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Kraftfahrzeugsteuer für ...


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 8. Senat Entscheidungsdatum 22.06.2021
Aktenzeichen 8 K 8013/20 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2021:0622.8K8013.20.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der B… GmbH. Bei dieser handelt es sich um eine im Jahr 2012 gegründete Kapitalgesellschaft, die zum Gegenstand den Einzelhandel mit Personenkraftwagen und die Vermietung von Personenkraftwagen und aller damit zusammenhängender Tätigkeiten hatte. Geschäftsführer war von Beginn an Herr C… mit Wohnsitz in D…. Herr E… war bis 2013 Geschäftsführer. Alleinige Gründungsgesellschafterin der B… GmbH war die F… GmbH mit Sitz in G… (HRB …). Seit dem 11. April 2017 war Herr C… alleiniger Gesellschafter der B… GmbH.

Die Geschäftsanschrift der B… GmbH befand sich ab 2014 in G…, H…-straße und ab 2018 in D…, I…-straße. Die B… GmbH gab als genaue Anschrift auf ihrer Internetseite www. … .de die H…-straße an. Herr E…, Herr C… sowie ein Herr J… betrieben bis zum Jahr 2015 zudem gemeinsam die K… GmbH & Co. KG. Unter der Anschrift H…-straße ist zurzeit die L… GmbH (HRB …) geschäftlich aktiv. Deren Unternehmensgegenstand ist die Vermietung von Fahrzeugen, Organisation und Durchführung von Stadtrundfahrten, Sportwagentouren, Chauffeur- und Limousinenservice und der Verkauf von Merchandisingartikeln. Geschäftsführer ist seit der Gründung (2015) Herr C…. Herr C… hält an dieser Gesellschaft 75 % der Anteile. Von 2011 bis 2019 betrieb dort auch die M… GmbH (HRB …) ihr Unternehmen (Handel und die Vermietung von Kraftfahrzeugen, insbesondere von Pkw sowie aller damit in Zusammenhang stehenden Rechtsgeschäften). Alleiniger Geschäftsführer war ebenfalls Herr C…. Er hielt zur Gründung 66,6 % der Anteile, ab Juli 2011 dann 83,3 % und seit Oktober 2015 alle Anteile.

Am 07. November 2017 wurde ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B… GmbH gestellt. Der Kläger wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter und Gutachter bestellt. Im Gutachten vom 12. April 2018 führte der Kläger aus, dass seit dem Jahr 2016 kein zeitnah geführtes Buchwerk existiere. Noch im Jahr 2015 habe die Klägerin einen Gewinnvortrag von ca. 368T € bei einer Bilanzsumme von ca. 1 Mio. € ausgewiesen. Die B… GmbH sei zahlungsunfähig, weil sie nach Angaben des Geschäftsführers offene Verbindlichkeiten gegenüber einer N… (ca. 294T €), einer O… GmbH (ca. 154T €), einer P… (ca. 150T €) und einem Autohaus Q… (ca. 141T €) habe. Dies habe der Geschäftsführer auf unterschlagene und beschädigte Kraftfahrzeuge -Kfz- zurückgeführt. Er habe nicht bemerkt, dass insbesondere ein Mieter (R… UG) zum S…-Clan gehöre; dieser habe 11 Kfz unterschlagen. Die Versicherungen hätten eine Regulierung abgelehnt, da es nicht um einen Diebstahl gehe. Die B… GmbH habe zum Zeitpunkt der Antragstellung über keine Kfz mehr verfügt. Sämtliche Kfz seien nach Auskunft des Geschäftsführers Gegenstand von Leasingverträgen gewesen. Finanzierungsverträge seien im November 2017 gekündigt worden; die übrigen Kfz seien an die Berechtigten zurückgegeben worden. Es hätten sich keine Anhaltspunkte für Tatsachen ergeben, die Zweifel an dieser Einlassung hätten aufkommen lassen. Forderungen bestünden gegen ehemalige Mieter (ca. 777T €). Mit Beschluss vom 16. April 2018 eröffnete das Amtsgericht T… das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B… GmbH. Die vorläufige Insolvenzverwaltung wurde zuvor am 08. Dezember 2017 angeordnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Beklagte setzte mit Bescheiden vom 11. Mai 2018 gegen den Kläger Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit jeweils ab dem 16. April 2018 fest. Hierbei handelte es sich um die folgenden Kfz mit folgenden Zulassungsfeststellungen und jährlichen Steuerbeträgen:

 Az. (ehem.)

