Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 05.08.2021 | |
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Aktenzeichen | 13 WF 81/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0805.13WF81.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Beschwerde der betroffenen Jugendlichen wird der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 25.03.2021 - 54 F 160/20 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der betroffenen Jugendlichen wird Verfahrenskostenhilfe zur Rechtsverfolgung im Kinderschutzverfahren ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt und Rechtsanwältin C… F… in M… als Verfahrensbevollmächtigte zu den Bedingungen einer im Bezirk des Amtsgerichts Neuruppin niedergelassenen Rechtsanwältin beigeordnet.
I.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 22.12.2020 (Bl. 1 ff.) hat die betroffene Jugendliche die Einleitung eines Kinderschutzverfahrens zu ihren Gunsten angeregt und insoweit die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung der für sie allein ohne entsprechende Erklärung ihrer gesetzlichen Vertreter auftretenden Rechtsanwältin als Verfahrensbevollmächtigte beantragt. In der Sache hat sie die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und anderer Sorgerechtsteile auf einen Ergänzungspfleger angeregt, da ihre gemeinsam sorgeberechtigten Eltern den von ihr gewünschten Umzug vom Haushalt der Mutter in eine therapeutische Wohngruppe in B… ablehnten. Das daraufhin eingeleitete Kinderschutzverfahren hat das Amtsgericht nach schriftlicher und persönlichen Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 30.03.2020 eingestellt (Bl. 100R), nachdem die Jugendliche seit 19.01.2021 in der gewünschten Wohngruppe lebte (Bl. 84).
Mit der angefochtenen Entscheidung (Bl. 7 VKH-Heft) hat das Amtsgericht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, die betroffene Jugendliche sei gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG in Verfahren nach § 1666 BGB nicht verfahrensfähig und damit nicht zur wirksamen Beauftragung eines Rechtsanwalts, §§ 78 Abs. 2 FamFG, 106 ff. BGB imstande.
Der sofortigen Beschwerde der betroffenen Jugendlichen (Bl. 15), mit der diese auf die ihrer Auffassung nach bestehende Verfahrensfähigkeit hinweist, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 30.04.2021 (Bl. 23 VKH-Heft) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1. a) Die gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde, zu deren Einlegung die Beschwerdeführerin nach § 60 FamFG berechtigt ist, hat in der Sache Erfolg. Der betroffenen Jugendlichen, die ihre Verfahrenskostenarmut durch ihre Erklärung vom 22.12.2020 und Vorlage entsprechender Belege hinreichend nachgewiesen hat, ist Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung der sie vertretenden Rechtsanwältin als Verfahrensbevollmächtigte in dem ihre Person betreffenden Kinderschutzverfahren zu bewilligen.
Die betroffene Jugendliche ist in ihrer Geschäftsfähigkeit zur Beauftragung einer Rechtsanwältin für die Vertretung in einem sie selbst betreffenden Kinderschutzverfahren gemäß § 1666 BGB nicht beschränkt, da ihre Verfahrensfähigkeit gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zu bejahen ist. Auch wenn ein minderjähriges Kind grundsätzlich weder einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit einem Rechtsanwalt schließen noch diesem Verfahrensvollmacht erteilen kann, muss aufgrund des Sinns und Zwecks von § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG eine beschränkte Geschäftsfähigkeit Minderjähriger dahingehend angenommen werden, dass sie in Angelegenheiten, für die sie verfahrensfähig sind, einen Rechtsanwalt wirksam mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragen und in diesem Rahmen selbst für die Verfahrensführung Verfahrenskostenhilfe beantragen können (OLG Frankfurt, BeckRS 2020, 40266; OLG München, FamRZ 2019, 1706; OLG Schleswig, BeckRS 2018, 48075; OLG Hamburg, FamRZ 2018, 843; OLG Braunschweig, BeckRS 2016, 17960; OLG Bremen, BeckRS 2016, 120484; MüKo FamFG/Pabst, 3. Aufl. 2018 § 9 FamFG Rn. 6a).
b) Ob Jugendliche, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, in Fällen wie dem vorliegenden verfahrensfähig sind oder nicht, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG sind die nach bürgerlichem Recht beschränkt Geschäftsfähigen verfahrensfähig, soweit sie das 14. Lebensjahr vollendet haben und in einem Verfahren, das ihre Person betrifft, ein ihnen nach bürgerlichem Recht zustehendes Recht geltend machen.
