Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 17.08.2021 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 25/20 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0817.13UF25.20.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen wird der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 06.12.2019 - 23 F 163/10 - in seinem Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Ziffer 2.) teilweise abgeändert:
Die Entscheidungsformel erhält unter 2. zusätzlich den folgenden Absatz:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des für den Antragsgegner bei dem (X) bestehenden Anrechts (Nr. …) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts abzüglich hälftiger Teilungskosten von 13.395,23 € nach Maßgabe der Teilungsordnung des Versorgungsträgers in der Fassung vom 01.12.2020, bezogen auf den 31.08.2010, übertragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Der Gebührenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 83.981,85 € festgesetzt.
I.
1. Die Antragstellerin beanstandet die Nichtberücksichtigung zweier zu ihren Gunsten auszugleichender Anrechte des Antragsgegners aus betrieblichen Altersvorsorgeverträgen und die Höhe ihres Anspruchs auf Zugewinnausgleich.
Das Amtsgericht Nauen hat durch den teilweise angefochtenen Scheidungsverbundbeschluss vom 06.12.2019 (Bl. 1030) die am …1996 geschlossene Ehe der Antragsbeteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und der Antragstellerin nachehelichen Unterhalt sowie eine Zugewinnausgleichszahlung in Höhe von 32.518,- € zugesprochen. Das Scheidungsverfahren der seit Juni 2009 getrennten Ehegatten war seit dem 01.09.2010 rechtshängig.
Bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs hat das Amtsgericht ein Anrecht des Antragsgegners auf betriebliche Altersvorsorge bei dem Versorgungsträger (Y), der weiteren Beteiligten zu 4), aufgrund deren Mitteilung vom 02.09.2011 (Bl. 97 VA-Heft), in Deutschland nur eine unselbständige Niederlassung des in der Republik Irland hauptansässigen Unternehmens zu betreiben, nicht ausgeglichen und insoweit auf Ausgleichsansprüche nach der Scheidung verwiesen. Weiter hat das Amtsgericht eine Auskunft über die Anwartschaften des Antragsgegners aus betrieblicher Altersversorgung bei dem (X), dem weiteren Beteiligten zu 3), nicht eingeholt und daher deren Ausgleich unterlassen.
Mit ihrer Beschwerde vom 29.01.2020 (Bl. 1072, 1108) beantragt die Antragstellerin den bislang unberücksichtigt gebliebenen Ausgleich der Anwartschaften des Antragsgegners bei dem weiteren Beteiligten zu 3) und der weiteren Beteiligten zu 4).
Für den Fall des Absehens vom Ausgleich des zu ihren Gunsten zu begründenden Anrechts bei der Beteiligten zu 4) beantragt sie hilfsweise sinngemäß (Bl. 1208),
der Antragsgegner zu verpflichten, einen Betrag in Höhe von 2.625,88 € zur Abfindung des Ausgleichsanspruchs der Antragstellerin wegen des ausländischen Anrechts des Antragsgegners bei der (Y) zu zahlen, und zwar an den Versorgungsträger (Z).
Auf das Ersuchen des Senats beauskunftet der weitere Beteiligte zu 3) mit Schreiben vom 24.03.2021 (Bl. 1194) die Anrechte des Antragsgegners aus betrieblicher Altersversorgung und beantragt deren interne Teilung.
Die weitere Beteiligte zu 4) teilt mit Schreiben vom 29.06.2021 (Bl. 1218) mit, nunmehr unter der Bezeichnung (Y1) zu firmieren, beim Handelsregister unter HRB … AG … eingetragen und in …, Irland, hauptansässig zu sein.
2. In der Scheidungsverbundsache zum Zugewinnausgleich streiten die Antragsbeteiligten über den Wert der Geschäftsanteile des Antragsgegners an der … GmbH. Sie sind sich darüber einig, dass die Antragstellerin während der Ehe keinen Zugewinn erwirtschaftet hat, der Antragsgegner nicht über ein Anfangsvermögen verfügt, sein Endvermögen Passiva in Höhe von 227.638,- € und ohne Berücksichtigung der streitigen Anteile an dem Unternehmen Aktiva in Höhe von 91.903,- € aufweist (Bl. 1037R, 1125).
