Gericht | OLG Brandenburg 4. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 07.07.2021 | |
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Aktenzeichen | 4 U 165/20 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0707.4U165.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 04.06.2020, Az. 13 O 33/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie die angefochtene Entscheidung sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug auf die Wertstufe bis 25.000,00 Euro festgesetzt.
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil sowie einem Kostenfestsetzungsbeschluss, welche gegen ihn im Verfahren vor dem Landgericht Potsdam zum Aktenzeichen 4 O 47/15 ergangen sind.
In dem vorgenannten Rechtsstreit, welcher nach Durchführung eines (Urkunden-)Mahnverfahrens im Urkundenverfahren geführt worden ist, nahm die hiesige Beklagte den Kläger auf Rückzahlung eines – wie sie behauptet – schriftlich geschlossenen und – so jedenfalls die Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils – gekündigten Darlehensvertrages vom 30. März 2011 in Anspruch. Eine Kopie des Darlehnsvertrages war der damaligen Anspruchsbegründung als Anlage beigefügt. Durch Versäumnisurteil vom 24. April 2015 verurteilte das Landgericht Potsdam den Kläger im schriftlichen Vorverfahren, an die Beklagte 20.000,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Im anschließenden Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. Juli 2015 wurden gegen den Kläger sodann die Kosten in Höhe von 2.671,96 Euro festgesetzt. Hinsichtlich der Zustellung von Anspruchsbegründung, Versäumnisurteil und Kostenfestsetzungsbeschluss liegt jeweils eine Postzustellungsurkunde vor.
Mit seiner Klage hat der Kläger begehrt, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 24. April 2015 sowie dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. Juli 2015 für unzulässig zu erklären.
Der Kläger hat hierzu behauptet, dass ihm Klageschrift, Versäumnisurteil und Kostenfestsetzungsbeschluss nicht zugestellt worden seien. Erst durch die Ankündigung der Zwangsvollstreckung habe er von Versäumnisurteil und Kostenfestsetzungsbeschluss erfahren. Ein Darlehensvertrag sei nicht geschlossen worden; die Unterschrift unter dem Darlehensvertrag sei gefälscht. Das Darlehen sei auch nicht valutiert worden.
Mit Versäumnisurteil vom 7. November 2019 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf den hiergegen erhobenen Einspruch hat das Landgericht das Versäumnisurteil mit Urteil vom 4. Juni 2020, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, aufrechterhalten. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klage unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Erfolg habe. Als Vollstreckungsgegenklage sei sie deshalb unbegründet, weil die Einwendungen, welche der Kläger gegen den titulierten Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens geltend mache, insbesondere die Fälschung seiner Unterschrift unter dem Darlehensvertrag, die mangelnde Valutierung des Darlehens und die fehlende Kündigung nicht erst nach dem insoweit maßgebenden Zeitpunkt des Ablaufs der Einspruchsfrist im vorangegangenen Verfahren entstanden seien. Als Titelgegenklage sei sie unbegründet, weil weder das Versäumnisurteil vom 24. April 2015 noch der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. Juli 2015 unwirksam seien. Die Zustellung der Klageschrift, des Versäumnisurteils und des Kostenfestsetzungsbeschlusses in dem Verfahren 4 O 47/15 seien durch die Zustellungsurkunden belegt. Die eidesstattlichen Versicherungen des Klägers, keine dieser Zustellungen erhalten zu haben, seien nicht geeignet, von der Richtigkeit seiner Angaben zu überzeugen. Es erscheine ohne weitere Anhaltspunkte nicht nachvollziehbar, dass er drei Schriftstücke in einem Abstand von jeweils ca. 2 Monaten nicht erhalten haben soll, zumal nach der eigenen eidesstattlichen Versicherung des Klägers niemand außer ihm und seiner Lebensgefährtin Zugriff auf den Briefkasten hätte. Auch gestützt auf § 826 BGB sei die Klage auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung unbegründet, denn der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger habe ein vorsätzlich sittenwidriges Verhalten der Beklagten nicht bewiesen. Zwar behaupte der Kläger, dass die ihm zugeschriebene Unterschrift unter dem Darlehensvertrag vom 30. März 2011 gefälscht sei. Allerdings habe die im Wege der Inaugenscheinnahme durchgeführte Beweisaufnahme keine entsprechende Überzeugung begründen können. Der Kläger habe im Übrigen keine ausreichenden Anknüpfungstatsachen vorgetragen, welche eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Schriftgutachtens ermöglichen würden. Es fehle nämlich an einer ausreichenden Anzahl von authentischen Vergleichsunterschriften des Klägers aus dem maßgeblichen Zeitraum. Zudem wiesen die vorgelegten Vergleichsunterschriften eine Bandbreite auf, welche es ohne weiteres zulasse, dass auch die auf dem Darlehensvertrag befindliche Unterschrift von ihm geleistet worden sei. Darauf, ob die Unterschrift seiner früheren Lebensgefährtin auf einem von der Beklagten nunmehr vorgelegten Rückschein gefälscht worden sei, komme es nicht entscheidend an, weil der Rückschein nicht zum Gegenstand des vorangegangenen Verfahrens gemacht worden sei. Im Übrigen habe der Kläger auch insoweit eine Fälschung nicht bewiesen. Auch hier habe die Inaugenscheinnahme für eine Fälschung keine Anhaltspunkte ergeben. Die vom Kläger im Übrigen erhobenen Einwände seien als hinreichende Indizien für eine Fälschung nicht geeignet. Auch hier fehle es an ausreichenden Vergleichsunterschriften als Anknüpfungstatsachen für die Einholung eines Schriftgutachtens.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Das Landgericht verkenne, dass der vorangegangene Rechtsstreit im Urkundenverfahren geführt worden sei. Als Titelgegenklage sei die vorliegende Klage bereits deshalb erfolgreich, weil schon das Versäumnisurteil nicht habe ergehen dürfen. Die (durch Kündigung herbeigeführte) Fälligkeit des Darlehens sei im Vorprozess weder vorgetragen noch durch Urkundenvorlage bewiesen worden. Die insoweit allein vorgelegte Kopie des (angeblichen) Darlehensvertrages gebe für die Fälligkeit nichts her. Zudem habe sich das Landgericht überhaupt nicht mit der aus Sicht des Klägers zwingenden Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits nach § 149 Abs. 1 ZPO auseinandergesetzt. Anlass hierzu gebe, dass – wie der Kläger behauptet – die Unterschrift der damaligen Lebensgefährtin des Klägers unter dem nunmehr im vorliegenden Verfahren von der Beklagten vorgelegten Rückschein, welcher die Zustellung der Darlehenskündigung belegen solle, gefälscht sei und insoweit gegen die Beklagte, deren Sohn und die Briefzustellerin ein Ermittlungsverfahren laufe. Zudem sei das Verfahren auch deshalb auszusetzen gewesen, weil zu erwarten stehe, dass im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren geklärt werde, dass – wie die Kläger behauptet – das Darlehen nie valutiert worden sei. Soweit das Landgericht darauf abstelle, dass nur Einwendungen, die nach Erlass von Urteil und Kostenfestsetzungsbeschluss entstanden seien, vorgebracht werden dürften, übersehe es, dass eine andere Bewertung geboten sei, wenn die Kenntnis eines Umstandes zum Tatbestand gehöre. Hier sei dem Kläger die angebliche Kündigung des Darlehensvertrages und damit die Fälligstellung desselben erst mit der Klageerwiderung im vorliegenden Rechtsstreit zur Kenntnis gelangt. Soweit das Landgericht ausgeführt habe, dass die Klage sowohl als Titelgegenklage als auch gestützt auf § 826 BGB ohne Erfolg bleibe, habe es zu Unrecht eine Beweislastentscheidung getroffen. Das Gericht habe nämlich die zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht ausgeschöpft. Zu Unrecht habe das Gericht – sowohl in Bezug auf seine eigene Unterschrift als auch diejenige seiner damaligen Lebensgefährtin – von der Einholung eines Schriftgutachtens abgesehen. Es treffe nicht zu, dass nicht ausreichend Vergleichsunterschriften zur Verfügung stünden, da das Landgericht mit seiner Anforderung von lediglich aus dem Jahre 2011 stammenden Vergleichsunterschriften den Kreis der Anknüpfungstatsachen unzulässig verengt habe. Jedenfalls aber sei die damalige Lebensgefährtin des Klägers, Frau S… K…, als Zeugin zu der Behauptung zu vernehmen, die Unterschrift nicht geleistet zu haben. Soweit das Gericht selbst unterschriftsvergleichend tätig werde, sei nicht ersichtlich, dass es insoweit über Sachkunde verfüge.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 4. Juni 2020, Az.: 13 O 33/19, abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 7. November 2019 die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Potsdam vom 24. April 2015, Az.: 4 O 47/15, sowie aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. Juli 2015, Az.: 4 O 47/15, für unzulässig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsrechtszug wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend verwiesen.
II.
Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere gemäß §§ 517 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist allerdings nicht begründet.
Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die gegen die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil gerichtete Klage als Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 Abs. 1 ZPO statthaft, soweit der Kläger Einwendungen gegen den dem Urteil zugrunde liegenden Anspruch erhebt. Unerheblich ist insoweit, ob – was der Kläger hier zudem geltend macht – bereits der Titel unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 – VII ZR 204/90, juris Rn. 14 ff.; Herget, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 767 Rn. 6, Stichwort: „unwirksamer Titel“). Die Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Versäumnisurteils als Vollstreckungstitel kann der Kläger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs demgegenüber mit einer prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 Abs. 1 ZPO geltend machen, welche – wie hier geschehen - mit der Vollstreckungsgegenklage verbunden werden kann (BGH, Versäumnisurteil vom 30. März 2010 – XI ZR 200/09, juris Rn. 15). Dass der Kläger daneben den Einwand mangelnder Zustellung des Versäumnisurteils auch im Wege der Klauselerinnerung nach § 732 ZPO geltend machen könnte, berührt das für die Titelgegenklage erforderliche Rechtsschutzinteresse nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2007 - VII ZB 115/06, NJW-RR 2007, 1724, 1725). Auch soweit der Kläger darüber hinaus einen Anspruch auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung aus § 826 BGB wegen Erschleichens von Titeln geltend macht, stellen sich keine Zulässigkeitsprobleme.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist die Klage als Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO i. V. m. § 795, 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, als Titelgegenklage analog § 767 ZPO i. V. m. § 795, 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO sowie gestützt auf § 826 BGB wegen Erschleichens von Titeln statthaft und auch im Übrigen zulässig.
2. Die Klage ist aber unbegründet.
a) Die Klage bleibt zunächst insoweit ohne Erfolg als sich der Kläger gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Potsdam vom 24. April 2015 (Aktenzeichen 4 O 47/15) wendet.
aa) Zu Recht hat das Landgericht die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 Abs. 1 ZPO als unbegründet angesehen.
Eine gegen die Vollstreckung aus einem Versäumnisurteil gerichtete Klage ist nur dann begründet, wenn der Kläger Einwendungen geltend macht, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen (§ 767 Abs. 1 ZPO) und er mit diesen Einwendungen nicht nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Zwar bringt der Kläger vorliegend Einwendungen im Sinne des § 767 Abs. 1 ZPO vor, da er geltend macht, dass seine Unterschrift unter dem Darlehensvertrag gefälscht und das Darlehen nicht gekündigt sei. Allerdings kann der Kläger diese Einwände hier nicht mehr zulässigerweise geltend machen. Nach § 767 Abs. 2 ZPO sind die Einwände nämlich nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können. Hiervon ausgehend, verweist das Landgericht zutreffend darauf, dass die Vollstreckungsabwehrklage nur auf solche Einwendungen gestützt werden kann, die erst nach dem Ablauf der Einspruchsfrist entstanden sind (vgl. Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 767 Rn. 38).
(1) Bei der Einwendung, dass seine Unterschrift unter dem Darlehensvertrag gefälscht sei, handelt es sich indes gerade um einen Aspekt der - was der Kläger selbst nicht in Zweifel zieht - bereits vor Ablauf der Einspruchsfrist entstanden ist. Eine andere Bewertung ist auch nicht mit Blick darauf geboten, dass hier im Streit ist, ob das Versäumnisurteil tatsächlich zugestellt worden ist. Wenn nämlich das Versäumnisurteil nicht wirksam zugestellt worden wäre, hätte zwar die Einspruchsfrist nicht zu laufen begonnen (§ 339 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO). Gleichwohl wäre dem Kläger aber die Geltendmachung der Einwendungen nach § 767 Abs. 2 ZPO im vorliegenden Verfahren verwehrt, weil er diese noch im Vorprozess geltend machen könnte.
(2) Auch soweit der Kläger geltend macht, dass er mit dem Einwand, die Beklagte habe das Darlehen nicht gekündigt, nicht ausgeschlossen sein könne, weil er hiervon erst im hiesigen Prozess erfahren habe, dringt er damit nicht durch. Falls das Versäumnisurteil nicht wirksam zugestellt worden wäre, müsste – wie vorstehend bereits ausgeführt – dieser Einwand im Ausgangsverfahren geltend gemacht werden. Wäre indes das Versäumnisurteil wirksam zugestellt worden, wäre der Kläger mit dem Einwand mangelnder Kenntnis von der Kündigung nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, weil es nach Aktenlage schon nicht zutrifft, dass er von der Kündigung erst durch Erhalt des Urteils erfahren habe. Dem gerichtlichen Verfahren ist hier nämlich ein Mahnverfahren vorausgegangen. Der Urkundenmahnbescheid, dessen Zustellung der Kläger letztlich nicht (erheblich) bestreitet, enthält die eindeutige Angabe, dass das Darlehen am 22. Mai 2014 gekündigt worden sei (vgl. Bl. 1 d. A. des beigezogenen Verfahrens 4 O 47/15). Im Übrigen ist in der Einleitung des Mahnverfahrens ohnehin eine konkludente Kündigungserklärung zu sehen (vgl. Weber, in: beck-online.GROSSKOMMENTAR mit Stand 1. März 2021, § 488 Rn. 326.1).
(3) Soweit der Kläger geltend macht, dass der Beweis im Urkundenverfahren nur mittels Urkunden geführt werden kann, handelt es sich schon nicht um eine nach § 767 Abs. 1 ZPO zulässige Einwendung, sondern lediglich um eine von der Auffassung des Landgerichts abweichende Rechtsansicht. Jedenfalls aber hätte auch dieser Einwand mit dem Einspruch geltend gemacht werden müssen und trifft im Übrigen noch nicht einmal zu. Richtig ist zwar, dass bei Säumnis der Beklagtenseite für die anspruchsbegründenden Tatsachen der Urkundenbeweis geführt werden muss. Wie oben bereits ausgeführt, ist aber jedenfalls in der Einleitung des Mahnverfahrens eine konkludente Kündigungserklärung zu sehen mit der Folge, dass es schon aufgrund der Offenkundigkeit (§ 291 ZPO) der Vorlage von Urkunden nicht bedurfte (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 597 Rn. 9).
bb) Auch als Titelgegenklage hat die gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 24. April 2015 gerichtete Klage keinen Erfolg, weil sich nicht feststellen lässt, dass das Versäumnisurteil mangels wirksamer Zustellung (vgl. § 310 Abs. 3 ZPO; Toussaint, in: BeckOK, ZPO, 40. Edition mit Stand 1. März 2021, § 331 Rn. 21) unwirksam ist.
(1) Insoweit verweist das Landgericht zunächst zutreffend darauf, dass die im beigezogenen Verfahren 4 O 47/15 vorliegende Zustellungsurkunde vom 20. Mai 2015 gem. §§ 418 Abs. 1, 182 ZPO den Beweis dafür erbringt, dass das Versäumnisurteil zugestellt worden ist. Die gem. § 195 Abs. 2 ZPO vom Zusteller aufgenommene Zustellungsurkunde begründet als öffentliche Urkunde gem. § 418 Abs. 1 ZPO vollen Beweis der darin bezeugten Tatsache der Niederlegung sowie ihres Zeitpunkts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2002 - 2 BvR 2017/01, NJW-RR 2002, 1008).
(2) Allerdings sieht § 418 Abs. 2 ZPO auch die Möglichkeit vor, den Gegenbeweis zu erbringen. Angesichts der Beweiskraft, die der öffentlichen Urkunde zukommt, ist es erforderlich, den vollen Beweis des Gegenteils zu führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2002 - 2 BvR 2017/01, NJW-RR 2002, 1008), auch wenn die Anforderungen an den zu führenden Gegenbeweis nicht überspannt werden dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2020 – VIII ZB 39/19, BeckRS 2020, 2022 Rn. 14; BGH, Beschluss vom 02. April 2001 – AnwZ (B) 33/00, juris Rn. 6; BGH, Beschluss vom 17. April 1996 – XII ZB 42/96, juris Rn. 3). Nicht ausreichend ist insoweit die bloße Versicherung, das Schriftstück nicht erhalten zu haben (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2004 – AnwZ (B) 92/03, juris Rn. 6).
Dies zugrunde gelegt, bleibt der Kläger - wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - vorliegend beweisfällig, weil die von ihm lediglich vorgelegte eidesstattliche Versicherung für die erforderliche Überzeugungsbildung nicht ausreicht. Zwar hat der Kläger hierin ausgeführt, keine der Zustellungen erhalten zu haben, obgleich allein er und seine damalige Lebensgefährtin Zugriff auf den Briefkasten hatten. Schon weil er nicht über eigene Wahrnehmungen darüber verfügt, ob nicht seine damalige Lebensgefährtin die Post entnommen hat, ist dies aber auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Auch dass der Kläger in der eidesstattlichen Versicherung anführt, dass er – sofern er von dem Prozess gewusst hätte – die Forderung im Insolvenzverfahren angegeben hätte, reicht für die Überzeugungsbildung nicht aus, zumal der Kläger Kenntnis davon, dass sich die Beklagte einer Forderung gegen ihn berühmt, auch aus dem Mahnverfahren hatte.
Andere Beweisantritte fehlen. Eine Parteivernehmung scheidet schon mit Blick auf § 445 Abs. 2 ZPO aus (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 1965 – V ZR 55/64, BeckRS 1965, 31175794; Krafka, in: BeckOK ZPO, 40. Edition mit Stand 1. März 2021, § 418 Rn. 10).
(3) Unerheblich für die Wirksamkeit des Versäumnisurteils ist indes, ob bereits die Anspruchsbegründungsschrift wirksam zugestellt worden ist, da – anders als bei der Zustellung einer Klageschrift – die Streitsache jedenfalls mit der Abgabe an das Mahngericht rechtshängig wird (vgl. § 696 Abs. 3 ZPO; Seibel, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 696 Rn. 7 f.) und daher selbst bei fehlender Anspruchsbegründung Rechtshängigkeit eintritt.
Ebenfalls unerheblich ist der Einwand des Klägers, dass das Versäumnisurteil schon deshalb nicht habe ergehen dürfen, weil der Beweis im Urkundenverfahren nicht vollständig mittels Urkunden geführt worden sei. Abgesehen davon, dass es sich schon nicht um einen Einwand gegen die Wirksamkeit des Titels handelt, trifft der Einwand – wie oben zur Vollstreckungsgegenklage bereits ausgeführt – auch nicht zu.
cc) Schließlich lässt sich die gegen die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil gerichtete Klage auch nicht mit Erfolg auf § 826 BGB unter dem Gesichtspunkt des missbräuchlichen Erschleichens eines rechtskräftigen Urteils stützen.
(1) Mit einer solchen Klage kann zwar grundsätzlich erreicht werden, die vermögensrechtlichen Folgen einer rechtskräftig erlangten Rechtsstellung zu neutralisieren (vgl. Senat, Urteil vom Urteil vom 13. Januar 2021 – 4 U 103/18, juris Rn. 20; Gottwald, in: MüKo ZPO, 5. Aufl., § 322 Rn. 228 m.w.N.). Die Rechtskraft tritt allerdings nur dann zurück, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage zulasten des Schuldners ausnutzt. Eine solche Anwendung des § 826 BGB muss auf besonders schwerwiegende, eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben, da jede Ausdehnung das Institut der Rechtskraft aushöhlen, die Rechtssicherheit beeinträchtigen und den Eintritt des Rechtsfriedens in untragbarer Weise infrage stellen würde. Derartige Ausnahmefälle können zur Begründung einer Titelerschleichung insbesondere darin liegen, dass die seinerzeit entscheidungserheblichen falschen Tatsachen von der durch das Urteil begünstigten Partei der anderen arglistig vorgespiegelt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1987 – III ZR 187/86, BGHZ 101, 380-393; Senat, Urteil vom Urteil vom 13. Januar 2021 – 4 U 103/18, juris Rn. 20; OLG Celle, Urteil vom 23. Juni 1978 – 2 U 3/78, juris Rn. 7). Ein Anspruch auf Unterlassen der Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Urteil setzt mithin voraus, dass das Urteil unrichtig ist, der Gläubiger die sachliche Unrichtigkeit des Urteils kennt und die betreffende Entscheidung in sittenwidriger Weise durch bewusst unwahren Tatsachenvortrag herbeigeführt hat (BGH, Urteil vom 24. September 1987 - III ZR 187/86-, juris Rn. 19; Urteil vom 9. Februar 1999 - VI ZR 9/98, juris Rn. 15; Urteil vom 30. Juni 1998 - VI ZR 160/97, juris Rn. 13; Urteil vom 13. Juli 1982 - VI ZR 300/79, juris jeweils m.w.N.).
(2) Hiervon ausgehend, verweist der Kläger - was das Landgericht auch nicht verkannt hat - im Ausgangspunkt zutreffend darauf, dass eine Durchbrechung der Rechtskraft in Betracht käme, wenn die dem Kläger zugeschriebene Unterschrift unter Darlehensurkunde vom 30. März 2011 tatsächlich gefälscht worden wäre. Insoweit kann aber dahinstehen, ob der Senat an die Beweiswürdigung des Landgerichts nach § 529 Abs. 1 Nr. 1, Halbs. 2 ZPO gebunden ist, wonach der für die Unrichtigkeit des Urteils beweisbelastete Kläger (vgl. Senat, Urteil vom Urteil vom 13. Januar 2021 – 4 U 103/18, juris Rn. 23; Oechsler, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, § 826 Rn. 492), hier beweisfällig geblieben sei, weil die von ihm vorgelegten Vergleichsunterschriften eine Bandbreite aufwiesen, die es ohne weiteres zulässen, dass er auch die Unterschrift unter dem Darlehensvertrag geleistet habe und daher die Einholung eines graphologischen Gutachtens nicht in Betracht komme.
Zu berücksichtigen ist nämlich auch, dass der Kläger es als Einschränkung hinnehmen muss, wenn das zu korrigierende Urteil auf seine eigene mangelhafte Prozessführung zurückgeht (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 1974 – VIII ZR 131/72, NJW 1974, 557; Förster, in: BeckOK ZPO, 57. Edition mit Stand 1. Februar 2021, § 826 Rn. 199), so etwa, wenn die unterlegene Partei neue Beweismittel einführt, obwohl sie diese bereits im Vorprozess hätte vorlegen können; insoweit ist § 582 ZPO entsprechend anzuwenden (vgl. Senat, Urteil vom 13. Januar 2021 – 4 U 103/18, juris Rn. 23; BGH, Urteil vom 23. Januar 1974 – VIII ZR 131/72, NJW 1974, 557). Ein solcher Fall liegt hier - wie bereits im Termin am 19. Mai 2021 ausgeführt - vor. Im Anwendungsbereich des § 582 ZPO trifft den Wiederaufnahmekläger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er den Restitutionsgrund ohne Verschulden nicht bereits in dem früheren Verfahren geltend machen konnte (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. § 583 Rn. 3; BGH, Beschluss vom 21. Januar 2010 – IX ZR 17/08, juris Rn. 6), wobei schon leichte Fahrlässigkeit ein Verschulden iSd § 582 ZPO begründet (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 15. Mai 2014 - 6 UF 125/13, BeckRS 2014, 13893; Fleck, in: BeckOK ZPO, 40. Edition mit Stand 1. März 2021, § 582 Rn. 7). Diesen Nachweis fehlenden Verschuldens kann der Kläger hier nicht führen, weil ihm - wie oben bereits ausgeführt - allein mit seiner eidesstattlichen Versicherung der Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO, dass die sowohl die Zustellung der Anspruchsbegründung als auch des Versäumnisurteils beweisenden Zustellungsurkunden unrichtig seien, nicht gelungen ist und sich damit nicht feststellen lässt, dass ihm die Geltendmachung seiner Rechte im Vorprozess schuldlos nicht möglich war.
b) Auch soweit sich der Kläger gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17. Juli 2015 wendet, bleibt seine Klage ohne Erfolg.
aa) Im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage ist der Kläger zwar – entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht nach § 767 Abs. 2 ZPO mit seinen Einwendungen ausgeschlossen, weil § 767 Abs. 2 ZPO schon aus prozessrechtlichen Gründen nicht sinngemäß anzuwenden ist. Im Kostenfestsetzungsverfahren besteht nämlich (grundsätzlich) keine Gelegenheit, materielle Einwände geltend zu machen (vgl. in Bezug auf eine Aufrechnungssituation BGH, Urteil vom 20. Mai 1985 – VII ZR 209/84, juris Rn. 12; Karsten Schmidt/Brinkmann, in: MüKO-ZPO, 6. Aufl. 2020, § 767 Rn. 28).
Die Vollstreckungsgegenklage bleibt gleichwohl ohne Erfolg und zwar schon deshalb, weil - wie oben ausgeführt - die gegen die Zwangsvollstreckung aus dem zugrunde liegenden Titel gerichtete Klage in jeder Hinsicht unbegründet ist. Im Übrigen wäre - jedenfalls, soweit es die gegen die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil gerichtete Vollstreckungsgegenklage betrifft - sogar unerheblich, ob diese erfolgreich ist, weil die Entscheidung im Kostenpunkt bestehen und damit weiterhin Grundlage der Kostenfestsetzung bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1995 – XII ZR 220/94, NJW 1995, 3318; Muthorst, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 103 Rn. 7).
bb) Auch gerichtet gegen die Wirksamkeit des Vollstreckungstitels sowie gestützt auf § 826 BGB wegen Erschleichens des Titels hat die Klage keinen Erfolg. Insoweit gelten die obigen Ausführungen, wonach der Kläger den Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO nicht geführt hat, entsprechend.
c) Eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 149 Abs. 1 ZPO wegen des Verdachts von Straftaten ist nicht angezeigt.
Eine Aussetzung nach § 149 Abs. 1 ZPO kommt nicht in Betracht. Nach dieser Regelung kann das Gericht, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen. Hier fehlt es aber bereits am Verdacht einer Straftat. Erforderlich sind insoweit nämlich zureichende tatsächliche Anhaltspunkte iSd § 152 Abs. 2 StPO, wobei sich der auf solchen tatsächlichen Anhaltspunkten beruhende Verdacht für den zuständigen Richter bzw. Spruchkörper ergeben muss (vgl. Wendtland, in: BeckOK ZPO, 40. Edition mit Stand 1. März 2021, § 149 Rn. 2).
aa) Dies ist vorliegend zunächst insoweit nicht der Fall als sich das Aussetzungsbegehren auf eine Falschbeurkundung durch die Zustellerin A… S… bezieht. Dem Vorbringen des Klägers lassen sich keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme entnehmen, dass die Zustellerin hier Zustellungsurkunden über tatsächlich nicht erfolgte Zustellungen ausgestellt hätte. Eine Beiziehung der bei der Staatsanwaltschaft Potsdam zum Aktenzeichen 4130 Js 23284/19 geführten Ermittlungsakte ist nicht angezeigt, weil es schon an der Angabe erheblicher Aktenbestandteile fehlt (vgl. zur Zulässigkeit der Aktenbeiziehung Bacher, in: BeckOK ZPO, 40. Edition mit Stand 1. März 2021, § 273 Rn. 10).
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine Aussetzung des Verfahren nach § 149 Abs. 1 ZPO auch nicht mit Blick auf die – nach dem Vorbringen des Klägers – gegen die Beklagte gestellten Strafanträge geboten. Es ist schon nicht klar, was der Kläger der Beklagten an strafrechtlichem Verhalten vorwirft. Das Vorbringen aus der Berufungsbegründung legt nahe, dass der Kläger die Beklagte wegen versuchten Prozessbetruges angezeigt haben will mit der Begründung, dass das Darlehen nie valutiert, seine Unterschrift unter dem Darlehensvertrag und die Unterschrift der Zeugin S… K… auf dem im vorliegenden Klageverfahren nunmehr als Anlage B1 vorgelegten Rückschein gefälscht seien. Auch insoweit ist zweifelhaft, ob das spekulative Vorbringen des Klägers zureichende tatsächliche Anhaltspunkte insbesondere für einen versuchten Prozessbetrug zu begründen geeignet ist. Dies kann aber dahinstehen, weil eine Aussetzung der Verhandlung in aller Regel dann nicht in Betracht kommt, wenn das Ermittlungsverfahren auf einer Strafanzeige beruht, nach der eine Partei der anderen Partei versuchten Prozessbetrug durch einen falschen Vortrag im laufenden Rechtsstreit vorwirft; denn es ist originäre Aufgabe der Zivilgerichte, den Vortrag der Parteien zur würdigen und ggf. Beweis darüber zu erheben (vgl. Wendtland, in: BeckOK ZPO, 40. Edition mit Stand 1. März 2021, § 149 Rn. 5).
cc) Schließlich kommt eine Aussetzung nach § 149 Abs. 1 ZPO auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Postunterschlagung durch bislang unbekannte Dritte in Betracht. Auch insoweit bietet der Sachverhalt bislang keinerlei zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine dahingehende Annahme.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO. Die im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblichen Rechtsfragen lassen sich - wie oben aufgezeigt - mit der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne weiteres klären.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO i. V. m. § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG.