Gericht | VG Cottbus 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 28.04.2021 | |
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Aktenzeichen | 7 K 1122/15.A | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2021:0428.7K1122.15.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 10 Abs 1 AsylVfG 1992, § 60 Abs 1 VwGO, § 74 Abs 1 AsylVfG 1992, § 10 Abs 2 AsylVfG 1992 |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Kläger sind nach eigenen Angaben russische Staatsangehörige, tschetschenischer Volkszugehörigkeit und reisten ebenfalls nach eigenen Angaben am 11. April 2013 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie stellten am 22. April 2013 Asylanträge. Die Klägerin zu 1. ist die Mutter der Kläger zu 2.-5., die zum Zeitpunkt der Stellung der Asylanträge und auch bei Erhebung der hiesigen Klage sämtlich noch minderjährig waren. Bei ihrer persönlichen Anhörung beim Bundesamt am 26. August 2013 gab die Klägerin zu 1. an, ihr Ehemann und dessen Bruder hätten bei einer Einheit gearbeitet, die K... beschützt habe. Ihr Ehemann sei am 4. November 2009 verschwunden, noch in der gleichen Nacht seien Männer gekommen, die das Haus durchsucht hätten. Auch in der Folgezeit seien immer wieder Männer zu ihr gekommen, und das Haus habe unter der Beobachtung der Miliz gestanden. Später seien auch Männer in Zivil gekommen, diese hätten ihr gesagt, dass ihr Mann tot sei und sie das Land nicht verlassen dürfe, man würde sie überall finden. Über das Internet habe sie erfahren, dass ihrem Mann und dessen Bruder vorgeworfen worden sei, illoyal zu K... gewesen zu sein, daher sei ihr Mann den Löwen vorgeworfen und die Leiche des Bruders kopflos aufgespießt worden. Im August 2012 sei dann der jüngste Bruder des Ehemannes mitgenommen worden, woraufhin ihr Haus im September 2012 von Männern in Militäruniformen durchsucht worden sei. Diese hätten gesagt, dass man sie nie in Ruhe lassen werde und beim nächsten Mal auch die Kinder mitnehmen werde. Danach seien die Männer noch zweimal bei ihnen gewesen. Die Kläger hätten dann am 8. April 2013 ihr Heimatland verlassen.
Der Klägerin zu 1. wurde am 22. April 2013 eine Belehrung – auch in russischer Sprache – ausgehändigt, dass sie dem Bundesamt, der Ausländerbehörde und im Falle eines Gerichtsverfahrens auch dem Verwaltungsgericht jeden Wohnungswechsel umgehend mitzuteilen habe. Auf die Folgen einer unterbliebenen Mitteilung wurde hingewiesen. Die Klägerin zu 1. bestätigte durch ihre Unterschrift, dass sie die Belehrung erhalten und verstanden habe.
Die Kläger zogen zunächst im Jahre 2013 vom Übergangswohnheim in eine Wohnung unter der Anschrift: F.... Diese Adresse war der Beklagten auch bekannt. Die Kläger wechselten dann ihren Wohnort, die Anmeldebestätigung der Stadt K..., die vom 4. Dezember 2014 datiert, gibt als Tag des Einzugs den 1. November 2014 an. Noch am 4. Dezember 2014 suchte die Klägerin zu 1. die überregionale Flüchtlingsberatung unter Trägerschaft des Caritasverbandes für das E... auf, um zu erfragen, welche Behörden über den Anschriftenwechsel zu informieren seien. Die Mitarbeiterin der Caritas F... erstellte nach eigenen Angaben ein Schreiben an die Beklagte, in dem der Anschriftenwechsel angezeigt wurde und schickte dies nach eigenen Angaben am 5. Dezember 2014 auf dem Postweg an die Beklagte (was seitens der F...eidesstattlich versichert wurde). Nach dem Inhalt des Verwaltungsvorganges und nach Angaben der Beklagten erreichte dieses Schreiben das Bundesamt nicht.
