Gericht | VG Frankfurt (Oder) 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 05.07.2021 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 3 K 4335/17 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2021:0705.3K4335.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 3 GG, § 8 KAG BB |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Forderung abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Kläger sind Eigentümer des Flurstücks der Flur im Ortsteil B..., der zu der vom Beklagten vertretenen Stadt gehört. Das Grundstück liegt nach den Angaben des Bauamtes der Stadt im unbeplanten Außenbereich und in einem Gebiet, das im Flächennutzungsplan der Stadt als Wochenend- und Ferienhausgebiet dargestellt wird und zum Biosphärenreservat S... gehört. Es ist über einen unbefestigten Stichweg von ca. 90 m Länge an die O...Straße angeschlossen. Auf dem Grundstück befindet sich ein eingeschossiges Gebäude, das nach den Angaben der Kläger als Wochenendhaus zu Erholungszwecken genutzt wird, und eine Garage.
Im Jahr 2016 ließ der Beklagte die Regenentwässerungskanalisation der O...Straße erneuern. Von dem hierfür entstandenen Aufwand legte der Beklagte auf der Grundlage einer am 04. September 2008 beschlossenen „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für straßenbauliche Maßnahmen“ (Straßenbaubeitragssatzung – SBBS 2008) die Hälfte auf die Anlieger um. Nach den Regelungen dieser Satzung soll der beitragsfähige Aufwand auf die Grundstücke verteilt werden, denen die Anlage durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme wirtschaftliche Vorteile bietet (§ 5 Abs. 1 S. 1 SBBS 2008). Art und Maß der Nutzbarkeit der Grundstücke sollen durch eine Vervielfältigung der maßgeblichen Grundstücksflächen mit den in § 5 Abs. 4 und Abs. 7 vorgesehenen Nutzungsfaktoren berücksichtigt werden (§ 5 Abs. 1 S. 2 SBBS 2008). § 5 Abs. 7 SBBS 2008 ordnet die Erhöhung des maßgeblichen Nutzungsfaktors um 0,5 für bestimmte Grundstücke an; § 5 Abs. 4 SBBS 2008 lautet:
„Zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der Nutzbarkeit werden die nach den Absätzen 2 und 3 ermittelten Flächen vervielfacht mit
1. 1,0 für das erste Vollgeschoss; für jedes weitere Vollgeschoss erhöht sich der Nutzungsfaktor um weitere 0,25.
2. 0,5 bei Grundstücken oder Teilen von Grundstücken, die in einer der baulichen oder gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise genutzt werden oder genutzt werden können (z. B. Friedhöfe, Sportanlagen, Campingplätze, Freibäder),
3. 0,4 bei Grundstücken oder Teilen von Grundstücken mit einer Nutzung als Kleingartenanlage im Sinne des Bundeskleingartengesetzes,
4. 0,3 bei Grundstücken oder Teilen von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich, die weder baulich, gewerblich, industriell, noch in damit vergleichbarer Weise genutzt werden und auch nicht genutzt werden dürfen sowie auch bei Grundstücken oder Teilen von Grundstücken, die nach einem vorliegenden Bebauungsplan nicht in dieser Weise nutzbar sind,
5. 0,04 bei Grundstücken oder Teilen von Grundstücken im Außenbereich mit landwirtschaftlicher Nutzung oder Nutzung als Garten- und Grünfläche,
6 0,02 bei Grundstücken oder Teilen von Grundstücken im Außenbereich mit Wasserflächen (Seen, Teiche),
7. 0,03 bei Grundstücken oder Teilen von Grundstücken im Außenbereich mit forstwirtschaftlicher Nutzung.“
Unter Berufung auf die SBBS 2008 zog der Beklagte die Kläger als Eigentümer des Flurstücks 340 der Flur 4 mit Bescheid vom 11. Mai 2017 zu einem Straßenbaubeitrag in Höhe von 1.332,08 € heran. Bei der Berechnung der Beitragsforderung ging er von der Gesamtfläche des veranlagten Grundstücks im Umfang von 984 m² aus und multiplizierte diese mit dem Nutzungsfaktor von 1,0. Die sich ergebende Beitragsbemessungsfläche vervielfachte er mit dem Beitragssatz von 1,35374 €/ m², woraus sich die festgesetzte Beitragsforderung ergab.
Gegen den Bescheid legten die Kläger am 29. Mai 2017 Widerspruch ein. Zur Begründung erklärten sie in einem Schreiben vom 13. Juli 2017 u.a., ihnen sei kein rechtliches Gehör verschafft worden. Sie seien weder über die Baumaßnahmen noch über die Kosten informiert worden. Eine Einladung zu einer Bürgerversammlung hätten sie nicht erhalten. Das Grundstück grenze nicht an die O...Straße und werde dementsprechend auch nicht von dieser erschlossen. Es handele sich um ein reines Erholungsgrundstück. Im Winter sei es nicht zu nutzen, u.a. wegen der nicht frostsicher verlegten Wasserleitung.
Nach vorheriger Anhörung wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2017 als unbegründet zurück. In der Begründung führte er u.a. aus, die saisonale Nutzung zu Wohnzwecken finde bei der Beitragserhebung keine Berücksichtigung. Das betreffende Grundstück weise insgesamt Baulandqualität auf, sei einheitlich zu Bau- und Wohnzwecken nutzbar und werde entsprechend veranlagt.
Die Kläger haben am 27. Dezember 2017 Klage erhoben. In der Klagebegründung haben sie u.a. erklärt, die teilweise Anfechtung des Beitragsbescheides nicht (länger) auf eine Gehörsverletzung oder auf die fehlende beitragsrechtliche Beziehung des Hinterliegergrundstücks zur ausgebauten O...Straße stützen zu wollen, sondern darauf, dass die Beitragsforderung unter Ansatz eines falschen Nutzungsfaktors zu hoch berechnet worden sei. Das Grundstück weise keine Baulandqualität auf und sei auch nicht einheitlich zu Bau- und Wohnzwecken nutzbar. Der darauf befindliche Bungalow sei im Winterhalbjahr nicht nutzbar, da eine ausreichende Beheizung nicht möglich sei und überdies die zum Grundstück führenden Wasserleitungen einfrieren würden, weshalb das Wasser abgestellt werden müsse. Deshalb sei das Grundstück faktisch nur zu saisonalen Erholungszwecken, nicht jedoch zur ganzjährigen Wohnnutzung geeignet und werde deshalb auch tatsächlich nur so genutzt. Hinzu komme die Lage im Biosphärenreservat, das durch eine Wohnnutzung nicht beeinträchtigt werden dürfe. Vor diesem Hintergrund sei der Ansatz des Faktors 1,0, der in § 5 Abs. 4 Nr. 1 SBBS 2008 für eine bauliche oder gewerbliche Nutzung vorgesehen sei, fehlerhaft. Erholungsgrundstücke seien in der SBBS 2008 nicht ausdrücklich aufgeführt. Auch wenn vorliegend keine Kleingartenanlage vorliege, so sei eine Wochenendhaussiedlung rechtlich und faktisch eher mit einer Kleingartenanlage vergleichbar als mit einem Wohnbaugrundstück. Es liege eine Regelungslücke vor, denn Erholungsgrundstücke seien nicht mit Wohngrundstücken vergleichbar. Unter Beachtung des Gleichheitssatzes und der Verhältnismäßigkeit dürfe der Nutzungsfaktor nur mit 0,3, maximal aber mit 0,4 angesetzt werden. Das Grundstück der Kläger liege deutlich näher an der Vorschrift des § 5 Abs. 4 Nr. 4 (oder zumindest Nr. 3) als an der Regelung des § 5 Abs. 4 Nr. 1 SBBS 2008. Der Vorteil der Wochenendgrundstücke sei deutlich kleiner als der Vorteil der ganzjährig nutzbaren Wohngrundstücke. In der Gleichbehandlung der danach ungleichen Sachverhalte liege ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes. Zur Zahlung eines Beitrags, der mit dem Faktor 0,3 berechnet werde, seien die Kläger bereit, weshalb der Bescheid bezogen auf den sich daraus ergebenden Teilbetrag nicht angefochten werde.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 01. Juli 2021 auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
den Beitragsbescheid des Beklagten vom 11. Mai 2017 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 22. November 2017 insoweit aufzuheben, als der darin festgesetzte Straßenbaubeitrag einen Betrag von 399,62 € überschreitet,
und,
die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Kläger im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte tritt der Klage entgegen und beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er u.a. darauf, dass es bei der Veranlagung nach der SBBS 2008 nicht darauf ankomme, ob das Grundstück zu Dauerwohnzwecken oder nur saisonal zu Erholungszwecken genutzt werde. Ein Artabschlag für Wochenendgrundstücke in einem Wochenendhausgebiet sei rechtlich nicht erforderlich. Das im Straßenbaubeitragsrecht durch das Vorteilsprinzip vorgegebene Differenzierungsgebot verlange nur die Berücksichtigung von grundsätzlichen Verschiedenheiten der Nutzungsart, nicht aber eine Differenzierung nach allen in der Baunutzungsverordnung genannten Baugebietsarten. Vor diesem Hintergrund sei auch keine Gleichstellung von Wochenendhäusern mit Kleingärten geboten. Im Übrigen bestünden auch erhebliche Unterschiede zwischen Wochenendgrundstücken und Kleingärten. So seien Wochenendhäuser nicht an die Größenvorgaben des § 3 des Bundeskleingartengesetzes gebunden. Ferner seien Wochenendhäuser auch nicht steuerrechtlich gemeinnützig. Vor diesem Hintergrund sei der Anwendungsbereich von § 5 Abs. 4 Nr. 3 SBBS 2008 im Fall der Kläger nicht eröffnet. Die tatsächliche bauliche Nutzung des Grundstücks liege bei einem Vollgeschoss, sodass der Beitragssatz mit dem Faktor 1,0 zulässig ermittelt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die – soweit wesentlich – Gegenstand der Entscheidung des Einzelrichters waren.
