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Entscheidung 15 UF 211/19


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 3. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 15.07.2021
Aktenzeichen 15 UF 211/19 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:0715.15UF211.19.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der am 4. Juli 2019 verkündete Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Potsdam – 44a F 66/14 – hinsichtlich der Nrn. 3 und 4 der Beschlussformel abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin als Zugewinnausgleich einen Betrag in Höhe von 288.520,13 € nebst Zinsen in Höhe von5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 60.070,96 € seit dem 18. Dezember 2020 zu zahlen. Der weitergehende Antrag der Antragstellerin auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs wird abgewiesen.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab Rechtskraft der Scheidung einen bis einschließlich 31. Dezember 2026 befristeten nachehelichen Unterhalt wie folgt, den zukünftigen jeweils monatlich im Voraus bis zum Ersten eines jeden Monats, zu zahlen:

- 1.529,87 € monatlich ab Rechtskraft der Scheidung bis einschließlich Dezember 2023,

- 1.000 € monatlich von Januar 2024 bis einschließlich Dezember 2026.

Der weitergehende Antrag der Antragstellerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts wird abgewiesen.

Die weitergehende Beschwerde der Antragstellerin und die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners werden zurückgewiesen.

Es bleibt bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden ebenfalls gegeneinander aufgehoben.

Der Beschwerdewert wird auf 463.941,12 € festgesetzt. Davon entfallen auf die Beschwerde 330.664,88 € (= Zugewinnausgleich 299.928,88 € + nachehelicher Unterhalt 30.736 €) und auf die Anschlussbeschwerde 133.276,24 € (= Zugewinnausgleich 111.752,24 € + nachehelicher Unterhalt 524 € + Scheidung 21.000 €).

Gründe

A.

Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Scheidungsverbundverfahren auf Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt in Anspruch.

Die Beteiligten haben am ...1994 geheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder Pa…, geboren am ...1996, und P…, geboren am …1998, hervorgegangen. Die Trennung erfolgte im Jahr 2012, und zwar jetzt unstreitig am 09.11.2012. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin ist dem Antragsgegner am 01.04.2014 zugestellt worden.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 04.07.2019 hat das Amtsgericht die Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 228.429,17 € sowie monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.160 €, befristet bis zum 31.12.2020, zu zahlen. Die weitergehenden Zahlungsanträge der Antragstellerin hat es zurückgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Im Scheidungsausspruch ist der Beschluss seit dem 18.12.2020 rechtskräftig.

Gegen diesen Beschluss wenden sich die Antragstellerin mit der Beschwerde und der Antragsgegner mit der Anschlussbeschwerde.

Die Antragstellerin trägt vor:

[Zugewinnausgleich]

Im Rahmen des Zugewinnausgleichs habe das Amtsgericht ihr Anfangsvermögen zu niedrig angesetzt. Ihr Miteigentumsanteil zu einem Drittel an dem Grundstück in Fr... habe unstreitig 374.947,38 € betragen. Dieser Wert sei auch anzusetzen. Belastungen in Abteilung III des Grundbuchs minderten den Wert der Immobilie nicht, soweit sie - wie hier -zur Sicherung von Drittverbindlichkeiten dienten.

Etwa vier Monate nach der Eheschließung, am ...1994, sei das Grundstück in Fr... durch sie und ihre Geschwister verkauft worden. Man habe dem Vater eine Verkaufsvollmacht erteilt. Der Kaufpreis sei auf ihr Konto und diejenigen der Geschwister geflossen. Der insoweit erlöste Betrag von 2,2 Millionen DM habe teilweise, nämlich in Höhe von 600.000 DM, dem Vater dafür überlassen werden sollen, dass er ursprünglich in den Jahren 1977 bis 1979 auf dem Grundstück Gebäude und Werkhallen errichtet habe. Nach Kaufpreiseingang habe zwischen den Geschwistern und dem Vater die Darlehensabrede bestanden, dass jedes der drei Geschwister dem Vater dessen anteiligen Kaufpreis zur Ablösung seiner Darlehen und Löschung der Grundschulden überlasse. Dabei habe das Darlehen jeweils innerhalb von drei Jahren vom Vater zurückgeführt werden sollen. Es sei ein Zinssatz von 7 % jährlich vereinbart worden. Das Darlehen sei letztlich vom Vater auch zurückgeführt worden.

Zu Unrecht habe das Amtsgericht beim Endvermögen des Beschwerdegegners Zurechnungen gemäß § 1375 Abs. 2 BGB lediglich in Höhe von 25.000 € vorgenommen. Tatsächlich bestehe auf Seiten des Antragsgegners zwischen Trennung und Stichtag eine Vermögensminderung in Höhe von 174.142,90 €. Die Vermutung, dass dies auf illoyalem Verhalten beruhe, habe er nicht widerlegt. Zahlreiche Überweisungen seien zum Schein auf andere Konten getätigt worden, ohne dass ein echter Vermögensabfluss erfolgt sei. Pauschale Hinweise auf übliche Kosten für den Lebensunterhalt reichten nicht, um die Vermutung illoyalen Vermögensabflusses zu widerlegen. Zahlreiche der behaupteten Zahlungen des Antragsgegners seien zu bestreiten.

Ihr selbst seien keine Beträge wegen illoyaler Vermögensminderung zuzurechnen. Ihre Ausgaben dienten dem Lebensunterhalt. Der einzige größere Ausgabeposten sei eine Urlaubsreise mit den Kindern in die Türkei gewesen.

[nachehelicher Unterhalt]

Zu Unrecht habe das Amtsgericht ihr bei der Bemessung des Unterhalts ein fiktives Einkommen aus Kapitalerträgen zugerechnet. Auf das private Vermögen habe sie nach der Trennung zurückgreifen müssen. Der Antragsgegner habe Trennungsunterhalt ledig in Höhe von 2.000 € gezahlt. Dem hätten schon Mietkosten für die von ihr und den beiden Kindern in P… bewohnte Wohnung in Höhe von 1.500 € sowie Aufwendungen für die persönliche Krankenversicherung gegenübergestanden. Ab Mai 2016 habe der Antragsgegner nur noch Trennungsunterhalt in Höhe von 1.375 € gezahlt. Unter diesen Umständen sei sie unterhaltsrechtlich nicht verpflichtet gewesen, eine Immobilie zu erwerben, aus der sie Mieteinnahmen hätte erzielen oder eigenen Wohnbedarf decken können. Da sich der Antragsgegner gegen Unterhaltsansprüche gewehrt habe, habe sie sich subjektiv in einer unsicheren Versorgungslage befunden. Finanz- und Immobilienanlagen erschienen ihr als risikobehaftete Geschäfte, deren Entwicklung sie nicht habe beurteilen können. Demgegenüber verfüge der Antragsgegner über den Wert seiner Anwaltskanzlei, die sowohl einen Wert an sich darstelle als auch die Erzielung von Einkünften ermögliche. Ferner verfüge der Antragsgegner über Immobilieneigentum als Wohneigentum und Eigentumsanteile an der Gewerbeimmobilie. Sie hingegen sei auf ihr Vermögen auch zur Alterssicherung angewiesen, da sie aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich keinen Ausgleich an Anwartschaften erhalte.

Dem Antragsgegner sei ein Wohnvorteil zuzurechnen, da dies das Gegenstück zu ihren Mietzahlungen sei. Eine Instandhaltungsrückstellung sei nicht abzusetzen. Vorsorgeaufwendungen für die angegebene (1...) Lebensversicherung könnten nicht berücksichtigt werden, da sich der Antragsgegner insoweit Kapitalerträge habe auszahlen lassen.

Mit dem Zerfall der Familie sei sie in eine sehr schwere psychische Krise geraten und habe sich von September 2013 bis März 2016 kontinuierlich in psychotherapeutischer Behandlung befunden. Deshalb sei daran gehindert gewesen, ihre Zukunftsplanung in die Hand zu nehmen. Auch habe Ungewissheit darüber bestanden, wo zukünftig ihr Arbeitsplatz sein werde, in P… oder in B…, und wie lange die Kinder in ihrem Haushalt leben würden. Ein fiktiver Wohnvorteil sei ihr daher nicht zuzurechnen.

Den nachehelichen Unterhalt habe das Amtsgericht zu Unrecht befristet. Sie habe nämlich einen fortwirkenden ehebedingten Nachteil erlitten. Auch sei das Amtsgericht unzutreffend davon ausgegangen, dass sie die Obliegenheit, eine gut bezahlte Erwerbstätigkeit auszuüben, verletzt habe. Zu Unrecht habe es ihr insoweit ein fiktives Einkommen in Höhe von 2.637 € zugerechnet. Sie habe keine reale Chance, ein solches Einkommen zu erzielen. Sie sei zwar seinerzeit als Rechtsanwältin zugelassen gewesen, habe in diesem Beruf aber nicht nennenswert gearbeitet, somit bei der Trennung im Alter von 48 Jahre in diesem Beruf keinerlei Erfahrung gehabt. Vor Ablauf des Trennungsjahres habe sie eine Ausbildung zur Mediatorin absolviert, um ihr Berufsfeld zu erweitern. Seit November 2014 habe sie sich für juristische Berufe im Bereich Anwältin, Sachbearbeiterin, Justiziarin beworben. Von September bis Dezember 2015 habe sie als Anwältin in einer B… Anwaltskanzlei gearbeitet. Es habe sich herausgestellt, dass sie die Anforderungen nicht erfüllt habe. Im Februar und März 2016 habe sie an einem Berufscoaching der Arbeitsagentur teilgenommen. Am 27.07.2016 habe sie mit der Berufsausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten begonnen. Diese Ausbildung sei nun abgeschlossen, und sie arbeitete in diesem Beruf.

Die Antragstellerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss abzuändern und den Antragsgegner zu verpflichten, an sie

– über den als Zugewinnausgleich zuerkannten Betrag von 228.449,17 € und den gezahlten Betrag von 63.443,65 € hinaus einen weiteren Zugewinnausgleich in Höhe von 299.928,88 € nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz sowie

– ab Rechtskraft der Scheidung über den zuerkannten Betrag von monatlich 1.160 €, befristet bis zum 31.12.2020, hinaus einen Unterhaltsbetrag von 1.445 € sowie ab 01.01.2020 unbefristet einen nachehelichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 2.605 €

zu zahlen,

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen

und im Wege der Anschlussbeschwerde,

den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass er nur zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs in Höhe von 116.676,93 € verpflichtet und der nacheheliche Unterhalt bis zum 30.03.2020 befristet werde.

Der Antragsgegner trägt vor:

[Zugewinnausgleich]

Bei der Bewertung des Miteigentumsanteils am Grundstück in Fr... im Anfangsvermögen der Antragstellerin seien die zum Stichtag bestehenden Belastungen infolge der Kreditverbindlichkeiten des Vaters zu berücksichtigen. Auch sei zu beachten, dass der vom Vater tatsächlich erzielte Verkaufserlös netto unter 1.400.000 DM gelegen habe.

Bei der Bewertung von Vermögenspositionen sei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Dabei sei zu beachten, dass der Antragstellerin aus dem Kaufpreis nichts zugeflossen sei. Die späteren Überweisungen in den Jahren 1996 bis 1998 an die Eheleute hätten mit den Verkaufserlös nicht zu tun gehabt, sondern stammten aus dem Firmengeflecht des Vaters.

Letztlich habe es sich um eine Immobilie des Vaters gehandelt, die nur formal im Grundbuch auf den Namen der drei Kinder eingetragen gewesen sei, um das Grundstück vor einer möglichen Inanspruchnahme von Insolvenzgläubigern zu schützen. Der Vater, der österreichischer Staatsangehöriger sei, habe damals für sein Firmengeflecht unter anderem aus steuerlichen Gründen einen Betriebssitz in Deutschland benötigt. Er habe allein über dieses Grundstück bestimmt. Die bloße Aussicht, von ihm zu einem späteren unbestimmten Zeitpunkt eventuell einen Geldbetrag zu erhalten, habe der Antragstellerin noch keine rechtlich geschützte Position mit wirtschaftlichem Wert verschafft.