Mit Bescheid vom 22. Juni 2015 entschied die Beklagte, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft nicht zuzuerkennen, die Anträge auf Asylanerkennung wurden abgelehnt, subsidiärer Schutzstatus wurde nicht zuerkannt und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes wurden verneint. Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und ihnen wurde die Abschiebung in die Russische Föderation oder einen anderen Staat, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht davon auszugehen sei, dass seitens des russischen Staates ein ernsthaftes Interesse an den Klägern bestünde, des Weiteren lasse die verspätete Ausreise im April 2013 eine Furcht vor Verfolgung unglaubhaft erscheinen. Außerdem sei die für die Feststellung einer Schutzbedürftigkeit erforderliche Intensität von Verfolgungshandlungen nicht ersichtlich. Dieser Bescheid wurde mit Postzustellungsurkunde an die der Beklagten bekannte Adresse am F...versandt, laut der PZU wurde die Zustellung am 26. Juni 2015 erfolglos versucht, als Grund wurde angegeben, dass der Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln sei.
Die Kläger haben am 7. August 2015 Klage erhoben. Sie beantragen zunächst Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da die Klagefrist unverschuldet versäumt worden sei. Dies folge daraus, dass sich die Klägerin zu 1. – wie oben dargestellt – zur Flüchtlingsberatung der Caritas begeben habe und von dort aus ein Schreiben mit der Mitteilung des Anschriftenwechsels an die Beklagte geschickt worden sei. Damit habe die Klägerin zu 1. die notwendige Sorgfalt walten lassen, um den Anschriftenwechsel mitzuteilen.
Die Klage sei auch begründet, die Drohung, die Kläger mitzunehmen oder gar umzubringen stelle eine Verfolgungshandlung dar, dies sei auch im Kontext zu sehen mit der grausamen Ermordung des Ehemannes und Vaters der Kläger, der früher als Leibwächter von K... tätig gewesen sei.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 22.06.2015 mit dem Geschäftszeichen 5...zu verpflichten, für die Kläger das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG festzustellen, hilfsweise festzustellen, dass die Kläger subsidiären Schutz genießen, höchst hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf den streitgegenständlichen Bescheid.
Das Gericht hat am 8. Februar 2021 einen Gerichtsbescheid in diesem Verfahren erlassen, woraufhin die Kläger am 22. Februar 2021 mündliche Verhandlung beantragt haben. Bei der am 28. April 2021 durchgeführten mündlichen Verhandlung sind die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge zum Gegenstand der Verhandlung gemacht worden, auf deren Inhalt wird wegen aller weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Das Gericht entscheidet nach § 76 Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) durch den Einzelrichter, da die Kammer ihm durch unanfechtbaren Beschluss vom 1. Dezember 2020 den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat. Auch konnte das Gericht trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen wurden, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten ohne diesen verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Klage ist bereits unzulässig, denn die Kläger haben die Klagefrist versäumt, und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet aus.
Gemäß § 74 Abs. 1 Hs. 1 AsylG ist die Klage innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes zu erheben. Diese Frist findet auch Anwendung, da die Rechtsbehelfsbelehrung im angefochtenen Bescheid des Bundesamtes keine Fehler aufwies (§ 58 Abs. 1 VwGO). Diese Frist von zwei Wochen nach Zustellung haben die Kläger nicht eingehalten.
Zwar konnte der streitgegenständliche Bescheid den Klägern nicht zugestellt werden, die Kläger müssen aber den erfolglosen Zustellungsversuch gegen sich gelten lassen. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 AsylG muss der Ausländer während des Asylverfahrens Zustellungen unter der letzten Anschrift, die der jeweiligen Stelle aufgrund seines Asylantrages oder seiner Mitteilung bekannt ist, gegen sich gelten lassen, wenn er für das Verfahren keinen Bevollmächtigten bestellt hat. Kann die Sendung nicht zugestellt werden, gilt die Zustellung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 4 AsylG mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt.
Der Bescheid des Bundesamtes vom 22. Juni 2015, dessen Zustellung am 26. Juni 2015 versucht wurde, konnte den Klägern unter der dem Bundesamt bis dato bekannten Anschrift nicht zugestellt werden, da die Kläger laut der Postzustellungsurkunde unter der Anschrift „F...“ nicht zu ermitteln gewesen sind, daher wurde der Bescheid zurückgesandt. Einen Bevollmächtigten hatten die Kläger im Zeitpunkt der Veranlassung der Zustellung noch nicht bestellt.