Einheitlich bejaht wird die Verfahrensfähigkeit in Verfahren etwa, soweit eine Norm des BGB dem Minderjährigen eine eigenständige Rechtsposition einräumt, etwa im Fall der Geltendmachung des Umgangsrechts mit einem Elternteil (§ 1684 Abs. 1 BGB) und des Widerspruchsrechts des Kindes nach § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. OLG Frankfurt, a. a. O.; Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl. 2020 § 9 FamFG Rn. 12).
Streitig ist die Verfahrensfähigkeit in Verfahren, die ausschließlich Eingriffsbefugnisse des Gerichts regeln, wie der Ausschluss des Umgangsrechts gemäß § 1684 Abs. 4 BGB (Keidel/Sternal a. a. O.) oder gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls, § 1666 BGB (OLG Frankfurt, a. a. O.; OLG München a. a. O.; ).
Insoweit wird vertreten, die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG auf diese Verfahren verkenne Rechtsnatur und Umfang dieser Regelungen. Aus der Möglichkeit, die Einleitung eines Verfahrens anzuregen, über dessen Eröffnung nach § 24 FamFG das Gericht von Amts wegen entscheide, folge kein subjektives Recht des von den Maßnahmen Betroffenen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Vielmehr stellten die Eingriffsbefugnisse gemäß §§ 1666, 1684 Abs. 4 BGB Konkretisierungen des verfassungsrechtlichen Kinderschutzes aus Art. 6 GG dar, die isoliert keine Unterlassungs- oder Verpflichtungsansprüche gewährten. Das Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung richte sich zwar auch gegen die Eltern, folge aber unmittelbar aus der Verfassung und sei kein nach bürgerlichem Recht durchsetzbarer Anspruch (BVerfG FamRZ 2008, 845 Rz. 72f.; Staudinger/Coester, BGB (2020), Stand 06.07.2021, § 1666 Rn. 257). Auch das in § 1631 Abs. 2 BGB statuierte Recht auf gewaltfreie Erziehung gewähre keinen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch (vgl. BT-Drs. 14, 1247,5). Zur Umsetzung dieser Rechte bedürfe es der Einleitung von Verfahren nach § 1666 BGB, in denen die Voraussetzungen für Eingriffe in das elterliche Sorgerecht zu prüfen seien (Heilmann/Fink, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 1631 BGB Rn. 24 für das Recht auf gewaltfreie Erziehung).
Die Wahrnehmung der Interessen der beteiligten Minderjährigen sei in diesen Verfahren über die Kindesanhörung (§ 159 FamFG) und die Bestellung eines Verfahrensbeistands (§ 158 FamFG) gewährleistet, wobei das Gesetz die Beteiligung des Kindes bewusst dem Schutz- und Fürsorgegedanken unterstelle und keine Parteivertretung erfolge (Köhler, ZKJ 2018, 50, 52). Eine zu weit gefasste Verfahrensfähigkeit sei weder mit diesen Vorgaben noch mit dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG vereinbar.
Nach dem Wortlaut der Norm bedürfe es einer konkret im materiellen bürgerlichen Recht gewährten Rechtsposition der Minderjährigen, der allgemeine Anspruch auf Beteiligung und Anhörung genüge hierzu nicht (OLG Koblenz, FamRZ 2019, 706f.). Eine eigenständige Verfahrensfähigkeit beschränkt Geschäftsfähiger zur Geltendmachung materieller Rechte sei in den Entwurfsfassungen zu § 9 FamFG zunächst nicht vorgesehen gewesen (vgl. BT-Drs. 16/6308, 17; BT-Drs. 16/9733, 26; zum Gesetzgebungsprozess siehe Heiter, FamRZ 2009, 85ff.). § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG sei im Gesetzgebungsverfahren eingefügt worden, um Jugendlichen eine eigenständige Geltendmachung im materiellen bürgerlichen Recht eingeräumter Widerspruchs- und Mitwirkungsrechte (zB § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB) zu ermöglichen und damit die notwendige Akzessorietät zwischen materiellem Recht und Verfahrensrecht herzustellen (vgl. BT-Drs. 16/9733, 352; Heilmann/Köhler, Praxiskommentar a. a. O. § 9 FamFG Rn. 4; Pabst, a. a. O. § 9 FamFG Rn. 6; Schael, FamRZ 2009, 265). Der Umkehrschluss, dass solche subjektiven Mitwirkungsrechte in sämtlichen kindschaftsrechtlichen Verfahren bestünden, lasse sich hieraus jedoch nicht ziehen (so aber Burghart, FamRZ 2019, 1029). Das Auseinanderfallen der Verfahrensfähigkeit für erstinstanzliche Verfahren und der Regelung zur Beschwerdebefugnis in § 60 FamFG (hierzu auch OLG Schleswig, FamRZ 2019, 1700; Schael, FamRZ 2009, 265) sei durch den Gesetzgeber gewollt oder zumindest bewusst hingenommen worden (OLG Frankfurt a. a. O.).
Weiter wird argumentiert, eine extensive Auslegung der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zugunsten der Verfahrensfähigkeit Jugendlicher werde dem allgemeinen Schutzcharakter eines Kindschaftsverfahrens nicht gerecht. Bei Bejahung der Verfahrensfähigkeit müssten dem Jugendlichen in einem seine Person betreffenden Kindeswohlgefährdungsverfahren sämtliche Abschriften der Schriftsätze seiner Eltern, Stellungnahmen der Fachkräfte und Gutachten zugänglich gemacht werden. Dadurch würde der Jugendliche in die formelle und materielle Konfliktlage zwischen staatlichem Schutzauftrag und Elternrecht involviert, was mit dem den Kindschaftsverfahren zugrundeliegenden Schutzgedanken nicht vereinbar sei (OLG München a. a. O.).
c) Demgegenüber vertritt eine andere Auffassung, § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG weise dem Jugendlichen die Verfahrensfähigkeit für Kindschaftssachen gemäß § 151 FamFG allgemein zu (OLG Braunschweig, a. a. O.). Der Jugendliche sei unbeschränkt zu beteiligen, und zwar nicht erst auf sein Anfordern. Er stehe in seiner Handlungsfähigkeit den anderen Beteiligten gleich (Burghart, FamRZ a. a. O.; ders. in BeckOGK, BGB, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand 01.05.2021, § 1666 Rn. 160 ff.).
Die Auslegung der Vorschrift nach ihrem Wortlaut ergebe, dass es sich bei den dem Jugendlichen nach bürgerlichem Recht zustehenden Rechten um einen formalen Verweis auf das BGB und seine materiellen Nebengesetze handele. Wäre die Abgrenzung des bürgerlichen Rechts zum sonstigen Privatrecht (Handels- und Gesellschaftsrecht) und insbesondere zum öffentlichen Recht gemeint, schiede ein weiter Kreis typischer Kindschaftssachen - nämlich die dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Eingriffstatbestände der §§ 1666, 1684 BGB - aus. § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG verweise auf Verfahren, in denen ein die Person des Kindes betreffendes Recht mit einer Rechts- oder Anspruchsgrundlage im bürgerlichen Recht Gegenstand der Entscheidung sein könne. Diese Verfahren dienten dazu, ein Recht des Kindes - neben anderen - geltend zu machen, also durchzusetzen. Dies gelte sowohl für den Schutzanspruch aus der elterlichen Sorge als auch für den Gefahrenabwehranspruch gegenüber dem Staat und das Recht, nur von den eigenen Eltern gepflegt und erzogen zu werden. Bezugspunkt des nach § 1666 BGB geführten Verfahrens sei die elterliche Sorge, § 1626 BGB, und damit ein nach bürgerlichem Recht dem Kind zustehendes Recht (Senat, FamRZ 2014, 1649; Burghart, BeckOGK, a. a. O. Rn. 160f.; ders. FamRZ a. a. O.).
