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Entscheidung 9 K 1329/16.A


Metadaten

Gericht VG Potsdam 9. Kammer Entscheidungsdatum 14.06.2021
Aktenzeichen 9 K 1329/16.A ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2021:0614.9K1329.16.A.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 71a AsylVfG 1992, § 3ff AsylVfG 1992, § 60 Abs 5 AufenthG, § 60 Abs 7 AufenthG, § 51 Abs 1 VwVfG

Leitsatz

1. Bei einem Zweitantrag ist eine Änderung der Sachlage, die durch den zwischenzeitlich in den Regionen der anglophonen Minderheit entflammten innerstaatlichen bewaffneten Konflikt eingetreten ist, regelmäßig wegen des Bestehens einer sich aufdrängenden inländischen Fluchtalternative unerheblich.
2. (Kein) Abschiebungsverbot wegen Posttraumatischer Belastungsstörung.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand

Der am 12. Mai 1990 geborene Kläger ist kamerunischer Staatsangehöriger. Am 22. Mai 2014 meldete er sich auf der Wache der Bundespolizei am Hauptbahnhof Düsseldorf und äußerte das Begehren, Asyl beantragen zu wollen. Dabei gab er u. a. an, dass er bereits im Dezember des letzten Jahres in den Niederlanden Asyl beantragt habe. Dieser Antrag sei zwischenzeitlich abgelehnt worden. Deshalb sei er am heutigen Tage von Holland nach Deutschland gereist, um erneut einen Asylantrag zu stellen. Bei einer Durchsuchung des Klägers und des von ihm mitgeführten Koffers wurden u. a. Unterlagen über ein Asylverfahren in den Niederlanden sowie ein Mitgliedsausweis des SCNC und ein kamerunischer Aufruf „WANTED“ vom 5. Oktober 2013 gefunden. Ein Abgleich gespeicherter Fingerabdrücke ergab, dass dem Kläger bereits in Schipohl/ Niederlande Fingerabdrücke abgenommen worden waren. Mit Schreiben vom 31. Juli 2014 akzeptierte das niederländische Ministerium für Sicherheit und Justiz einen Transfer des Klägers auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III VO).

Mit Bescheid vom 8. August 2014 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag zunächst in Anwendung der Dublin-III VO als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Klägers in die Niederlande an. Gegen diesen Ablehnungsbescheid erhob der Kläger am 27. August 2014 Klage und beantragte zugleich, hinsichtlich der Abschiebungsanordnung die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Zur Begründung ließ er u. a. vortragen, dass er in Kamerun bis zu seiner Ausreise in Bamenda gelebt habe. Er sei aktives Mitglied des SCNC, des Southern Cameroons National Council, gewesen und habe bei sich zu Hause Treffen der Organisation abgehalten. Sein Vater sei ebenfalls Mitglied gewesen und sei deshalb getötet worden. Er selber sei in Bamenda im Zentralgefängnis inhaftiert gewesen. Dort habe er seine ersten homosexuellen Kontakte gehabt. Aufgrund von Schmerzen im Bauch- und Herzbereich sowie den Hoden sei er in ein Krankenhaus gebracht worden, wo er von einer Krankenschwester zu seinen letzten sexuellen Kontakten befragt worden sei. Dabei habe er angegeben, dass diese erst kürzlich erfolgt seien. Daraus sei dann geschlossen worden, dass diese im Gefängnis erfolgt sein müssen. Durch die Reaktion der Ärzte sei ihm klargeworden, dass ein solches Verhalten nicht akzeptiert würde. Daraufhin sei er zunächst nach Nigeria geflüchtet, wo er sich vom Februar 2012 bis zum September 2013 aufgehalten habe. Da er dort keine Perspektiven mehr gesehen habe, sei er mit einem thailändischen Visum nach Thailand gereist. Dort habe er sich ca. zwei Monate aufgehalten, sich aufgrund von Unruhen aber nicht mehr sicher gefühlt. Deshalb sei er im November 2013 über Amsterdam nach Ecuador gereist. Dort habe er bleiben wollen, bis sich die Situation in Thailand wieder beruhigt. Kurz nach seiner Ankunft sei er jedoch bestohlen worden und habe nur noch seine Kleider am Leib, sowie seinen Pass und das Rückflugticket bei sich gehabt. Daraufhin habe er sich entschlossen, wieder zurück nach Thailand zu fliegen. Dabei habe er bei seinem Transit auf dem Flughafen Schiphol in Amsterdam seinen Pass verloren und deshalb nicht mehr weiterfliegen können. Die Immigrationsbehörde habe ihm mitgeteilt, dass die einzige Möglichkeit sei, Asyl zu beantragen. Von Dezember 2013 bis Februar 2014 habe er sich in Abschiebegewahrsam befunden. Den ablehnenden Asylbescheid habe er im Abschiebegewahrsam bekommen, den Widerspruchsbescheid nach der Entlassung aus der Haft. Gesundheitliche Beschwerden seien dort nicht ernst genommen worden. Erst in Deutschland sei eine Gastroskopie veranlasst worden, die zu keinem positiven Ergebnis geführt habe und die Diagnose einer psychosomatischen Regulationsstörung zulasse. Es bestehe der Verdacht einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer Depression. Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist durch Beschluss der 10. Kammer vom 10. September 2014 (Az.: VG 10 L 790/14.A) abgelehnt worden.

Am 12. Februar 2015 beantragte der Kläger bei Gericht eine Abänderung des Beschlusses vom 10. September 2014. Zur Begründung wies er u. a. darauf hin, dass er sich vom 16. September bis zum 18. November 2014 und vom 25. November 2014 bis zum 4. Februar 2015 in stationärer Behandlung in der psychiatrischen Abteilung des E... Klinikums in P...befunden habe. Zur Glaubhaftmachung legte er entsprechende Bescheinigungen des Klinikums über Krankenhausaufenthalte, ein ärztliches Schreiben vom 19. Januar 2015 und eine ärztliche Stellungnahme des Ernst von Bergmann Klinikums vom 26. Februar 2015 vor. Mit Beschluss vom 19. Februar 2015 (Az.: VG 10 L 150/15.A) lehnte die 10. Kammer den Abänderungsantrag ab.

Versuche der Ausländerbehörde, den Kläger in die Niederlande zu überstellen, blieben erfolglos. Mit Bescheid vom 4. Januar 2016 hob das Bundesamt den Bescheid vom 8. August 2014 wieder auf. Da die Überstellungsfrist nach der Dublin III-VO abgelaufen sei, sei die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens auf Deutschland übergegangen. Nach Zusendung eines Fragebogens zum Stand des Asylverfahrens in den Niederlanden ließ der Kläger mitteilen, dass er nicht wisse, ob das Verfahren dort abgeschlossen worden sei, da er einen Rechtsanwalt gehabt habe. Zu Gründen, die gegen eine Rückkehr nach Kamerun sprächen, könne er keine Angaben machen, da er sich dazu psychisch nicht in der Lage fühle. Sein Gesundheitszustand habe sich zwar stabilisiert, er sei jedoch weiter in ambulanter psychiatrischer medikamentöser Behandlung. Eine aktuelle ärztliche Bescheinigung werde schnellstmöglich nachgereicht.

Mit Bescheid vom 25. April 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab (Ziffer 1 des Bescheidtenors). Zugleich stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 2 des Bescheidtenors). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollte der Kläger die Ausreisefrist nicht einhalten, werde er nach Kamerun abgeschoben. Der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Ziffer 3 des Bescheidtenors). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4 des Bescheidtenors). Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass es sich um einen Zweitantrag im Sinne des § 71 a des Asylgesetzes (AsylG) handle, da der Kläger bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union in den Niederlanden einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Es läge ein Eurodac-Treffer der Kategorie 1 vom 16. Dezember 2013 vor. Nach Auskunft des Liaisonbeamten in den Niederlanden vom 5. Januar 2016 sei der Antrag nach einer materiellen Prüfung abgelehnt worden. Ein Asylfolgeantrag sei am 30. April 2014 abgelehnt worden. Gerichtlich sei das Asylverfahren in den Niederlanden am 25. November 2014 abgelehnt und eine Einreisesperre von fünf Jahren angeordnet worden. Ein weiteres Asylverfahren sei nicht durchzuführen, da die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) nicht vorlägen. Die Gründe für die Ausreise aus Kamerun habe der Kläger bereits in dem Asylverfahren in den Niederlanden vorgetragen, bzw. hätte er diese bereits dort vortragen können oder müssen. Mangels eines Sachvortrags lägen auch keine Abschiebungsverbote vor. Die angekündigte ärztliche Bescheinigung sei nicht vorgelegt worden. Ausweislich eines Aktenvermerks des Bundesamtes soll der Bescheid am 29. April 2016 per Einschreiben zur Post gegeben worden sein.

Am 9. Mai 2016 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben und zur Begründung schriftsätzlich zunächst vortragen lassen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG gegeben seien. Es läge eine neue Sachlage zu seinen Gunsten vor, da er an einer chronischen psychischen Erkrankung und an Depressionen leide, die auch zu weiteren psychosomatischen Erkrankungen führten. Aktuell sei er in der psychiatrischen Institutsambulanz des Ernst von Bergmann Klinikums in ambulanter Behandlung und erhalte dort eine Gesprächs- sowie eine Psychopharmatherapie. Die Schreiben des Klinikums und ein Überweisungsschein seien vom Bundesamt nicht berücksichtigt worden. Die Angaben zum Gesundheitszustand habe er erst in Deutschland machen können, da er sich der Erkrankungen erst hier bewusstgeworden sei. In den Niederlanden habe er während seiner Inhaftierung keinen Zugang zu psychologischer, psychiatrischer oder neurologischer Behandlung erhalten. Auch würde er seine Homosexualität erst in Deutschland frei ausleben. In Kamerun müsse er bei einer Rückkehr jederzeit damit rechnen, bei einer Razzia oder auf offener Straße festgenommen, misshandelt und mit hoher Wahrscheinlichkeit langfristig inhaftiert zu werden, sollte er sich offen zu seiner Homosexualität bekennen. Um beurteilen zu können, welche Angaben bereits in den Niederlanden gemacht worden sind, hätten die niederländischen Asylakten beigezogen werden müssen. Nach einem Anwaltswechsel lässt der Kläger ergänzend vortragen, dass es sich nicht um einen Zweitantrag handle. Der Asylantrag in den Niederlanden sei erst nach der Asylantragstellung in Deutschland rechtskräftig abgelehnt worden. Eingelegte Rechtsmittel seien offenkundig noch anhängig gewesen. Zumindest eine vorgelegte ärztliche Stellungnahme würde den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gestellten Anforderungen genügen. Auch sei er weiterhin exilpolitisch tätig. Am 27. Januar 2017 habe er vor der französischen Botschaft in Berlin an einer Demonstration gegen die Unterdrückung der englischsprachigen Bevölkerung in Kamerun teilgenommen. Gleiche Veranstaltungen hätten auch in Washington, London, Stockholm und anderswo stattgefunden.

Zur Glaubhaftmachung sind dem Gericht folgende Unterlagen vorgelegt worden:

- ärztliche Information vom 2. Juni 2014;

- Schreiben des Psychotherapeuten Neumann vom 17. Juni 2014;

- Arztbericht der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Schollewe vom 9. Juli 2014;

- zwei Überweisungsscheine des Praktischen Arztes Noack vom 25. August 2014;

- ärztliches Schreiben des Ernst von Bergmann Klinikums vom 18. November 2014;

- ärztliches Schreiben des Ernst von Bergmann Klinikums vom 19. Januar 2015;

- Arztbericht des Ernst von Bergmann Klinikums vom 3. Februar 2015;

- ärztliche Stellungnahme zur Vorlage bei Behörden des Ernst von Bergmann Klinikums vom 7. Juni 2016;

- ärztliche Stellungnahme des Ernst von Bergmann Klinikums vom 27. Januar 2017;

- ärztliche Stellungnahme des Ernst von Bergmann Klinikums vom 25. März 2020;

- Rezept des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Köhler vom 14. Mai 2021;

- fachärztliche Stellungnahme des Ernst von Bergmann Klinikums vom 9. Juni 2021.

Ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist durch Beschluss der 3. Kammer vom 12. August 2016 (Az. VG 3 L 377/16.A) abgelehnt worden.

In der mündlichen Verhandlung ist der persönlich erschienene Kläger informatorisch angehört worden. Dabei gab u. a. an, dass die Unruhen im Südwesten Kameruns zugenommen hätten. Er sei unverändert Mitglied des SCNC. Dieser habe sich zwischenzeitlich mit anderen separatistischen Organisationen zu einer größeren Organisation zusammengeschlossen. Er sei Mitglied einer Regierung hier in Brandenburg. Diese Interimsregierung hätte Proteste vor den Botschaften in Berlin organisiert, zweimal vor der französischen und einmal vor der kamerunischen Botschaft. Dabei seien von einer Person auch Bild- und Videoaufnahmen gemacht worden. Danach sei diese Person dann in die kamerunische Botschaft gegangen. Seine Familie (Mutter und Geschwister) hätte ihn wegen seiner Homophobie verstoßen. Auf Nachfrage des Gerichts, dass er ausweislich der Ausländerakte am 16. Februar 2017 in Dänemark die polnische Staatsangehörige A... geheiratet haben soll, gab der Kläger an, dass diese tatsächlich seine damalige Freundin gewesen sei und er sie habe heiraten wollen. Sein Anwalt habe ihm jedoch gesagt, dass die Ehe nicht zustande gekommen sei. Zu Frau L...habe er bis heute Kontakt. Er wolle unverändert, dass diese ihn heirate, Frau L...wolle das auch. Letztes Jahr sei er Vater geworden. Die Mutter des Kindes sei eine kamerunische Staatsangehörige. Auf Vorhalt des Gerichts, dass es merkwürdig erscheine, dass er als Homosexueller eine Frau heiraten wolle und mit einer anderen Frau ein gemeinsames Kind habe, erklärte der Kläger, dass er sowohl an Frauen als auch an Männern interessiert sei. Er würde sowohl zu Frauen als auch zu Männern eine sexuelle Anziehung empfinden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. April 2016 aufzuheben und

die Beklagte zu verpflichten,

- den Kläger als Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG anzuerkennen,

- hilfsweise subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zuzuerkennen,

- höchst hilfsweise Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Bundesamtes und den auf Anforderung der Ausländerakte vom Oberbürgermeister der Stadt P...übersandten Ausdruck aus einem sog. Dokumentenmanagementsystem der Landeshauptstadt P...(vier geheftete Papierstapel) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Da der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 6. Februar 2017 gemäß § 76 Abs. 1 AsylG dem Berichterstatter zur Entscheidung übertragen worden ist, ist durch den Einzelrichter zu entscheiden. Da in der ordnungsgemäßen Ladung auf die Folgen eines Ausbleibens hingewiesen worden war, konnte ohne einen Vertreter der Beklagten verhandelt und entschieden werden (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Das Verfahren in einer entsprechenden Anwendung des § 94 VwGO bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über die vom Verwaltungsgericht Schleswig durch Beschluss vom 15. September 2020 - 13 A 663/19 -, juris, vorgelegten Fragen auszusetzen, ist nicht angezeigt. Die Vorlagegründe vermögen nicht zu überzeugen. Dass Art. 33 Abs. 2 lit. d) und Art. 40 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes auch mitgliedstaatübergreifende Folgeanträge erfassen und grundsätzlich keine durchgreifenden unionsrechtlichen Bedenken gegen die innerstaatliche Zweitantragsregelung des § 71 a Asyl bestehen, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung -soweit ersichtlich - unstreitig (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 22. Oktober 2018 - OVG 12 N 70.17 -, juris Rn. 7 und vom 13. Oktober 2020 - OVG 6 N 89.20 -, juris Rn. 7 ff.; OVG Bautzen, Beschluss vom 27. Juli 2020 - 5 A 638/19.A -, juris; VG Schleswig, a. a. O., juris Rn. 15 m. w. N.). Die vorliegende Klagebegründung verhält sich zu dieser Rechtsfrage gar nicht.

Die Klage ist hinsichtlich der Verpflichtungsanträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Zuerkennung subsidiären Schutzes bereits unzulässig. Es ist in der zutreffenden höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass nach der Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens bei Folge- und Zweitanträgen, die nach der heutigen Rechtslage gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als Unzulässigkeitsentscheidung ergeht, allein die (isolierte) Anfechtungsklage die statthafte Klageart ist. Ein Vorrang der Verpflichtungsklage besteht auch im Hinblick darauf, dass das von dem Kläger letztendlich verfolgte Ziel die Gewährung internationalen Schutzes (Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Zuerkennung subsidiären Schutzes) ist, nicht. Aufgrund der vom Gesetzgeber verstärkt betonten Bedeutung des behördlichen Asylverfahrens vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist das angerufene Verwaltungsgericht nicht befugt, im Falle einer rechtswidrigen Unzulässigkeitsentscheidung zugleich in der Sache über das Asylbegehren zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, BVerwGE 157, 18 ff. = juris Rn. 14 ff.).

Im Übrigen ist die Klage zulässig. Insbesondere ist sie fristgerecht erhoben worden. Ob sie entsprechend der dem Bescheid des Bundesamtes vom 25. April 2016 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung tatsächlich gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 i. V. m. §§ 71 a Abs. 4, 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides oder gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG - wegen des Verweises in § 36 Abs. 1 lediglich auf die nicht einschlägigen Nrn. 2 und 4 des § 29 Abs. 1 AsylG und nicht auf die einschlägige Nr. 5 - innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung zu erheben war (zum Streitstand vgl. insbesondere VGH München, Beschluss vom 16. Juli 2020 - 10 ZB 20.31374 -, juris Rn. 6; VG Regensburg, Beschluss vom 3. September 2020 - RN 14 S 20.31446 -, juris Rn. 18 ff.; OVG Bremen, Urteil vom 3. November 2020 - 1 LB 28/20 -, juris Rn. 58), ist nicht entscheidungserheblich, da auch die kürzere Wochenfrist gewahrt ist. Ausweislich eines Aktenvermerks im Verwaltungsvorgang des Bundesamtes ist der Bescheid erst am 29. April 2016 per Einschreiben zur Post gegeben worden. Damit gilt er gemäß § 4 Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) als am 2. Mai 2016 zugestellt, mit der Folge, dass die Wochenfrist bei Klageeingang am 9. Mai 2016 noch nicht abgelaufen war.

Soweit zulässig, ist die Klage unbegründet. Die Entscheidung des Bundesamtes, ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen (Ziffer 1 des Tenors des Bescheides vom 25. April 2016), ist rechtmäßig und verletzt den Kläger dadurch nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nach § 71 a Abs. 1 ist nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26 a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, auf einen im Bundesgebiet gestellten Asylantrag (Zweitantrag) ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) vorliegen.

Ein erfolgloser Abschluss des in einem anderen Mitgliedstaat betriebenen Asylverfahrens setzt voraus, dass der Asylantrag entweder unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nach Rücknahme des Asylantrags bzw. dieser gleichgestellten Verfahrensweisen endgültig eingestellt worden ist. Eine Einstellung ist nicht in diesem Sinne endgültig, wenn das (Erst-) Verfahren noch wiedereröffnet werden kann. Ob eine solche Wiedereröffnung bzw. Wiederaufnahme möglich ist, ist nach der Rechtslage des Staates zu beurteilen, in dem das Asylverfahren durchgeführt worden ist. Den negativen Abschluss des Erstverfahrens zu belegen, obliegt gemäß § 71 a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 1 AsylG im Rahmen der Amtsermittlungspflicht dem Bundesamt. Bloße Mutmaßungen genügen nicht. Welche Anforderungen im Einzelnen an den Umfang und die Tiefe der behördlichen Nachforschungspflicht des Bundesamtes zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles und insbesondere auch davon ab, ob der Asylbewerber seinen Mitwirkungs- und Darlegungspflichten nach § 71 a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. §§ 15 Abs. 1 Satz 1, 25 Abs. 1 Satz 1 AsylG nachgekommen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, BVerwGE 157, 18 ff. = juris Rn. 29 ff.; OVG Bautzen, Beschluss vom 27. April 2020 - 2 A 647/19.A -, juris Rn. 4; OVG Münster, Beschluss vom 2. April 2020 – 11 A 3991/19.A -, juris Rn. 10 ff.). Vorliegend hat das niederländische Ministerium für Sicherheit und Justiz mit Schreiben vom 31. Juli 2014 nicht nur mitgeteilt, dass sie im Rahmen der Bestimmungen der Dublin-III VO einen Transfer des Klägers in die Niederlande akzeptieren, sondern durch die Bezugnahme auf die konkrete Bestimmung des Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d) Dublin-III VO auch, dass in den Niederlanden bereits ein Asylantrag des Klägers abgelehnt worden sei. Dies steht in Übereinstimmung mit dem von dem Kläger bei seinem Asylgesuch bei der Bundespolizei in Düsseldorf selber gemachten Angaben, dass er bereits in den Niederlanden Asyl beantragt habe, dieser Antrag jedoch abgelehnt worden sei und er deshalb nach Deutschland weitergereist sei, um erneut einen Asylantrag zu stellen. Nach der Auskunft eines Liaisonbeamten des Bundesamtes vom 5. Januar 2016 soll der Kläger am 23. Dezember 2013 in den Niederlanden Asyl beantragt haben. Dieser Asylantrag sei dann nach einer materiellen Prüfung und einer Bewertung als unglaubhaft am 29. Dezember 2013 abgelehnt worden. Die Ablehnung durch das höchste Gericht datiere vom 21. Februar 2014. Am 13. Februar 2014 sei ein Folgeantrag gestellt worden, der am 30. April 2014 abgelehnt worden sei. Die Ablehnung durch das Gericht stamme vom 25. November 2014. Am 4. Juni 2014 sei der Kläger verzogen. Durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben bestehen nicht. Zwar ist der Kammer zu Aufgaben eines Liaisonbeamten, dessen Rechtsstellung, dem Dienstsitz, dem Zugang zu ausländischen Akten, erforderlichen Sprachkenntnissen und dergleichen nichts Näheres bekannt. Die Klageerwiderung ist - wie üblich - inhaltsleer. Die gerichtliche Verfügung gemäß § 95 Abs. 3 VwGO, zur mündlichen Verhandlung einen Beamten oder Angestellten zu entsenden, der mit einem schriftlichen Nachweis über die Vertretungsbefugnis versehen und über die Sach- und Rechtslage ausreichend unterrichtet ist, ist durch das Bundesamt missachtet worden. Die Angaben des Liaisonbeamten enthalten vorliegend bei aller Kürze der E-Mail jedoch hinreichend konkrete Mitteilungen zum Ablauf und Stand der Asylverfahren des Klägers in den Niederlanden, insbesondere auch unter Nennung konkreter Daten, in Anbetracht derer davon ausgegangen werden kann, dass dieser Zugang zu den Akten der niederländischen Asylverfahren hatte, diese auch tatsächlich eingesehen hat und auch über die dafür erforderlichen Kenntnisse der niederländischen Sprache verfügt. In Anbetracht all dessen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass zum Zeitpunkt des Asylgesuchs vom 22. Mai 2014 in den Niederlanden bereits rechtskräftig ein erster Asylantrag des Klägers abgelehnt war. Die nach anwaltlicher Beratung mit Schriftsatz vom 21. Januar 2016 erstmals gemachte Angabe, dass er - der Kläger - nicht wisse, ob das dortige Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen sei, ist unglaubhaft. Warum er sich nicht bei seinem niederländischen Prozessbevollmächtigten, dem auf Verwaltungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt S...in A..., nach dem Ausgang seiner dortigen Asylverfahren erkundigt, wenn er diese noch gar nicht kennt, bleibt unklar. Zu einer weiteren Klärung des Sachverhalts, beispielsweise durch Beiziehung der niederländischen Akten oder Ladung des Liaisonbeamten als Zeuge, besteht keine Veranlassung.

Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens bestehen zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) nicht. Nach § 71 a Abs. 1 AsylG i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben könnte (Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung (ZPO) gegeben sind (Nr. 3). Diese tatbestandlichen Voraus-setzungen sind nicht erfüllt.

Zwar genügt es für eine nachträgliche Änderung der Sachlage zugunsten des Betroffenen im Sinne der Nr. 1 1. Alt., dass der Asylbewerber eine Änderung der allgemeinen politischen Verhältnisse oder Lebensbedingungen im Heimatstaat oder der sein persönliches Schicksal bestimmenden Umstände im Verhältnis zu der früheren Asylentscheidung zugrunde gelegten Sachlage glaubhaft und substantiiert vorträgt. Schon die bloße Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufgreifensgründe ist genügend. Nicht von Bedeutung ist, ob der neue Vortrag im Hinblick auf das glaubhafte persönliche Schicksal des Antragstellers sowie unter Berücksichtigung der allgemeinen Verhältnisse im angeblichen Verfolgerland tatsächlich zutrifft, die Verfolgungsfurcht begründet erscheinen lässt und die Annahme einer relevanten Verfolgung rechtfertigt. Diese Prüfung hat im Rahmen eines neuen, mit den Verfahrensgarantien des Asylgesetzes ausgestatteten materiellen Anerkennungsverfahrens zu erfolgen. Lediglich wenn das Vorbringen des Antragstellers zwar glaubhaft und substantiiert, jedoch von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ungeeignet ist, zur Asylberechtigung beziehungsweise zur Zuerkennung internationalen Schutzes zu verhelfen, darf der Folge- oder Zweitantrag als unzulässig abgelehnt beziehungsweise die Unzulässigkeitsentscheidung gerichtlich bestätigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2019 - 2 BvR 1600/19 -, juris Rn. 20 f. m. w. N.). Auch ist zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass es in Kamerun nach den ersten Asylverfahren in den Jahren 2013 und 2014 zwischenzeitlich zu einer Verschärfung der innenpolitischen Lage gekommen ist und die Regionen der anglophonen Minderheit derzeit von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erschüttert werden (vgl. bereits Urteil der Kammer vom 17. Mai 2021 - VG 9 K 5112/16.A -, juris Rn. 27; VG Frankfurt [Oder], Urteil vom 24. September 2020 - VG 4 K 1471/16.A -, juris Rn. 42 ff.). Das Auswärtige Amt hat in seinem Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun vom 17. August 2020 (Stand: Juli 2020) u. a. ausgeführt, dass es in den beiden anglophonen Regionen North-West und South-West weiterhin zu erheblichen Menschenrechtsverletzungen durch kamerunische Sicherheitskräfte komme. Seit Oktober 2016 komme es dort immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen bzw. kriminellen Gruppierungen, die zu über 2.000 Toten und zahlreichen Verletzten sowie der Zerstörung von Infrastruktur (Straßen, Stromverbindungen, Schulen, sogar UNESCO-Welterbe) geführt hätten. Auslöser seien Demonstrationen und Streiks von Juristen, Schülern und Studenten gewesen, die sich gegen eine jahrzehntelange Benachteiligung der anglophonen Regionen durch die frankophone Zentralregierung richteten und verstärkte politische Teilhabe der anglophonen Regionen forderten. Eine Minderheit setze sich teilweise mit Gewalt für die Loslösung der beiden Regionen von Kamerun ein. Die beiden die Proteste ursprünglich tragenden Organisationen, die Cameroon Anglophone Civil Society (CACS) und die bereits 1994 gegründete separatistische „Southern Cameroons National Council“ (SCNC) seien am 17. Januar 2017 für illegal erklärt und verboten worden (vgl. insbesondere S. 5 und 8). Nach Angaben der Vereinten Nationen sollen bereits rund eine Million Menschen aus den Regionen South-West und North-West in andere Landesteile geflohen sein (vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unter https://www.bmz.de/de/laender/kamerun/land-in-der-krise-16366). Nach Ein-schätzung der Bundeszentrale für politische Bildung (vgl. Glund/ Mehler unter https://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/327306/kamerun) soll es sich seit Ende 2017 um einen separatistischen Bürgerkrieg handeln (umfassend zur Lage in den Minderheitsregionen: VG Frankfurt [Oder], Urteil vom 24. September 2020 - VG 4 K 1471/16.A -, juris Rn. 28 und 45 m. w. N.). Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ist davon auszugehen, dass der englischsprachige Kläger Angehöriger der anglophonen Minderheit ist.

Dieser innerstaatliche bewaffnete Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist vorliegend jedoch von vornherein ungeeignet, dem Kläger einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes zu begründen, da es sich aufdrängt, dass diesem auch die Möglichkeit eines internen Schutzes nach § 4 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 3 e AsylG zur Verfügung steht. Weshalb der Kläger den Unruhen und Übergriffen kamerunischer Sicherheitskräfte in den Regionen der anglophonen Minderheit - wie viele andere Binnenflüchtlinge auch - nicht auch durch eine Wohnsitznahme in einem anderen Landesteil Kameruns, beispielsweise in den Millionenstädten Douala und Yaoundé, entgehen könnte, ist nicht ansatzweise ersichtlich. Die Unruhen im anglophonen Teil Kameruns (sog. Ambazonien) sind regional begrenzt und beschränken sich im Wesentlichen auf die Regionen South-West und North-West. Der größte Teil Kameruns, dass insgesamt über 28 Millionen Einwohner hat und flächenmäßig größer als Deutschland ist, ist von den Unruhen nicht betroffen. Dass nach dem Kläger landesweit gefahndet werden könnte, ist auszuschließen. Eine landesweite Fahndung durch kamerunische Sicherheitsbehörden erfolgt nur ausnahmsweise (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 17. August 2020, S. 19). Die Vorstellung, dass mit Hilfe von Fahndungsplakaten wie dem in englischer Sprache abgefassten Aufruf „Wanted“ vom 5. Oktober 2013, die in Dienstgebäuden kamerunischer Sicherheitsbehörden, an Hauswänden, Bäumen oder anderswo angebracht werden, landesweit nach dem Kläger gesucht werden könnte, ist abwegig, zumal der Kläger nach eigenen Angaben bereits im Februar 2012, mithin vor über 9 Jahren, Kamerun verlassen haben will. Dass der Kläger außerhalb der Unruheregionen sein wirtschaftliches Existenzminimum auf einem Niveau, dass eine Verletzung des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht besorgen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Februar 2021 - 1 C 4.20 -, juris Rn. 27 ff.) nicht sichern könnte, ist auszuschließen, da dieser erst 31 Jahre alt und somit in einem erwerbsfähigen Alter ist. Damit ist es ihm ohne weiteres zumutbar, seinen Lebensunterhalt notfalls auch durch eine wenig attraktive und der Vorbildung nicht entsprechende Arbeit zu sichern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 2007 - 1 C 24.06 -, juris Rn. 11). Die von dem Kläger unternommenen Fernreisen nach Thailand und Ecuador sprechen für eine deutlich überdurchschnittliche finanzielle Leistungsfähigkeit. Dass in Kamerun bei erwerbsfähigen Personen in der Regel eine inländische Fluchtalternative besteht, entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. z. B. Urteil vom 1. März 2021 - VG 9 K 5180/16.A -; Beschlüsse vom 15. Mai 2020 - VG 9 L 393/20.A - und vom 9. Oktober 2020 - VG 9 L 871/20.A -; ferner VG Frankfurt [Oder], Urteil vom 24. September 2020 - 4 K 1471/16.A -, juris Rn. 58 m. w. N.).

Die dargelegten exilpolitischen Tätigkeiten vermögen hinsichtlich der Zuerkennung internationalen Schutzes nach §§ 3 ff. AsylG schon deshalb keine günstigere Entscheidung zu begründen, weil nicht ersichtlich ist, wie die für die Einreisekontrolle an den internationalen Flughäfen in Douala und Yaoundè zuständigen Stellen oder sonstige kamerunische Sicherheitskräfte von Tätigkeiten des Klägers in Deutschland hätten Kenntnis erlangen können. Soweit der Kläger an zwei Versammlungen vor der französischen Botschaft und an einer Versammlung vor der kamerunischen Botschaft in Berlin teilgenommen haben mag, wäre eine Identifizierung der Teilnehmer durch den kamerunischen Staat selbst dann ausgeschlossen, wenn - wie vom Kläger behauptet - ein Mitarbeiter der kamerunischen Botschaft Fotos von den Versammlungen und den Versammlungsteilnehmern gemacht haben sollte. Wie ein Abgleich einzelner erkennbarer Versammlungsteilnehmer mit den Lichtbildern aller Kameruner oder zumindest aller zur Fahndung ausgeschriebener Personen erfolgen könnte, ist nicht ansatzweise dargetan. Im Übrigen widmet der kamerunische Staat den Aktivitäten der Exilorganisationen bislang auch wenig Aufmerksamkeit. Im Gefolge des Konflikts in den anglophonen Regionen mag er sich zwar zunehmend auch für exilpolitische Aktivitäten der anglophonen Opposition interessieren. Zu einer staatlichen Verfolgung kamerunischer Staatsangehöriger wegen oppositioneller Tätigkeit im Ausland ist jedoch in den letzten Jahren nichts bekannt geworden (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 17. August 2020, S. 18 und 24).

Hinsichtlich der angeblichen Homosexualität des Klägers hat die Kammer zwar bereits entschieden, dass es sich bei Homosexuellen aus Kamerun um eine soziale Gruppe im Sinne des § 3 b Abs. 1 Nr. 4 AsylG handelt, denen regelmäßig nach §§ 3 ff. AsylG die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist, wenn eine entsprechende identitätsprägende sexuelle Orientierung glaubhaft gemacht ist (vgl. insbesondere Urteil vom 11. September 2019 - VG 9 K 3070/17.A -; ebenso VG Frankfurt [Oder], Urteile vom 19. März 2021 - VG 10 K 733/19.A -, juris und vom 3. Juni 2021 - VG 10 K 2/18.A -). Insoweit liegt jedoch keine Änderung der Sachlage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. VwVfG vor, da der Kläger nach eigenen Angaben seine ersten homosexuellen Erfahrungen bereits vor seiner Ausreise aus Kamerun in einem Gefängnis in Bamenda gemacht haben will. Damit hätte die angebliche sexuelle Orientierung bereits zum Gegenstand der ersten Asylverfahren in den Niederlanden gemacht werden können und müssen. Im Übrigen ist eine identitätsprägende Homosexualität auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auf Vorhalt des Gerichts, dass sich aus der Ausländerakte Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er versucht habe, in Dänemark eine Frau, die polnische Staatsangehörige A..., zu heiraten, selber eingeräumt, dass dies zutreffend sei, er mit einer anderen Frau, einer kamerunischen Staatsangehörigen, zwischenzeitlich auch ein gemeinsames Kind habe und er sich geschlechtlich gleichermaßen zu Frauen wie zu Männern hingezogen fühle. Dies ist mit der bis dahin gemachten Darstellung, homo- und nicht bisexuell zu sein, unvereinbar.