Auch die für das Eintreten der Zustellungsfiktion erforderliche Belehrung gemäß § 10 Abs. 7 AsylG, wonach auf die Zustellungsvorschriften des § 10 Abs. 1 und 2 AsylG hingewiesen worden sein muss, ist hier erfolgt. Der Klägerin zu 1. wurde am 22. April 2013 eine Belehrung, auch in russischer Sprache, ausgehändigt, dass sie dem Bundesamt, der Ausländerbehörde und im Falle eines Gerichtsverfahrens auch dem Verwaltungsgericht jeden Wohnungswechsel umgehend mitzuteilen habe. Auf die Folgen einer unterbliebenen Mitteilung wurde hingewiesen. Die Klägerin zu 1. bestätigte durch ihre Unterschrift, dass sie die Belehrung erhalten und verstanden habe. Diese Erklärung bezog sich sowohl auf die Klägerin zu 1. als auch auf die Kläger zu 2.-5., da die Klägerin zu 1. zu diesem Zeitpunkt deren gesetzlicher Vertreter war und der Asylantrag unter dem Aktenzeichen 5... alle fünf Kläger umfasste und sich die Erklärung der Klägerin zu 1. auf das Verfahren zu diesem Aktenzeichen bezog.
Da dem Bundesamt der Umzug der Kläger zum Zeitpunkt der Zustellung nicht bekannt war, müssen die Kläger die versuchte Zustellung am 26. Juni 2015 gegen sich gelten lassen, so dass die zweiwöchige Klagefrist zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 7. August 2015 abgelaufen war.
Den Klägern ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren, denn die Kläger haben die Frist nicht unverschuldet versäumt. Verschulden liegt vor, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war (vgl. Kopp/Schenke VwGO, § 60, Rn. 9). Nach diesen Maßstäben ist hier ein Verschulden gegeben, denn die Kläger sind ihrer aus § 10 Abs. 1 AsylG folgenden Mitwirkungspflicht, während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass sie Mitteilungen des Bundesamtes stets erreichen können, und insbesondere jeden Wechsel ihrer Anschrift dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen, nicht nachgekommen.
Dabei besteht in Rechtsprechung und Schrifttum keine Einigkeit, welcher Zeitrahmen im Sinne der Norm als „unverzüglich“ anzusehen ist. Der erkennende Einzelrichter schließt sich dabei der Rechtsauffassung an, dass im Falle der Mitteilung eines Anschriftenwechsels bei einem durch den Asylbewerber selbst veranlassten und organisierten Wohnungswechsel eine „unverzügliche“ Mitteilung dann anzunehmen ist, wenn sie jedenfalls innerhalb einer Woche nach dem Umzug beim Bundesamt eingeht (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05. Juni 2020 – 13 A 11315/19 –, juris, Leitsatz und Rn. 44, ebenso: Bergmann in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, AsylG § 10, Rn. 7; Hailbronner in: Hailbronner, Ausländerrecht, 1. Update Oktober 2020, 3. Anschriftwechsel, Rn. 26; Preisner in: BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 27. Edition, Stand: 01.10.2020, AsylG § 10, Rn. 11). Für diese Sichtweise spricht, dass „unverzüglich“ nach der Legaldefinition des § 121 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“ bedeutet. Damit soll eine angemessene und ausreichende Frist festgelegt werden, innerhalb der – soweit keine besonderen Umstände vorliegen – eine Mitteilung tatsächlich beim Bundesamt eingegangen sein muss, um die Folgen des § 10 Abs. 2 AsylG verhindern zu können (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz a.a.O., Rn. 43). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich des Merkmals „unverzüglich“ im Rahmen des § 26 Abs. 2 i.V.m § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG a.F. eine regelmäßige Zeitspanne von zwei Wochen angenommen, dies aber damit begründet, dass für einen Antrag auf Gewährung von Familienasyl deshalb zwei Wochen als angemessen erscheinen, weil von einem gewissenhaften Asylsuchenden zu erwarten sei, dass er sich nach der Geburt eines Kindes über dessen Rechtsstellung, ggf. durch Einholung von Rechtsrat Klarheit verschafft und den erforderlichen Antrag nach § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG (a.F.) stellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 1997 – 9 C 35/96 –, juris, Rn. 10). Die Einholung eines Rechtsrats wird bei der schlichten Mitteilung eines Anschriftenwechsels aber regelmäßig nicht erforderlich sein (so auch: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz a.a.O., Rn. 44), da der Asylbewerber im Rahmen der Belehrung auf diese Verpflichtung und die Stellen, gegenüber denen die Mitteilung zu erfolgen hat, bereits hingewiesen worden ist, so dass hier eine regelmäßige Frist von einer Woche zugrunde zu legen ist. Aber selbst wenn man für die Unverzüglichkeit der Meldung eine Zeitspanne von zwei Wochen (so Bruns in: Hofmann, Ausländerrecht, AsylVfG § 10, Rn. 7) oder sogar einen Monat (so Marx AsylG Rn. 40) annähme, hätten die Kläger ihren Anschriftenwechsel nicht unverzüglich mitgeteilt.
Zwar wird in der Klageschrift vorgetragen, dass sich die Klägerin zu 1. noch am 4. Dezember 2014 und dementsprechend an dem Tag, an dem die Anmeldebestätigung der Stadt K... ergangen ist, zur Sozialpädagogin F...begeben und diese für die Klägerin zu 1. ein Schreiben erstellt habe, das am 5. Dezember 2014 zum Bundesamt geschickt worden sei und den Anschriftenwechsel mitgeteilt habe. Diese Angaben wurden durch die Klägerin zu 1. im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch im Wesentlichen wiederholt, denn sie gab bei ihrer Befragung zwar an, dass sie F... schon frühzeitig über den wegen des Einbaus eines Fahrstuhls notwendigen Wohnungswechsel informiert habe, aber es sei richtig, dass sie am 4. Dezember 2014 zu F...gegangen sei. Sie habe zwar gedacht, dass F... das Schreiben an das Bundesamt dann am gleichen Tag, also am 4. Dezember 2014 abgeschickt habe, dies wisse sie aber nicht mehr genau. Ohnehin könne sie sich nicht daran erinnern, bei F... nachgefragt zu haben, wann diese das Schreiben an das Bundesamt abgeschickt habe.
Dieser Vortrag begründet keine unverzügliche Mitteilung im Sinne des § 10 Abs. 1 AsylG. Entscheidend für die Unverzüglichkeit der Mitteilung an das Bundesamt ist nicht der Zeitpunkt der Anmeldebestätigung durch die Meldebehörde, sondern der Zeitpunkt des Umzugs selbst, denn von diesem Zeitpunkt an ist der Asylbewerber unter einer neuen Anschrift erreichbar, die dementsprechend dann dem Bundesamt unverzüglich mitzuteilen ist. Der Umzug fand laut der Anmeldebestätigung bereits am 1. November 2014 statt, so dass es die Pflicht der Kläger gewesen wäre, sich unverzüglich nach diesem Zeitpunkt beim Bundesamt zu melden und den Anschriftenwechsel mitzuteilen. Dafür, dass die Angabe des Umzugs in der Anmeldebestätigung unzutreffend sein könnte, gibt es keine objektiven Anhaltspunkte, die Klägerin zu 1. konnte sich bei ihrer Befragung in der mündlichen Verhandlung an das genaue Umzugsdatum nicht mehr erinnern, und sie gab im Weiteren sogar an, dass wegen der Reparaturen in der neuen Wohnung längere Zeit vergangen sei, bis man sich um die Mitteilung des Wohnungswechsels gekümmert habe. Insofern ist eine unverzügliche Mitteilung des Anschriftenwechsels an das Bundesamt nicht erfolgt, die Klägerin zu 1. wartete demzufolge fast fünf Wochen bis sie zur Sozialpädagogin F... ging um mit ihr zu beraten, welchen Stellen der Wohnungswechsel gemeldet werden müsse, und dies, obwohl der Klägerin zu 1. aufgrund der damaligen Belehrung bekannt sein musste, dass das Bundesamt unverzüglich zu informieren war. Damit überschritt die Klägerin zu 1. deutlich die regelmäßig anzunehmende Frist von einer Woche, und sie überschritt sogar die im Schrifttum längstens vertretene Frist von einem Monat (s.o.). Hinderungsgründe, wegen derer die Klägerin zu 1. außerstande war, den Wohnungswechsel unverzüglich mitzuteilen, sind nicht ersichtlich, jedenfalls stellt die Notwendigkeit von Reparaturen in der neuen Wohnung keinen solchen dar.
Der Annahme eines verschuldeten Versäumens der Frist steht auch nicht entgegen, dass der Versuch der Zustellung des streitgegenständlichen Bescheides gegenüber den Klägern erst erfolgt ist, nachdem die Mitarbeiterin der Caritas laut ihrer eidesstattlichen Versicherung eine Mitteilung an das Bundesamt hinsichtlich des Adressenwechsels abgeschickt hatte. Aus diesem Grund war auch der im Vorfeld der mündlichen Verhandlung durch die Kläger angeregten Beweiserhebung nicht weiter nachzugehen, F... als Zeugin zu dem Umstand zu hören, dass sie nach dem Besuch der Klägerin zu 1. am 4. Dezember 2014 das Schreiben mit der Mitteilung des Wohnungswechsels an das Bundesamt postalisch verschickt hatte, denn hierauf kommt es nicht entscheidungserheblich an. Zwar war zum vorgetragenen Zeitpunkt des Abschickens des Schreibens der F... (5. Dezember 2014) die Klagefrist noch gar nicht in Gang gesetzt worden, so dass eine Mitteilung des Anschriftenwechsels, die das Bundesamt auch erreicht hätte, zu diesem Zeitpunkt hätte verhindern können, dass das Bundesamt noch an der alten Meldeanschrift die Zustellung wirksam bewirken kann. Dies führt aber nicht dazu, dass vom Zeitpunkt des erfolglosen Versuchs der Mitteilung des Anschriftenwechsels das Verschulden der Kläger am Fristversäumnis entfällt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, welche Maßnahmen dem Betroffenen zuzumuten waren, um zum „Wegfall des Hindernisses“ beizutragen. Erfüllt der Betroffene die ihm insoweit obliegende Sorgfaltspflicht nicht, so kann das Weiterbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02. Juni 1992 – 2 BvR 1401/91 –, juris, Rn. 20.) Indem die Klägerin zu 1. bis zum 4. Dezember 2014 und damit fast fünf Wochen nach dem Umzug abgewartet hat, den Anschriftenwechsel der Kläger mitzuteilen, hatte sie bereits gegen die unverzügliche Mitteilungspflicht aus § 10 Abs. 1 AsylG verstoßen, so dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits damit hätte rechnen müssen, dass Zustellungsversuche unternommen worden sind. Damit durften die Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr darauf vertrauen, dass sie mit der verspäteten Mitteilung an das Bundesamt alles Notwendige getan hatten, um ein Fristversäumnis zu verhindern, vielmehr wäre es in diesem Moment ihre zumutbare Obliegenheit gewesen, beim Bundesamt nachzufragen, ob die Mitteilung des Anschriftenwechsels dort angekommen und in den vergangenen knapp fünf Wochen seit dem Umzug schon versucht worden ist, ihnen Schriftstücke zuzustellen. Indem die Kläger dies unterließen, wirkte der Pflichtenverstoß der unterbliebenen unverzüglichen Mitteilung fort, denn immer dann, wenn ein Asylbewerber diese Vorsorgepflicht verletzt, muss er damit rechnen und hinnehmen, dass ihn behördliche oder gerichtliche Mitteilungen tatsächlich nicht erreichen, ohne dass er sich hierauf berufen kann, weil die Zustellung nach § 10 Abs. 2 Satz 4 AsylG fingiert wird (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11. Januar 2019 – 13a ZB 18.32929 –, juris, Rn. 4).
Darüber hinaus ist von einem Verschulden der Kläger auch deshalb auszugehen, weil sie sich schlicht darauf verlassen haben, dass der Anschriftenwechsel durch die Mitarbeiterin der Caritas erfolgen wird. Die Ihnen obliegende Mitteilungspflicht aus § 10 Abs. 1 AsylG besteht unabhängig davon, ob eine dritte Person zur Mitteilung eingeschaltet wurde. Verlässt sich ein Asylbewerber darauf, dass eine andere Person die ihm gesetzlich obliegende Mitteilung vornimmt, ist Grundvoraussetzung dafür, dass ihn bezüglich einer unterbliebenen Mitteilung und einer darauf beruhenden Fristversäumnis kein Verschulden trifft, dass er sich bei dieser Person oder Stelle nach angemessener Zeit erkundigt, ob die Mitteilung tatsächlich erfolgt ist (vgl. VG Minden, Beschluss vom 31. Mai 2017 – 10 L 89/17.A –, juris, Rn. 60). Insofern ist für fehlendes Verschulden eine Kontrolle der Hilfsperson erforderlich, ansonsten trägt der Asylbewerber die Konsequenzen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Unterrichtung (vgl. Bruns in: Hofmann, Ausländerrecht, AsylVfG § 10, Rn. 6 und 7). Wie oben schon ausgeführt, ist eine Erkundigung der Klägerin zu 1. beim Bundesamt oder bei F... objektiv nicht ersichtlich, und die Klägerin zu 1. konnte sich auch selbst nicht erinnern, nach ihrem Besuch bei F...am 4. Dezember 2014 nachgefragt zu haben, ob die Mitteilung tatsächlich und ggf. wann verschickt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.