 Kfz-Kennz.

 Hersteller/Typ

 Zulassung

 Abmeld.

 Steuer

8 K 8013/20

…       

BMW 7er

03.01.2013

keine 

397 € 

8 K 8014/20

…       

Audi Q5

04.01.2016

30.11.2019

443 € 

8 K 8015/20

…       

Mercedes CLS

28.10.2015

keine 

342 € 

8 K 8016/20

…       

Mercedes C-Klasse

12.07.2016

keine 

245 € 

8 K 8017/20

…       

Audi Q5

23.05.2016

keine 

443 € 

8 K 8018/20

…       

Lamborghini Huracan

16.12.2016

05.11.2018

476 € 

8 K 8019/20

…       

Mercedes A-Klasse

29.12.2016

keine 

225 € 

8 K 8020/20

…       

Volvo XC 60

29.03.2017

19.06.2018

336 € 

8 K 8022/20

…       

VW Golf

15.07.2016

30.11.2019

254 € 

8 K 8023/20

…       

VW Passat

15.07.2016

keine 

254 € 

8 K 8024/20

…       

Mercedes C-Klasse

27.07.2016

keine 

245 € 

8 K 8025/20

…       

Mercedes S-Klasse

24.10.2014

keine 

421 € 

8 K 8026/20

…       

VW Golf

14.11.2016

keine 

254 € 

8 K 8027/20

…       

VW Golf

25.08.2016

keine 

254 € 

8 K 8028/20

…       

VW Golf

21.09.2016

keine 

254 € 

8 K 8029/20

…       

Lamborghini Avantador

02.05.2016

keine 

680 € 

8 K 8030/20

…       

Mercedes S-Klasse

04.12.2015

keine 

404 € 

8 K 8031/20

…       

VW Golf

15.07.2016

keine 

254 € 

8 K 8032/20

…       

Mercedes S-Klasse

29.12.2015

keine 

409 € 

8 K 8033/20

…       

Mercedes S-Klasse

03.11.2016

25.09.2018

404 € 

8 K 8034/20

…       

Mercedes A-Klasse

05.07.2016

27.09.2018

225 € 

8 K 8035/20

…       

Mercedes CLA

22.09.2014

keine 

172 € 

8 K 8036/20

…       

VW Golf

10.10.2016

keine 

254 € 

Hiergegen legte der Kläger fristgerechte Einsprüche ein.

Am 31. Mai 2018 zeigte der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht an. Am 25. Juni 2018 erließ der Beklagte jeweils Änderungsbescheide zu den vorgenannten Festsetzungen, mit denen er die Steuer für den Zeitraum vom 16. April 2018 (Insolvenzeröffnung) bis zum 30. Mai 2018 (Tag vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit) als Altmasseverbindlichkeiten (ohne Fälligkeitsbestimmung) getrennt von Festsetzungen ab dem 31. Mai 2018 als Neumasseverbindlichkeiten festsetzte.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 13. Dezember 2019 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Kraftfahrzeugsteuerpflicht für ein Kfz dauere nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz -KraftStG- auch ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens solange an, wie es zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen sei. In Fällen, in denen das Kfz zur Insolvenzmasse gehöre, sei es Sache des Insolvenzverwalters, der die Rolle des Halters nach § 14 Fahrzeugzulassungsverordnung -FZV- wahrnehme, das Ende der Steuerpflicht durch Abmeldung herbeizuführen. In Fällen der Insolvenz einer juristischen Person sei die Kraftfahrzeugsteuer stets als Masseverbindlichkeit zu entrichten. Maßgebend dafür, ob eine Masseverbindlichkeit vorliege, sei, ob das Kfz Teil der Insolvenzmasse sei. Die Tatsache, dass bei Insolvenzeröffnung die Kfz auf die B… GmbH zugelassen gewesen seien, sei ein starkes Indiz dafür, dass ihr die Kfz gehört hätten oder ihr zumindest Nutzungsrechte zugestanden hätten. Es sei Aufgabe des Insolvenzverwalters, hierbei die Massezugehörigkeit und deren Verwertbarkeit zu klären und zu prüfen. Bei der Abwicklung unterscheide man deshalb zwischen Soll- und Istmasse. Dies mache deutlich, dass die tatsächlichen Verhältnisse, die der Insolvenzverwalter vorfinde, mit der lnsolvenzmasse ggf. nicht übereinstimmten. Insofern beschreibe die Istmasse zunächst diejenige Vermögensmasse, die der Verwalter beim Schuldner tatsächlich vorfinde und in Besitz nimmt. Es sei einhellige Meinung, dass der Insolvenzverwalter berechtigt und verpflichtet sei, auch solche Gegenstände in Besitz zu nehmen, deren Massezugehörigkeit zweifelhaft sei. Der Insolvenzverwalter habe nach Verfahrenseröffnung die Aufgabe, die Istmasse zur Sollmasse zu bereinigen, indem er diejenigen Gegenstände an Gläubiger herausgebe, an denen diese Aussonderungsrechte hätten sowie diejenigen Gegenstände an den Schuldner auszukehren, die wegen ihrer Pfändungsfreiheit dem Insolvenzbeschlag nicht unterliegen würden. Dabei liege die Darlegungs- und Feststellungslast, dass ein auf den Insolvenzschuldner zugelassenes Kfz zum insolvenzfreien Vermögen des Schuldners und nicht zur Insolvenzmasse gehöre, beim Insolvenzverwalter. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit habe zur Folge gehabt, dass die Steuer in vollstreckbare Forderungen und in Vollstreckung gehemmte Forderungen aufzuteilen waren. Die Anzeige berühre nicht den Bestand der Forderung selbst.

Der Kläger hat fristgerecht 24 Klagen erhoben, die beim Gericht zunächst unter den Az.
8 K 8013/20 bis 8 K 8036/20 aufgenommen worden sind. Zugleich hat der Kläger in jedem Verfahren einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt, die der Senat mit Beschluss vom 30. April 2020 abgewiesen hat. Das Gericht hat die Verfahren 8 K 8014/20, 8 K 8015/20, 8 K 8016/20, 8 K 8017/20, 8 K 8018/20, 8 K 8019/20, 8 K 8020/20, 8 K 8022/20,
8 K 8023/20, 8 K 8024/20, 8 K 8025/20, 8 K 8026/20, 8 K 8027/20, 8 K 8028/20,
8 K 8029/20, 8 K 8030/20, 8 K 8031/20, 8 K 8032/20, 8 K 8033/20, 8 K 8034/20,
8 K 8035/20 und 8 K 8036/20 mit dem Verfahren 8 K 8013/20 verbunden. Eine weitere – hier mittlerweile unstrittige – Festsetzung erging für das Kfz …. In dem vormaligen Verfahren 8 K 8021/20 hatte der Beklagte einen Abhilfebescheid erlassen, weil das strittige Kfz bereits zum 30. November 2017 außer Betrieb gesetzt wurde. Nach Hauptsacheerledigung wurden dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Hinsichtlich des Audi Q5 (…) und des VW Golf (…) hat der Beklagte nach Erlass der Einspruchsentscheidung mit Änderungsbescheiden vom 19. Dezember 2019 die Steuerfestsetzungen jeweils bis zum 29. November 2019 begrenzt. In den Bescheiden führte er aus, dass dies „Aufgrund der Abmeldung“ erfolge.

Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, dass er sowohl im Besteuerungs- und Einspruchsverfahren geltend gemacht habe, dass die Kfz – die unstreitig auf die B… GmbH zugelassen seien – durch den Kläger nicht in Besitz genommen worden seien. Es habe keine Inbesitznahme nach § 148 Insolvenzordnung -InsO- erfolgen können, weil sich die Kfz nicht im Besitz der B… GmbH befunden hätten. Sämtliche Recherchen seien bisher erfolglos verlaufen; die streitgegenständlichen Kfz seien bisher nicht aufgefunden worden. Dies habe der Beklagte auch bisher nicht bestritten. Es sei rechtsirrig der Auffassung, dass es bei juristischen Personen unerheblich sei, ob das Kfz sich tatsächlich im Besitz befinde, da bei Insolvenzverfahren über juristische Personen kein insolvenzfreies Vermögen bestehen könne. Dies sei falsch und unerheblich, da es für die Einordnung der Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit nur darauf ankomme, ob das Kfz Teil der Insolvenzmasse geworden sei (Bundesfinanzhof -BFH-, Az. III R 30/18). Der BFH sei der Auffassung, dass es maßgeblich sei, ob das Kfz tatsächlich körperlich Teil der Insolvenzmasse sei. Sei ein Gegenstand nicht der Insolvenzmasse zugewiesen, weil er verbraucht, zerstört oder unauffindbar sei, so sei er dem Gläubigerzugriff solange entzogen, bis er durch den Insolvenzverwalter zurückerlangt worden sei. Die streitigen Kfz seien aber unauffindbar. Damit sei die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit rechtswidrig und aufzuheben.

Hinsichtlich der Kfz … und … sei dem Kläger eine Abmeldung unerklärlich. Er habe die Kfz nicht abgemeldet. Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Abteilung III – Kraftfahrzeugwesen, Referat Kraftfahrzeugzulassung) habe ihm am 27. Januar 2020 mitgeteilt, dass eine Beendigung nach § 13 Abs. 4 FZV vorliege. Der Geschäftsführer C… habe bei der Polizei eine Diebstahlsanzeige angebracht. Deshalb sei von Amts wegen das Verfahren nach § 13 Abs. 4 FZV eingeleitet worden. Die Fahrzeugpapiere seien am 31. Oktober 2019 entsprechend aufgeboten worden. Zum 30. November 2019 sei dann das Kfz von Amts wegen außer Betrieb gesetzt worden.

Hinsichtlich des Kfz … verweist der Kläger auf eine Mitteilung des Finanzamts U… an ihn. Dies habe bei einer Umsatzsteuernachschau ermittelt, dass das Kfz (eine Mercedes A-Klasse) durch eine V… GmbH an eine Frau W… in Slowenien veräußert worden sei. Die V… GmbH habe dem Kläger aber mitgeteilt, dass es sich bei der Rechnung um eine Fälschung handeln müsse, Angaben zum Kfz würden ihr nicht vorliegen und Rechnungen nach Slowenien würden von ihr ohne Umsatzsteuerausweis fakturiert. Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten habe ihm am 31. März 2020 mitgeteilt, dass das Kfz aber weder außer Betrieb gesetzt noch auf einen neuen Halter umgeschrieben worden sei. Damit ergebe sich, dass das Kfz nach Slowenien verbracht worden sei und sich gerade nicht mehr im Besitz der B… GmbH bzw. des Klägers befinde. Ausgehend vom Zeitpunkt der Rechnung sei seither ein Fahrzeugbesitz ausgeschlossen. Das Gericht nimmt Bezug auf die Rechnungsabschrift vom 22. Oktober 2018, die Auskunft des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 31. März 2020 und den Schriftverkehr mit der V… GmbH (Blatt 34 bis 40 der Gerichtsakte).

In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte weiter vorgetragen, dass der Kläger auch im Büro der B… GmbH gewesen sei. Kfz seien dort nicht aufzufinden gewesen. Unterlagen habe es nicht gegeben. Auf beschafften und ausgewerteten Kontoauszügen seien nur Bargeldbewegungen ersichtlich gewesen. Es habe sich kein Leasinggeber und keine Versicherung gemeldet und Forderungen zur Tabelle angemeldet, insoweit seien keine weiteren Ermittlung möglich gewesen. Der Geschäftsführer C… wirke nicht mit, lasse sich anwaltlich vertreten und trage nur vor, dass er Angst vor „Clans“ habe. Er, der Kläger, vermute einen weit angelegten Betrug und vermute die Kfz im Ausland. Die Gläubiger der B… GmbH (N…, O… GmbH, P… sowie Autohaus Q…) würden vermutlich mit der B… GmbH gemeinsame Sache machen. Auch insoweit sei nichts zu ermitteln gewesen.

Der Kläger beantragt:

Die Kfz-Steuerbescheide des Hauptzollamts X… vom 11. Mai 2018, hinsichtlich der Kfz … und … in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. Dezember 2019, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2019 werden aufgehoben, soweit Kraftfahrzeugsteuer gegen den Kläger festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Rechtsauffassung aus der Einspruchsentscheidung fest. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass die streitgegenständlichen Kfz nicht zur Insolvenzmasse gehören würden. Die Angabe zur angeblichen Veräußerung des Kfz erfülle nicht die Anforderungen an eine substantiierte Darstellung. Aussagekräftige Unterlagen, die die Behauptung des Klägers stützen könnten, dass die streitgegenständlichen Kfz bereits vor Insolvenzeröffnung dem Vermögen der Insolvenzschuldnerin entzogen worden seien, seien im Rahmen des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens durch den Kläger nicht vorgelegt worden. Er habe nur die elektronische Nachricht des Geschäftsführers der B… GmbH mit der behaupteten Veräußerung des Fahrzeugs übermittelt. Die Zulassungsbehörde habe mitgeteilt, dass eine Abmeldung nicht erfolgt sei, ihr vielmehr der Geschäftsführer C… Veräußerungen telefonisch mitgeteilt habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 23. Februar 2021 (dem Kläger am 08. März 2021 zugestellt) hat das Gericht die Klage zunächst abgewiesen. Der Kläger hat fristgerecht (am 08. April 2021) den Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Der Gerichtsbescheid vom 23. Februar 2021 gilt gemäß § 90a Abs. 3, 2. Teilsatz Finanzgerichtsordnung -FGO- als nicht ergangen.

II. Die angefochtenen 23 Steuerfestsetzungen sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass Kraftfahrzeugsteuer gegenüber der Masse festzusetzen war, weil es sich um eine Masseverbindlichkeit handelt.

1. Masseverbindlichkeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (zuletzt BFH, Urteil vom 21. März 2019, III R 30/18, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2019, 1033) – der sich der Senat anschließt – gilt für die Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit das Folgende: Die nach der Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer ist als Abgabenforderung i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO den „in anderer Weise“ durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse begründeten Verbindlichkeiten zuzuordnen, soweit sie die Insolvenzmasse betrifft. Dies ist der Fall, wenn die Abgabenforderung selbst einen Bezug zur Insolvenzmasse aufweist und erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde (BFH, Urteil vom 21. März 2019, III R 30/18, BFH/NV 2019, 1033). Für die Beurteilung der Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit kommt es nicht auf eine tatsächliche Verwendungsmöglichkeit der Kfz und damit auf deren Nutzung für die Insolvenz-masse an. Maßgebend ist vielmehr, ob die Kfz Teil der Insolvenzmasse sind. Unerheblich ist auch allein die Haltereigenschaft, da die Rechtsposition des Halters eines Kfz kein Vermögen i.S. des § 35 InsO ist (BFH, Urteil vom 13. April 2011, II R 49/09, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2011, 944).

Gemäß § 35 Abs. 1 InsO wird das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt, als Insolvenzmasse definiert. Die Insolvenzmasse umfasst die Soll- und die Istmasse. Die Sollmasse stellt die Summe einzelner geldwerter (körperlicher und unkörperlicher) Rechtsgegenstände dar, die von Rechts wegen vom Insolvenzbeschlag erfasst und den Gläubigern haftungsrechtlich zugewiesen sind. Die Istmasse umfasst alle Gegenstände, die der Insolvenzverwalter tatsächlich in Besitz nimmt. Beiden gemeinsam ist das Vermögenswert-Erfordernis. Denn nach dem Sinn und Zweck des § 35 InsO wird den Insolvenzgläubigern nur der Teil des Vermögens des Schuldners zugewiesen, der für dessen Schulden haftet, also Zugriffsobjekt in der Zwangsvollstreckung ist. Zwar spielt die Verwertbarkeit des Gegenstands für die Feststellung der Massezugehörigkeit keine Rolle. Dementsprechend können auch wertlose Gegenstände als Vermögensgegenstände zur Insolvenzmasse gehören. Ist der Gegenstand hingegen verbraucht oder veräußert, so ist er dem Gläubigerzugriff entzogen. Dasselbe gilt, wenn die Sache vollständig zerstört und nicht mehr existent ist, da sie dann keine Haftungsfunktion mehr erfüllen kann (BFH, Urteil vom 21. März 2019, III R 30/18, BFH/NV 2019, 1033, m.w.N.).