A. Der Einzelrichter konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 22. Januar 2021 und vom 10. Februar 2021 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
B. Das Rubrum war ausgehend von § 88 VwGO von Amts wegen dahin zu berichtigen, dass der Bürgermeister der Stadt Bad Freienwalde Beklagter ist, weil der angefochtene Verwaltungsakt durch ihn erlassen worden ist. Gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung sind Anfechtungsklagen gegen die Erlassbehörde zu richten, sofern das Landesrecht dies bestimmt; dies ist gemäß § 8 Abs. 1 des Brandenburgischen Verwaltungsgerichtsgesetzes der Fall.
C. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Beitragsbescheid und der der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I. Die damit ausgesprochene Erhebung eines Straßenbaubeitrags beruht auf § 8 des Brandenburgischen Kommunalabgabengesetzes in der im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht im Jahr 2016 geltenden Fassung (KAG). Nach § 8 Abs. 1 S. 2 KAG a.F. sollen die Gemeinden bei den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen Straßenbaubeiträge erheben. Die Beiträge sind nach den Vorteilen zu bemessen (§ 8 Abs. 6 S. 1 KAG), wobei die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung berücksichtigt werden sollen. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 KAG dürfen Beiträge für bestimmte Ausbaumaßnahmen nur aufgrund einer Satzung erhoben werden.
II. Die danach erforderliche Satzungsgrundlage findet die streitgegenständliche Beitragsveranlagung in der „Satzung der Stadt F...über die Erhebung von Beiträgen für straßenbauliche Maßnahmen“ vom 04. September 2008 (SBBS 2008). Beachtliche Rechtsfehler der Satzung haben weder die Kläger gerügt noch sind solche Fehler sonst ersichtlich (vgl. VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 13. November 2012 – VG 3 K 264/11 –, nicht veröffentlicht S. 8 des Urteilsabdrucks).
III. Die Kläger haben die Klage vielmehr im Wesentlichen damit begründet, dass die angefochtene Veranlagung ihres Grundstücks der Höhe nach nicht dem Vorteilsprinzip entspreche, sondern den Gleichbehandlungsgrundsatz verletze. Sie meinen, der Beklagte hätte die Fläche ihres Grundstücks nicht mit dem gewählten Faktor von 1,0 veranlagen dürfen, sondern stattdessen einen Faktor von 0,3 (höchstens aber 0,4) ansetzen müssen. Diese Auffassung verhilft der Klage nicht zum Erfolg.
1. Dabei war zunächst davon auszugehen, dass die SBBS 2008 tatsächlich keinen besonderen Nutzungsfaktor für bebaute Erholungsgrundstücke vorsieht, die – wie das Grundstück der Kläger – im bauplanungsrechtlichen Außenbereich liegen und nur saisonal genutzt werden. Insbesondere erfassen die Regelungen des § 5 Abs. 4 Nr. 3 und Nr. 4 SBBS 2008 solche Grundstücke nicht. Denn es handelt sich bei ihnen weder um eine Kleingartenanlage (§ 5 Abs. 4 Nr. 3 SBBS 2008) noch um Grundstücke im unbeplanten Innenbereich, die weder baulich, gewerblich, industriell noch in damit vergleichbarer Weise genutzt werden dürfen (§ 5 Abs. 4 Nr. 4 SBBS 2008). Das Grundstück der Kläger fällt auch nicht in den Anwendungsbereich von § 5 Abs. 4 Nr. 2 SBBS 2008, denn es wird nicht in einer der baulichen oder gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise genutzt. Das Grundstück der Kläger wird vielmehr zulässigerweise baulich genutzt, denn es ist unstreitig mit einem eingeschossigen Gebäude und einer Garage bebaut, wobei das Gebäude zum Aufenthalt von Menschen bestimmt ist und auch so genutzt wird. Es gibt auf ihm – anders als z.B. bei Sportplätzen mit Vereinsheim – auch keine andere beitragsrechtlich privilegierte Hauptnutzung, die eine beitragsrechtliche Privilegierung auch der baulichen Nutzung begründen könnte (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Januar 2019 – OVG 9 N 31.17 –, juris Rn. 13).
2. Dass der Satzungsgeber keinen besonderen Nutzungsfaktor für bebaute Erholungsgrundstücke im Außenbereich vorgesehen hat, erweist sich auch nicht als eine Regelungslücke, die deshalb durch Analogie geschlossen werden dürfte oder müsste, weil das Fehlen des besonderen Nutzungsfaktors den Gleichheitssatz (Art. 3 des Grundgesetzes) verletzen würde und sich die Satzung deshalb ohne einen solchen Faktor als verfassungswidrig darstellen würde.
a. Der entsprechende Einwand der Kläger verkennt die dem Ortsgesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit bei der Schaffung kommunalen Abgabenrechts. Im Hinblick darauf, dass sich der durch den Beitrag abzugeltende Vorteil nicht exakt messen lässt, darf der Satzungsgeber einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab vorsehen, der nur gewährleisten muss, dass die Beiträge den aus der öffentlichen Einrichtung gezogenen Vorteilen annähernd entsprechen. Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe sind deshalb nur darauf überprüfbar, ob sie offenbar ungeeignet sind, den Vorteil zu bestimmen. Dagegen ist es dem Satzungsgeber überlassen, welchen Wahrscheinlichkeitsmaßstab er unter den zulässigen auswählt. Der Einrichtungsträger muss sich nicht für den zweckmäßigsten, gerechtesten, vernünftigsten oder wahrscheinlichsten Maßstab entscheiden. Vielmehr ist es ihm nach dem abgabenrechtlichen Grundsatz der Typengerechtigkeit gestattet, zu verallgemeinern und zu pauschalieren. Nur im Fall der Überschreitung der Grenzen des satzungsgeberischen Ermessens, was dann zu bejahen ist, wenn für die getroffene Regelung jeder sachlich einleuchtende Grund fehlt, ist der Gleichheitssatz verletzt (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. November 2008 – OVG 9 A 3.08 –, juris R. 31 m.w.N.). Der Satzungsgeber einer Straßenbaubeitragssatzung muss sich vor diesem Hintergrund bei der Festlegung der Nutzungsfaktoren weitläufig und in einer sachlich vertretbaren Weise an dem Umfang der Vorteile orientieren, die einem Grundstück durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Straße vermittelt werden (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 36 Rn. 6 in Verbindung mit § 18 Rn. 67).
b. Diese weiten Grenzen sind nicht überschritten und das Vorteilsprinzip wird nicht verletzt, wenn in einer Satzung – wie in der SBBS 2008 – für eingeschossig bebaute Grundstücke ein Faktor von 1,0 auch dann zugrunde gelegt wird, wenn die darauf befindlichen Gebäude nicht zum Dauerwohnen, sondern nur zu Erholungszwecken genutzt werden können und dürfen.
aa. Der Beklagte hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass es das (den Gleichbehandlungsgrundsatz im Abgabenrecht ausformende) Vorteilsprinzip nicht gebietet, verschiedene Nutzungsfaktoren für alle verschiedenen Nutzungsarten vorzusehen, die in der Baunutzungsverordnung geregelt werden (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 15. Februar 1984 – V OE 10/82 –, juris Leitsatz 4). Der Satzungsgeber kann Nutzungsfaktoren nach diesen Nutzungsarten ausdifferenzieren (wie er es in der SBBS 2008 zum Beispiel für Kleingärten getan hat), muss dies aber nicht tun.