Das verfahrensgegenständliche, in … ansässige Unternehmen wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 03.11.2006 (Bl. 978 ff. GÜ-Heft) durch den Antragsgegner und die … KG mit einem Stammkapital von 50.000,- €, erhöht auf 250.000,- € am 01.04.2009, gegründet. Am 03.11.2006 wurde der Antragsgegner zum Alleingeschäftsführer des Unternehmens bestellt. Mit zwei notariellen Urkunden vom 05.04.2007 (Bl. 1175, 1181) vereinbarten die bislang jeweils 50 % der Geschäftsanteile haltenden Gesellschafter die Übertragung eines Geschäftsanteils auf den Antragsgegner zu treuen Händen zugunsten der Mitgesellschafterin. Zum Zeitpunkt des Bewertungsstichtags hielt der Antragsgegner 51 % der Geschäftsanteile, davon 1 % treuhänderisch zugunsten der Mitgesellschafterin. Unternehmensgegenstand war die Planung und Ausführung von Arbeiten der Dachtechnik und des Bautenschutzes.
Das Amtsgericht hat mit Beweisbeschluss vom 28.10.2014 (Bl. 820), abgeändert durch Beschluss vom 17.11.2016 (Bl. 940) ein Sachverständigengutachten zum Wert der vom Antragsgegner zum Stichtag des Endvermögens gehaltenen Gesellschaftsanteile in Auftrag gegeben. Der Sachverständige Herr Dipl.-Kaufmann H… hat das schriftliche Gutachten vom 11.07.2017 (Bl. 886 GÜ-Heft) vorgelegt, auf dessen Inhalt der Senat verweist.
Der Sachverständige hat im Ergebnis seiner Begutachtung zwei auf unterschiedliche Weise ermittelte Werte des Unternehmensanteils des Antragsgegners vorgelegt. Unter Zugrundelegung des Ertragswertverfahrens habe er den Unternehmenswert bei unterstellter Fortführung des Unternehmens auf Basis des bestehenden Unternehmenskonzepts mit allen realistischen Zukunftserwartungen im Rahmen der Marktchancen, - risiken und finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens sowie sonstigen Einflussfaktoren ermittelt (Bl. 892 GÜ-Heft), indem nach der sogenannten Phasenmethode eine dauerhafte Fortführung des Geschäftsbetriebs unterstellt werde, um die künftigen Nettozuflüsse an die Anteilseigner zu ermitteln (Bl. 894 GÜ-Heft). Dabei seien Informationen, wertbeeinflussende Maßnahmen und konkret gewordene Jahresabschlüsse, die nach dem Stichtag realisiert wurden, nur zu berücksichtigen, sofern sie am Stichtag bereits in der Wurzel im Unternehmen bekannt und darin angelegt waren (Bl. 895 GÜ-Heft). Weiter habe er die Vergangenheitswerte des Unternehmens mit dem Ziel überprüft, wertbeeinflussende betriebsbedingte Besonderheiten zu ermitteln, um gegebenenfalls die Notwendigkeit einer unternehmensbewertungsspezifischen Korrektur zu ermöglichen (Bl. 895f. GÜ-Heft).
Hierbei habe er festgestellt, dass das Unternehmen im Verhältnis zu seinem Umsatz in den Jahren 2008 bis 2010 geringe Jahresüberschüsse erwirtschaftet habe, wobei er als Orientierungsmaßstab zum Vergleich die Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 03.04.2009, S. 274.2/84-St 22 herangezogen habe (Bl. 896 GÜ-Heft). Durch die angefallenen Personalkosten sei eine deutliche Abweichung des Rohgewinns (Gesamtleistung abzüglich Materialeinsatz und Personalkosten) von den Vergleichszahlen der Richtsatzsammlung zu erkennen. Die hierfür - auf Anforderung des Sachverständigen - vorgelegte Erklärung des Antragsgegners, die hohen Personalkosten resultierten aus der zum Zeitpunkt der Unternehmensgründung erfolgten Übernahme von 72 Arbeitnehmern bei fehlenden Rücklagen für Arbeitszeitkonten und Resturlaubsansprüche, sei nicht tragfähig. Nach seiner Einschätzung handele es sich vorliegend nicht nur um einmalige Mehrkosten der Vergangenheit, die bei der Prognose unberücksichtigt bleiben könnten. Er halte deshalb die Berücksichtigung eines geringeren Betrags als die tatsächlich zum Stichtag ermittelten Personalkosten bei der Ermittlung des Unternehmenswerts für angemessen. Ausgehend von den Durchschnittsgehaltskosten eines Mitarbeiters schätze er die Höhe des Betrags, um den die bei der Bewertung zu berücksichtigenden Personalkosten zu reduzieren seien, mit 30.000,- € (Bl. 896f. GÜ-Heft). Im Ergebnis bewerte er das Unternehmen ohne die Kürzung der Personalkosten um 30.000,- € mit 362.131,- €. Der Unternehmensanteil des Antragsgegners entspreche, da der treuhänderisch gehaltene Anteil nicht zu berücksichtigen sei (Bl. 912), 50 % des Unternehmenswerts, mithin 181.066,- €, nach latenten Steuern 147.421,- €. Bei Zugrundelegung von um 30.000,- € gekürzten Personalkosten komme er zu einem Unternehmenswert von 497.415,- €, einem Wert des Anteils von 50 % in Höhe von 248.758,- €, nach latenten Steuern von 197.117,- € (Bl. 913ff. GÜ-Heft).
Die Antragstellerin hat vorgetragen (Bl. 1213 GÜ-Heft), im Wege sachverständiger Begutachtung seien die tatsächlichen Gründe für die vom Sachverständigen festgestellten überhöhten Personalkosten, die zu einem höheren Abzug als 30.000,- € führen würden, detailliert zu ermitteln. Das Unternehmen habe bis zum Bewertungsstichtag eine Vielzahl nicht betriebsnotwendiger Ausgaben getätigt, die bei der Bewertung nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien, da durch diese Ausgaben der Gewinn/Ertrag des Unternehmens geschmälert worden sei. Sie selbst und weitere Personen seien als Angestellte des Unternehmens geführt und entlohnt worden, ohne dafür entsprechende Arbeitsleistungen erbracht zu haben. Das Unternehmen habe Fahrzeuge angemietet und Mobiltelefonverträge geschlossen, für die sich eine betriebliche Verwendung nicht habe erkennen lassen, sowie Material eingekauft, das nicht bezahlt worden sei. Schließlich habe das Unternehmen ohne Bezahlung das Dach der Ehewohnung gedeckt (Bl. 1213, 788ff.).
Die Antragstellerin hat beantragt (Bl. 1026aR),
den Antragsgegner zu verpflichten, einen Zugewinnausgleich in Höhe von 472.131,11 € zu zahlen.
Der Antragsgegner hat die Zahlung eines Zugewinnausgleichs in Höhe von 32.518,- € anerkannt und im Übrigen beantragt (Bl. 1026aR),
den Antrag abzuweisen.
Er hat vorgetragen, nach seinem Einverständnis mit der Ermittlung des Unternehmenswerts unter Abzug der vom Sachverständigen geschätzten Personalkostenkorrektur von 30.000,- € und unter Zugrundelegung eines von ihm gehaltenen Anteils von 51 % sei eine weitere Beweisaufnahme nicht erforderlich (Bl. 1208 GÜ-Heft). Er beanstande das Sachverständigengutachten nicht weiter (Bl. 1222ff. GÜ-Heft).
Mit der angefochtenen Entscheidung vom 06.12.2019 (Bl. 1030) hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 32.518,- € zu zahlen. Es sei von der sachverständigen Bewertung des Unternehmensanteils nach Abzug eines Betrags von 30.000,- € wegen einer Personalkostenkorrektur auszugehen. Unter Zugrundelegung des vom Sachverständigen für das gesamte Unternehmen ermittelten Werts von 497.515,- € (nach Abzug des Korrekturbetrags) errechne sich für die vom Antragsgegner tatsächlich gehaltenen Anteile von 51 % ein Wert von 253.733,- €, nach Abzug latenter Steuern 200.771,- €. Nach Saldierung der weiteren Aktiv- und Passivposten der Antragsbeteiligten errechne sich ein Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 32.518,- €.
Die Antragstellerin beanstandet mit ihrer Beschwerde (Bl. 1072, 1108) die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende sachverständige Bewertung des Unternehmensanteils des Antragsgegners. Das Gutachten beachte wesentliche Bewertungsgrundsätze nicht, so dass die Wertfeststellung unzutreffend und fehlerhaft sei. Der Sachverständige habe versäumt, bei der Ertragswertbestimmung die einzelnen Umstände, die zur unverhältnismäßigen Erhöhung der Personalkosten geführt hätten, konkret zu ermitteln, insbesondere aufgrund der von der Antragstellerin bereits erstinstanzlich vorgetragenen konkreten Anhaltspunkte. Anstelle einen Schätzbetrag zugrunde zu legen, hätte das Amtsgericht den Sachverständigen weiter beauftragen und etwaige nicht weiter aufklärbare Kostenpositionen zu Lasten des Antragsgegners berücksichtigen müssen. Die im Wege des Sachverständigengutachtens weiter aufzuklärenden Sachverhalte führten zu einem über den vom Sachverständigen angenommenen Betrag von 30.000,- € hinausgehenden Abzug der Personalkosten und damit zu einer höheren Zugewinnausgleichszahlung.
Weiter habe das Amtsgericht zu Unrecht den vom Sachverständigen mit 50 % bewerteten Unternehmensanteil durch eine quotale Berechnung ermittelt, ausgehend von 51 % des vom Sachverständigen angegebenen Werts des gesamten Unternehmens. Der Wert der Beteiligung des Antragsgegners sei wegen des Erreichens einer Anteilsquote, die Einfluss auf die Unternehmenspolitik vermittle, höher als nach dem rein quotalen Wert zu bestimmen, und zwar nach Maßgabe und unter Berücksichtigung eines sogenannten Paketzuschlags von 24,9 % mit insgesamt 74,9 % des Werts des gesamten Unternehmens. Mit einer Personalkostenkorrektur in Höhe von 60.000,- € ergebe sich für das Unternehmen ein Barwert von 632.817,50 € und für den mit 74,9 % des Werts des gesamten Unternehmens zu errechnenden Anteil des Antragsgegners ergebe sich ein Wert in Höhe von 362.494,- € nach Abzug latenter Steuern. Nach Saldierung der weiteren – unbestrittenen – Aktiv- und Passivposten errechne sich daraus ein Zugewinn des Antragsgegners von 226.759,70 €.
Die Antragstellerin beantragt (Bl. 1109),
der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 113.379,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Tag der Rechtskraft der Ehescheidung zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß (Bl. 1151),
die Beschwerde zurückzuweisen.
Umstände für eine weitere Beweisaufnahme trage die Antragstellerin nicht vor. Er habe den vom Sachverständigen vorgeschlagenen Korrekturbetrag für angeblich überhöhte Personalkosten nur zum Zweck der Verfahrensbeschleunigung akzeptiert. Die sachverständig ermittelten Personalkosten beruhten auf dem tatsächlichen Personalaufwand des Unternehmens aufgrund des Betriebsübergangs aus dem Jahr 2006. Eine Wertermittlung habe sich ausschließlich am reinen Unternehmenswert und in Relation zur Beteiligung des Antragsgegners an der Gesellschaft zu bestimmen. Ein sogenannter Paketzuschlag sei nicht gerechtfertigt, zumal sein Gesellschaftsanteil bei wirtschaftlicher Betrachtung angesichts der Treuhandvereinbarung vom 05.04.2007 nur 50 % betrage.
Der Senat entscheidet, wie angekündigt (Bl. 1197R) über die Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG), von der angesichts des umfangreichen Schriftwechsels der Verfahrensbeteiligten im Beschwerderechtszug kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten ist.
II.
1. Die gemäß §§ 58, 228 FamFG zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen die erstinstanzliche Durchführung des Versorgungsausgleichs hat im Umfang des Ausspruchs Erfolg.
Es ist von einer Ehezeit vom 01.09.1996 bis zum 31.08.2010 auszugehen (§ 3 VersAusglG). Nach der – von den Verfahrensbeteiligten nicht beanstandeten – Auskunft des weiteren Beteiligten zu 3) hat der Antragsgegner ein unverfallbares Anrecht aus betrieblicher Altersversorgung, das im Wege der internen Teilung (§ 10 Abs. 1 VersAusglG) nach Abzug hälftiger Teilungskosten, die der weitere Beteiligte zu 3) mit 500,- € beziffert, nach Maßgabe seiner Teilungsordnung in der Fassung vom 01.12.2020 zugunsten der Antragstellerin zu begründen ist.