2. Nach diesen Grundsätzen stellt die streitgegenständliche Kraftfahrzeugsteuer sämtlicher Kfz eine Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) dar. Es bleibt bei der Steuerschuldnerschaft des Halters (die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist; § 7 Nr. 1 KraftStG), auch wenn die Vorschriften der InsO das Steuerrecht insoweit überlagern bzw. modifizieren (BFH, Beschluss vom 26. November 2013, VII B 243/12, BFH/NV 2014, 581).

Die von der B… GmbH gehaltenen Kfz gehörten für die Zeiträume, für die der Beklagte Kraftfahrzeugsteuer festgesetzt hat, zur Insolvenzmasse. Der Kläger hat nicht nachweisen können, dass die Kfz nicht zur Masse gehörten. Zwar hat der Beklagte keine Ermittlungen zum Sachverhalt angestellt und sich allein auf die Zulassung und Haltereigenschaft berufen, obgleich er grundsätzlich für steuererhöhende Tatsachen die Feststellungslast trägt. Allerdings hätte es wegen der Beweisnähe des Klägers allein diesem oblegen, zureichende Anhaltspunkte gegen eine Masseeigenschaft vorzutragen. Dem ist er weder nach insolvenzrechtlichen noch nach steuerrechtlichen Maßstäben nachgekommen.

Der zuständigen Zulassungsbehörde angezeigte Halterwechsel oder Abmeldungen hat der Beklagte nachvollzogen. Dies betrifft die folgenden Kfz: …, …, …, …, … und …. Dies führte entsprechend § 12 Abs. 2 Nr. 3 KraftStG zu sog. Endefestsetzungen. Bei den umgemeldeten Kfz (…, …, … und …) spricht bereits die Ummeldung nach Bestellung des Klägers zum Insolvenzverwalter dafür, dass die Kfz tatsächlich noch existierten. Es widerspricht der wirtschaftlichen Logik und der allgemeinen Lebenserwartung, das nicht mehr existente Kfz auf neue Halter zugelassen werden. Die Auskunft des Geschäftsführers, dass die B… GmbH über kein Vermögen verfüge, kann deshalb nur als fehlerhaft beurteilt werden.

Für weitere 17 Kfz, u.a. Pkw der Ober- und Luxusklasse (… = BMW 7er; … = Mercedes CLS; … = Mercedes S-Klasse; … = Lamborghini Avantador; … = Mercedes S-Klasse und … = Mercedes S-Klasse) ist aber weiterhin die B… GmbH als Insolvenzschuldnerin als Halterin vermerkt. Zwar spricht die schlichte Entstempelung der Kfz … und … dafür, dass die Kfz tatsächlich als Vermögensgegenstand nicht mehr existierten, allerdings auch nur für den Zeitpunkt der Entstempelung. Der Kläger hat hinsichtlich dieser Kfz bis zur Entstempelung und hinsichtlich der übrigen Kfz lediglich behauptet, dass diese nicht mehr existent waren und nicht zur Ist-Masse gehörten. Der Kläger hat auch nicht darlegen können, dass die Kfz auszusondern waren, bspw. weil sie von der B… GmbH nur angemietet bzw. geleast waren. Auch einen ausländischen Standort der Kfz hat der Kläger nur vermutet.

Der Kläger hat keine Unterlagen dazu vorgelegt, nach denen er hinreichende Ermittlungen zur Masse vorgenommen hatte. Gem. § 148 Abs. 1 InsO hat der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen. Er hat gem. § 151 Abs. 1 InsO ein Verzeichnis der einzelnen Gegenstände der Insolvenzmasse aufzustellen. Vorgelegt hat der Kläger allerdings nur ein Gutachten aus der Phase vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, aus dem sich ergibt, dass der Geschäftsführer der B… GmbH ihm erklärt habe, dass keine Kfz mehr im Vermögen der B… GmbH stünden. Der Kläger hat zunächst nur vorgetragen, dass es sich bei sämtlichen Kfz angabegemäß um Leasingfahrzeuge gehandelt habe. Der Kläger hat hierzu im Gutachten ausgeführt, dass sich keine Anhaltspunkte für Tatsachen ergeben hätten, die Zweifel an dieser Einlassung hätten aufkommen lassen. Es bestanden aber zureichende Anhaltspunkte für den Kläger als Insolvenzverwalter, dass die Auskunft des Geschäftsführers unzutreffend war. Der Insolvenzverwalter hat zwar nicht jeder Auskunft grundsätzlich mit Argwohn gegenüber zu treten, er muss aber bei hinreichenden Anhaltspunkten für abweichende Geschehensabläufe auf Auskünfte hinwirken und ggf. gem. § 98 Abs. 1 Satz 1 InsO zur Herbeiführung wahrheitsgemäßer Aussagen über das Insolvenzgericht eidesstattliche Versicherungen zur Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte einholen. Der Insolvenzverwalter verletzt bereits seine Pflicht, wenn er ohne eigene Prüfung auf vom Schuldner vorgelegte Unterlagen zurückgreift (so ausdrücklich Andres in Nerlich/Römermann, § 151 InsO Rn. 3; dem folgend Haffa/Leichtle in Braun, InsO, 8. Aufl. 2020, § 151 InsO Rn. 6). Damit wird hinreichend deutlich, dass der Insolvenzverwalter auch nach dem Insolvenzrecht die Angaben des Insolvenzschuldners nicht ungeprüft übernehmen kann und soll. Der Kläger hat indes nicht substantiiert dargelegt, ob und wie er die Angaben der B… GmbH überprüft hatte. Er hat sich nur darauf berufen, dass ihm keine Unterlagen (Buchhaltung) vorgelegt worden seien und beigezogene Kontoauszüge Bargeldbewegungen ausgewiesen hätten. Nur hinsichtlich der Kfz …, … sowie … kam es zu weiteren Ermittlungen; aber auch nur nachdem für die erstgenannten Kfz eine Abmeldung von Amts wegen erfolgte bzw. das Finanzamt hinsichtlich des letztgenannten Kfz eine Veräußerung nach Slowenien ermittelt zu haben schien. Spätestens die Auskunft der Fa. V…, dass die vorliegende Verkaufsrechnung eine Fälschung sein müsse, hätte weitere Nachfragen beim Geschäftsführer nach sich ziehen müssen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger dargelegt, dass er vermute, dass die Kfz ins Ausland verschafft worden seien und bewusst und gewollt unterschlagen wurden. Er hat zudem erklärt, dass die Gläubiger der B… GmbH ebenfalls nicht mitwirken würden, was nach Überzeugung des Gerichts nicht nachvollziehbar ist, soweit es sich um aus- bzw. abzusonderndes Vermögen handeln würde. Entsprechende Anhaltspunkte bestanden hier zudem, weil unter der für die B… GmbH genannten Anschrift (H…-straße) vorher bereits eine M… GmbH des Herrn C… und nach Insolvenzeröffnung über das Vermögen der B… GmbH eine weitere L… GmbH unter der Geschäftsführung des Herrn C… im Bereich Vermietung von Fahrzeugen, Organisation und Durchführung von Stadtrundfahrten, Sportwagentouren, Chauffeur- und Limousinenservice geschäftlich aktiv war bzw. ist. Es entspricht nicht der Lebenswirklichkeit, dass einer Autovermietung sämtliche eigene bzw. geleaste Kfz durch Diebstahl bzw. Unterschlagung entzogen werden, der nämliche Gesellschafter-Geschäftsführer aber sodann mit einer neuen Kapitalgesellschaft ebenso fortfährt und ihm neue Leasinggeber Kfz zur Verfügung stellen. Auch die Behauptung des Geschäftsführers, dass ein Teil der Kfz den „Berechtigten“ zurückgegeben worden seien, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, denn dann hätten Sicherungseigentümer oder Leasinggeber für eine Abmeldung der Kfz gesorgt. Zudem hat der Gutachter selbst ausgeführt, dass die B… GmbH bis zum Schluss des Jahres 2015 über ein positives Eigenkapital von ca. 400T € verfügt habe und sie sich damit bis Anfang 2016 als „solides und ertragsstarkes Unternehmen“ dargestellt habe. Der Geschäftsführer C… habe zum Verbrauch des Eigenkapitals keine Auskünfte machen können. Ein Eigenkapital in der Höhe spricht aber zugleich gegen die Behauptung, dass sämtliche Kfz nur geleast waren, denn Leasingsverhältnisse über Kfz berühren im Regelfall die Bilanz nicht. Dies spricht vielmehr dafür, dass die Kfz weiterhin dem Vermögen der B… GmbH zuzurechnen waren und Bestandteil der Masse waren, lediglich der Standort der Kfz nicht preisgegeben wurde. Ob dies aus Gründen außerhalb des Insolvenzverfahrens liegender Gründe (hier die behauptete Nutzung durch „Clans“ oder im Ausland) oder nur zur Vorenthaltung von Masse erfolgt ist, kann das Gericht dahinstehen lassen.

Das Gericht verkennt nicht, dass ein Insolvenzverwalter nicht jeden Geschäftsvorfall akribisch nachprüfen kann. Der Streitfall weist aber gerade die Besonderheit auf, dass die B… GmbH eine Kfz-Vermietung betrieben haben soll und der Verbleib sämtlicher 24 Kfz strittig sein soll. Der Geschäftsführer selbst hat auch nur die Unterschlagung von elf Kfz durch einen „Clan“ behauptet. Der Verbleib der übrigen sieben Kfz (13 bleibende Kfz abzgl. 6 zwischenzeitlich ab- bzw. umgemeldeter Kfz) ist weiter unklar; ein Diebstahl von gleich sieben weiteren Kfz eher nicht glaubwürdig bzw. nicht aktenkundig und dem Gericht nachgewiesen.

Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass der Kläger als Insolvenzverwalter seinen insolvenzrechtlichen Pflichten (Masseermittlung) hinreichend nachgekommen ist, da gerade die Ermittlung der Kfz den Schwerpunkt in diesem Insolvenzverfahren gewesen wäre. Damit ist er zugleich seinen ihm obliegenden besonderen Mitwirkungs- und Aufklärungspflichten des Steuerrechts nicht hinreichend nachgekommen. In gleichem Maße mindert sich damit die Ermittlungspflicht der Finanzbehörde und des Gerichts (§ 76 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 und § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dies entspricht dem im Abgabenrecht allgemein geltenden Prinzip, demzufolge sich die Verantwortung für die Sachaufklärung im Abgabenrecht maßgeblich nach den Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Sachverhaltsgestaltung und Sachverhaltsermittlung bestimmt (BFH, Urteil vom 15. Februar 1989, X R 16/86, BStBl. II 1989, 462). Die Aufklärungspflicht traf hier aber aus Gründen der Beweisnähe den Kläger, auch wenn der Geschäftsführer der B… GmbH nicht mitgewirkt haben soll.

III. Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die vom BFH entschiedenen Streitfälle betreffen jeweils klar gelagerte Fälle mit Kenntnis über den Standort bzw. die Existenz von Kfz. Nicht hinreichend geklärt ist aber, ob die Finanzbehörde – wie im Regelfall – die Feststellungslast für das Vorhandensein eines Steuergegenstands in der Masse trifft oder ob sie sich auf die Haltereigenschaft berufen kann und es einem Insolvenzverwalter obliegt die Nichtmasseeigenschaft nachzuweisen, selbst wenn der Geschäftsführer der Insolvenzschuldner eine weitere Mitwirkung verweigert, denn in diesem Fall käme es im Ergebnis abermals zu einer Art Massevermutung bei
Zulassung durch einen Insolvenzschuldner.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.