bb. So ist z.B. der Ansatz eines Nutzungsfaktors von 1,0 auch für Garagen – die ebenfalls nicht zu Wohnzwecken genutzt werden – allgemein anerkannt, da auch derart genutzte Grundstücke von der Erhaltung der wegemäßigen Erschließung profitieren (BVerwG, Urteil vom 16. September 1977 – IV C 71.74 –, juris Rn. 21; OVG Bautzen, Beschluss vom 11. September 2017 – 5 B 158/17 –, juris Rn. 19; VG Frankfurt (Oder) Beschluss vom 8. April 2013 – VG 3 L 10/13 –, nicht veröffentlicht Seite 6 des Beschlussabdrucks). Da auch auf dem Grundstück der Kläger eine Garage vorhanden ist, wäre die Veranlagung mit dem Nutzungsfaktor von 1,0 schon vor diesem Hintergrund gerechtfertigt.
cc. Nichts Anderes gilt aber auch für bebaute Erholungsgrundstücke im Außenbereich.
Auch hinter dem Ansatz eines Nutzungsfaktors von 1,0 für diese Grundstücke steht die Annahme, für ihre Eigentümer sei die jeweils abzurechnende Ausbaumaßnahme in vergleichbarer Weise wirtschaftlich vorteilhaft, wie für die Eigentümer von entsprechenden Dauerwohngrundstücken, weil sie durch die Erhaltung und Verbesserung der Erschließung der Grundstücke deren Gebrauchswert erhöhe (zu diesem in Brandenburg geltenden Vorteilsbegriff: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Februar 2009 – OVG 9 S 26.08 –, juris Rn. 13 sowie Beschluss vom 23. Januar 2014 – OVG 9 S 9.13 –, juris Rn. 8). Diese Annahme erscheint nicht willkürlich, sondern vertretbar. Folgerichtig ist im Geltungsbereich von § 8 KAG auch anerkannt, dass ein Artabschlag – etwa für Wochenendhausgrundstücke in einem Wochenendgebiet im Verhältnis zu normaler Wohnbebauung – nicht gefordert werden kann (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2021, § 8 Rn. 878).
Es trifft nämlich tatsächlich zu, dass unterschiedliche Nutzungsarten – wie die Nutzung zum Dauerwohnen auf der einen Seite und die Nutzung zu Erholungszwecken auf der anderen Seite – nicht stets eine unterschiedlich hohe Gebrauchswertsteigerung des bevorteilten Grundstücks zur Folge haben müssen. So ist es auch nicht ausgeschlossen, dass es in Wochenend-/Ferienhausgebieten – wie dem Wohngebiet der Kläger – Gebäude geben kann, die auch im Winter (und damit ganzjährig) zu Erholungszwecken genutzt werden können, weil die zulässigen Gebäude und die zugehörigen Erschließungsleitungen frostsicher errichtet sind. Die rechtlichen Vorgaben enthalten insoweit keine Nutzungsbeschränkung auf eine bestimmte Jahreszeit und verbieten es auch nicht, entsprechende Gebäude winterfest herzustellen. Entsprechende Grundstücke nur saisonal oder während des ganzen Jahres zu Erholungszwecken zu nutzen, ist folglich eine Entscheidung der jeweiligen Eigentümer, die den für die Beitragsbemessung nach dem Brandenburgischen KAG maßgeblichen objektiven Gebrauchswert dieser Grundstücke unberührt lässt.
4. Ohne Relevanz für die vorliegend umstrittene Beitragsveranlagung ist schließlich, dass das Grundstück im Biosphärenreservat liegt. Zwar unterfallen solche Gebiete einem naturschutzrechtlichen Schutzregime, das Nutzungsmöglichkeiten einschränkt, jedoch wird die betreffende Fläche nicht der privaten Verwendungsmöglichkeit entzogen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 22. März 2005 – 15 A 300/05 –, juris Rn. 13 und den Beschluss der Kammer vom 8. April 2013 – VG 3 L 10/13 –, nicht veröffentlicht Seite 6 des Beschlussabdrucks). Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die naturschutzrechtlichen Schutzvorschriften der festgestellten baulichen Nutzung des Grundstücks der Kläger entgegenstehen würden, die die Beitragserhebung in der festgesetzten Höhe rechtfertigt.
D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Kläger im Vorverfahren erübrigt sich im Hinblick auf ihr vollständiges Unterliegen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO.