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Entscheidung 13 UF 6/20


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 13.07.2020
Aktenzeichen 13 UF 6/20 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2020:0713.13UF6.20.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 26.11.2019 – 6 F 468/18 – wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 1.436,- € festgesetzt.

4. Dem Antragsteller wird für den Beschwerderechtszug mit Wirkung ab dem 14.05.2020 Verfahrenskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlungen gewährt und Rechtsanwalt J... F... in B... als Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Leistung rückständigen und laufenden Kindesunterhalts vom Antragsgegner, seinem Vater, für Oktober 2017 und November 2017 sowie ab Dezember 2019.

Der minderjährige Antragsteller lebt ohne Einkommen und Vermögen im Haushalt seiner nicht mit dem Antragsgegner verheirateten Mutter, die für den Antragsteller von Dezember 2017 bis November 2019 staatliche Unterhaltsvorschusszahlungen bezog (Bl. 304).

Mit Schreiben vom 05.10.2017 (Bl. 50) hat der Antragsteller, der bis zur Namensänderung am 24.07.2018 (Bl. 16) den Vornamen „S...“ führte, den Antragsgegner zur Auskunftserteilung zwecks Berechnung des geschuldeten Kindesunterhalts aufgefordert. Der Antragsgegner hat bislang keinen Unterhalt gezahlt.

Der Antragsgegner ist Vater von fünf weiteren, darunter vier minderjährigen Kindern. Er lebt mit der Mutter der zwei jüngsten, am...2017 und...2019 geborenen Kinder, mit der er seit ...03.2017 verheiratet ist, in einem gemeinsamen Haushalt. Seinen am...1998 und (a)...2015 geborenen Kindern zahlt er keinen Unterhalt. Seine am (b)...2015 geborene Tochter lebt in C....

Der Antragsgegner ist in C... geboren, hat dort Wirtschaft und Steuern studiert, aber in seinem Beruf nie gearbeitet (Bl. 231 R). Er lebt seit dem Jahr 2007 in Deutschland und hat seit 2012 die deutsche Staatsbürgerschaft (Bl. 251). Bis 2011 arbeitete er als Fabrikangestellter, von 2011 bis Ende 2013 betrieb er als Selbständiger einen Warenhandel, den er wegen großer Verluste aufgegeben hat (Bl. 232R). Seitdem ist er keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen. Seit Mai 2015 bezieht er ununterbrochen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Bl. 151ff.), im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 494,- € (Bl. 169, 173) bzw. 555,- € sowie 606,- € (Bl. 351). Im Jahr 2016 erlitt er zwei Rippenbrüche, deretwegen er im Februar 2019 noch Thoraxschmerzen hatte (Bl. 139), im Februar 2018 einen Herzinfarkt (Bl. 137), weswegen er fünf Tage lang im Krankenhaus lag und eine dreiwöchige ambulante Rehabilitationsmaßnahme absolvierte. Der Antragsgegner hat sich im September 2018 einem schriftlichen und mündlichen Test für die deutsche Sprache unterzogen, den er im Niveau „B1“ nicht bestanden hat (Bl. 141).

Der Antragsteller hat eine krankheitsbedingte Erwerbs- und damit Leistungsunfähigkeit des Antragsgegners in Abrede gestellt (Bl. 205) und Unterhaltszahlungen des Antragsgegners zugunsten der nicht in seinem Haushalt lebenden Kinder bestritten (Bl. 206).

Er hat beantragt (Bl. 102R),

den Antragsgegner zu verpflichten, für den Antragsteller zu Händen der Kindesmutter laufenden Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhalts der entsprechenden Altersstufe nach der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des hälftigen Kindergelds für ein erstes Kind ab April 2019 zu zahlen;

den Antragsgegner zu verpflichten, für den Antragsteller zu Händen der Kindesmutter rückständigen Kindesunterhalt in Höhe von 2.043,00 € bis einschließlich März 2019 zu zahlen.

Das Amtsgericht hat mit Versäumnisbeschluss vom 02.04.2019 (Bl. 104) antragsgemäß entschieden.

Der Antragsgegner hat hiergegen Einspruch eingelegt und beantragt (Bl. 111),

die Anträge abzuweisen.

Er hat Leistungsunfähigkeit aufgrund von dauerhafter Erwerbsunfähigkeit wegen eines seit dem 26.05.2017 bestehenden akuten subendokardialen Myokardinfarkts eingewandt (Bl. 111ff.) und vorgetragen, seit Oktober 2018 seiner in C... lebenden, am (b)...2015 geborenen Tochter monatlich 60,- € zukommen zu lassen (Bl. 303).

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 28.05.2019 (Bl. 234) Beweis über die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit des Antragsgegners erhoben. Der mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragte Dr. med. F... E... hat das schriftliche Gutachten vom 15.08.2019 (Bl. 250) vorgelegt, auf dessen Inhalt der Senat Bezug nimmt.

Mit dem am 26.11.2019 verkündeten Beschluss (Bl. 307, 322) hat das Amtsgericht den Versäumnisbeschluss vom 02.04.2019 aufrechterhalten, soweit der Antragsgegner zur Leistung rückständigen Unterhalts für die Monate Oktober und November 2017 in Höhe von je 136,- € und zur Zahlung laufenden Unterhalts ab Dezember 2019 in Höhe von monatlich 97,00 € verpflichtet worden ist, nachdem der Antragsteller die darüber hinausgehenden Anträge auf Zahlung rückständigen und laufenden Unterhalts angesichts des diesbezüglichen Forderungsübergangs auf die Unterhaltsvorschusskasse zurückgenommen bzw. für erledigt erklärt hat (Bl. 304f.). Das Amtsgericht hat eine Leistungsunfähigkeit des Antragsgegners wegen krankheitsbedingter Erwerbsunfähigkeit nicht festzustellen vermocht und sich dazu auf das Ergebnis des Sachverständigengutachtens vom 15.08.2019 gestützt. Es hat dem Antragsgegner wegen voller Erwerbsfähigkeit auf der Grundlage eines Stundenlohns von 8,84 €/h in 2017 und 9,14 €/h in 2019 ein Erwerbseinkommen in Höhe von 1.515,- € in 2017 und 1.567,- € in 2019, nach Abzug von Sozialabgaben, Steuern und 5 % berufsbedingten Aufwendungen 1.067,- € in 2017 und 1.110,- € in 2019 zugerechnet. Weiter hat es ihm Einnahmen in Höhe von 285,- € monatlich aus einer Nebentätigkeit zugerechnet und so im Jahr 2017 ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen in Höhe von 1.352,- € und im Jahr 2019 in Höhe von 1.395,- € und ausgehend von einem Selbstbehalt in Höhe von 1.080,- € ein verfügbares Einkommen des Antragsgegners in Höhe von 272,- € monatlich in 2017 und in Höhe von 315,- € monatlich in 2019 ermittelt. Für das Jahr 2017 hat es Unterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners nur für den Antragsteller sowie das weitere, am...2017 geborene, im Haushalt des Antragsgegners lebende Kind angenommen und im Wege der Mangelfallberechnung einen Betrag in Höhe von jeweils 136,- € monatlich zugunsten des Antragstellers bestimmt. Für die Zeit ab Dezember 2019 hat es weitere Unterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners zugunsten seines in C... lebenden, am 13.02.2015 geborenen sowie seinen beiden am …2017 und...2019 geborenen, in seinem Haushalt lebenden Kindern angenommen und daraus im Wege der Mangelfallberechnung einen Betrag zugunsten des Antragstellers in Höhe von 97,- € monatlich bestimmt.

Mit seiner Beschwerde (Bl. 327, 334) begehrt der Antragsgegner weiterhin die Anerkennung einer krankheitsbedingten Erwerbs- und Leistungsunfähigkeit. Er verweist darauf, wegen seines fortgeschrittenen Alters, seiner gesundheitlichen Einschränkungen, mangelnden Deutschkenntnisse, Ausbildung und Berufserfahrung keine reale Beschäftigungschance auf dem Arbeitsmarkt zu haben und angesichts der Betreuungsbedürftigkeit seiner minderjährigen Kinder und seiner Absicht, mit dem nach Südwestdeutschland verziehenden Antragsteller Umgang zu pflegen, zur Ausübung einer Nebentätigkeit auch keine Zeit zu haben. Weiter trägt er vor (Bl. 345), seiner in C... lebenden, am (b)...2015 geborenen Tochter seit Juli 2015 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 167,- € zukommen zu lassen.

Der Antragsgegner beantragt (Bl. 342),

den Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 19.11.2019 zum Az. 6 F 468/28 abzuändern und den Antrag des Beschwerdegegners abzuweisen.

Der Antragsteller beantragt (Bl. 452),

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er beruft sich auf eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit des Antragsgegners und stellt die Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit in Abrede.

Hinsichtlich des weiteren Beschwerdevorbringens wird auf die im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze verwiesen. Der Senat entscheidet, wie angekündigt (Bl. 455), ohne Durchführung eines Termins, §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG, da angesichts des umfangreichen erst- und zweitinstanzlichen Schriftwechsels der Antragsbeteiligten und der ausführlichen Protokolle der erstinstanzlich durchgeführten mündlichen Verhandlungen am 02.04.2019 (Bl. 102), 28.05.2019 (Bl. 232) und 19.11.2019 (Bl. 303) von einer weiteren mündlichen Verhandlung kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten ist.

II.

1.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG in zulässiger Weise erhobene Beschwerde ist unbegründet, da das Beschwerdevorbringen keine von der erstinstanzlichen Entscheidung abweichende Beurteilung der dem Grunde und der Höhe nach zutreffend ausgesprochenen Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung rückständigen und laufenden Barunterhalts zugunsten des Antragstellers gemäß §§ 1601, 1603 Abs. 2, 1613 Abs. 1 BGB rechtfertigt.

Der Einwand des Antragsgegners, fiktive Einkünfte seien ihm mangels realer Beschäftigungschancen nicht zuzurechnen, geht ins Leere, da der Antragsgegner keinerlei tragfähige Umstände vorträgt, deretwegen es ihm in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen an realen Beschäftigungschancen gefehlt haben soll. Zwar setzt die Zurechnung eines fiktiven Einkommens voraus, dass der Unterhaltspflichtige die ihm zumutbaren Anstrengungen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden, nicht oder nicht ausreichend unternommen hat und eine reale Beschäftigungschance bestand. Dabei darf dem Pflichtigen nur das fiktive Einkommen zugerechnet werden, das er realistischerweise erzielen kann (BGH, FamRZ 2009, 314). Dies hängt von seinen persönlichen Voraussetzungen wie Alter, berufliche Qualifikation, Erwerbsbiographie, Gesundheitszustand und Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen ab (BVerfG, FamRZ 2012, 1283). Bei der im Fall des Antragsgegners in Rede stehenden Zurechnung fiktiver Einkünfte geht es um ungelernte Tätigkeiten im Mindestlohnsektor. Für diese bestanden und bestehen - das ist allgemein bekannt - im gesamten Bundesgebiet einschließlich der nordöstlichen Bundesländer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum hinreichende Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt. Unzureichende Sprachkenntnisse, mangelnde Berufserfahrung und fortgeschrittenes Alter stehen der Aufnahme einer wie hier in Rede stehenden einfachsten Beschäftigung im Mindestlohnbereich nicht entgegen, zumal der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegner ernsthafte und über den gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum hin wiederholte, nachhaltige Bemühungen zur Erlangung einer derartigen Tätigkeit nicht im Ansatz dargelegt hat.

Die gesundheitlichen Einschränkungen des Antragsgegners stehen ausweislich des überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen Dr. E... (Bl. 260) einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit im Büro, im Bereich Logistik, in der Produktion, im Dienstleistungssektor, in der Gastronomie und in der Land- und Forstwirtschaft jeweils in Form leichter Arbeit im Gehen, Stehen und Sitzen, auch im Freien, nicht entgegen. Der Sachverständige kommt aufgrund seiner Untersuchung des Antragsgegners zum überzeugenden Ergebnis, dass die Rippenfraktur aus dem Jahr 2016 vollständig und ohne Fehlstellung verheilt ist (Bl. 256), der Herzinfarkt aus dem Jahr 2018 zwar eine Seitenwandinfarktnarbe hinterlassen hat, deretwegen eine regionale Kinetikstörung des Herzens vorliegt, die aber dessen Auswurfleistung kaum einschränkt, da der intakte Teil des Herzmuskels auch unter Belastung gut durchblutet ist (Bl. 257). Den Umstand, dass der Antragsgegner im Rahmen der Untersuchung gleichwohl fahrradergometrisch stark eingeschränkt leistungsfähig wirkte (Bl. 257f.), erklärt der Sachverständige überzeugend mit mangelnder Motivation und Veränderungsbereitschaft des Antragsgegners hinsichtlich des Verzichts auf Sozialleistungen und einer von den objektiven Befunden abweichenden Selbsteinschätzung des Antragsgegners, dessen Muskelstatus und Körperspannung auf einen körperlich aktiven Menschen hinweisen (Bl. 258). Die vom Antragsgegner beklagten Schwindelanfälle führt der Sachverständige schließlich nachvollziehbar auf dessen fortgesetzten hohen Tabakkonsum und die Überdosierung der Blutdruckmedikation zurück (Bl. 259).

Auch die Einwände des Antragsgegners gegen die Anrechnung eines weiteren fiktiven Einkommens aus Nebentätigkeit im verfahrensgegenständlichen Zeitraum verfangen nicht. Im Hinblick auf den nicht gesicherten Mindestunterhalt ist von einem Unterhaltsschuldner auch zu verlangen, neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit eine ihm mögliche und zumutbare Nebentätigkeit im Umfang bis zu 8 Wochenstunden nach Maßgabe von §§ 3, 9 Abs. 1 ArbZG auszuüben (BVerfG, NJW 2012, 2420; BGH FamRZ 2011, 637; Wendtland in BeckOGK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BGB Stand 01.05.2020, § 1610 Rn. 43; Dose in Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 10. Aufl. 2019 § 1 Rn. 97). Der erstinstanzlichen Anrechnung weiterer 285,- € monatlich - nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen - für eine fiktive Nebentätigkeit von zusätzlich 8 Wochenstunden kann der Antragsgegner nicht die Betreuungsbedürftigkeit seiner zwei in seinem Haushalt lebenden Kinder entgegen setzen, da er - insoweit darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Wendtland a. a. O. Rn. 201) nicht hinreichend darlegt, einen beträchtlichen, einer Nebentätigkeit entgegen stehenden Anteil an der Betreuung der Kinder wahrzunehmen. Zwar kann die Aufnahme einer Nebentätigkeit neben einer vollschichtigen Beschäftigung unzumutbar sein, wenn dem Unterhaltspflichtigen die Betreuung der Kinder obliegt und die zur Verfügung stehende Hort- oder Kitabetreuung bereits die vollschichtige Tätigkeit des Unterhaltspflichtigen abdecken muss (OLG Schleswig, FamRZ 2015, 937). Einen derartigen Betreuungsanteil hat der Antragsgegner indes nicht vorgetragen, zumal ausweislich der vorgelegten Bescheide des Jobcenters B... im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die Ehefrau des Antragsgegners gleichermaßen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen hat, so dass nicht davon auszugehen ist, dass die Kinderbetreuung außerhalb der Schul-, Hort- und Kitazeiten dem Antragsgegner in einem Umfang oblag und obliegt, die eine Nebentätigkeit ausschließt.

Weiter steht auch die beabsichtigte Aufnahme von Umgängen mit dem nach Südwestdeutschland verzogenen Antragsteller der Zumutbarkeit einer Nebentätigkeit nicht entgegen, da der Antragsgegner das insoweit erforderliche tatsächliche Vorliegen von Umgangskontakten in einem einer Nebentätigkeit entgegen stehenden Umfang weder dargelegt noch nachgewiesen hat.

2.

Die Höhe des dem Antragsgegner zuzurechnenden fiktiven Erwerbseinkommens und die daraus resultierenden Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Antragsteller sind durch das Beschwerdevorbringen nicht erfolgreich angegriffen worden. Der Antragsgegner schuldet dem Antragsteller jedenfalls die erstinstanzlich ausgesprochenen Unterhaltsbeträge für Oktober und November 2017 sowie fortlaufend ab Dezember 2019.

Fiktive Einkünfte sind vom Gericht gem. §§ 113 FamFG, 287 ZPO im Wege der Schätzung am Maßstab des erzielbaren Nettobetrags nach Abzug von Steuern und Vorsorgeaufwendungen zu ermitteln (Dose a. a. O. § 1 Rn. 793). Der fiktive monatliche Nettolohns für eine Tätigkeit kann bei einem seit mehreren Jahren nicht mehr erwerbstätigen Unterhaltsverpflichteten ohne Berufsausbildung, auf die er bei Aufnahme einer Tätigkeit zurückgreifen kann, auf der Grundlage des jeweiligen Mindeststundenlohns zu errechnen sein (Wendtland a. a. O. § 1610 Rn. 51), der im Jahr 2017 8,84 €/h (www.bundesregierung.de>breg-de>aktuelles) und im Jahr 2019 9,19 €/h betrug (www.lexoffice.de>lohn>wissen>mindestlohn) und angesichts der Erwerbsbiographie des Antragsgegners hier zugrundezulegen ist. Ausgehend von durchschnittlich 173,33 Arbeitsstunden pro Monat bei vollschichtiger Tätigkeit (40 Stunden x 52 Wochen /12 Monate) errechnet sich ein Erwerbseinkommen in Höhe von 1.532,- € in 2017 und 1.592,90 € in 2019. Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben verbleibt ein Einkommen in Höhe von 1.118,83 € in 2017 und 1.182,49 € in 2019 (www.brutto-netto-rechner.info). Nach Abzug von 5 % berufsbedingten Aufwendungen (vgl. Wendtland a. a. O. Rn. 51) ist vom unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit (gerundet, Ziff. 25 LL) in Höhe von 1.062,- € in 2017 und 1.123,- € in 2019 auszugehen, zuzüglich von 285,- € monatlich aus der fiktiven Nebentätigkeit errechnen sich 1.347,- € in 2017 und 1.408,- € in 2019.

Die Höhe der dem Antragsteller für die Monate Oktober und November 2017 zustehenden Unterhaltsbeträge bestimmt sich wie folgt. Unter Zugrundelegung des notwendigen Selbstbehalts Erwerbstätiger in Höhe von 1080,- € (Ziff. 21.2 LL), der wegen des Zusammenlebens des Antragsgegners im Haushalt mit seiner Ehefrau um 10 % auf 972,- € zu reduzieren ist (Ziff. 21.5 LL) ist ein verfügbares Einkommen in Höhe von 375,- € zugrunde zu legen (1.347,- € minus 972 €). Da der Antragsgegner seinem am...2017 geborenen, in seinem Haushalt lebenden Kind Naturalunterhalt schuldet, der durch Annahme eines (hypothetischen) Anspruchs des Kindes auf Barunterhalt entsprechend seines Bedarfs zu monetarisieren ist (vgl. Wendtland a. a. O. Rn. 160), ist von zwei gleichrangigen Barunterhaltsverpflichtungen des Antragsgegners in Höhe von jeweils 100 % des Mindestunterhalts der DT 2017, Zahlbetrag jeweils 246 €, insgesamt 492,- € auszugehen, zu deren Erfüllung das verfügbare Einkommen nicht ausreicht. Da der Antragsgegner mit den lediglich in c… Sprache zur Akte gereichten Schriftstücken (Bl. 446-448) die - vom Antragsteller bestrittene - Unterhaltsleistung zugunsten des in C... lebenden, am (b)...2015 geborenen Kindes nicht hinreichend dargelegt hat (§ 184 Satz 1 GVG), kommt die Berücksichtigung einer weiteren Unterhaltspflicht bei der hier vorzunehmenden Mangelfallberechnung (Ziff. 24 LL) nicht in Betracht. Danach errechnet sich für den Antragsteller ein Zahlbetrag in Höhe von je 187 € (375,- € verfügbares Einkommen ./. 492,- € Summe der geschuldeten Zahlbeträge x 246,- € dem Antragsteller geschuldeter Zahlbetrag) für Oktober 2017 und November 2017, so dass der Antragsgegner jedenfalls den erstinstanzlich ausgesprochenen Unterhaltsbetrag von jeweils 136,- € zu zahlen verpflichtet ist.

Bei der Ermittlung des vom Antragsgegner ab Dezember 2019 geschuldeten Unterhalts sind angesichts des am...2019 geborenen, in seinem Haushalt lebenden Kindes insgesamt drei gleichrangige Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.

Die Höhe des dem Antragsteller im Dezember 2019 zustehenden Unterhalts bestimmt sich unter Zugrundelegung des um 10 % reduzierten Selbstbehalts in Höhe von 972,- € (Ziff. 21.2, 21.5 LL), woraus sich ein verfügbares Einkommen in Höhe von 436,- € (1.408,- € minus 972,- €) errechnet, so dass bei der Unterhaltsverpflichtung in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts der ersten Altersstufe, jeweils 252,- € (abzüglich des hälftigen Kindergelds) für jedes der drei Kinder, insgesamt 756,- €, das verfügbare Einkommen nicht genügt. Im Wege der Mangelfallberechnung ergibt sich für Dezember 2019 ein gekürzter Zahlbetrag in Höhe von (gerundet) 144,- € für den Antragsteller (436 ./. 756 x 252).

Für das Jahr 2020 errechnen sich angesichts der Zahlbeträge in Höhe von jeweils 267,- € für drei Kinder insgesamt 801,- €, ab Mai 2020 für den in die zweite Altersstufe wechselnden Antragsteller 322,- €, insgesamt dann für drei Kinder 856,- €, die der Antragsgegner schuldet. Wegen des Anstiegs des gesetzlichen Mindestlohns ab Januar 2020 auf 9,35 €/h (www.lexoffice.de>lohn>wissen>mindestlohn), was zu einem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen von 1.144,75 € führt (9,35 x 173,33 = 1.620,63 brutto, 1.205,- € netto, abzügl. 5 % = 1.144,75 €), plus 285,- € aus Nebentätigkeit insgesamt 1.429,- €, und des auf 1.160,- € gestiegenen (Ziffer 5. DT 2020), um 10 % auf 1.044,- € reduzierten Selbstbehalts ein verfügbares Einkommen in Höhe von 385,- €. Für den Antragsteller errechnet sich bis April 2020 ein Unterhaltsbetrag in Höhe von monatlich (gerundet) 117,- € (385 ./. 856 x 267) und ab Mai 2020 in Höhe von (gerundet) 142,- € (385 ./. 856 x 322), so dass ihm der Antragsgegner den erstinstanzlich ausgesprochenen laufenden Unterhaltsbetrag auf jeden Fall schuldet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG und entspricht dem vollumfänglichen Unterliegen des Antragsgegners. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 55 Abs. 2, 51 Abs. 1, Abs. 2 FamGKG, ausgehend vom Beschwerdeinteresse des Antragsgegners (272,- € plus 97,- € x 12 Monate).

IV.

Die Entscheidung über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten für den zweiten Rechtszug auf den Antrag des Antragstellers vom 14.05.2020 beruht auf §§ 76 FamFG, 114, 115, 119 Abs. 1 Satz 2, 127 Abs. 1 ZPO.

V.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht (§ 70 Abs. 2 FamFG).