Gericht | OLG Brandenburg 3. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 14.04.2014 | |
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Aktenzeichen | 15 WF 203/11 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2014:0414.15WF203.11.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts
– Familiengerichts – Potsdam vom 26. Mai 2011 - 43 F 347/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
I.
Die beteiligten Eltern lernten sich im Jahr 2003 kennen; sie sind und waren nicht verheiratet. Aus ihrer Beziehung ging das Kind Y… N…, geb. am ...2004, hervor. Sorgeerklärungen gaben sie nicht ab. Einige Monate nach der Geburt trennten sich die Eltern. Das Kind hat seinen Lebensmittelpunkt seither bei der Antragsgegnerin. Die Eltern sind an einer Anzahl familiengerichtlicher Verfahren beteiligt, so insbesondere zum Umgangsrecht und zu Unterhaltsfragen. In vorliegender Sache erstrebt der Antragsteller mit dem am 03.08.2010 eingegangenen Antrag die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge, hilfsweise der Alleinsorge, auf sich.
Das Amtsgericht hat den im Rubrum genannten Verfahrensbeistand bestellt und auf Grundlage des Beschlusses vom 21.09.2010 ein schriftliches Sachverständigengutachten des Dipl.-Psych. Dr. W… eingeholt, das dieser unter dem 22.12.2010 vorgelegt hat. Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 19.01.2011 den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Nachdem das Familiengericht das gegen den Sachverständigen gerichtete Ablehnungsgesuch durch Beschluss vom 26.05.2011 (Bl. 430 d.A.) verworfen hatte, hat der Antragsteller hiergegen mit Schreiben vom 14.06.2011 sofortige Beschwerde eingelegt und mit Schreiben gleichen Datums auch den erstinstanzlich mit dem Verfahren befassten Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Amtsgericht hat das Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen den Richter durch Beschluss vom 05.07.2011 zurückgewiesen. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde hat der Senat, nachdem über die verschiedenen Ablehnungsgesuche des Antragstellers gegen seine Mitglieder und diverse Gehörsrügen des Antragstellers entschieden worden war, durch Beschluss vom 12.03.2014 zurückgewiesen. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss vom 26.05.2011 daraufhin nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Zu den vom Antragsteller geltend gemachten Gründen der Sachverständigenablehnung im Einzelnen wird auf das Ablehnungsgesuch vom 19.01.2011 (Bl. 397-409 d.A.), die sofortige Beschwerde vom 14.06.2011 (Bl. 490-492 d.A.) sowie die Schreiben des Antragstellers vom 28.07.2011 (Bl. 500-511 d.A.), vom 23.08.2011 (Bl. 522-524 d.A.) und vom 06.04.2014 (Bl. 1018-1022 d.A.) Bezug genommen.
Die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Die gem. §§ 30 Abs. 1 FamFG, 406 Abs. 5, 567 Abs. 1, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg, denn der Antrag des Antragstellers auf Ablehnung der Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ist unbegründet. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ablehnung des erstinstanzlich bestellten Sachverständigen, Herrn Dipl.-Psych. Dr. W…, wegen der Besorgnis der Befangenheit liegen nicht vor.
Es kann dahinstehen, ob dem Antragsteller überhaupt ein Ablehnungsrecht gegen den Sachverständigen zusteht oder ob vielmehr § 406 ZPO, der die Ablehnung eines Sachverständigen im Zivilprozess regelt, im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht oder nur eingeschränkt anwendbar ist (so die bisherige Rechtsprechung des Senats vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes; vgl. Senat, FF 2007, 115).
Auch bei Bejahung eines Rechtes des Antragstellers zur Sachverständigenablehnung in Kindschaftsverfahren gem. §§ 30 Abs. 1 FamFG, 406 Abs. 1, 42 ZPO wäre die sofortige Beschwerde zurückzuweisen, denn das Ablehnungsgesuch wäre bei Annahme seiner Zulässigkeit unbegründet.Gründe, die eine Ablehnung des Sachverständigen rechtfertigen, hat der Antragsteller nicht dargelegt.
Die Ablehnung eines Sachverständigen findet selbst im Zivilprozess gem. §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO nur dann statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
Gem. § 406 Abs. 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus den gleichen Gründen als befangen abgelehnt werden, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Nach der gem. § 6 Abs. 1 FamFG auf das familiengerichtliche Verfahren anwendbaren Vorschrift des § 42 ZPO kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit nur abgelehnt werden, wenn ein Grund gegeben ist, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dazu müssen Umstände vorliegen, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus objektiver Sicht bei vernünftiger Würdigung die Befürchtung fehlender Unvoreingenommenheit ergeben. Rein subjektive oder unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden als Befangenheitsgrund aus. Nicht erforderlich ist, dass der Abgelehnte tatsächlich befangen ist. Entscheidend ist allein, ob aus der Sicht des Ablehnenden genügend objektive Anhaltspunkte vorliegen, die nach Meinung eines ruhig und vernünftig denkenden Beteiligten Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Abgelehnten zu zweifeln (Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 42, Rdnr. 9, m.w.N.).
Entsprechende Umstände liegen bei dem mit der Gutachtenerstellung beauftragten Sachverständigen nicht vor.Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Nichtabhilfebeschlusses des Amtsgerichts vom 03.04.2014 verwiesen. Die mit der Beschwerde vom Antragsteller vorgebrachten Gesichtspunkte rechtfertigen kein anderes Ergebnis.
Insbesondere soweit der Antragsteller sinngemäß zum Ausdruck bringt, die Qualifikation des Sachverständigen sei seiner Ansicht nach unzureichend, er treffe Feststellungen außerhalb seines Fachgebietes und sei nicht mit ausreichender Sorgfalt vorgegangen, sondern oberflächlich und schematisch, das Gutachten sei unschlüssig, methodisch unsauber und unwissenschaftlich, bildet diese Einschätzung des Antragstellers keine Grundlage für die Annahme, dem Sachverständigen fehle deshalb die erforderliche Unvoreingenommenheit gegenüber den Beteiligten. Eventuelle Unzulänglichkeiten des Sachverständigengutachtens rechtfertigen eine Sachverständigenablehnung grundsätzlich nicht (Keidel/Sternal, FamFG, 18. Aufl., § 30, Rdnr. 102, m.N.). Insoweit kann auch aus dem Vortrag des Antragstellers, der Sachverständige habe in einem anderen Verfahren ein mangelhaftes Gutachten erstellt, nicht auf eine begründete Besorgnis geschlossen werden, der Sachverständige sei ihm gegenüber voreingenommen.
Auch das Vorbringen des Antragstellers, der Sachverständige übernehme unkritisch die Erklärungen der Antragsgegnerin und schließe daraus auf deren Bindungstoleranz, hingegen werte er Äußerungen des Antragstellers unangemessen kritisch, rechtfertigt nicht die Annahme, dem Sachverständigen fehle die erforderliche Unvoreingenommenheit. Soweit sich der Sachverständige kritisch mit den Äußerungen und der Persönlichkeit der Eltern, insbesondere des Antragstellers, auseinandersetzt, gehört dies zu den Notwendigkeiten der Bearbeitung seines Gutachtenauftrages. Eine übermäßig kritische Haltung des Sachverständigen (nur) gegenüber dem Antragsteller kommt in dem Gutachten nicht zum Ausdruck, zumal sich der Sachverständige auch kritisch mit dem Verhalten und der Persönlichkeit der Antragsgegnerin auseinandersetzt (ab Seite 87 unten des Gutachtens). Die Frage, ob der Sachverständige die Gegebenheiten und Anhaltspunkte für Auffälligkeiten unzutreffend gewichtet hat, wie der Antragsteller meint, betrifft die inhaltliche sachverständige Bewertung, die nicht im Ablehnungsverfahren zu überprüfen ist. Das Ablehnungsverfahren ist kein Instrument zur Korrektur etwaiger inhaltlicher Fehler (BGH, NJW 2002, 2396; Zöller/Vollkommer, a.a.O., Rdnr. 28, jeweils zur Richterablehnung). Ein Ablehnungsrecht kann hieraus nicht abgeleitet werden. Dies gilt im Übrigen auch für die weiteren, hier nicht sämtlich erwähnten Begründungen des Ablehnungsantrages, der Ergänzungen der Beschwerdeschrift und der weiteren Begründungsergänzungen, die der Senat zur Kenntnis genommen und geprüft hat. Insoweit kann auch dahinstehen, ob die ergänzend geltend gemachten Gründe des Ablehnungsgesuchs im Hinblick auf § 406 Abs. 2 ZPO noch rechtzeitig vorgebracht worden sind.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 26.05.2011 war daher zurückzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 84 FamFG, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.