Gericht | OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 08.07.2021 | |
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Aktenzeichen | 9 WF 152/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0708.9WF152.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 18. Mai 2021 – Az. 54 F 134/20 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Mutter zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf bis 3.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1.
In dem zugrunde liegenden Kindschaftsverfahren hatten die Eltern gegenläufig auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts für die gemeinsamen Kinder und der Vater zudem auf Übertragung des Rechts zur alleinigen Regelung der Schulangelegenheiten der Kinder angetragen. Das Verfahren wurde nach Einholung einer schriftlichen gutachterlichen Stellungnahme der Sachverständigen L… mit ergänzenden mündlichen Ausführungen im Anhörungstermin am 3. Mai 2021 unstreitig durch Erledigung in der Hauptsache beendet, nachdem der Vater dem Umzug der Mutter mit den Kindern und deren Anmeldung in der Grundschule in S… zugestimmt hat. Mit Beschluss vom 18. Mai 2021 hat das Amtsgericht die entstandenen Gerichtskosten den Eltern jeweils hälftig auferlegt und ferner angeordnet, dass eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht stattfinde.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 1. Juni 2021 eingegangene Beschwerde der Mutter, mit der sie mit näheren Ausführungen erreichen möchte, dass die Gerichtskosten vom Vater allein zu tragen sind.
Der Vater verteidigt die angefochtene Entscheidung.
2.
Die isolierte Kostenbeschwerde der Mutter ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG statthaft und in zulässiger Weise (§§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG) eingelegt worden, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
Im hier vorliegenden Fall einer Erledigung des zugrunde liegenden Kindschaftsverfahrens in sonstiger Weise (§ 83 Abs. 2 FamFG) richtet sich die Kostenentscheidung nach § 81 FamFG.
Soweit die Mutter (schon/auch) die Erledigung des Verfahrens ohne gerichtliche Entscheidung in der Sache selbst zumindest zum Aufenthaltsbestimmungsrecht beanstandet, kann dies nicht Gegenstand der Überprüfung durch den Beschwerdesenat sein, die sich auf die getroffene Kostenentscheidung konzentrieren muss. Nur höchst vorsorglich und der Vollständigkeit halber wird allerdings darauf hingewiesen, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für eine etwa weiterhin begehrte Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts grundsätzlich fehlen wird, wenn – wie hier schlussendlich - Einigkeit zum Lebensmittelpunkt der Kinder besteht.
Ausgehend von einer unstreitigen Erledigung des Verfahrens in sonstiger Weise im Sinne von § 83 Abs. 2 FamFG ist die Kostenentscheidung auf der Grundlage von § 81 FamFG zu treffen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die Kosten des Verfahrens, also die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen, § 80 FamFG, den Beteiligten nach billigem Ermessen ganz oder zum Teil auferlegen oder von der Erhebung von Kosten absehen.
Der – als weitere Tatsacheninstanz – zu einer eigenen Ermessensentscheidung berufene Beschwerdesenat (vgl. dazu BGH FamRZ 2014, 744 – Rdnr. 17 bei juris; FamRZ 2017, 50 – Rdnr. 34 bei juris) tritt der Kostenentscheidung des Amtsgerichts in dem angefochtenen Beschluss (nur) im Ergebnis bei; der dort als tragend zugrunde gelegten Erwägung fortgesetzt gestörter Elternkommunikation misst der Senat indes keine maßgebliche Bedeutung bei. Allerdings bestehen für eine alleinige oder zumindest (deutlich) überwiegende Kostenbelastung des Vaters mit den – der Höhe nach entscheidend durch die Entschädigung der Sachverständigen (nach Lage der Akten bisher knapp 5.100 EUR) und sodann auch durch die Aufwendungen für den Verfahrensbeistand von 700 EUR und nur nachrangig durch die Gerichtsgebühren von voraussichtlich 54 EUR geprägten – Gerichtskosten keine tragfähigen Gründe.
Dabei ist voranzuschicken, dass nach allgemeiner Meinung in der Rechtsprechung und Literatur in Kindschaftsverfahren grundsätzlich Zurückhaltung bei einer besonderen Belastung eines Elternteils mit den gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des zugrunde liegenden Verfahrens geboten ist (vgl. Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Aufl., § 81 Rdnr. 48 Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 81 FamFG Rdnr. 6; OLG Hamm FamRZ 2018, 1669; OLG Düsseldorf FamRZ 2018, 450; Brandenburgisches Oberlandesgericht – 2. Familiensenat, Beschluss vom 26. Juni 2014, Az. 10 WF 71/14; OLG Köln MDR 2012, 289; KG MDR 2012, 473). Damit wird in Kindschaftssachen dem Umstand Rechnung getragen, dass die Eltern bei der gerichtlichen Durchsetzung ihres Begehrens jedenfalls auch das Kindeswohl im Auge haben, so dass die Anordnung einer Kostenerstattung die Ausnahme sein soll (FamVerf/Gutjahr, § 2 Rdnr. 204). Derartige Verfahren sind regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass die Beteiligten subjektiv sehr unterschiedliche Sichtweisen haben, was erhebliches Konfliktpotential birgt und häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führt. Die eindeutige Verantwortlichkeit nur eines Beteiligten dafür, dass es zu dem Verfahren und damit zu Kosten gekommen ist, lässt sich regelmäßig nicht feststellen (Brandenburgisches Oberlandesgericht – 2. Familiensenat, Beschluss vom 16. Januar 2014, Az. 10 WF 221/13).
Im vorliegenden Fall sind keine Umstände dafür gegeben, abweichend vom Grundsatz der Zurückhaltung in Familiensachen die Gerichtskosten überwiegend oder insgesamt dem Vater aufzuerlegen. Eines der Regelbeispiele des § 81 Abs. 2 FamFG, wonach das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen soll, ist nicht gegeben. Weder hat der Vater durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben (§ 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG) noch hatte sein Antrag erkennbar von vornherein keine Aussicht auf Erfolg (§ 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG). Die Erfolgsaussicht fehlt in diesem Sinne nur dann von vornherein, wenn die abschlägige gerichtliche Entscheidung sofort und ohne Anhörung eines weiteren Beteiligten möglich ist (Zöller, a.a.O., § 81 FamFG Rdnr. 9; OLG Hamm FamRZ 2014, 686). So verhielt es sich hier ersichtlich nicht. Es war keineswegs von vornherein klar, dass dem das Verfahren einleitenden Antrag des Vaters jegliche Aussicht auf Erfolg fehlte. Er ist neben der Mutter die bedeutendste Bezugsperson der Kinder und konnte die räumlich-soziale Kontinuität der Kinder und den fortgesetzten Schulbesuch N… am bisherigen Wohnort sicherstellen, die die Mutter mit dem Umzug zu verändern beabsichtigte. Beide Eltern haben im hier zugrunde liegenden Verfahren für ihren Standpunkt gute – vorrangig am Kindesinteresse orientierte – Argumente gefunden. Im Verfahren wurde - mit ausdrücklichem Einverständnis beider Eltern und des Jugendamts und der Empfehlung der Verfahrensbeiständin schon in dem vorangegangenen einstweiligen Anordnungsverfahren folgend - ein Sachverständigengutachten beauftragt. Beide Eltern haben an der Begutachtung mitgewirkt; die Sachverständige gelangt nach einer ausdrücklich „schwierige(n) Abwägung“ zu einer Schlussempfehlung, die sich nicht aufdrängte, sondern als „größtmögliche Schadensbegrenzung in dieser Situation“ einzuordnen sei.
Bei dieser Sachlage verbietet es sich, den Vater übermäßig oder gar allein an den Gerichtskosten des Verfahrens zu beteiligen.
Der Hinweis auf (vermeintliches) Fehlverhalten des Vaters im Zusammenhang mit anderen gerichtlichen Verfahren in der Vergangenheit ist unbehelflich. Der Gesetzgeber hat mit der Kostenverteilung nach Billigkeitsgesichtspunkten bewusst eine Kostenverteilung abweichend vom Ausgang des Verfahrens unter Würdigung des Verhaltens der Beteiligten im - konkret zugrunde liegenden - Verfahren als Maßstab gewählt. Soweit die Mutter ausführt, die vom Familiengericht angeführten Kommunikationsstörungen seien allein vom Vater zu verantworten, kann das eine andere Kostenentscheidung nicht tragen, weil der Senat diesem Argument tatsächlich keine erhebliche Bedeutung beimisst. Es ist auch keineswegs verwerflich, dass der nach Lage der Akten ernsthaft um den Fortbestand seiner Betreuungsanteile und Beziehung zu den Kindern nach einem Umzug an einen 70 km entfernten Wohnort besorgte Vater sein Mitsorgerecht auch hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts nicht aufgeben möchte und deshalb – der Empfehlung der Sachverständigen folgend – zur Vermeidung einer Zuweisung desselben an die Mutter nunmehr dem Umzug und der Um-/Einschulung am neuen Wohnort zustimmt. Belastbare Anknüpfungstatsachen dafür, dass dem Vater gar nicht an den Kindern gelegen, sondern es nur darum gegangen wäre, einen Machtkampf auszufechten und der Mutter „eins auszuwischen“, lassen sich nicht finden. Die daneben kritisierte Verfahrensführung durch das Amtsgericht kann kein Grund sein, den Vater in besonderer Weise mit Gerichtskosten zu belasten. Gleiches gilt für den Umstand, dass diesem Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist die Richtigkeit dieser Entscheidung (oder der ablehnenden Entscheidung zum Verfahrenskostenhilfegesuch der Mutter) kann nicht über den Umweg der Anfechtung der Kostenentscheidung in Frage gestellt werden.
3.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens hat sich am Wert der Kosten der I. Instanz zu orientieren, die die Mutter aufgrund der beantragten Änderung der Kostenentscheidung einsparen würde (hier die Befreiung von der Hälfte der nach Lage der Akten mit knapp 6.000 EUR entstandenen Gerichtskosten, vgl. oben).
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 FamFG) liegen nicht vor.