Soweit das Amtsgericht den Grundstücksanteil letztlich mit einem Betrag in Höhe der weitaus später vorgenommenen Zuwendungen des Vaters in den Jahren 1996 bis 1998, nämlich mit 138.048,81 €, bewertet habe, könne dem nur teilweise gefolgt werden. Zu Unrecht habe das Amtsgericht darauf abgestellt, dass es sich bei diesen Zuwendungen um Rückzahlungen aus einem Darlehensverhältnis gehandelt habe. Tatsächlich liege ein Schenkungsversprechen des Vaters an seine Kinder vor, das nur aus buchhalterischen Gründen als Darlehen deklariert worden sei. Die Antragstellerin sei nämlich im Jahre 1994 wirtschaftlich gar nicht in der Lage gewesen, ein Darlehen zu gewähren. Die späteren Zuwendungen des Vaters der Antragstellerin hätten zweckgebunden unmittelbar zur Finanzierung des gemeinsamen Hausbaus der Beteiligten in W… auf einem gemeinsamen Baugrundstück, das die Eheleute vorher zusammen erworben hätten, gedient. Waren - wie hier - beide Ehegatten Empfänger der Schenkungen, so sei der Betrag jeweils hälftig im Anfangsvermögen zu berücksichtigen. Mithin könnten der Antragstellerin die Schenkungen von 1996 bis 1998 als privilegiertes Anfangsvermögen zugerechnet werden, jedoch nur zur Hälfte des zugewendeten Betrages, also anstatt in Höhe von 138.048,81 € nur in Höhe von 69.024,40 €.

Zu Recht habe das Amtsgericht entschieden, dass die sonstigen Zuwendungen, die monatlichen Zahlungen ab August 1999 bis zur Höhe von 1.000 €, im Rahmen des Zugewinnausgleichs außer Betracht zu bleiben hätten. Ein Zusammenhang mit dem Grundstücksverkauf 1994 bestehe hier nicht. Vielmehr zählten diese Zuwendungen zu den Einkünften. Hiermit habe der Lebensbedarf gedeckt werden sollen.

Der Pkw (A…) im Endvermögen der Beschwerdeführerin sei nicht lediglich mit 14.025 €, sondern mit 17.250 € zu bewerten. Maßgeblich sei der vom Gutachter ermittelte Händlerverkaufspreis.

Entgegen der Darstellung im angefochtenen Beschluss sei die Bewertung des Kanzleianteils im Anfangsvermögen nicht unstreitig. Die gutachtliche Einschätzung insoweit sei mehrfach zur Prüfung durch das Gericht gestellt worden. Der Ansatz des Sachverständigen, den Kanzleiwert 1994 mit lediglich 13.400 € anzunehmen, sei nicht plausibel. Zur Vermeidung weiterer Kosten werde angeregt, den Kanzleiwert zum Stichtag im Anfangsvermögen nach freier Überzeugung des Gerichts angemessen anzupassen (§ 287 Abs. 2 ZPO).

Zu Unrecht habe das Amtsgericht einen Betrag in Höhe von 25.000 € gemäß § 1375 Abs. 2 BGB in sein Endvermögen eingestellt. Er habe weder unentgeltliche Zuwendungen vorgenommen noch Vermögen verschwendet noch Handlungen in der Absicht vorgenommen, die Antragstellerin zu benachteiligen.

Die Differenz zwischen Trennungsvermögen und Endvermögen betrage nicht 174.142,90 €, sondern nur rund 157.000 €. Der höhere Betrag finde sich zwar in der von ihm erteilten Vermögensauskunft zum 24.11.2015. Diese Angaben seien jedoch aufgrund mittlerweile vorliegender gutachterlicher Feststellungen überholt. Seinerzeit habe es sich hinsichtlich der Bewertung des Kanzleianteils nur um Schätzwerte gehandelt.

Den Differenzbetrag zwischen Trennungsvermögen und Endvermögen habe er im Rahmen einer ordnungsgemäßen Lebensführung verbraucht. Neben üblichen Kosten zum Lebensunterhalt seien trennungsbedingte Mehrkosten in erheblicher Höhe zu berücksichtigen. Insgesamt summierten sich die Ausgaben zum Stichtag 01.04.2014 auf einen Betrag in Höhe von rund 400.000 €. Dieser Betrag habe nicht allein aus den laufenden Einkünften finanziert werden können. Den Ausgaben von rund 400.000 € hätten Bruttoeinkünfte von rund 190.000 € gegenübergestanden, sodass sich eine Unterdeckung in Höhe von über 200.000 € ergeben habe.

Soweit es seine Ausgaben nach der Trennung betreffe, seien sämtliche Abhebungen vom …-Anlagekonto über das …-Girokonto abgewickelt worden. Von dort seien Überweisungen an die jeweiligen Empfänger ausgeführt worden, und es seien je nach Bedarf Überträge auf das private Girokonto, auf das Geschäftskonto der Kanzlei oder auf das Konto der Grundstücksgemeinschaft GbR …Straße 14 erfolgt. Das …-Anlagekonto habe bei Trennung einen Bestand von 545.186,03 € und bei Zustellung des Scheidungsantrags einen Bestand von 37.989,79 € aufgewiesen. Auf dem Konto hätten sich seine Ersparnisse aus der Erbschaft nach seiner Mutter und sein Anteil am Verkaufserlös der gemeinsamen Immobilie befunden. Hiervon habe er auch Erwerb und Erwerbsnebenkosten der von ihm dann erworbenen Immobilie …steig 5 sowie trennungsbedingte Ausgaben finanziert. Keine Verfügung sei in Benachteiligungsabsicht vorgenommen worden. Sämtliche Ausgaben hätten sich, der Situation angemessen, im Rahmen eines üblichen Konsumverhaltens gehalten und seien im Rahmen einer angemessenen Lebensführung verbraucht worden. Eine Benachteiligungsabsicht sei nicht erkennbar, schon gar nicht als „leitendes Motiv“, wie von der Rechtsprechung des BGH verlangt.

Er habe zwar darzulegen und zu beweisen, dass der Vermögensschwund nicht auf illoyaler Vermögensminderung beruhe. Dies habe er aber getan, indem er die Vermögensminderung in Höhe von rund 157.000 € lückenlos dargestellt habe. Wenn er heute aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr jede einzelne Position der Gesamtausgaben in Höhe von annähernd 400.000 € darstellen könne, sei dies nachvollziehbar und rechtfertige nicht die Annahme einer illoyalen Verfügung.

Wenn man den Miteigentumsanteil der Antragstellerin am Grundstück in Fr... im Anfangsvermögen mit 69.024,40 € berücksichtige, einen entsprechenden Betrag auch bei ihm aufgrund der Schenkung hinzurechne, seinen Kanzleiwert im Anfangsvermögen mit 25.000 € berücksichtige, sein Endvermögen nicht durch Hinzurechnung gemäß § 1375 Abs. 2 BGB erhöhe und den PKW (A…) im Endvermögen der Antragstellerin mit 17.250 € berücksichtige, errechne sich eine Zugewinnausgleichsforderung der Antragstellerin von nur noch 182.687,57 €. Abzüglich bereits gezahlter 66.010,64 € verbleibe eine Forderung von 116.687,57 €.

[nachehelicher Unterhalt]

Bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts sei der Ansatz eines fiktiven Einkommens auf Seiten der Antragstellerin gerechtfertigt. Sie sei bereits seit 2006 als Rechtsanwältin zugelassen gewesen und habe ansatzweise über Berufserfahrung verfügt. Er habe ihr zugesagt, ihren Einstieg in den Anwaltsberuf in jeder Hinsicht zu unterstützen. So habe er ihr die Kanzlei und das nötige Know-How zur Verfügung gestellt. Außerdem habe sie von ihren überdurchschnittlichen Fremdsprachenkenntnissen (Englisch/Französisch/Spanisch) profitieren können. Die Kinder seien bei Trennung 14 bzw. 16 Jahre alt gewesen und hätten keine umfängliche Betreuung mehr benötigt.

Die Antragstellerin habe Bewerbungen zu spät und nicht zielstrebig betrieben. Mit Bewerbungsschreiben, wie sie im Unterhaltsabänderungsverfahren vorgelegt worden seien, habe das Interesse potentieller Arbeitgeber nicht geweckt werden können. Mit ihrer jetzigen Tätigkeit schöpfe sie ihr Potenzial nicht aus. Zutreffend habe das Amtsgericht deshalb ein angemessenes fiktives Erwerbseinkommen berücksichtigt, das auf die anerkannte STAR-Einkommensstatistik der Bundesrechtsanwaltskammer gestützt sei.

Soweit die Antragstellerin vortrage, sie arbeite als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte, entspreche dies nicht der Wahrheit. Sie sei in der B… Anwaltskanzlei Dr. F… als angestellte Rechtsanwältin unter anderem auf dem Gebiet des Familienrechts tätig. Diese Tätigkeit übe sie schon seit ihrem Eintritt dort im August 2016 aus, in jedem Fall jedoch schon zum Zeitpunkt ihres Schriftsatzes vom 24.04.2020, wie der online-Auftritt der Kanzlei und deren Briefkopf zeige. Mit der Tätigkeit als Rechtsanwältin habe die Antragstellerin die berufliche Stellung erlangt, die sie auch ohne die Ehe erreicht hätte. Ein etwaiger ehebedingter Nachteil sei endgültig kompensiert, sodass ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt entfalle. Vor diesem Hintergrund sei der Unterhalt längstens bis zum 30.03.2020 zu befristen.

Die Antragstellerin sei auch nicht bedürftig. Eigenen Angaben zufolge habe sie zum Stichtag 01.04.2014 über Barvermögen in Höhe von rund 400.000 € verfügt. Auch werde sie einen nicht unerheblichen Zugewinnausgleich realisieren. Aus seinem privaten Altersvorsorgevertrag sei ihr ein Anrecht in Höhe von rund 63.500 € übertragen worden, das ab 01.12.2018 zur Auszahlung fällig gewesen sei. Damit verfüge die Antragstellerin am Ende der Ehe über Vermögen in Höhe von annähernd 700.000 €. Hieraus können sie nicht nur ihren Lebensunterhalt bestreiten, sondern zusätzlich auch Kapitaleinkünfte erwirtschaften.

Der ihm vom Amtsgericht zugerechnete Wohnvorteil in Höhe von 1.260 € beziehe sich auf sein jetziges Wohnhaus, das er erst 2013 und damit nach der Trennung erworben habe. Dieser Wohnvorteil habe die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt.

Die gemeinsame Immobilie habe man schon vor der Trennung veräußert und den Erlös geteilt. Während er aus seinem Anteil neues Wohneigentum erworben habe, habe die Antragstellerin auf eine Anlage ihres Vermögens komplett verzichtet. Dies haben zur Folge, dass bei absolut gleichen Ausgangsbedingungen er, der sein Geld sinnvoll für eine eigengenutzte Wohnimmobilie eingesetzt habe, sich die Anrechnung eines Wohnvorteils gefallen lassen müsse, während die Antragstellerin, die ihr Kapital nicht unterhaltsgemäß verwendet habe, einen ungerechtfertigten Vorteil erlange. Das Amtsgericht habe diese Problematik dadurch zu entschärfen versucht, dass es der Antragstellerin fiktive Kapitaleinkünfte in Höhe von 1.000 € monatlich zugerechnet habe. Allerdings verbleibe auch danach noch eine Differenz von 260 € monatlich zu seinen Lasten. Dies sei angesichts absolut gleicher Ausgangsvoraussetzungen unbillig.

Im Übrigen sei vom Wohnwert eine Instandhaltungsrückstellung abzusetzen. Das 1995 errichtete Wohnhaus sei seitdem noch nicht grundlegend modernisiert worden. Ein Sanierungsrückstand sei nur zum Teil abgearbeitet. Der derzeit noch bestehende Sanierungsbedarf belaufe sich auf rund 40.000 €. Dies rechtfertige notwendige Rückstellungen von monatlich 500 €.

Das Amtsgericht habe schließlich seine Vorsorgeaufwendungen für zwei Lebensversicherungsverträge in Höhe von insgesamt 1.051,97 € nicht berücksichtigt.

Die vom Amtsgericht vorgenommene Befristung des nachehelichen Unterhalts sei gerechtfertigt. Bei einer Ehedauer von unter 20 Jahren habe er bisher über acht Jahre Ehegattenunterhalt in monatlich vierstelliger Höhe, insgesamt rund 140.000 €, regelmäßig und pünktlich gezahlt. Ehebedingte Nachteile bestünden mittlerweile nicht mehr.

Die zwischen den Beteiligten bestehende Einkommensdifferenz beruhe nicht allein ursächlich auf ehebedingten Nachteilen. Verantwortlich hierfür sei vor allem das schon vorehelich bestehende unterschiedliche Ausbildungsniveau der Ehepartner. Während die Antragstellerin bei Eheschließung ihr Referendariat noch nicht beendet gehabt habe, sei er - der Antragsgegner - bereits Teilhaber einer umsatzstarken Anwaltssozietät gewesen.

Angesichts seiner regelmäßigen Unterhaltszahlungen treffe die Einschätzung der Antragstellerin nicht zu, dass er sich stets gegen Unterhaltsansprüche gewehrt habe. Entsprechend habe sich die Antragstellerin auch nie in einer unsicheren Versorgungslage befunden.

Die Antragstellerin beantragt,

die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte Beschwerde und die gemäß § 66 FamFG statthafte Anschlussbeschwerde führen zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung.

Auch wenn die Antragstellerin österreichische Staatsangehörige ist, hat das Amtsgericht zutreffend das deutsche materielle Recht angewendet (vgl. Ganz, in: Gerhardt/ von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 11. Aufl., Kap.15 Rn. 85, 90, 183, 222; Art. 26 EuGüVO). Überdies waren die deutschen Familiengerichte für die Scheidung zuständig (vgl. Ganz, a.a.O., Kap.15 Rn. 53).

I.

Die form-und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist in Bezug auf die Folgesache über den Zugewinnausgleich zum Teil begründet. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin nicht lediglich einen Betrag in Höhe von 228.429,17 €, wie vom Amtsgericht angenommen, zu zahlen, sondern einen Betrag in Höhe von 288.520,13 €. Damit bleibt die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners insoweit ohne Erfolg. Es bedarf daher keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Anschlussbeschwerde schon unzulässig ist, weil die nach § 117 Abs. 2 S. 1 FamFG i.V.m. § 524 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO zu beachtende Frist nicht gewahrt ist. Der Senat hat im Termin vom 08.04.2021 auf das Fristversäumnis hingewiesen. Darauf hat der Antragsgegner nach Schluss der mündlichen Verhandlung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Anschlussbeschwerdefrist beantragt. Ob ein solcher Antrag in diesem Verfahrensstadium überhaupt noch möglich war und ob die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung im Übrigen hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht sind, kann dahinstehen. Denn jedenfalls ist die Anschlussbeschwerde insoweit unbegründet (vgl. zum Offenlassen der Zulässigkeit eines Rechtsmittels auch BGH, Beschluss vom 30.03.2006 - IX ZB 171/04, NJW-RR 2006, 1346, 1347 Rn. 4; OLG Köln FamRZ 2015, 1038; Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl., § 68 Rn. 63).

1.

Stichtag für das Anfangsvermögen ist der Tag der Eheschließung, der ...1994. Stichtag für das Endvermögen ist der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags, der 01.04.2014. Hiervon ist auch das Amtsgericht zu Recht ausgegangen (Seite 14 der Entscheidung).

2.

Die Antragstellerin hat einen Zugewinn in Höhe von 63.965,43 € erzielt.

a)

Auf Seiten der Antragstellerin ist von einem Endvermögen in Höhe von 429.492,54 € auszugehen.

aa)

Das Endvermögen der Antragstellerin setzt sich nach den überwiegend unstreitigen Feststellungen des Amtsgerichts wie folgt zusammen:

Aktiva

Bargeld

10.000,00 €

…bank 

 6.469,33 €

Kontokorrent

1.052,80 €

…. Bank

390.945,41 €

Schmuck

2.000,00 €

(A…)   

14.025,00 €

Kunstdrucke

5.000,00 €

Gesamt

429.492,54 €

Passiva, die in Abzug zu bringen wären, sind vom Amtsgericht nicht festgestellt worden. Dies ist von keinem Beteiligten beanstandet worden.

bb)

Auch bezüglich der allein streitigen Position, nämlich der Bewertung des Kfz (A…), ist dem Ansatz des Amtsgerichts zu folgen, mithin ein Betrag von 14.025 € in die Berechnung einzustellen.

Das Amtsgericht hat insoweit einen Wert von 14.025 € angesetzt und dabei den Händlereinkaufswert für maßgebend erachtet, weil der Antragsgegner den Wagen in der Trennungszeit habe veräußern müssen. Die Auffassung des Amtsgerichts entspricht der herrschenden Meinung (vgl. BeckOGK/Preisner, 1.2.2021, BGB § 1376 Rn. 454). In der Mehrzahl der Fälle wird ein Pkw anlässlich der Scheidung nicht verkauft, sondern weiter benutzt. In diesem Fall erscheint es richtig, wenn der Wert nach den etwas höheren Wiederbeschaffungskosten eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeugs bemessen wird. Wie bei einer Lebensversicherung nicht auf den Rückkaufswert abzustellen ist, wenn sie fortgeführt wird, so ist auch hier der „Behaltenswert“ der wahre wirtschaftliche Wert. In der Regel ist somit auf den Anschaffungswert abzustellen (Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung, 6. Aufl., Rn. 562 m.w.N zur insoweit h.M.). Anders verhält es sich aber im Falle der Veräußerung des Fahrzeugs.

Der Antragsgegner macht mit der Beschwerdeerwiderung und Anschlussbeschwerde geltend, dass der Händlerverkaufspreis in Höhe von 17.250 € maßgeblich sei, und beruft sich auf Entscheidungen des OLG Köln (Urteil vom 20.03.2001 – 22 U 157/00, FamRZ 2002, 322) und des OLG Brandenburg (Beschluss vom 17.04.2014 – 9 UF 177/13, BeckRS 2014, 11108). Damit kann er nicht durchdringen. Die Entscheidung des OLG Köln bezieht sich auf die Bewertung eines PKW im Rahmen einer Schadensersatzforderung. In der Entscheidung des OLG Brandenburg heißt es lediglich, für den streitgegenständlichen Wagen habe das eingeholte Gutachten einen Händlerverkaufswert (Wiederbeschaffungswert) von 8.500 € ausgewiesen. Bedenken daran bestünden nicht, solche seien von den Beteiligten nicht mehr vorgebracht, nachdem auch das Amtsgericht seiner Entscheidung diesen Betrag zugrunde gelegt habe. Diesen Entscheidungen lässt sich also gerade nicht entnehmen, dass in einem Fall wie dem vorliegenden auf den Händlerverkaufspreis anstelle des Händlereinkaufspreises abzustellen ist.

cc)

Dem Endvermögen der Antragstellerin ist nicht gemäß § 1375 Abs. 2 BGB ein weiterer Betrag hinzuzurechnen.

Allerdings hat der Senat mit Verfügung vom 05.10.2020 die Antragstellerin aufgefordert, den Verbleib der bei ihr entstandenen Differenz zwischen Trennungs- und Endvermögen substantiiert darzulegen. Dies war schon vor dem Hintergrund geboten, dass die Antragstellerin zu Recht die Saldierung der Vermögensminderungen beiderseits durch das Amtsgericht gerügt hatte. Darauf ist die Antragstellerin nun mit Schriftsatz vom 18.11.2020 im Einzelnen eingegangen. Dieses Vorbringen ist vom Antragsgegner nicht mehr bestritten worden. Sein vorangehender Vortrag hierzu war offensichtlich auch eher als Hilfsvorbringen anzusehen mit Rücksicht auf die ihm vom Amtsgericht gemäß § 1375 Abs. 2 BGB zugerechneten Beträge, eine Zurechnung, die – wie noch auszuführen ist – letztlich nicht gerechtfertigt ist. Eine illoyale Vermögensminderung auf Seiten der Antragstellerin lässt sich im Ergebnis ebenfalls nicht feststellen.

b)

Das Anfangsvermögen der Antragstellerin ist mit 365.527,11 € anzusetzen.

aa)

Die Aktiva sind - überwiegend unstreitig – wie folgt zu bewerten:

Bargeld

51,13 €

…bank I

790,73 €

…bank II

3.086,76 €

(A…)   

1.022,58 €

Hausrat

511,29 €

Schmuck

153,39 €

Grundstücksanteil

        

Fr... 

252.237,33 €

Gesamt 2

57.853,21 €

(1)

Bei der streitigen Bewertung des Miteigentumsanteils der Antragstellerin am Grundstück in Fr... ist weder dem Ansatz des Amtsgerichts – 138.048,81 € – noch der Auffassung des Antragsgegners, das Anfangsvermögen belaufe sich insoweit auf null Euro, zu folgen. Doch ist auch der hohe Ansatz der Antragstellerin mit 374.947,38 € nicht gerechtfertigt. Vielmehr ist der Miteigentumsanteil mit 252.237,33 € zu bewerten.

(a)

Das Amtsgericht hat im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise als den der Antragstellerin zum Stichtag zuzurechnenden Wert denjenigen Betrag angesetzt, der ihr letztlich aus dem Verkaufserlös Jahre nach dem Stichtag zugeflossen ist, nämlich 138.048,81 € (Seite 16 des Beschlusses). Dies ist zwar insoweit nachvollziehbar, als jedenfalls in Betracht zu ziehen ist, entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht den vollen ihr zukommenden 1/3-Grundstückswert von 374.947,38 € anzusetzen, da der Vater trotz der formalen Übertragung des Eigentums auf seine drei Kinder faktisch noch die Hand auf dem Grundstück hatte. Auch ist es nachvollziehbar, dass das Amtsgericht mit Rücksicht auf den letztendlich erzielten Verkaufserlös zugunsten der Antragstellerin davon ausgegangen ist, dass es sich nicht ausschließlich um eine formale Buchposition der Antragstellerin gegenüber dem Vater gehandelt hat. Dennoch ist es zweifelhaft, bei wirtschaftlicher Betrachtung genau den Wert anzusetzen, der ihr letztlich zugeflossen ist, da die Höhe dieses Wertes zum Stichtag noch gar nicht absehbar war. Der Ansatz des Amtsgerichts steht daher mit dem starren Stichtagsprinzip des Zugewinnausgleichs nicht in Einklang.

(b)

Nach Auffassung des Senats muss hinsichtlich des Miteigentumsanteils am Grundstück in Fr... das Stichtagsprinzip voll zur Geltung kommen. Auszugehen ist daher vom unstreitigen Wert des Grundstücks von 2.200.000 DM.

Zu Recht weist allerdings der Antragsgegner darauf hin, dass das Grundstück zum Stichtag unstreitig mit Grundpfandrechten für Kreditverbindlichkeiten des Vaters belastet gewesen sei und beruft sich insoweit auf die Ausführungen der Antragstellerin selbst im Schriftsatz vom 13.03.2017. Der vom Antragsgegner insoweit genannte Betrag von 1.478.753 DM entspricht genau dem Betrag, dessen Zahlung die Sparkasse … mit Schreiben vom 22.02.1995 verlangt hat, damit aufgrund der erteilten Löschungsbewilligungen die Grundschulden gelöscht werden konnten. Die grundsätzliche Auffassung des Antragsgegners, dass die mit der Grundschuldbelastung einhergehende Wertminderung in Höhe der Darlehensvaluta zu berücksichtigen ist, trifft jedenfalls zu.

Nach der vom Antragsgegner angeführten Rechtsprechung ist bei der Prüfung der mit einer Belastung einhergehenden Wertminderung eines Grundstücks eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Im Zeitpunkt der Verfügung bereits bestehende Grundschulden werden daher, obwohl sie von der ihr zu Grunde liegenden persönlichen Forderung unabhängig sind, nur insoweit berücksichtigt, wie sie valutieren (BGH, Urteil vom 07.10.2011 - V ZR 78/11, NJW 2011, 3783 Rn. 7 f.). Diese Entscheidung betrifft Verfügungen eines Ehegatten über sein Vermögen im Ganzen im Rahmen von § 1365 BGB, ist aber auf die Grundstücksbewertung im allgemeinen, insbesondere im Zugewinnausgleichsverfahren, zu übertragen. So gilt auch im Erbrecht, dass Grundpfandrechte wie Grundschulden und Hypotheken den Wert des Nachlasses nur in der Höhe mindern, in der die zu sichernden Darlehensverbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls valutieren. Solange allerdings zweifelhaft ist, ob eine Inanspruchnahme von Grundschulden durch die Gläubiger droht, handelt es sich hierbei um zweifelhafte Verbindlichkeiten i.S.d. § 2313 Abs. 2 BGB (vgl. BGH, NJW 2011, 606; LG Bonn, Urteil vom 13.4.2018 – 1 O 218/11, BeckRS 2018, 31392 Rn. 63;Horn, in: Scherer, Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 5. Auflage 2018, § 46 Rn. 124). Schließlich sind auch im Zugewinnausgleichsverfahren eingetragene Belastungen stets auf ihre stichtagsbezogene Valutierung zu überprüfen. Allerdings mindern Belastungen den Verkehrswert nicht, wenn schon die dadurch gesicherte Verbindlichkeit berücksichtigt wurde (Häcker, in: Schulz/Hauß, Familienrecht, 3. Aufl. 2018, § 1376 BGB Rn. 33). Überdies ist eine Grundschuld, die zum Zeitpunkt der Zuwendung eines Grundstücks zwar als Belastung eingetragen ist, jedoch nicht valutiert, nicht wertmindernd in Abzug zu bringen (BeckOGK/Preisner, Stand: 01.02.2021, BGB § 1376 Rn. 368).

Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, dass Belastungen in Abteilung III des Grundbuchs den Wert der Immobilie nicht minderten, soweit sie zur Sicherung einer Drittverbindlichkeit – gemeint sind offensichtlich Verbindlichkeiten ihres Vaters – dienten, ist nicht zu folgen. Der Grundsatz, dass es auf die stichtagsbezogene Valutierung ankommt, gilt auch bei der Sicherung einer Drittverbindlichkeit, wobei wiederum eine Berücksichtigung unterbleibt, wenn mit einer Verwertung der Sicherheit oder einem Ausfall des Regressanspruchs nicht zu rechnen ist (Häcker, a.a.O.). Hat der Eigentümer die Grundschuld als Sicherheit für einen Kredit bewilligt, der einem Dritten ausgereicht wurde, ist sie wertmindernd abzuziehen, soweit sie valutiert (Preisner, a.a.O., Rn. 343).

Hinsichtlich der Valutierung der Grundschulden hat die Antragstellerin Angaben zum Stichtag …1994 nicht gemacht, wohl aber zum Verkauf vier Monate später im Dezember 1994. Danach valutierten die drei Darlehen noch in voller Höhe von 1.478.753 DM (GÜ 256). Dieser Betrag setzt sich offenbar zusammen aus den Teilbeträgen 300.000 DM + 450.000 DM + 728.753 DM (GÜ 257). Der Gesamtbetrag ist aber um 30.000 DM auf 1.448.753 DM zu kürzen. Denn der erste der drei Kredite ist nur in Höhe von 270.000 DM durch eine Grundschuld gesichert gewesen (GÜ 255).

Zu beachten ist ferner, dass es um drei Grundschulden zu den laufenden Nr. 5,6 und 9 geht, wobei letzteres eine Eigentümergrundschuld ist (vgl. GÜ 255, 284, 285). Sie ist am 05.08.1993 eingetragen worden (GÜ 285) und bezieht sich offenbar auf ein am 23.08.1993 aufgenommenes Darlehen. Damit wird von einer anfänglichen Eigentümergrundschuld im Sinne von § 1196 Abs. 2 BGB auszugehen sein (vgl. BeckOK/Rohde, BGB, Stand: 01.02.2021, § 1196 Rn. 3). Eine solche Eigentümergrundschuld ist im Zugewinnausgleich nicht wertmindernd zu berücksichtigen (Preisner, a.a.O., Rn. 341). Denn insoweit ist mit einer Fremdvollstreckung in das Grundstück nicht zu rechnen.

Nach alledem ging es – wie im Senatstermin vom 08.04.2021 erörtert – hinsichtlich der beiden übrigen Grundschulden nur um die Sicherung valutierender Kredite in Höhe von 720.000 DM (= 270.000 DM + 450.000 DM). Setzt man diesen Betrag vom Grundstückswert von 2.200.000 DM ab, verbleiben 1.480.000 DM. Ein Drittel hiervon entfällt auf die Antragstellerin, das sind 493.333,33 DM. In Euro umgerechnet ergeben sich 252.237,33 €.

(c)

Die Ausführungen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 04.05.2021 rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.

(aa)

Dem Antragsgegner war durch Beschluss des Senats im Termin vom 08.04.2021 allein nachgelassen, zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 29.03.2021 bis zum 06.5.2021 Stellung zu nehmen. In jenem Schriftsatz war die Antragstellerin neben Ausführungen zum nachehelichen Unterhalt in Bezug auf den Zugewinnausgleich nur auf die Frage der Hinzurechnung von Positionen zum Endvermögen des Antragsgegners gemäß § 1375 Abs. 2 BGB eingegangen. Ergänzender Vortrag des Antragsgegners ist somit allein in Bezug auf dieses Vorbringen der Antragstellerin zulässig. Soweit der Antragsgegner im nachgelassenen Schriftsatz darüber hinaus Ausführungen macht, können diese nur Berücksichtigung finden, sofern es sich allein um eine Vertiefung des bisherigen Vorbringens oder um das Äußern von Rechtsansichten handelt.

(bb)

Die wertmindernde Berücksichtigung einer Verkaufskommission und einer Vorfälligkeitsentschädigung kommt nicht in Betracht.

Der Antragsgegner nimmt insoweit im aktuellen Schriftsatz auf Seite 3 Bezug auf Seite 3 seines Schriftsatzes vom 20.02.2020. Dort wird ausgeführt, dass im Zusammenhang mit dem Verkauf der Immobilie verschiedene Kosten angefallen seien, unter anderem eine Verkaufskommission an die Bank in Höhe von 40.000 DM sowie eine Kreditstornogebühr in Höhe von 32.890 DM, die den Erlös entsprechend belastet hätten. Hierzu hat der Antragsgegner auf den erstinstanzlichen Schriftsatz der Antragstellerin vom 13.03.2017 verwiesen. In Anlage 3 jenes Schriftsatzes der Antragstellerin, einer Aktennotiz wohl des Vaters der Antragstellerin über die interne Verteilung des Verkaufserlöses der Liegenschaft Fr... vom 11.12.1994, finden sich die genannten Beträge. Doch schon aufgrund des Vorbringens des Antragsgegners in der Beschwerdeinstanz ist davon auszugehen, dass die Beträge mit dem Verkaufserlös in Zusammenhang stehen. Der Verkauf ist im Dezember 1994 und damit nach dem Stichtag, dem 12. August 1994, erfolgt. Da der Senat – wie ausgeführt – streng stichtagsbezogen verfährt und den späteren Verkauf grundsätzlich unberücksichtigt lässt, kommt es auf die vom Antragsgegner angesprochenen Positionen nicht an.

(cc)

Die Eigentümergrundschuld kann nicht – wie auf Seite 3 des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 04.05.2021 geltend gemacht – als wertmindernde Position im Rahmen der Bewertung des Grundstücks in Fr... berücksichtigt werden.

Es trifft allerdings zu, dass die Antragstellerin selbst auf Seite 5 ihres Schriftsatzes vom 18.11.2020 vorgetragen hat, eine im Jahre 1993 bestellte Eigentümergrundschuld (Nr. 9) sei zur Sicherheit an die Sparkasse abgetreten worden. In der Anlage 9 jenes Schriftsatzes hat sie eine formularmäßige Erklärung über die Abtretung von Eigentümergrundschulden vom 05.08.1993 vorgelegt. Dies allein rechtfertigt aber eine Gleichbehandlung mit den übrigen Grundschulden, die auf dem Grundstück gelastet haben, nicht. Denn die Abtretung der Eigentümergrundschuld an die Sparkasse ermöglicht dieser keine unmittelbare Vollstreckung. Sie dient zunächst nur als Pfand und damit als Sicherheit, dass die Eigentümer die Grundschuld nicht gegen den Willen der Sparkasse anderweitig verwerten.

(d)

Da nach alledem nicht dem Ansatz des Amtsgerichts zu folgen ist, kann dahinstehen, ob auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung der Betrag von 138.048,81 € zutreffend ist, obwohl die Antragstellerin auf Seite 5 der Beschwerdebegründung meint, eine weitere Zahlung von 31.667 € belegt zu haben, die nicht zu den laufenden Einkünften zähle.

bb)

Bei der Bewertung des Anfangsvermögens im Rahmen der Zugewinnbilanz eines jeden Ehegatten ist der Kaufkraftschwund des Geldes besonders zu berücksichtigen. Entsprechend dem Zweck der Zugewinngemeinschaft, nur den realen Zugewinnüberschuss auszugleichen, ist die allein durch den Kaufkraftschwund des Geldes eingetretene nur nominelle Wertsteigerung (scheinbarer Zugewinn) des Anfangsvermögens und des Zuerwerbsvermögens (Schenkungen, Erbschaften gemäß § 1374 Abs. 2 BGB) nicht zu berücksichtigen, denn sie stellt keinen Zugewinn i.S.d. § 1373 BGB dar (Kohlenberg, in: Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht, 7. Aufl., BGB § 1376 Rn. 80). Die Umrechnung erfolgt nach der Formel:

„Wert des Anfangsvermögens (Aktiva minus Passiva) bei Beginn des Güterstands multipliziert mit dem Lebenshaltungskostenindex per Bewertungsstichtag Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags dividiert durch den Lebenshaltungskostenindex per Bewertungsstichtag Eheschließung = bereinigtes Anfangsvermögen.“

Maßgeblich ist der vom Statistischen Bundesamt eingeführte einheitliche Verbraucherpreisindex (VPI), der veröffentlicht wird unter www.destatis.de (Kohlenberg, a.a.O., Rn. 82). Dabei kann - wie vom Amtsgericht angenommen – auf die Monatswerte abgestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28.02.2007 - XII ZR 156/04, NJW 2007, 1744 Rn. 24, 25; MüKoBGB/Koch, 8. Aufl., BGB § 1373 Rn. 9). So ist für den Vergleich der Monate August 1994 und April 2014 auf der Basis des Jahres 2015 ein Verhältnis von 99,4 / 74,2 anzusetzen (vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland - GENESIS-Online: Ergebnis 61111-0002 (destatis.de). Dieser Quotient unterscheidet sich geringfügig von dem vom Amtsgericht bei seiner Entscheidung vom 04.07.2019 herangezogenen Wert von 106,5 / 79,6, wird aber vom Senat im Hinblick auf die größere Aktualität verwendet. Es ergibt sich angesichts des festgestellten Anfangsvermögens der Antragstellerin von 257.853,20 € ein umgerechneter Wert von 345.426,00 € (= 257.853,21 € * 99,4 / 74,2).

cc)

Nicht angegriffen sind die Feststellungen des Amtsgerichts hinsichtlich der Zurechnungen zum Anfangsvermögen, § 1374 Abs.2 BGB. Danach sind für eine Schenkung 15.000 € und für Drucke etc. 5.000 € zu veranschlagen. Das Datum der Zurechnungen hat das Amtsgericht als unstreitig mit dem 10.09.2013 angegeben. Eine Umrechnung auf der Basis 2015 mit der Multiplikation mit dem Quotienten 99,4 / 98,9 ergibt für die Schenkung einen Wert von 15.075,83 € und für die Drucke einen Wert von 5.025,28 €. Insoweit ergeben sich – indexiert auf das Datum der Zuwendung – Zurechnungen von insgesamt 20.101,11 €.

Eine Zurechnung von weiteren Werten zum Anfangsvermögen der Antragstellerin gemäß § 1374 Abs. 2 BGB findet nicht statt.

(1)

Angesichts der zahlreichen von der Antragstellerin behaupteten Abreden ist ihr mit Verfügung des Senats vom 05.10.2020 aufgegeben worden, sämtliche Absprachen mit ihren Eltern im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb, aber auch mit der Veräußerung des Grundstücks unter Einschluss der behaupteten Darlehen, in chronologischer Abfolge darzustellen, ebenso die Belastungen des Grundstücks. In dem ergänzenden Vorbringen im Schriftsatz vom 18.11.2020 ist wie schon zuvor von einem mit dem Vater vereinbarten Darlehen die Rede. In ihrem Schriftsatz vom 24.04.2020 hatte die Antragstellerin zudem einen zwischen den Eheleuten als Vermieter und der Mutter der Antragstellerin als Mieterin geschlossenen Vertrag, der die Vermietung von vier Zimmern im Hausgrundstück in W… beinhaltet, vorgelegt. Das Mietverhältnis beginnt danach am 01.03.1999. Es ist ein Mietzins in Höhe von 1.650 DM vereinbart worden. Entsprechend hat der Vater der Antragstellerin einen Dauerauftrag mit dem Verwendungszweck „Miete für A… K… (das ist die Mutter der Antragstellerin)“ eingerichtet.

Das Amtsgericht hat auf Seite 17 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, es sei auch nach dem Vortrag der Beteiligten nicht recht klar, in welchem Zusammenhang die teilweise als Mietzahlungen deklarierten und als Mieteinnahmen von den Beteiligten versteuerten monatlichen Einnahmen mit der Darlehensschuld des Vaters gestanden hätten. Diese Einschätzung teilt der Senat. Doch im Zusammenhang mit etwaigen Zurechnungen zum Anfangsvermögen kommt es darauf nicht an. Denn weder Zahlungen auf ein Darlehen noch Mietzinszahlungen fallen unter § 1374 Abs. 2 BGB. Soweit darüber hinaus monatliche Zahlungen von 1.000 € geflossen sind, hat diese das Amtsgericht mangels hinreichender anderweitiger Anhaltspunkte zutreffend als laufende Einkünfte qualifiziert, die im Zugewinnausgleich ebenfalls keine Bedeutung haben.

(2)

Eine abweichende Beurteilung wäre nur gerechtfertigt, wenn man - wie der Antragsgegner auf Seite 7 seines Schriftsatzes vom 20.02.2020 - Zuwendungen des Vaters der Antragstellerin in den Jahren 1996 bis 1998 nicht als Darlehensrückzahlungen, sondern als Schenkungen ansieht. Ob dies zutrifft, kann aber dahinstehen.

Die Auffassung, es habe sich nicht um ein Darlehen, sondern um eine Schenkung gehandelt, leitet der Antragsgegner daraus ab, dass es in einem Aktenvermerk vom 11.12.1994 wörtlich heiße, dass aus dem Verkaufserlös die einzelnen Beteiligten „wie folgt bedacht werden“. Diese Argumentation überzeugt nicht.

Zum einen gilt der Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“; ein Konsens liegt auch dann vor, wenn die Parteien an sich das Richtige wollen, dafür jedoch eine falsche Bezeichnung verwenden (vgl. MüKoBGB/Busche, 8. Aufl., BGB § 155 Rn. 7). Der Begriff, dass jemand „bedacht“ werden soll, kommt wahrscheinlich am häufigsten in Testamenten vor. Darum handelt es sich hier aber offensichtlich nicht. Wenn hier jemand aus dem Verkaufserlös „bedacht“ werden soll, kann damit auch eine Verteilung des Verkaufserlöses an die Berechtigten gemeint sein.

Zum anderen erschließt sich nicht, in welchem sachlichen Zusammenhang der Aktenvermerk vom 11.12.1994, der die Verteilung des Verkaufserlöses betrifft, mit den späteren Zahlungen des Vaters der Antragstellerin stehen soll.

Im Ergebnis kommt es darauf aber nicht an. Sollte es sich tatsächlich um eine Schenkung handeln, wäre dies zwar für das Anfangsvermögen im Hinblick auf § 1374 Abs. 2 BGB von Bedeutung. Doch der Antragsgegner geht – da es sich um Zuwendungen nicht an die Antragstellerin allein, sondern an die Eheleute zusammen gehandelt habe - davon aus, dass jedem von ihnen der hälftige Wert, nämlich 69.024,40 €, als privilegiertes Anfangsvermögen gemäß § 1374 Abs. 2 BGB zuzurechnen sei. Dann aber wirkt sich diese Zurechnung auf die Höhe der Ausgleichsforderung nicht aus, kann also ebenso unterbleiben.

Dem Antragsgegner ist es mit dem Einwand der Schenkung auch offensichtlich eher darum gegangen, die von der Antragstellerin behauptete Darlehensgewährung an den Vater in Zweifel zu ziehen. Darauf kommt es aber wegen des vom Senat bevorzugten strengen Stichtagsprinzips nicht an.

dd)

Unter Berücksichtigung der Zurechnung zum Anfangsvermögen ergibt sich ein Betrag von 365.527,11 € (= 345.426,00 € + 20.101,11 €).

c)

Somit stellt sich der Zugewinn der Antragstellerin, das ist die Differenz zwischen End- und Anfangsvermögen, auf 63.965,43 € (= 429.492,54 € - 365.527,11 €).

3.

Der Zugewinn des Antragsgegners beläuft sich auf 773.026,97 €.

a)

Das Endvermögen des Antragsgegners beträgt 1.120.949,74 €.

aa)

Das Amtsgericht hat die Aktiva zum Stichtag des Endvermögens auf Seiten des Antragsgegners unstreitig mit 1.389.714,53 € festgestellt. Dem stehen ebenfalls unstreitig Passiva in Höhe von 268.764,79 € gegenüber. Die Differenz, das sind 1.120.949,74 €, stellt das Endvermögen des Antragsgegners dar.

bb)

Eine Korrektur des Endvermögens des Antragsgegners im Hinblick auf eine Differenz zwischen Trennungs- und Endvermögen ist nicht vorzunehmen.

Das Amtsgericht hat dem Antragsgegner gemäß § 1375 Abs. 2 BGB einen Betrag von 25.000 € als illoyale Vermögensminderung zugerechnet. Dabei ist es pauschal vorgegangen. Es hat zunächst die Vermögensminderungen auf beiden Seiten ermittelt und bei den wechselseitigen Abflüssen eine Differenz von 52.412,92 € zugunsten des Antragsgegners errechnet. Sodann ist es davon ausgegangen, dass nur der auf Seiten eines Beteiligten bestehende Saldo als illoyal angesehen werden könne. Weil aber Zurückhaltung geboten sei, denn die Vermögensverhältnisse der Beteiligten seien jeweils gehoben gewesen und gebildete Vermögensrücklagen hätten auch dem Zweck gedient, in Krisenzeiten erhöhter Ausgaben und verminderter Einnahmen (etwa durch Wegfall des Splittingvorteils) angetastet und teilweise aufgezehrt zu werden, sei es gerechtfertigt, den ermittelten Saldo lediglich zur Hälfte als illoyal zu bewerten, sodass sich gerundet 25.000 € ergäben.

Für Vermögensminderungen im Sinne von § 1375 Abs. 2 Nr. 2 BGB reicht ein großzügiger Lebensstil oder ein Leben über die Verhältnisse nicht aus. Außerdem muss die Benachteiligungsabsicht gegenüber dem anderen Ehegatten das leitende Motiv gewesen sein (BGH, Urteil vom 19.04.2000 – XII ZR 62/98, FamRZ 2000, 948, 950). Vor diesem Hintergrund begegnet die pauschalierende Betrachtungsweise des Amtsgerichts Bedenken. Grundsätzlich wären die Vermögensminderungen jedes der beiden Ehegatten im Einzelnen daraufhin zu überprüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine illoyale Vermögensminderung vorliegt. Vor diesem Hintergrund sind die vorsorglich erteilten Hinweise in der Verfügung des Senats vom 05.10.2020 zu verstehen. Dies alles kann aber dahinstehen. Denn es lässt sich schon eine Vermögensminderung auf Seiten des Antragsgegners nicht feststellen, wie im Senatstermin vom 08.04.2021 erörtert.

Die Antragstellerin vertritt mit der Beschwerde die Auffassung, die Differenz zwischen Trennungs- und Endvermögen des Antragsgegners belaufe sich auf 174.142,90 €. Dieser Betrag sei ihm gemäß § 1375 Abs. 2 BGB als Endvermögen hinzuzurechnen.

Das Amtsgericht hat die Differenz zwischen Trennungs- und Endvermögen auf der Grundlage der Aufstellung des Antragsgegners vom 24.11.2015 ermittelt. Diese Berechnung greift der Antragsgegner auf Seite 10 seines Schriftsatzes vom 20.02.2020 an. So sei der für den Kanzleianteil angesetzte Wert, der auf einer Schätzung beruhe, nicht mehr aktuell, sondern es sei auf das Sachverständigengutachten abzustellen. Damit rügt der Antragsgegner zu Recht, dass es bei der Frage, ob eine Vermögensminderung zwischen Trennung und Stichtag für das Endvermögen eingetreten ist, nicht auf inzwischen überholte Berechnungen ankommt. Stellt man dem in der Aufstellung vom 24.11.2015 angegebenen Trennungsvermögen von 1.022.321,40 € das vom Amtsgericht festgestellte Endvermögen von 1.120.949,74 € gegenüber, ist eine Vermögensminderung gar nicht eingetreten. Das liegt daran, dass inzwischen auch andere Positionen – unstreitig – bei der abschließenden Berechnung durch das Amtsgericht (deutlich) höher bewertet worden sind. So stehen jetzt als Wert für die Grundstücksgemeinschaft 450.000 € statt 407.500 €. Die Modelleisenbahn wird mit 10.000 € statt mit 3.000 € veranschlagt. Die Beteiligung am Golf-Club schlägt nun nicht nur mit 7.000 €, sondern mit 19.250 € zu Buche. Vor allem aber sind die Passiva, die Kreditverbindlichkeiten gegenüber der … Bank, deutlich niedriger bewertet worden, was auch zu einer Erhöhung des Endvermögens beiträgt.

An dieser Beurteilung kann der Schriftsatz der Antragstellerin vom 03.05.2021 nichts ändern. Dieser Schriftsatz ist schon deshalb unbeachtlich, weil die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 08.04.2021 keinen Schriftsatznachlass beantragt hat und ihr demzufolge auch keine Gelegenheit mehr zur schriftsätzlichen Stellungnahme eingeräumt worden ist. Doch auch inhaltlich rechtfertigt der Schriftsatz mangels hinreichender Substantiierung keine abweichende Beurteilung in Bezug auf das Fehlen einer Vermögensminderung.

In dem Schriftsatz vom 03.05.2021 hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin lediglich eine Erklärung ihrer Mandantin vorgelegt, die sie sich als Vortrag zu Eigen mache. Schon dies ist mit Rücksicht auf den mit dem Anwaltszwang (§ 114 FamFG) verbundenen Beibringungsgrundsatz bedenklich. Hinzu kommt, dass die Erklärung der Antragstellerin selbst keinen substantiierten Sachvortrag enthält. In der Erklärung wird lediglich behauptet, die Differenz zwischen Trennungs- und Endvermögen des Antragsgegners betrage 143.042,90 €. Die Erklärung wiederum nimmt Bezug auf verschiedene Anlagen. In einer der Anlagen, überschrieben als „Vermögensverzeichnis A… T…“, findet sich der genannte Differenzbetrag von 143.042,90 €. Diese Differenz soll sich ergeben, weil dem vom Amtsgericht festgestellten Endvermögen von 1.120,949,74 € zum 01.04.2014 ein Trennungsvermögen zum 09.11.2012 von 1.263.992,64 € gegenüberstehe. Warum sich gegenüber dem in der Aufstellung vom 24.11.2017 (GÜ 75 f.) genannten Wert von 1.022.321,40 € per 09.11.2012 eine deutliche Erhöhung des Trennungsvermögens ergeben soll, wird nicht erläutert. Es ist allerdings ersichtlich, dass die Erhöhung im Wesentlichen auf verminderte Ansätze bei den Passiva, bei zwei Bankkonten, zurückzuführen ist. Weshalb es hier zu neuen Ansätzen gekommen ist, wird aber nicht erläutert. Das neue Vorbringen kann damit im Ergebnis die Entscheidung nicht beeinflussen.

b)

Auf Seiten des Antragsgegners ist von einem Anfangsvermögen in Höhe von 347.922,77 € auszugehen.

aa)

Dem liegt folgende Berechnung der Aktiva – Passiva waren unstreitig nicht vorhanden – zugrunde:

…bank 

19.491,79 €

LV (2…)

72,54 €

Geschäftsanteil

        

Anwaltskanzlei

19.200,00 €

Gesamt

38.764,33 €

Eine Abweichung gegenüber der Berechnung des Amtsgerichts ergibt sich nur in Bezug auf den Wert der Anwaltskanzlei des Antragsgegners. Nachdem der Antragsgegner mit der Beschwerde geltend gemacht hatte, dass die Bewertung des Kanzleianteils im Anfangsvermögen entgegen der Darstellung des Amtsgerichts mit 13.400 € nicht unstreitig gewesen sei, und er den Senat aufgefordert hatte, im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO einen höheren Wert von 25.000 € anzusetzen, haben sich die Beteiligten im Senatstermin auf einen Mittelwert von 19.200 € verständigt.

bb)

Die Indexierung des Anfangsvermögens von 38.764,33 € mit dem bereits angeführten Faktor 99,4 / 74,2 ergibt einen Betrag von 51.929,57 €.

cc)

Auch auf Seiten des Antragsgegners hat das Amtsgericht gemäß § 1374 Abs. 2 BGB eine unstreitige Zurechnung zum Anfangsvermögen vorgenommen, nämlich hinsichtlich einer Erbschaft nach der Mutter mit einem Wert von 255.495,13 €. Legt man als Datum der Zurechnung den 20.04.2005 zugrunde, ergibt sich auf der Basis 2015 bei Multiplikation mit dem Quotienten 99,4 / 85,8 ein indexierter Betrag von 295.993,19 €.

Eine weitere, vom Antragsgegner angenommene Zuwendung des Vaters der Antragstellerin, bezogen auf den 01.01.1998, in Höhe von 69.024,40 € braucht - unabhängig davon, ob man die vom Antragsgegner vorgenommene rechtliche Qualifikation teilt – keine Berücksichtigung zu finden. Wie bereits oben unter 2. b) cc) (2) ausgeführt, heben sich dem Betrag nach identische Positionen im Anfangsvermögen jedes der beiden beteiligten Ehegatten auf.

dd)

Unter Einbeziehung der Zurechnung ergibt sich ein Anfangsvermögen von 347.922,77 € (= 51.929,57 € + 295.993,19 €).

c)

Mithin beläuft sich der Zugewinn des Antragsgegners, das ist die Differenz zwischen End- und Anfangsvermögen, auf 773.026,97 € (= 1.120.949,74 € - 347.922,77 €).

4.

Angesichts des Zugewinns, den die Eheleute nach den vorstehenden Ausführungen erzielt haben, ergibt sich gemäß § 1378 Abs. 1 BGB eine Ausgleichsforderung der Antragstellerin in Höhe der Hälfte des Überschusses auf Seiten des Antragsgegners, somit in Höhe von 354.530,77 € (= (773.026,97 € - 63.965,43 €) /2).

5.

Der Antragsgegner hat schon vor Erlass der angefochtenen Entscheidung einen Betrag von 66.010,64 € auf den Zugewinnausgleich gezahlt. Setzt man diesen Betrag von der Ausgleichsforderung von 354. 530,77 € ab, verbleiben 288.520,13 €.

Eine weitere Zahlung in Höhe von 228.429,17 € kann keine Berücksichtigung finden.

Allerdings hat der Antragsgegner schon in seinem Schriftsatz vom 18.12.2020 die Zahlung eines Betrages von 200.000 € angekündigt, die er zum Jahreswechsel vornehmen wolle. Im Senatstermin vom 08.04.2021 hat sich herausgestellt, dass diese angekündigte Zahlung noch nicht erfolgt ist.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 29.06.2021 hat der Antragsgegner nun erklärt, er habe einen Betrag in Höhe von 228.429,17 € zur Verrechnung auf Zugewinnausgleichsansprüche an die Antragstellerin überwiesen. Hierbei handelt es sich exakt um den Betrag, den das Amtsgericht als Zugewinnausgleich tituliert hat. Einer Berücksichtigung im Rahmen der Tenorierung dieser Entscheidung steht aber entgegen, dass die Zahlung nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat und nach Ablauf der eingeräumten Schriftsatzfrist erfolgt ist. Das ändert natürlich nichts daran, dass der Antragsgegner eine nachgewiesene zwischenzeitliche teilweise Erfüllung einem etwa auf die volle titulierte Forderung gerichteten Zahlungs- oder Vollstreckungsbegehren der Antragstellerin entgegenhalten kann, die insoweit geleistete Zahlung also auf den titulierten Anspruch anzurechnen ist.

6.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin ab Rechtskraft der Scheidung 228.429,17 € zu zahlen. Die Zahlung von Zinsen hat es nicht angeordnet. Die Antragstellerin hat nun im Beschwerdeverfahren beantragt, den angefochtenen Beschluss abzuändern und den Antragsgegner zu verpflichten, an sie ab Rechtskraft der Scheidung über den zuerkannten Betrag von 228.449,17 € als Zugewinnausgleich und den gezahlten Betrag von 63.443,65 € hinaus einen weiteren Zugewinnausgleich in Höhe von 299.928,88 € nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen. Dieser Antrag ist dahin auszulegen, dass sich der Zinsanspruch nur auf den weiteren Zugewinnausgleich in Höhe von 299.928,88 € bezieht. Hinsichtlich des vom Amtsgericht zuerkannten Betrages, den der Antragsgegner nach seinem Vorbringen nun beglichen hat, bleibt es bei der zinsfreien Zahlungsverpflichtung. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Ausführungen des Antragsgegners zum Zinsanspruch im Schriftsatz vom 29.06.2021 und auf die Entgegnung der Antragstellerin im Schriftsatz vom 02.07.2021 nicht an.

Zinsen fallen somit nur auf einen Betrag von 60.070,96 € (= (288.520,13 € - 228.449,17 €) an.

II.

Die auch in Bezug auf die Folgesache über den nachehelichen Unterhalt zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache teilweise Erfolg. Ein Anspruch gemäß § 1573 Abs. 2 BGB besteht in Höhe von monatlich 1.529,87 € ab Rechtskraft der Scheidung bis einschließlich Dezember 2023 und in Höhe von monatlich 1.000 € für die Monate Januar 2024 bis einschließlich Dezember 2026.

1.

Das bereinigte Einkommen der Antragstellerin beläuft sich auf 3.254,64 €.

a)

Das Amtsgericht ist von einem fiktiven Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit von 2.637 € ausgegangen. Dies ist nicht zu beanstanden.

aa)

Die Antragstellerin hat auch in der Beschwerdeinstanz das aktuelle Eigeneinkommen, das sie in einer Anwaltskanzlei erzielt, nicht dargelegt. Sie hat schriftsätzlich allein im Schriftsatz vom 29.03.2021 darauf verwiesen, dass sie zwar auf der Internetseite der Kanzlei als Rechtsanwältin genannt sei, tatsächlich jedoch nicht kontinuierlich anwaltliche Mandate bearbeite, bis heute in der Kanzlei nicht ein einziges Mandat selbständig geführt und noch nie einen Mandanten vertreten habe. Das alles kann aber auf sich beruhen. Denn ebenso wie das Amtsgericht nimmt auch der Antragsgegner an, dass der Antragstellerin wegen nicht ausreichender tatsächlicher Einkünfte ein fiktives Erwerbseinkommen zuzurechnen ist.

bb)

Mit dem Amtsgericht ist davon auszugehen, dass von der Antragstellerin jedenfalls nach einer Übergangszeit die Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit als angestellte Rechtsanwältin verlangt werden kann. Während einen im Zeitpunkt der Trennung längere Zeit nicht erwerbstätig gewesenen Ehegatten im ersten Trennungsjahr in der Regel keine Erwerbsobliegenheit trifft, nähern sich die Voraussetzungen für die Annahme einer Erwerbsobliegenheit schon mit zunehmender Verfestigung der Trennung, insbesondere wenn die Scheidung nur noch eine Frage der Zeit ist, immer mehr den Maßstäben des nachehelichen Unterhalts an (BGH, Urteil vom 05.03.2008 - XII ZR 22/06, NJW 2008, 1946 Rn. 26). Vor diesem Hintergrund trifft die Antragstellerin angesichts der Trennung bereits im Jahr 2012 und im Hinblick auf den Grundsatz der Eigenverantwortung gemäß § 1569 BGB jedenfalls mit Rechtskraft der Scheidung am 18.12.2020 eine volle Erwerbsobliegenheit.

cc)

Dass die Antragstellerin sich hinreichend um eine ihren Fähigkeiten entsprechende Beschäftigung bemüht hat, kann nicht angenommen werden.

Der Antragsgegner hat mit Nichtwissen bestritten, dass sich die Antragstellerin ab November 2014 intensiv in allen Bereichen der juristischen Arbeitswelt beworben habe. Da die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung Bewerbungsbemühungen substantiiert nicht vorgetragen hat, kommt es auf die Qualität der Bewerbungsschreiben, die der Antragsgegner unter Bezugnahme auf ein Unterhaltsabänderungsverfahren anspricht, nicht an.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zwar ihren Vortrag zu Erwerbsbemühungen nach der Trennung konkretisiert. Angesichts der wenigen dargelegten Bemühungen ist sie aber dem Grundsatz der Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) nicht gerecht geworden. Dies gilt auch für den Umstieg auf eine Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten, selbst wenn ihr dies von der Arbeitsverwaltung angeraten worden sein sollte. Allein die Kündigung des ersten Arbeitsverhältnisses als freie Mitarbeiterin in einer B… Anwaltskanzlei, das in der Zeit von September bis Dezember 2015 bestanden hat (vgl. das Kündigungsschreiben vom 04.01.2016), lässt nicht erkennen, dass die Antragstellerin seinerzeit für eine Tätigkeit als Rechtsanwältin nicht (mehr) geeignet war. Die Antragstellerin selbst gibt hierzu nur an, ihre Leistungen hätten nicht den Erwartungen des Arbeitgebers entsprochen.

dd)

Auch hinsichtlich der Höhe des fiktiven Einkommens folgt der Senat dem Amtsgericht.

Die Antragstellerin macht geltend, bei der Trennung als Rechtsanwältin keine Berufserfahrung gehabt zu haben. Dieser Gesichtspunkt ist im Rahmen der Bemessung des fiktiven Einkommens grundsätzlich zu berücksichtigen. Mit dem Amtsgericht ist aber davon auszugehen, dass die Antragstellerin sich im Laufe der langen Zeit nach der Trennung so hinreichend hätte qualifizieren können, dass jedenfalls jetzt, mit Rechtskraft der Scheidung, ein entsprechend höheres Einkommen erzielbar wäre.

Der pauschale Vortrag der Antragstellerin, sie sei infolge der Trennung psychisch so angeschlagen gewesen, dass sie sich für drei Jahre in eine Psychotherapie habe begeben müssen, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Im letzten Schriftsatz hat die Antragstellerin den Vortrag hinsichtlich der psychotherapeutischen Behandlung dahin konkretisiert, dass es sich um den Zeitraum von September 2013 bis März 2016 gehandelt habe. Aus dem in Bezug genommenen ärztlichen Befundbericht ergibt sich sogar ein Zeitraum von September 2012 bis März 2016. Das Vorbringen genügt aber nach wie vor nicht den zu stellenden Anforderungen. Wer sich im Unterhaltsprozess darauf beruft, krankheitsbedingt einer Erwerbstätigkeit nicht oder nur eingeschränkt, nachgehen zu können, muss nämlich Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden darlegen. Der bloße Hinweis auf eine Erkrankung lässt weder erkennen, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehen, noch, inwieweit sich diese auf die Erwerbsfähigkeit auswirken (vgl. BGH, FamRZ 2001, 1291, 1292). Darauf kommt es aber letztlich nicht an. Denn selbst wenn das Vorbringen der Antragstellerin zutreffen sollte, werden jedenfalls vom Jahr 2016 an keine psychischen Beeinträchtigungen mehr vorhanden gewesen sein, sodass bis Dezember 2020 die berufliche Qualifikation hätte „aufgefrischt“ werden können.

Der Antragsgegner verteidigt den Ansatz des fiktiven Einkommens durch das Amtsgericht unter Hinweis auf das statistische Berichtssystem für Rechtsanwälte (STAR), wonach im Kammerbezirk Berlin durchschnittlich 52.000 € brutto jährlich erzielbar seien. Er verweist insbesondere auch darauf, dass die Antragstellerin über überdurchschnittliche Fremdsprachenkenntnisse (Englisch/Französisch/Spanisch) verfügt habe. Dem ist die Antragstellerin nicht entgegengetreten. Daher folgt auch der Senat dem verständigen Ansatz des Amtsgerichts mit der Folge, dass von einem fiktiven Nettoeinkommen der Antragstellerin in Höhe von 2.637 € auszugehen ist.

b)

Berufsbedingte Aufwendungen können auf Seiten der Antragstellerin unstreitig mit 5 % des Nettoeinkommens in Ansatz gebracht werden. Dem steht nicht entgegen, dass nicht auf ihr tatsächliches Erwerbseinkommen abgestellt wird, sondern ihr ein höheres fiktives Erwerbseinkommen zuzurechnen ist. Denn wenn dem Unterhaltsschuldner nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ein Einkommen aus einer fiktiven (Neben)Tätigkeit zugerechnet werden soll, sind insoweit auch pauschale berufsbedingte Kosten zu berücksichtigen, weil ein konkreter Vortrag hinsichtlich fiktiver Einkünfte nicht verlangt werden kann (BGH, Urteil vom 03.12.2008 - XII ZR 182/06, NJW 2009, 1410, 1413 Rn. 39).

c)

Es bleibt entsprechend dem Ansatz des Amtsgerichts bei einer Zurechnung von fiktiv 1.000 € monatlich aus Kapitalerträgen.

Allerdings macht die Antragstellerin insoweit pauschal geltend, es hätte von ihr nicht verlangt werden können, eine Immobilie zu erwerben, weil sie sich subjektiv in einer unsicheren Versorgungslage befunden habe. Insoweit trifft aber das Vorbringen des Antragsgegners zu, dass sie durchweg Trennungsunterhalt erhalten hat. Das Amtsgericht ist auch gerade nicht davon ausgegangen, dass sie den Vermögensstamm hätte einsetzen sollen. Vielmehr hat das Amtsgericht den Weg fiktiver Einkünfte aus Kapitalvermögen gewählt. Dabei ist das Amtsgericht bei einer Anlage in Höhe von 400.000 € von einem erzielbaren Jahreszins von 3 % ausgegangen (Formel: 400.000 € * 3 % / 12 Monate = 1.000 €). Das ist auch in der aktuellen Niedrigzinsphase nicht zu beanstanden. Auch hat keiner der Beteiligten den vom Amtsgericht angesetzten Jahreszins in Zweifel gezogen.

Die Antragstellerin beruft sich auch darauf, dass das verbliebene Vermögen ihre Alterssicherung darstelle, da sie aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich keinen Ausgleich an Anwartschaften erhalte. Zutreffend ist, dass nach der Versorgungsausgleichsentscheidung des Amtsgerichts allein die Antragstellerin ausgleichspflichtig ist. Dabei hat sie in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anrecht mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 24.280,63 € erlangt, im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Brandenburg ein Anrecht auf der Grundlage eines korrespondierenden Kapitalwertes von 9.263,55 €. Das vom Antragsgegner erworbene Anrecht bei der (1...) Lebensversicherung mit einem Kapitalwert von 63.443,65 € besteht nicht mehr und ist in die Zugewinnausgleichsbilanz eingestellt worden. Dieser Umstand, insbesondere das auf Grund des Zugewinnausgleichs zu erwartende bzw. schon geflossene Kapital, stellt auch eine Altersvorsorge dar. Schließlich führt der zutreffende Ansatz des Amtsgerichts auch nicht dazu, dass die Antragstellerin Altersvorsorgevermögen verliert. Es geht allein um fiktive Erträge aus diesem Vermögen.

Damit kommt andererseits der Ansatz eines Wohnvorteils nicht in Betracht. In seiner Verfügung vom 05.10.2020 hatte der Senat noch in Betracht gezogen, auch bei der Antragstellerin einen Wohnvorteil fiktiv anzusetzen. Das Vermögen in Form des Erlöses aus dem Hausverkauf sei nämlich grundsätzlich geeignet, die Bedürftigkeit der Antragstellerin zu mindern. Auch wenn sie geltend mache, vor riskanten Vermögenstransaktionen zurückgeschreckt zu sein, stelle sich doch die Frage, warum sie den Verkaufserlös nicht dazu verwandt habe, eine Immobilie zu erwerben, die sie zukünftig mietfrei bewohnen könnte. Diese Überlegungen haben nach wie vor Gültigkeit. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragstellerin, wenn sie ihr Vermögen konkret zum Erwerb einer Immobilie genutzt hätte, ein höheres zusätzliches Einkommen als 1.000 €, wie vom Amtsgericht angesetzt, zuzurechnen wäre.

Der Erwerb einer Immobilie hätte zur Folge, dass die Antragstellerin nicht mehr über ein Vermögen von 400.000 € verfügt hätte mit der Konsequenz, dass ihr auch nicht fiktive Kapitaleinkünfte in Höhe von 1.000 € zugerechnet werden könnten. Und für die Annahme, dass ein Wohnvorteil mit einem höheren Betrag als 1.000 € anzusetzen wäre, fehlen die Grundlagen. Allein der Hinweis des Antragsgegners, dass der Antragstellerin aus Gründen der Gleichbehandlung ein Wohnvorteil in derselben Höhe wie ihm, also in Höhe von 1.260 €, zuzurechnen sei, reicht nicht aus. Denn die Antragstellerin wäre auch unterhaltsrechtlich nicht verpflichtet gewesen, eine Immobilie in derselben Größe und Ausstattung zu erwerben wie der Antragsgegner.

d)

Nach alledem bleibt es bei der Ermittlung des bereinigten Einkommens der Antragstellerin wie im angefochtenen Beschluss:

fiktives Nettoeinkommen

2.637,00 €

abzgl. 5 % berufsbedingte Aufwendungen

131,85 €

        

2.505,15 €

abzgl. 10 % Erwerbstätigenbonus (vgl. Nr. 15.2 Abs. 3 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 01.01.2021)

250,51 €

        

2.254,64 €

zzgl. Kapital- oder Mietverträge (fiktiv)

1.000,00 €

einzusetzendes Einkommen

3.254,64 €

2.

Das bereinigte Einkommen des Antragsgegners beträgt 6.314,39 €.

a)

Das Erwerbseinkommen des Antragsgegners aus selbstständiger Tätigkeit hat das Amtsgericht auf der Grundlage eines Durchschnitts für die Jahre 2015 bis 2017 nach Abzug von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag mit unstreitig 95.775,98 festgestellt. Es ergibt sich ein monatlicher Durchschnittsbetrag in Höhe von 7.981,33 € (= 95.775,98 € / 12 Monate).

b)

Für den selbstständig tätigen Antragsgegner können entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht pauschal 5 % für berufsbedingte Aufwendungen abgesetzt werden. Denn es ist davon auszugehen, dass die Betriebsausgaben schon in den Gewinn- und Verlustrechnungen vollständig Berücksichtigung gefunden haben, die wiederum Grundlage für die Ermittlung des Einkommens der Jahre 2015 bis 2017 gewesen sind.

c)

Die Aufwendungen für die private Krankenversicherung des Antragsgegners hat das Amtsgericht unstreitig mit 11.363,16 € im Jahr festgestellt. Es ergibt sich ein monatlicher Durchschnittsbetrag von 946,93 € (= 11.363,16 € / 12 Monate).

d)

Für die Altersvorsorge kann der Antragsgegner einen Betrag in Höhe von 1.812,21 € monatlich von seinem Einkommen in Abzug bringen.

Das Amtsgericht hat vom Einkommen des Antragsgegners einen Jahresbetrag von 9.122,88 €, das sind 760,24 € (= 9.122,88 € / 12) monatlich, für eine „Altersvorsorge (2…)“ abgesetzt und die Altersvorsorge bei der (1...) zwar in der Aufstellung erwähnt, aber mit null angesetzt. Der Antragsgegner macht nun geltend, es bestünden auch noch zwei zu bedienende Lebensversicherungsverträge bei der (1...). Er legt insoweit Kontoauszüge vor, aus denen sich in der Summe tatsächlich weitere Aufwendungen von monatlich 1.051,97 € ergeben. Insgesamt sind damit monatliche Zahlungen von 1.812,21 € belegt.

Die Antragstellerin kann nicht mit dem Einwand durchdringen, das Amtsgericht habe zu Recht festgestellt, dass diese Verträge gekündigt und die Kapitalerträge ausgezahlt worden seien, zumal der Antragsgegner im Fragebogen zum Versorgungsausgleich erklärt habe, keine private Lebensversicherung auf Rentenbasis abgeschlossen zu haben. Denn es steht dem Antragsgegner frei, etwa nach der Rechtshängigkeit der Scheidung weitere Verträge abzuschließen, solange die Höchstgrenze für die zulässige Altersvorsorge nicht überschritten ist. Bei Selbstständigen ohne gesetzliche Rentenversicherungspflicht ist Altersvorsorge in Höhe von bis zu 24 % des Bruttoeinkommens zulässig (Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 10. Aufl., § 1 Rn. 1037). Die Grenze von 24 % liegt hier angesichts eines Bruttoeinkommens von 7.981,33 € bei rund 1.915 €. Bei einer Gesamtsumme für zusätzliche Altersvorsorge in Höhe von 1.812,21 € ist diese Grenze nicht überschritten.

e)

Vor der Berücksichtigung weiterer Einkünfte, die nicht aus Erwerbstätigkeit herrühren, und ggf. vor dem Abzug weiterer Verbindlichkeiten ist nun der Erwerbstätigenbonus in Höhe von 10 % abzusetzen.

Das Amtsgericht hat den Erwerbstätigenbonus nicht nur vor Addition der Einkünfte aus Vermietung und des Wohnvorteils angesetzt, sondern auch vor den Vorsorgeaufwendungen. Nach Auffassung des Senats beträgt der Erwerbstätigenbonus 1/10 vor Verminderung der Einkünfte um Kindesunterhalt, berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten usw. (Nr. 15.2 Abs. 3 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1.1.2021). Dies ist dahin zu verstehen, dass alle Aufwendungen, die mit dem Erwerbseinkommen zu tun haben, vor dem Erwerbstätigenbonus in Abzug zu bringen sind, also neben den berufsbedingten Aufwendungen auch die Vorsorgeaufwendungen.

f)

Die Mieteinnahmen des Antragsgegners belaufen sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts auf 4.253 € jährlich. Dies entspricht einem monatlichen Durchschnittsbetrag in Höhe von 354,42 € (= 4.253 € / 12 Monate).

g)

Der Wohnvorteil auf Seiten des Antragsgegners ist entsprechend dem Ansatz des Amtsgerichts mit 1.260 € zu bewerten.

Soweit der Antragsgegner den vom Amtsgericht angesetzten Wohnvorteil deshalb für zu hoch hält, weil auf sein jetziges, erst ab 2013 nach der Trennung erworbenes Wohnhaus abgestellt worden sei, kann er damit nicht durchdringen. Insoweit kommt es darauf, dass ein anderes Haus die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat, nicht an. Denn der Wohnvorteil für das aktuell bewohnte Haus tritt als Surrogat an die Stelle des früheren Wohnvorteils (Hammermann, in: Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht, 7. Aufl., § 1578 Rn. 68).

Der Antragsgegner hat bereits mit der Beschwerdeerwiderung vom 20.02.2020 eine Minderung des Wohnvorteils unter dem Gesichtspunkt einer Instandhaltungsrücklage geltend gemacht. In der Verfügung vom 05.10.2020 hat der Senat darauf hingewiesen, dass Instandhaltungsrücklagen bei der Bemessung des Wohnvorteils nur dann zu berücksichtigen sind, wenn es sich um konkrete Instandhaltungsmaßnahmen handelt, die erforderlich sind, um die ordnungsgemäße Bewohnbarkeit des Hauses zu erhalten. Renovierungsarbeiten etwa in abgetrennten Räumen, die nach dem Auszug des anderen Ehegatten nicht mehr genutzt werden, fallen ebenso wenig hierunter wie allgemeine Reparaturen, die den aktuellen Wert des Hauses erhöhen, ohne durch die Erhaltung des Gebrauchswerts veranlasst zu sein (BGH, NJW 2000, 284, 287). Nach der seinerzeitigen Einschätzung des Senats fehlte es an substanziiertem Vortrag des Antragsgegners zur Erforderlichkeit von unaufschiebbaren Instandhaltungsmaßnahmen.

Auch der ergänzende Vortrag des Antragsgegners im Schriftsatz vom 06.11.2020 rechtfertigt nicht den Ansatz einer Instandhaltungsrücklage. Der Antragsgegner benennt nun einen Rohrbruch im Dezember 2018 und Undichtigkeiten im Bereich der Duschen, sodass deren Sanierung erforderlich sei. Das Kostenangebot einer Firma betreffe die Erneuerung von zwei der drei Duschanlagen für insgesamt 16.935,49 €, während für eine dritte Duschanlage nochmals 7.500 € zu veranschlagen seien. Eine der drei Duschen sei bereits saniert. Dargelegt ist damit eine bereits abgeschlossene Reparatur an einer Dusche, welche eine Rücklage nicht (mehr) rechtfertigen kann. Gleiches gilt aber auch für das vorgelegte Kostenangebot vom 17.01.2019. Schon das schriftsätzliche Vorbringen des Antragsgegners, das zusätzlich zu den 16.935,49 € für eine dritte Anlage nochmals 7.500 € zu veranschlagen seien, ist nicht nachvollziehbar. Denn die vom Antragsgegner für die dritte Duschanlage in Bezug genommenen Zeilen 39-70 des Angebots sind bereits Bestandteil des Endbetrages von 16.935,49 €. Zum Kostenangebot gehören insbesondere auch neue Duschabtrennungen, Wandverkleidungssysteme und Mischbatterien. Dass dies im Hinblick auf die befürchteten Schäden an den Zuleitungen erforderlich ist, hat der Antragsgegner ebenso wenig substantiiert dargelegt wie eine diesbezügliche Notwendigkeit der Instandhaltung.

Der Geltendmachung einer Instandhaltungsrücklage steht schließlich auch entgegen, dass der Antragsgegner im Zugewinnausgleichsverfahren, gerade um den Einwand illoyaler Vermögensverschiebungen zu entkräften, nicht unerhebliche Ausgaben zur Mängelbeseitigung und Instandsetzung der Immobilie …steig in zeitlichem Zusammenhang mit deren Erwerb im Jahr 2013 geltend gemacht hat. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, warum bereits jetzt Rücklagen gebildet werden müssen.

Im Ergebnis bleibt es daher bei dem verständigen Ansatz des Amtsgerichts für den Wohnvorteil, also bei einem Betrag von 1.260 €.

h)

Auch wenn die ehelichen Lebensverhältnisse von einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber den beiden gemeinsamen Kindern Pa… und P… geprägt waren, hat das Amtsgericht hierfür vom Einkommen des Antragsgegners keinen Betrag abgesetzt. Hintergrund ist offensichtlich der Umstand, dass eine Barunterhaltspflicht gegenüber den beiden inzwischen volljährigen Söhnen nicht mehr besteht. Auch im Beschwerdeverfahren ist das Bestehen einer weiteren Unterhaltsverpflichtung nicht eingewandt worden.

i)

Nach alledem errechnet sich ein bereinigtes Einkommen von 6.314,39 €:

Erwerbseinkommen

7.981,33 €

berufsbedingte Aufwendungen

 0,00 €

Krankenversicherung

 -946,93 €

Altersvorsorge (2…)

 -760,24 €

Altersvorsorge (1...)

-1.051,97 €

        

5.222,19 €

Erwerbstätigenbonus 10 %

 -522,22 €

        

4.699,97 €

Mieteinnahmen

 354,42 €

Wohnvorteil

1.260,00 €

        

6.314,39 €

3.

Der Unterhaltsbedarf der Antragstellerin beläuft sich auf die Hälfte der Differenz der beiderseitigen bereinigten Einkünfte. Das sind 1.529,87 € (= (6.314,39 € - 3.254,64 €) / 2).

4.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners steht die Bedürftigkeit jedenfalls in dem Umfang, wie soeben ermittelt, nicht in Frage. Soweit der Antragsgegner im Schriftsatz vom 18.12.2020 auf den von ihm gezahlten Trennungsunterhalt hinweist, hat dieser dazu gedient, den Unterhaltsbedarf der Antragstellerin während der Trennung zu sichern. Er war nicht zur Vermögensbildung bestimmt. Auch im Übrigen kann die Antragstellerin nicht gemäß § 1577 Abs. 3 BGB auf die Verwertung des Vermögensstammes verwiesen werden. Soweit das Kapital aus der Veräußerung der Ehewohnung stammt, steht dem schon entgegen, dass dem anderen Ehegatten ein etwa gleich hoher Kapitalbetrag zugeflossen ist

(vgl. BeckOGK/Schlünder, 01.05.2021, BGB § 1577 Rn. 92). Im Übrigen reicht es unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten gerade auch im Hinblick auf die gebotene Altersvorsorge aus, dass der Antragstellerin fiktive Erträge aus dem Vermögen zugerechnet werden.

5.

Der Unterhaltsanspruch ist gemäß § 1578b BGB zu begrenzen. Dies führt aber entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht schon zu einem Wegfall des Unterhaltsanspruchs nach dem 31.12.2020.

a)

Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist gemäß § 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre, und gemäß § 1578b Abs. 2 Satz 1 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden, § 1578b Abs. 3 BGB. Bei der Frage, ob der Unterhaltsanspruch zu begrenzen ist, ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre, § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB (ggf. i.V.m. § 1578b Abs. 2 Satz 2 BGB). Nachteile im Sinne dieser Vorschrift können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben, § 1578b Abs. 1 Satz 3 BGB (ggf. i.V.m. § 1578b Abs. 2 Satz 2 BGB).

Ob ehebedingte Nachteile entstanden sind, ist zu ermitteln, indem die Lage, wie sie sich ohne Eheschließung und die gewählte Rollenverteilung ergeben hätte, und die tatsächlich bestehende Lage gegenübergestellt werden. Dabei können zunächst entstandene Nachteile durch andere mit der Ehe verbundene Vorteile – auch nach der Ehescheidung – kompensiert werden (BGH, Urteil vom 07.03.2012 − XII ZR 145/09 Rn 30, NJW 2012, 2028). Ehebedingte Nachteile sind vor allem Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe entstanden sind. Sie können sich ergeben, wenn ein Ehegatte sich entschließt, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, um die Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu übernehmen. Ab welchem Zeitpunkt die Rollenverteilung praktiziert wird, ist nicht von Bedeutung. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob die Ehegatten die Rollenverteilung zu Beginn der Ehe, bei der Geburt eines Kindes oder erst später planten und praktizierten. Somit ist auf die tatsächliche Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung abzustellen, weshalb der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht einwenden kann, dass er den Unterhaltsberechtigten während der Ehe zur Berufstätigkeit angehalten habe (BGH, Beschluss vom 13.03.2013 - XII ZB 650/11 Rn 36, NJW 2013, 1738). Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs scheidet im Falle eines fortwirkenden ehebedingten Nachteil regelmäßig aus. Nur im Ausnahmefall ist eine Befristung trotz fortbestehender ehebedingter Nachteile möglich (BGH, Beschluss vom 04.07.2018 – XII ZB 448/17 Rn. 29, NJW 2018, 2638 = FamRZ 2018, 1506).

Die Vorschrift des § 1578b BGB beschränkt sich allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität (BGH, Urteil vom 17. 2. 2010 - XII ZR 140/08, NJW 2010, 1598). In diesen Fällen gewinnt die Ehedauer ihren wesentlichen Stellenwert bei der Bestimmung des Maßes der gebotenen nachehelichen Solidarität aus der Wechselwirkung mit der in der Ehe einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung und der darauf beruhenden Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse (BGH, Urteil vom 20.03.2013 − XII ZR 72/11, Rn 33 ff., NJW 2013, 1530). Selbst aus dem Umstand, dass eine Hausfrauenehe von (sehr) langer Dauer geführt worden ist, folgt noch nicht zwangsläufig, dass die mit einer Herabsetzung oder Befristung verbundene Absenkung des Lebensniveaus des Unterhaltsberechtigten stets unterbleiben müsste. Vielmehr sind im Rahmen der Billigkeitsabwägung auch alle weiteren Umstände des konkreten Einzelfalls zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 20.03.2013, a.a.O., Rn 37).

Die vom Antragsgegner im Schriftsatz vom 20.02.2020 angeführte Rechtsprechung (insbesondere OLG Brandenburg, Urteil vom 22.04.2008 – 10 UF 226/07, BeckRS 2008, 8825 Rn. 102) steht dazu nicht in Widerspruch. Auch in den dort zitierten Entscheidungen sind die Umstände des Einzelfalls besonders gewürdigt worden.

b)

Unter Beachtung der genannten rechtlichen Grundsätze ist der sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen ergebende volle Unterhalt von monatlich 1.529,87 € ab Rechtskraft der Scheidung bis einschließlich Dezember 2023 zu zahlen. Danach hat eine Herabsetzung auf monatlich 1.000 € zu erfolgen. Die Zahlung dieses Betrages ist zu befristen auf die Zeit bis einschließlich Dezember 2026.

aa)

Angesichts des Umstands, dass die Antragstellerin insbesondere auch wegen der Kinderbetreuung lange Zeit aus der Berufstätigkeit ausgeschieden ist, somit keine „Karriere“ als Rechtsanwältin machen konnte, ist von einem ehebedingten Nachteil auszugehen. Auch bei ausreichenden Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit bald nach der Trennung hätte sie nicht dort anknüpfen können, wo sie gestanden hätte, wenn sie durchgängig als Anwältin tätig gewesen wäre. Der ehebedingte Nachteil wirkt auch noch fort. Die Antragstellerin steht auf dem Anwaltsmarkt nach wie vor schlechter da, als wenn sie durchgängig erwerbstätig gewesen wäre.

Trotz des fortwirkenden ehebedingten Nachteils ist hier eine Befristung des nachehelichen Unterhalts vorzunehmen. Mit Rücksicht darauf, dass die Antragstellerin – wie der hier vorgenommene Ansatz eines fiktiven Einkommens aus Erwerbstätigkeit zeigt – in ihrem angestammten Beruf als Rechtsanwältin grundsätzlich wieder Fuß fassen kann, ist der ehebedingte Nachteil als nicht so gravierend anzusehen. Hinzu kommt der schon vom Amtsgericht bei der Abwägung hervorgehobene Umstand, der Antragsgegner habe plausibel dargelegt, zum Ende des Jahres 2020 – dann 60-jährig – beruflich kürzer treten zu wollen. Dass eine solche Planung bestanden hat, hat die Antragstellerin nicht in Abrede gestellt. Sie hat lediglich am Ende der Beschwerdebegründung vom 08.10.2019 die Rechtsauffassung vertreten, dies stehe einem unbegrenzten Unterhaltsanspruch nicht entgegen, da für den Antragsgegner, sofern er in einigen Jahren tatsächlich über deutlich geringere Einkünfte verfügen sollte, die Möglichkeit der Abänderung des Beschlusses eröffnet sei.

bb)

Nimmt man darüber hinaus den Gedanken der nachehelichen Solidarität in den Blick, ergibt sich folgendes: Die insoweit maßgebliche (vgl. BGH, Urteil vom 07.03.2012 − XII ZR 179/09, NJW 2012, 1807 Rn. 36) Zeit von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags betrug hier rund 19 Jahre und acht Monate. Hätte die Antragstellerin keine fortwirkenden ehebedingten Nachteile erlitten, käme eine Befristung des Unterhalts auf fünf Jahre in Betracht.

Ein länger gezahlter Trennungsunterhalt ist bei der Abwägung durchaus zu berücksichtigen, aber nicht unbedingt im Wege einer „Anrechnung 1:1“ (vgl. auch BGH, Beschluss vom 16.10.2019 – XII ZB 341/17, NZFam 2019, 1095 Rn. 38; BGH, Beschluss vom 04.07.2018 – XII ZB 448/17, NJW 2018, 2638 Rn. 24). Somit würde bei einer an sich vorzunehmenden Befristung von fünf Jahren hier nicht die Zahlung von Trennungsunterhalt über acht Jahre hinweg automatisch zum völligen Wegfall des Unterhaltsanspruchs ab Rechtskraft der Scheidung führen. Mit Rücksicht auf den fortdauernden ehebedingten Nachteil, den die Antragstellerin erlitten hat, kann die ausnahmsweise gerechtfertigte Befristung mit der Hälfte der Ehedauer angesetzt werden. Das wären knapp zehn Jahren. Rechnet man die acht Jahre gezahlten Trennungsunterhalt hälftig an, verbleiben noch sechs Jahre ab Rechtskraft der Scheidung. Das rechtfertigt eine Befristung bis Ende 2026.

cc)

Die Befristung des Unterhalts bis Ende 2026 auf der Grundlage von § 1578 b Abs. 2 BGB schließt eine vorherige Herabsetzung gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB nicht aus. Dies gilt umso mehr, als weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten – abgesehen von den seitens der Antragstellerin geltend gemachten Ansprüchen auf nachehelichen Unterhalt und Zugewinnausgleich – noch nicht vollständig entflochten wären. Vielmehr hat die Antragstellerin – insbesondere wohl durch die Veräußerung des gemeinsamen Hausgrundstückes und hälftige Teilung des Erlöses – Vermögenswerte erlangt, die ihr zusätzlich zum Erwerbseinkommen weitere Zinseinkünfte ermöglichen.

Allerdings kann eine solche Herabsetzung entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht sogleich mit Eintritt der Rechtskraft der Scheidung erfolgen. Angesichts des Eintritts der Rechtskraft im Dezember 2020 und des Auslaufens des Unterhaltsanspruchs Ende 2026 liegt es vielmehr nahe, eine einmalige Herabsetzung des Unterhalts in der Mitte der Zeit, also zum 31.12.2023, vorzunehmen. In Orientierung an der vom Amtsgericht vorgenommenen Reduzierung um ein Drittel gelangt man bei einem Ausgangswert von 1.529,87 € zu einem Betrag von rund 1.000 €.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 1 FamFG. Ein Fall von Unbilligkeit gemäß § 150 Abs. 4 S. 1 FamFG liegt nicht vor.

Die Wertfestsetzung ergeht auf der Grundlage von §§ 40 Abs. 1, 51 Abs. 1, 2 FamGKG.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.