Die Auslegung der Vorschrift nach ihrer systematischen Stellung im Normzusammenhang führe ebenfalls zur Annahme einer generellen Verfahrensfähigkeit des Jugendlichen im Kinderschutzverfahren. Allein diese Auslegung vermeide ansonsten entstehende zahlreiche System- und andere Widersprüche, etwa Unsicherheiten, ob einzelne Erklärungen das Merkmal erfüllten, der Geltendmachung eines nach bürgerlichem Recht bestehenden Rechts zu dienen. Nach der Gegenmeinung würden Probleme hingegen vermehrt, wenn verfahrensrechtlich einzelne Erklärungen des Jugendlichen für wirksam gehalten würden, materiell-rechtlich aber unter dem Zustimmungsvorbehalt des gesetzlichen Vertreters stünden (§ 1746 Abs. 1 Satz 3 BGB). Hätte § 9 FamFG dem Kind nur die Möglichkeit einräumen wollen, trotz genereller Verfahrensunfähigkeit einzelne Erklärungen abzugeben, so hätte es der ansonsten üblichen Regelungstechnik entsprochen, eine Liste einzelner Ausnahmen vorzusehen, wie etwa bei § 57 FamFG (Burghart in BeckOGK, a. a. O. Rn. 161). Die weite Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG führe zwar im Zusammenspiel mit § 60 FamFG zu einer Dopplung insoweit, als es der Einräumung eines Beschwerderechts nicht bedarf, wenn bereits § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG die generelle Verfahrensfähigkeit Jugendlicher anordnet. Derartige Doppelungen bestünden jedoch auch in anderen Regelungsbereichen, etwa in § 7 ff. FamFG, und würden hingenommen (Burghart FamRZ a. a. O.). § 60 FamFG wiederhole nur die Verfahrensfähigkeit des mindestens 14 Jahre alten, nicht geschäftsunfähigen Minderjährigen in persönlichen Angelegenheiten (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG) für das Beschwerdeverfahren, helfe jedoch nicht über das Erfordernis einer Beeinträchtigung in eigenen Rechten hinweg (Senat, a. a. O.).
Dieses Auslegungsergebnis entspreche auch den objektive erkennbaren Zielen und Zwecken des gesetzlichen Regelungsprogramms. Dem denkbaren Einwand, die generelle Verfahrensfähigkeit Jugendlicher verfehle den Zweck, die Durchsetzung der Interessen und Rechte der Jugendlichen zu verbessern und sie von etwa gegenläufigen Interessen der beteiligten Erwachsenen unabhängig werden zu lassen, sei entgegenzuhalten, dass der verfahrensfähige Jugendliche durch die Verfahrensfähigkeit nicht etwa schutz- und rechtlos werde. Ihm sei ein Verfahrensbeistand zu bestellen (§ 158 FamFG) und er könne sich eines Bevollmächtigten bedienen, § 10 Abs. 2 FamFG (Burghart, FamRZ a. a. O.). Weiter sei von einer Erweiterung der Verfahrensfähigkeit der Jugendlichen keine erkennbar größere Beeinträchtigung zu befürchten als von deren Verneinung. Im Gegenteil könne das Verfahren für einen Jugendlichen erheblich belastender sein, wenn er auf dessen Verlauf nicht selbständig einwirken könne (OLG Schleswig a. a. O.).
Auch stehe die Entstehungsgeschichte der Vorschrift dieser Auslegung nicht entgegen. Den Beschlussempfehlungen und dem Bericht des Rechtsausschusses sei der Wille zur Erweiterung der Verfahrensfähigkeit des Kindes, das das 14. Lebensjahr vollendet habe, zu entnehmen, wenn es dort heiße, die Vorschrift erlaube dem Kind die eigene Geltendmachung materieller Rechte im kindschaftsrechtlichen Verfahren, das seine Person betrifft, ohne Mitwirkung seiner gesetzlichen Vertreter (OLG Schleswig, a. a. O.). Den Begründungserwägungen sei nicht zu entnehmen, dass über das „verfahrensrechtliche Korrelat zur materiellrechtlichen Widerspruchs- und Mitwirkungsrechten“ hinaus eine Erweiterung der Verfahrensfähigkeit ausgeschlossen sein solle, zumal eine Beschränkung des Anwendungsbereichs auf kindschaftsrechtliche Verfahren nicht zu erkennen sei (Burghart, BeckOGK a. a. O. Rn. 161; FamRZ a. a. O.).
d) Der Senat folgt der letztgenannten Ansicht.
Der Wortlaut der Vorschrift steht ihrer Auslegung im Sinne einer umfassenden Verfahrensfähigkeit Jugendlicher nicht entgegen. Dem Kind stehen im Rahmen der im bürgerlichen Recht geregelten elterlichen Sorge, §§ 1626 ff. BGB, eigene Rechte zu. Da das Wohl des Kindes Schutzgut des § 1666 BGB ist, steht dem Kind ein Schutzanspruch aus der elterlichen Sorge, ein Gefahrenabwehranspruch gegenüber dem Staat und das Recht, nur von den eigenen Eltern erzogen und gepflegt zu werden, zu (BGH NJW 2011, 3454; Senat, a. a. O.; Burghart in BeckOGK a. a. O. Rn. 161). Das bürgerliche Recht, das § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG als Rechtsquelle verlangt, ordnet selbst das Recht des Kindes gegenüber den Eltern, und es ergänzt das verfassungsrechtliche Verhältnis des Kindes gegenüber dem Staat (Art. 6 Abs. 2 GG) mit einfachem Recht. Daraus folgt die umfassende Rechtsmacht des Kindes, alle Verfahrenshandlungen selbst vorzunehmen. Etwas anderes - etwa eine Beschränkung auf die Möglichkeit, einzelne Erklärungen abzugeben - ist weder mit dem Wortlaut der Vorschrift noch mit ihrer Entstehungsgeschichte zu vereinbaren.
Insbesondere aber ist ein gegen eine umfassende Verfahrensfähigkeit des Jugendlichen in den seine Person betreffenden Verfahren vorgebrachter Widerspruch einer derartigen Auslegung zum Schutzcharakter der §§ 1666 ff. BGB (so OLG München, a. a. O.) nicht gegeben. Der Umstand, dass dem Jugendlichen der gesamte verfahrensgegenständliche Schriftverkehr übersandt und er über alle Aspekte, die von den anderen Verfahrensbeteiligten auf - und in das Verfahren eingeführt werden, informiert werden muss, stellt keine Beeinträchtigung seines Wohls dar, zumal er die Wahl hat, sich mit den übersandten Schriftstücken zu befassen oder nicht. Die Möglichkeit der aktiven Einflussnahme auf das Verfahren eröffnet dem Jugendlichen vielmehr die Chance, sich nicht als ohnmächtiges Objekt des zwischen den Erwachsenen geführten Streits empfinden zu müssen. Dies wiegt die sich aus der mit der Verfahrensfähigkeit verbundenen Information ergebenden Nachteile im Lichte dessen auf, dass sich auch im Übrigen die Stellung des Jugendlichen durch die Verfahrensfähigkeit nicht verschlechtert, da §§ 158 ff. FamFG gleichermaßen auch in diesen Fällen anzuwenden sind.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, §§ 76 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in Ansehung der Verfahrensfähigkeit Jugendlicher in ihre Person betreffenden Verfahren nach § 1666 BGB zugelassen, §§ 76 Abs. 1 FamFG, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.