Gericht | OLG Brandenburg 12. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 28.06.2021 | |
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Aktenzeichen | 12 W 12/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0628.12W12.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Neuruppin vom 23.02.2021, Az.: 2 O 210/21, aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats an das Landgericht zurückverwiesen.
Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und innerhalb der Monatsfrist des § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers hat vorläufig Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht gemäß § 572 Abs. 3 ZPO.
Mit der vom Landgericht gegebenen Begründung kann dem Antragsteller Prozesskostenhilfe nicht versagt werden.
Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass ein im Eigentum des Antragstellers stehendes Kraftfahrzeug grundsätzlich als einzusetzendes Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 3 ZPO anzusehen ist (vgl. KG MDR 2006, 946 m.w.N.; Brandenburgisches OLG, MDR 2006, 1174; OLG Bremen OLGR 2007, 619; OLG Hamm MDR 2013, 1367; OLG Stuttgart, MDR 2010, 1014). Um die Kosten der Prozessführung aufzubringen, hat die Partei nach § 115 Abs. 3 S. 1 ZPO ihr Vermögen einzusetzen, soweit ihr dies zumutbar ist. Ein im Eigentum des Antragstellers stehender Pkw ist daher grundsätzlich zu verwerten, sofern nicht die Voraussetzungen des § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 90 SGB XII vorliegen. Der Pkw des Antragstellers wäre daher nur unverwertbar, wenn er gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII bei Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit unentbehrlich ist oder seine Verwertung für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde; dies ist insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde (§ 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII). Eine Unverwertbarkeit ist schließlich auch dann gegeben, wenn der Wert des Fahrzeuges den nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 DVO zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII einzusetzenden Freibetrag von 5.000,00 € plus 500,00 € für jede überwiegend unterhaltende Person nicht übersteigt.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller nicht dargetan, dass er auf den in seinem Eigentum stehenden Mercedes M... für seine berufliche Tätigkeit angewiesen ist. Soweit er anführt, er benötige das Fahrzeug für Fahrten als ehrenamtlicher Trainer seines Sportvereins oder als Schiedsrichter, unterfallen derartige Tätigkeiten zu ehrenamtlichen Zwecken gerade nicht der Unverwertbarkeit gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII. Dass der Verkauf des Fahrzeuges für den Antragsteller oder seinen Familienangehörigen eine besondere Härte darstellen würde, weil dadurch eine angemessene Lebensführung wesentlich erschwert würde, ist ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Dies ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil der Antragsteller mit der beabsichtigten Klage eine Nutzungsausfallentschädigung für eine fast 4-monatige Ausfallzeit des Fahrzeuges wegen einer Reparatur eines Motorschadens geltend macht, ohne dass ersichtlich oder vorgetragen ist, dass der Antragsteller während dieser Zeit ständig auf das Fahrzeug angewiesen war oder er seine Lebensführung derart einschränken musste, dass dies für ihn eine besondere Härte bedeutet hätte. Auch soweit der Antragsteller geltend macht, er benötige das Fahrzeug, um jedenfalls alle 2 Wochen seine bei der Kindesmutter lebenden Kinder aus B… im H… für das Wochenende abzuholen und wieder zurückzubringen, ist nicht ersichtlich, dass hierfür zwingend ein Fahrzeug von der Größe eines M… erforderlich wäre, da lediglich 2 seiner Kinder bei der Kindesmutter leben. Schließlich liegt auch der angegebene Wert des Fahrzeuges von ca. 10.000,00 € über dem im Falle des Antragstellers zu berücksichtigenden Schonvermögen von 7.000,00 €, so dass bei einem Verkauf des Fahrzeuges die Kosten der Prozessführung (Gerichtskosten und Prozessbevollmächtigte) aus dem Erlös aufgebracht werden könnten.
Auch der Umstand, dass Gegenstand des Rechtsstreits die Frage ist, inwieweit das Fahrzeug bei Gefahrübergang mangelhaft war und dem Antragsteller daraus Schadensersatzansprüche zustehen, steht einer Unverwertbarkeit des Fahrzeuges nicht entgegen (vgl. KG a.a.O.).
Dennoch ist im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine Verwertung des Fahrzeuges für den Antragsteller als nicht zumutbar anzusehen. Dass der Antragsteller grundsätzlich auf die Verfügbarkeit eines Fahrzeuges angewiesen und nicht allein auf öffentliche Verkehrsmittel zu verweisen ist, steht für den Senat angesichts der gerichtsbekannten Lebensumstände in den dörflichen Regionen S… und den damit verbundenen Einschränkungen außer Frage. Der Antragsteller hat auch glaubhaft gemacht, aufgrund seiner besonderen familiären Situation auf ein großes und geräumiges Fahrzeug angewiesen zu sein. Selbst wenn man unterstellt, dass der Antragsteller bei einem Verkauf den von ihm angegebenen Wert realisieren könnte, bliebe allenfalls ein Betrag von ca. 1.200,00 € für die Neuanschaffung eines anderen, gebrauchten Fahrzeuges übrig. Zu diesem Preis dürfte jedoch ein vergleichbares Fahrzeug, das den besonderen Anforderungen des Antragstellers und seiner Familie genügt, nicht zu erhalten sein.
Der Beschluss des Landgerichts ist daher aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, damit dieses über die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage entscheiden kann.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.