Ehezeitanteil: 27.290,45 €
Ausgleichswert: 13.395,23 €
2. a) Ein Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der Versorgungsträgerin (Y1) (Versicherungsnummer: …) kommt gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG im Rahmen der Scheidung nicht in Betracht. Diese Versorgungsträgerin hat, wie sie in ihren Schreiben vom 02.09.2011 (Bl. 97 VA-Heft) und 29.06.2021 (Bl. 1218) zutreffend mitteilt, ihren Hauptsitz in …, Republik Irland (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/...). In Deutschland ist sie seit dem Jahr 2000 mit einer unselbständigen Hauptniederlassung in … sowie einer Geschäftsstelle in … vertreten. Ihr Gesellschaftsstatut richtet sich nach irischem Recht.
Die deutsche Niederlassung der Versorgungsträgerin unterliegt der Rechtsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die BaFin führt die Versorgungsträgerin indes nicht als rechtlich selbständige Niederlassung in Deutschland auf (https://portal.mvp.bafin.de/database/InstInfo/InstitutDetails.do?cmd=loadInstitutAction&institutld=1300). Anders als die Antragstellerin meint, lässt die Unterstellung unter die Rechtsaufsicht der BaFin nicht auf einen Hauptsitz oder eine rechtlich selbständige Niederlassung eines Versicherungsunternehmens in Deutschland schließen. Nach §§ 1, 7 Nr. 34, 37 VAG ist die Rechtsaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht auf Versicherungsunternehmen beschränkt, die ihren Hauptsitz innerhalb Deutschlands haben. Anhaltspunkte dafür, dass die Versorgungsträgerin entgegen ihrer Mitteilung ihren Hauptsitz in Deutschland haben könnte, sind nicht ersichtlich.
Ein Ausgleich der Anrechte des Antragsgegners bei der weiteren Beteiligten zu 4) gemäß §§ 9 ff. VersAusglG kommt aufgrund des Territorialitätsprinzips mangels Ausgleichsreife bei der Scheidung nicht in Betracht (vgl. Senat, FamRZ 2017, 795; Palandt/Siede, BGB, 80. Aufl. 2021, § 19 VersAusglG Rn. 12).
b) Der von der Beschwerdeführerin in zulässiger Weise im Scheidungsverbundverfahren (BGH, Beschluss vom 5.5.2021 - XII ZB 381/20, Becks 2021, 15927, Rn. 19, BGH FamRZ 2013, 1021) erhobene Antrag auf Zahlung einer Abfindung für das noch nicht ausgeglichene Anrecht des Antragsgegners bei der weiteren Beteiligten zu 4) gemäß §§ 23, 24 VersAusglG ist in der Sache unbegründet.
Die weitere Beteiligte zu 4) hat mit Schreiben vom 02.09.2011 (Bl. 97 VA-Heft) die Unverfallbarkeit der Ansprüche des Antragsgegners mitgeteilt. Ehezeitanteil und Ausgleichswert des fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrags der betrieblichen Altersversorgung hat er wie folgt beauskunftet:
Ehezeitanteil: 5.414,18 €
Ausgleichswert: 2.625,88 €.
Ungeachtet der Nachholbarkeit der für die Zahlung des Abfindungsbetrags an einen Zielversorgungsträger gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, 24 Abs. 2 VersAusglG zwingend erforderlichen Zustimmung des von der Beschwerdeführerin ausgewählten Versorgungsträgers (Götsche a. a. O. § 24 VersAusglG Rn. 16; Fricke in BeckOGK BGB, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand 01.05.2021, § 23 VersAusglG Rn. 39), scheitert die beantragte Abfindung vorliegend an der Geringfügigkeit des dem Ausgleich bei der Scheidung vorbehaltenen Anrechts, §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 24 Abs. 2, 18 Abs. 3 VersAusglG.
Ein Anspruch auf Abfindung gemäß §§ 23, 24 VersAusglG kommt bei Geringfügigkeit des Anrechts im Sinne des § 18 VersAusglG regelmäßig nicht in Betracht (Fricke a. a. O. § 24 VersAusglG Rn. 14; Götsche a. a. O. § 24 VersAusglG Rn. 11). Da es sich bei dem nach § 24 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG zu ermittelnden Zeitwert des Ausgleichswerts - der in den Fällen, in denen die Voraussetzungen für die Abfindung, insbesondere die Unverfallbarkeit der Anrechte des Antragsgegners, bereits zum Zeitpunkt der Scheidung vorgelegen haben und der Abfindungsanspruch im Scheidungsverbundverfahren geltend gemacht wird - grundsätzlich dem erstinstanzlich beauskunfteten Ausgleichswert entspricht (vgl. Fricke a. a. O. § 24 VersAusglG Rn. 10.1), vorliegend mithin um einen unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze des § 18 Abs. 2, 3 VersAusglG von 3.066,- € (vgl. Schürmann/Fischer, Tabellen zum Familienrecht, 40 Aufl. 2019, S. 31) liegenden Betrag in Höhe von 2.625,88 €, bleibt der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zahlung einer Abfindung ohne Erfolg.
c) Das Fehlen der Ausgleichsreife der Anrechte des Antragsgegners bei der weiteren Beteiligten zu 4) führt vorliegend auch nicht dazu, dass vom Ausgleich der zugunsten des Antragsgegners auszugleichenden Anrechte der Antragstellerin aus gesetzlicher Rentenversicherung bei der weiteren Beteiligten zu 2) aus Billigkeitsgründen abzusehen ist, § 19 Abs. 3 VersAusglG, sogenannte Ausgleichssperre (OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, Beschl. V. 16.10.2017, 9 UF 147/17, zitiert nach juris; Senat, BeckRS 2013, 9491).
Aufgrund des gemäß § 19 Abs. 3 VersAusglG zwingenden Zusammenhangs der von der Antragstellerin zugunsten des Antragsgegners mit der Scheidung auszugleichenden Anrechte mit dem Anrecht des Antragsgegners bei der weiteren Beteiligten zu 4) umfasst die Prüfungsbefugnis des Beschwerdegerichts - insoweit ohne diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin, deren Vortrag im Schriftsatz vom 02.06.2021 (Bl. 1206) einen für den Ausspruch einer Abfindung gemäß § 23 VersAusglG im Scheidungsverbundverfahren zwingend erforderlichen (vgl. Götsche a. a. O. § 23 VersAusglG Rn. 32; Borth in Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 3. Aufl. 2018, § 223 FamFG Rn. 4) förmlichen Antrag im Übrigen nicht erkennen lässt - vorliegend die Billigkeitsprüfung nach § 19 Abs. 3 VersAusglG.
Eine Ausgleichssperre gemäß § 19 Abs. 3 VersAusglG kann in Betracht kommen, wenn ein Wertausgleich bei der Scheidung für den anderen Ehegatten unter Berücksichtigung des nicht ausgleichsreifen Versorgungsanrechts unbillig wäre, wobei es daran regelmäßig fehlt, wenn die dem Ausgleich nach der Scheidung vorbehaltenen Anrechte nur einen relativ geringen Ausgleichswert haben und im Übrigen größere Werte auszugleichen sind (OLG Brandenburg, 2. Senat für Familiensachen, FamRZ 2014, 322).
Da die vom Antragsgegner zugunsten der Antragstellerin im Rahmen des Wertausgleichs bei der Scheidung auszugleichenden Anrechte aus gesetzlicher Rentenversicherung und insbesondere aus der im Ausspruch der Beschwerdeentscheidung ausgeglichenen betrieblichen Altersversorgung wertmäßig deutlich höher als die in Rede stehenden Versorgungsanwartschaften der Antragstellerin bei der weiteren Beteiligten zu 2) sind und das dem Wertausgleich nach der Scheidung vorzubehaltende Anrecht die am Maßstab des § 18 Abs. 2, 3 VersAusglG orientierte Geringfügigkeitsgrenze von 3.066,- € nicht überschreitet, besteht für eine Ausgleichssperre für die Anwartschaften der Antragstellerin bei der weiteren Beteiligten zu 2) keine Veranlassung.
3. a) Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den erstinstanzlichen Ausspruch zur Höhe der Zugewinnausgleichsforderung bleibt ohne Erfolg.
Der Beschwerdevortrag, das Amtsgericht habe, indem es die Beauftragung des Sachverständigen bei der Ermittlung des Unternehmenswerts nicht auf die Feststellung der Gründe erstreckt hat, auf denen die Höhe der Personalkosten des Unternehmens im Bewertungszeitraum beruhen, den Streitstoff nicht vollständig gewürdigt, deswegen die angebotenen Beweise nicht erhoben und dadurch ein auf unvollständiger Tatsachengrundlage beruhendes Sachverständigengutachten erstellen lassen, ist nicht schlüssig.
Eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Zweck der Ermittlung der Gründe für die tatsächliche Entstehung der Personalkosten kommt nicht in Betracht. Derartige Umstände sind für die hier streitentscheidende Ermittlung der Höhe des Endvermögens des Antragsgegners nicht beachtlich, so dass ihre Beweiserheblichkeit nicht in schlüssiger Weise vorgetragen ist.
Die Berücksichtigung etwaiger gewinnschmälernder unternehmerischer Entscheidungen - auf deren sachverständige Feststellung und Bewertung der Beschwerdevortrag gerichtet ist - kommt bei der Ermittlung des Werts einer Unternehmensbeteiligung im Rahmen des Zugewinnausgleichs gemäß § 1376 BGB nicht in Betracht. Die Wertermittlung von Unternehmensbeteiligungen in güterrechtlichen Verfahren gemäß § 1376 Abs. 2 BGB richtet sich nach dem – ggf. modifizierten - Ertragswertverfahren (BGH, U. v. 08.11.2017, XII ZR 108/16, NJW 2018, 61). Der zu ermittelnde „volle, wirkliche Wert“ (BGH U. v. 02.02.2011, XII ZR 185/08, DS 2011, 328) wird durch den Zukunftserfolgswert bestimmt im Wege einer Rückschau auf die Erträge des Unternehmens in den letzten Jahren. Auf dieser Grundlage wird eine Prognose zur Ertragslage der nächsten Jahre erstellt. Der Ertragswert ist nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen allein aus seiner Eigenschaft abzuleiten, nachhaltig ausschüttbare Überschüsse zu produzieren, auf den Wert der einzelnen Gegenstände kommt es nicht an (BGH NJW 2018, 61).
Aus der Bezogenheit des Ertragswerts auf die Ausschüttbarkeit von Überschüssen ist indes nicht auf eine Korrektur der zu prognostizierenden Überschüsse dahingehend zu schließen, dass gewinnschmälernde unternehmerische Entnahmen im Rückschauzeitraum festgestellt und bei der Ermittlung des zu prognostizierenden Ertrags in Abzug zu bringen sind. Eine derartige Korrektur würde zu einer Bewertung unternehmerischer Entscheidungen führen und den Unternehmenswert nicht als tatsächlichen, wirklichen Wert erfassen, sondern als bloße Möglichkeit bei Zugrundelegung optimaler unternehmerischer Führung.
Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Korrekturen des aus der Betrachtung der Ertragslage der letzten Jahre gewonnenen Ergebnisses bei der Erstellung der Prognose – der Abzug des sogenannten kalkulatorischen Unternehmerlohns bei inhabergeprägten Unternehmen (BGH NJW 2018, 61), der Abzug eines Prozentsatzes vom ermittelten Ertrag der letzten Jahre bei nachweisbarem Abwärtstrend (vgl. BGH DS 2011, 328), die Berücksichtigung einer unternehmerischen Entwicklung, die sich bis zum Stichtag noch nicht im Ertrag niedergeschlagen hat, aber in ihrer Wurzel bereits vorliegt (BGH NJW 2018, 61) – erlauben nicht die Annahme einer zusätzlichen Korrekturmöglichkeit hinsichtlich individueller unternehmerischer Entscheidungen, die gerade nicht objektivierbar sind, sondern ausschließlich der konkreten, individuellen Unternehmensführung zugrunde liegen und sich als solche im „vollen, wirklichen Wert“ des Unternehmens wiederspiegeln (vgl. Borth, FamRZ 2017, 1739).
Soweit die Antragstellerin im Übrigen die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Schätzung als solche durch das Amtsgericht beanstandet, die auch der Sachverständige in nicht nachvollziehbarer Weise seiner Ermittlung der verfahrensgegenständlichen Unternehmensbeteiligung des Antragsgegners zugrunde gelegt hat, kommt eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung wegen des Verschlechterungsverbots im Rechtsmittelverfahren (§§ 117 Abs. 2 FamFG, 528 Satz 2 ZPO) nicht in Betracht. Schätzungen dürfen vom Gericht nur aufgrund tatsächlicher Grundlagen erfolgen, und die Auswertung der herangezogenen tatsächlichen Grundlagen für die Schätzung ist in der gerichtlichen Entscheidung in objektiv nachprüfbarer Weise anzugeben (BGH NJW 2011, 2572). Da – wie oben dargelegt – indes die Umstände, aufgrund derer der Sachverständige von der Zugrundelegung der tatsächlich festgestellten Personalkosten abgesehen hat, bei der Ermittlung des Unternehmenswerts außer Betracht zu bleiben haben, würde die Korrektur der angegriffenen Entscheidung insoweit zur Berücksichtigung der tatsächlichen, nicht um einen geschätzten Betrag reduzierten Personalkosten und damit zu einem niedrigeren Wert des Unternehmensanteils führen, was den der Antragstellerin zuzusprechenden Zugewinnausgleich gegenüber dem erstinstanzlichen Ausspruch reduzieren würde.
b) Die mit der Beschwerde weiter beantragte Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Zweck der Ermittlung eines über den im Wege der Quote hinausgehenden Werts der Unternehmensbeteiligung des Antragsgegners kommt nicht in Betracht. Beweiserhebliche Umstände für eine von der erstinstanzlich zugrunde gelegten Quote von 51 % abweichende Bewertung des Unternehmensanteils des Antragsgegners hat die Antragstellerin nicht schlüssig vorgetragen.
Eine über die quotale Bewertung der gehaltenen Anteile an einer Kapitalgesellschaft hinausgehende Bewertung kann in Betracht kommen, wenn der sogenannte gemeine Wert (vgl. IDW-Praxishinweis 1/2014 für Besonderheiten bei der Ermittlung kleiner und mittelgroßer Unternehmen) einer Anzahl von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die einer Person gehören, infolge besonderer Umstände höher als der Wert ist, der sich aufgrund der Werte für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, § 11 Abs. 3 BewG. Zur Erfassung dieses Mehrwerts kann ein Zuschlag, der sogenannte Paketzuschlag vorgenommen werden (Eisele in Rössler/Troll, BewG, 33. EL, Januar 2021, § 11 Rn. 50). Ein Paketzuschlag kann in Betracht kommen, wenn die Beteiligung des Anteilseigners die Beherrschung der Gesellschaft ermöglicht (Eisele a. a. O.) und dieser Mehrwert bei der Wertermittlung nicht bereits berücksichtigt worden ist (Eisele a. a. O).
Hieran gemessen trägt die Antragstellerin keine für die Wertermittlung des Unternehmens relevanten Tatsachen vor, aus denen sich eine gegenüber dem Mitgesellschafter, der … KG, beherrschende Stellung des Antragsgegners ergeben könnte. Die vom Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten vom 11.07.2017 zugrunde gelegte Bewertung des Unternehmensanteils des Antragsgegners mit einer Quote von 50 % ist gut nachvollziehbar und überzeugend. Ausweislich der in der notariellen Urkunde vom 15.04.2007 getroffenen Treuhandvereinbarung ist der Antragsgegner zur Ausübung seines Stimmrechts insoweit nur gemäß der Weisung des Treugebers berechtigt (§ 2a) und kann den treuhänderisch gehaltenen Anteil nur mit dessen Zustimmung veräußern (§ 2e). Da weitere Anhaltspunkte für eine Beherrschung des Unternehmens durch den Antragsgegner im Übrigen weder von der Antragstellerin vorgetragen werden noch ersichtlich sind, besteht für eine diesbezügliche weitere Beweisaufnahme keine Veranlassung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 97 Abs. 1 ZPO. Da der Umfang des Obsiegens der Antragstellerin in beiden Rechtszügen weniger als 10 % beträgt, ist - dem Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO folgend (vgl. Althammer/Herget, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 92 Rn. 10) - die erstinstanzliche Kostenentscheidung nicht abzuändern und sind ihr die Kosten ihres Rechtsmittels insgesamt aufzuerlegen.
Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40, 50 Abs. 1 FamGKG. Beschwerdegegenständlich waren zwei Anrechte, die mit jeweils 1.560,- € zu bewerten sind. Zuzüglich des Werts des Beschwerdeinteresses der Antragstellerin in der Folgesache Zugewinnausgleich von 80.861,85 € (113.379,85 € minus 32.518,- €) errechnet sich ein Gebührenwert für das Beschwerdeverfahren von insgesamt 83.981,85 €.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht (§ 70 Abs. 2 FamFG).