises werden die Zeugen daher erneut zu vernehmen sein. Gleiches gilt für den gegenbeweislich benannten Zeugen G.... Zur Klärung der Frage, ob die fragliche Verletzungshandlung des Beklagten einerseits angesichts ihrer Art und ihrer Intensität und andererseits der unstreitigen Vorerkrankung der Klägerin zur Verursachung eines Bänderrisses geeignet ist, wird dabei nach § 144 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO zu erwägen sein, der Klägerin die Vorlage von Befundberichten und Behandlungsunterlagen, insbesondere bezüglich der Behandlung im Krankenhaus L... am 10.01.2016, aufzugeben und einen medizinischen Sachverständigen hinzuzuziehen.
Vor diesem Hintergrund hält der Senat – auch eingedenk der Möglichkeit einer Entscheidung über Grund und Höhe der streitgegenständlichen Schadensersatzforderung – eine eigene Sachentscheidung nach § 538 Abs. 1 ZPO für nicht sachgerecht, sondern eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz für geboten. Der mit einer Zurückverweisung grundsätzlich verbundene Nachteil einer gewissen Verzögerung und Verteuerung des Prozesses fällt hier angesichts des sachlichen Umfangs der ausstehenden Beweisaufnahme nicht erheblich ins Gewicht. Hinzu kommt, dass es bei der nach dem Vorstehenden zu erwägenden Hinzuziehung eines Sachverständigen zur Klärung des Anspruchsgrundes prozessökonomisch sinnvoll und geboten sein kann, damit die Klärung des Anspruchsumfangs zu verbinden, statt erneut vorab über den Anspruchsgrund zu entscheiden. Angesichts der daher naheliegenden Möglichkeit, die offenen Fragen zum Grund und zur Höhe insgesamt einer Klärung zuzuführen, gewinnt der Gesichtspunkt an Bedeutung, ein ordnungsgemäßes Verfahren in erster Instanz nachzuholen und den Parteien die vom Gesetz zur Verfügung gestellten zwei Tatsachenrechtszüge voll zu erhalten.
3.
Die Kostenentscheidung ist dem Erstgericht vorzubehalten, da der endgültige Erfolg der Berufung des Beklagten erst nach der abschließenden Entscheidung beurteilt werden kann. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist hier nicht angezeigt, da weder die vorliegende Entscheidung noch das aufgehobene Urteil einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz ist gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO festzusetzen, wobei das vom Beklagten mit der Berufung verfolgte Interesse hinsichtlich der angefochtenen Entscheidung über die Klageanträge zu 1) und 3) mit 8.996,25 €, nämlich 75 % der Summe aus dem mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachten Anspruch auf Schmerzensgeld und Ersatz der durch den Besuch eines Fitnessstudios bis Ende des Jahres 2018 entstandenen Kosten sowie dem 3,5-fachen Jahresbetrag der mit dem Klageantrag zu 3) geltend gemachten zukünftigen Kosten für den Besuch eines Fitnessstudios (§ 9 ZPO) bewertet ist. Hinsichtlich der Feststellung der Ersatzpflicht zukünftiger materieller und immaterieller Schäden erscheint im Hinblick auf die geltend gemachten Schadensfolgen ein Wert von 5.000,00 € als angemessen. Das Angriffsinteresse hinsichtlich der Feststellung des Beruhens der Ansprüche der Klägerin auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung ist mit 5 % des Wertes der übrigen Streitgegenstände zu bemessen.