Eine nachträgliche Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. VwVfG ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Soweit man in neuen Erkenntnissen zur Lage in den Regionen der anglophonen Minderheit neue Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG erblicken mag, wären diese aus den bereits dargelegten Gründen einer bestehenden innerstaatlichen Fluchtalternative zumindest nicht geeignet, eine dem Kläger günstigere Entscheidung herbeizuführen. Zu Wiederaufnahmegründen nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ist ebenfalls nichts bekannt.

Der auf die Feststellung von Abschiebungsverboten gerichtete (hilfsweise) Verpflichtungsantrag ist unbegründet, da der Bescheid des Bundesamtes vom 25. April 2016 auch hinsichtlich der Ziffer 2 des Bescheidtenors rechtmäßig ist und den Kläger dadurch nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nach § 60 Abs. 7 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht (Satz 1). Dabei liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vor (Satz 3). Dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist, ist nicht erforderlich (Satz 4). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (Satz 5). Eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, ist vom Ausländer durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft zu machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten (Satz 2 i. V. m. § 60 a Abs. 2 c Satz 2 und 3 AufenthG). Diese tatbestandlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere ist eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Ausweislich der aktuellen fachärztlichen Stellungnahme der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Ernst von Bergmann Klinikums vom 9. Juni 2021 soll der Kläger nicht (mehr) an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10-Code: F 43.1) oder einer Somatisierungsstörung (F 45.0) leiden, sondern nur noch Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung und einer Somatisierungsstörung zeigen. Die bisher diagnostizierte rezidivierende Depression sei weitgehend remittiert. Die glaubhaft gemachten stationären Aufenthalte in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie vom 16. September bis zum 25. November 2014 und vom 25. November 2014 bis zum 4. Februar 2015 liegen bereits über sechs Jahre zurück. Danach hat sich der Kläger - soweit aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich - nur noch bis zum Januar 2017 in ambulanter Behandlung der Institutsambulanz befunden. Danach war er zumindest wegen psychischer Erkrankungen nicht mehr in ärztlichen Behandlung. Eine Versorgung mit Psychopharmaka ist über einen Zeitraum von über drei Jahren nicht mehr erfolgt. Erst am 27. Februar 2020 hat der Kläger erneut in der Institutsambulanz vorgesprochen. Diese Wiedervorstellung geschah ersichtlich im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren, nachdem der Kläger über seinen seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten am 17. Januar 2020 zu der zunächst auf den 22. April 2020 anberaumten mündlichen Verhandlung geladen worden war. Dass der Kläger bereits bei seiner Ausreise aus Kamerun durch dort erlittene traumaauslösende Ereignisse psychisch belastet gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich. Die nach der Ausreise nach einem vorübergehenden Aufenthalt in Nigeria unternommenen Fernreisen nach Thailand und Ecuador lassen gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht ansatzweise erkennen. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger auf das Gericht den Eindruck eines selbstbewussten Mannes gemacht, der ohne ersichtliche gesundheitliche Beeinträchtigungen seine Interessen zu vertreten wusste. Im Übrigen ist der Kläger bereits in dem Beschluss der 3. Kammer vom 12. August 2016 in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren VG 3 L 377/16.A darauf hingewiesen worden, dass psychische Erkrankungen grundsätzlich auch in Kamerun behandelbar sind. Eine Versorgung mit erforderlichen Medikamenten erfolgt überwiegend aus Frankreich, Indien und Nigeria. Grundsätzlich wird hierdurch ein weites Spektrum abgedeckt (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 17. August 2020, S. 20). Dass es in Kamerun keine gesetzliche Krankenversicherung oder kostenlose Gesundheitsversorgung gibt, ist unerheblich, da davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger im Vergleich zu anderen Kamerunern deutlich überdurchschnittlich leistungsfähig ist.

Aus den zu § 60 Abs. 7 AufenthG ausgeführten Gründen ist auch nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Klägers nach Kamerun im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG gegen die Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II, S. 685) verstoßen könnte.

Die in Ziffer 3 des Bescheidtenors verfügte Abschiebungsandrohung beruht auf § 71 a Abs. 4 AsylG i. V. m. §§ 34, 36 Abs. 1 AsylG und § 59 AufenthG. Dass die in Anwendung dieser Rechtsvorschriften gesetzte Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe mit unionsrechtlichen Vorgaben unvereinbar sein dürfte (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 C-181/16 -, NVwZ 2018, 1625 ff., „Gnandi“) ist unerheblich, da eine Verletzung der Pflicht, den Ausländer über die ihm nach dem Unionsrecht bis zur Entscheidung über die Klage zustehenden Verfahrens-, Schutz- und Teilhaberechte zu unterrichten, nicht zu einer Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung führt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2020 - 1 C 1.19 -, BVerwGE 167, 366 ff. = juris Rn. 29 ff. und ebenfalls vom 20. Februar 2020 - 1 C 19.19 -, juris Rn. 68 ff.; VGH München, Beschluss vom 16. Juli 2020 - 10 ZB 20.31374 -, juris Rn. 6).

Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG in der bis zum 20. August 2019 gültigen Fassung ist nicht streitgegenständlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylG.