Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis; Polizeibeamter; heimliche Fotoaufnahmen...

Entfernung aus dem Beamtenverhältnis; Polizeibeamter; heimliche Fotoaufnahmen von Kolleginnen; heimliche Videoaufnahmen; Veröffentlichung auf einer Pornowebseite; unbefugtes Verbreiten von Bildnissen; sexuelle Herabwürdigungen; Beleidigungen; fahrlässige Körperverletzung; Strafbefehl; innerdienstliches Dienstvergehen; unkollegiales Verhalten; Wahrung des Dienstfriedens; (keine) erheblich verminderte Schuldfähigkeit; kombinierte Persönlichkeitsstörung; (keine) „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“; Beziehungsprobleme; erfolgreich abgeschlossene Therapie


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 80. Disziplinarsenat Entscheidungsdatum 30.08.2021
Aktenzeichen OVG 80 D 2/21 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2021:0830.OVG80D2.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 13 DiszG BE, § 41 DiszG BE, § 57 Abs 2 BDG, § 34 Abs 1 S 3 BeamtStG, § 47 Abs 1 S 1 BeamtStG, § 101 S 2 LBG, § 21 StGB, § 185 StGB, § 229 StGB, § 22 KunstUrhG, § 23 KunstUrhG, § 33 KunstUrhG

Leitsatz

Ein innerdienstliches Dienstvergehen, mit dem der Beamte zugleich eine Straftat begeht, für die das Strafgesetz nur einen niedrigen Strafrahmen vorsieht, kann zwar nicht im Regelfall, wohl aber im Ausnahmefall die disziplinare Höchstmaßnahme rechtfertigen.

Bei einem Beamten, der heimlich von ihm angefertigte Fotos von seinen Kolleginnen und Videos mit sexuell herabwürdigenden und beleidigenden Kommentaren auf einer Pornowebseite veröffentlicht, tritt ein vollständiger, nicht wiedergutzumachender Ansehens- und Vertrauensverlust ein, der zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führt.

Tenor

In der Disziplinarsache hat der 80. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 30. August 2021 für Recht erkannt:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Beklagte wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch die Disziplinarkammer.

Der 1988 geborene Beklagte trat nach dem Abitur im Jahr 2009 als Polizeimeister-Anwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Dienst der Berliner Polizei. Nach erfolgreich absolviertem Vorbereitungsdienst und bestandener Probezeit ernannte der Kläger ihn im März 2015 im Amt eines Polizeimeisters zum Beamten auf Lebenszeit und beförderte ihn ein Jahr später zum Polizeiobermeister. Die dienstlichen Leistungen des Beklagten wurden im Beurteilungszeitraum vom 1. März 2012 bis 20. Dezember 2012 mit der Gesamtnote „C“ sowie in den Beurteilungszeiträumen vom 21. Dezember 2012 bis 30. November 2014 und zuletzt vom 1. Dezember 2014 bis 3. Februar 2016 jeweils mit der Gesamtnote „3 oberer Bereich“ bewertet.

Der Beklagte ist ledig und hat ein im Februar 2017 geborenes Kind. Er befand sich im Anschluss an die Geburt bis 20. Februar 2018 in Elternzeit. Er ist bis zu den Vorwürfen, die Gegenstand dieses Verfahren sind, straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten.

Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den Beklagten mit Strafbefehl vom 9. Juli 2018 - (232b Cs) 271 Js 1357/17 (87/18) - zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen zu je 30 Euro. Das Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass der Beklagte in Berlin zwischen dem 1. September 2015 und dem 3. März 2017 durch vier selbständige Handlungen entgegen den §§ 22, 23 KunstUrhG Bildnisse verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt und dabei andere beleidigt und in einem Fall (Fall 4) zugleich eine fahrlässige Körperverletzung begangen habe. Dem Beklagten wurde Folgendes zur Last gelegt:

„Im Tatzeitraum fotografierten Sie während Ihrer Dienstzeit als Polizeibeamter der Berliner Polizei in einer Vielzahl von Fällen heimlich Kolleginnen während der Sportausübung in den Diensträumen, öffneten deren Umkleidespinde und fotografierten die darin befindliche Unterwäsche und persönlichen Gegenstände der Kolleginnen.

Die ohne Einwilligung der betroffenen Kolleginnen gefertigten Aufnahmen versahen Sie sodann teilweise mit abfälligen Kommentaren und luden diese dann teils verschlüsselt, teils unverschlüsselt im Internet auf der Pornowebseite ‚xhamster.de‘ mit dem Profil ‚athl3tic‘ hoch.

Weiterhin fertigten Sie Videoaufnahmen, in denen Sie auf private Gegenstände einer Kollegin wie Schuhe, Haarshampoo, Unterwäsche und Brötchen ejakulieren und die Sie mit herabwürdigenden Kommentaren versahen, und luden diese verschlüsselt auf der vorbezeichneten Webseite hoch.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:

1) 3 Bilder der Zeugin POM’in L..., jeweils mit dem Kommentar versehen: ‚Spannern auf Fick?rsche‘.

2) 2 Bilder der Zeugin PMzA’in L..., jeweils mit dem Kommentar versehen: ‚Spannern auf Fick?rsche‘.

3) 20 Bilder der Zeugin PM’in F..., jeweils mit dem Kommentar versehen: ‚Wichst ihre Tuerkinfresse voll!!!!‘

4) 11 Bilder der Zeugin PM’in S...,

9 Bilder davon betitelt mit der Überschrift ‚Fickarsch meiner Kollegin in Leggins‘ und dem Kommentar versehen: ‚Die Fotze tr?gt enge Leggins damit man ihren fickarsch sieht. Was w?rdet ihr mit ihr machen?‘;

2 weitere Bilder davon mit dem Kommentar versehen: ‚Sie hat die flippfloss an auf die ich gewichst habe‘.

11 Videos, auf denen Sie auf private Gegenstände der Zeugin PM’in S... ejakulieren und die mit den folgenden Titeln versehen sind:

- Auf’s Salamibrötchen der Kollegin gespritzt

- Auf Zahnbürste der Kollegin gespritzt

- String der Kollegin ausm Schrank geklaut und darauf…

- In Schuhe der Kollegin gewichst

- Auf BH der Kollegin gewichst

- String meiner Kollegin geklaut

- Auf String meiner Kollegin gewichst

- Auf String mit Fotzenspuren meiner Kollegin…

- Auf die FlipFlops meiner geilen Kollegin gewichst

- In Haarkur der Kollegin gewichst

- In Stiefel meiner geilen Kollegin gewichst.

Bei der Ansicht der Bilder verspürte die Zeugin PM’in W... ein lang andauerndes nicht nur vorübergehendes erhebliches Ekelgefühl, was Sie hätten voraussehen können, als Sie die Bilder und Videos, die der Zeugin PM’in W... eindeutig zuzuordnen waren, mit den entsprechenden Kommentaren einem nicht einschränkbaren Benutzerkreis zur Verfügung stellten.“

Der Beklagte hatte etwa elf Monate, nachdem ihm die strafrechtlichen Vorwürfe bei einer bei ihm durchgeführten Hausdurchsuchung im März 2017 bekannt geworden waren, mit Schreiben vom 27. Februar 2018 die Taten umfassend gestanden und eine fachärztliche Stellungnahme von Dr. V... vom 25. Februar 2018 eingereicht. Danach habe der Beklagte bei diesem am 10. April 2017 mit einer psychotherapeutischen Behandlung begonnen und bisher an 23 Sitzungen teilgenommen. Bei ihm bestehe eine schwere narzisstische Pathologie, wobei er durch voyeuristische und exhibitionistische Handlungen versucht habe, sein Selbstwertgefühl zu stabilisieren.

Wegen der Vorwürfe im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hatte der Dienstvorgesetzte des Beklagten, der Leiter der Direktion (LDir E), bereits am 31. März 2017 das Disziplinarverfahren gegen diesen eingeleitet und es wegen des zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossenen Strafverfahrens zunächst ausgesetzt. Der Kläger enthob den Beklagten mit Bescheid vom 23. Januar 2018 vorläufig des Dienstes. Mit Bescheid vom 21. Juni 2018 verfügte er die vorläufige Einbehaltung von 22 v.H. der Dienstbezüge des Beklagten, später geändert zunächst auf 50 v.H. und zuletzt mit Bescheid vom 21. August 2020 aufgrund veränderter wirtschaftlicher Verhältnisse auf 7 v.H. der Dienstbezüge. Nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens führte der Kläger das Disziplinarverfahren im Bereich des höheren Dienstvorgesetzten fort und hörte den Beklagten unter Bezugnahme auf den Inhalt des Strafbefehls abschließend an. Dieser reichte daraufhin eine weitere fachärztliche Stellungnahme von Dr. V... vom 19. November 2018 ein.

Nach Beteiligung der Frauenvertreterin und des Personalrats hat der Kläger am 24. Juni 2019 Disziplinarklage erhoben, mit der er dem Beklagten die dem Strafbefehl zugrundeliegenden Handlungen als schwerwiegendes Dienstvergehen vorgeworfen und dessen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis beantragt hat.

Das Verwaltungsgericht hat nach Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens durch Frau Dr. M... den Beklagten mit Urteil vom 15. Januar 2021 aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe ein Dienstvergehen begangen, das seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erfordere. Der für die disziplinarrechtliche Beurteilung maßgebliche Sachverhalt werde im Wesentlichen entsprechend den Feststellungen im Strafbefehl vom 9. Juli 2018 zugrunde gelegt, weil der Beklagte die Vorwürfe im Straf- und Disziplinarverfahren umfänglich eingeräumt habe. Allerdings sei nach Auswertung der Strafakten abweichend von den Feststellungen im Strafbefehl von einem Beginn der Tathandlungen erst ab dem 7. März 2016 auszugehen, weil der Beklagte seinen Account „athl3tic“ bei „xhamster.de“ erst an diesem Tag erstellt habe. Er habe sich danach durch (mindestens) vier selbständige Taten des vorsätzlichen Verbreitens von Bildnissen und zugleich der Beleidigung von vier Polizeibeamtinnen durch die den hochgeladenen Fotos und Videos beigefügten herabwürdigenden Kommentare sowie bei der Polizeimeisterin W... auch der fahrlässigen Körperverletzung strafbar gemacht. Es handele sich um ein innerdienstliches Dienstvergehen, das insgesamt schwer wiege. Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens sei auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen, die zugleich Straftaten seien, grundsätzlich auf den gesetzlichen Strafrahmen zurückzugreifen. Begehe ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsehe, reiche der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Dieser Rahmen sei bei den Vorsatztaten nicht eröffnet. Die fahrlässige Körperverletzung gemäß § 229 StGB sehe zwar einen Strafrahmen von drei Jahren vor, könne aber als bloße Fahrlässigkeitstat mit einer eher geringen körperlichen Beeinträchtigung (Ekelgefühl) nicht Grundlage des Orientierungsrahmens sein. Gleichwohl sei nach der objektiven Schwere des Dienstvergehens die Höchstmaßnahme indiziert, weil aufgrund der Besonderheiten der Tat bzw. des Dienstvergehens ein vollständiger Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit eingetreten sei. Durch die über einen langen Zeitraum von etwa einem Jahr gegenüber mehreren Kolleginnen verübten Straftaten habe der Beklagte die Grundlage einer vertrauensvollen Zusammenarbeit objektiv endgültig zerstört und das Betriebsklima sowie den Arbeitsfrieden „vergiftet“. Milderungsgründe, die ein Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, seien nicht gegeben. Nach dem überzeugend begründeten und in der mündlichen Verhandlung erläuterten Gutachten der Sachverständigen Dr. M... habe der Beklagte nicht im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB gehandelt. Danach leide der Beklagte an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit selbstunsicheren und abhängigen Zügen. Diese psychische Störung habe aber dessen Einsichtsfähigkeit nicht berührt und die Steuerungsfähigkeit nicht erheblich vermindert. Auf den Milderungsgrund der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ könne sich der Beklagte ebenfalls nicht stützen. Er habe sich zwar während des Tatzeitraums in einer durch verschiedene Belastungsfaktoren gekennzeichneten negativen Lebensphase befunden, diese jedoch noch nicht überwunden. Der erfolgreiche Abschluss der im April 2017 begonnenen Psychotherapie bei Dr. V... sei zurzeit nicht absehbar.

Der Beklagte hat gegen dieses am 1. Februar 2021 zugestellte Urteil am 15. Februar 2021 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er innerhalb der gewährten Fristverlängerung im Wesentlichen ausführt: Das Verwaltungsgericht verkenne, dass er sich auf den Milderungsgrund der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ berufen könne. Er habe sich wegen des Dienstvergehens einer Therapie unterzogen. Nachträgliche Therapiemaßnahmen könnten bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden und zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme zugunsten einer milderen Maßnahme führen, wenn eine günstige Zukunftsprognose gestellt werde. Nach Einschätzung der vom Verwaltungsgericht beauftragten Gutachterin sei er therapierbar, seine Therapie zeige bereits Erfolge und eine höhere Taktung der Sitzungen würde die Zeit bis zum Erreichen des Therapieerfolges verkürzen. Entsprechend der Empfehlung der Gutachterin habe er sich seit Ende November 2020 „in erhöhter Frequentation von 2-3x wöchentlich“ therapeutisch behandeln lassen. Nach Ansicht seines behandelnden Arztes Dr. V... sei die Therapie nunmehr erfolgreich abgeschlossen. Damit sei auch das verloren gegangene Vertrauen des Dienstherrn in einem anderen Lichte zu sehen. Seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sei unverhältnismäßig. Vielmehr erscheine als milderes disziplinarisches Mittel seine Rückstufung in das Eingangsamt als angemessen und ausreichend.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Januar 2021 zu ändern und auf die mildere Maßnahme der Zurückstufung zu erkennen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger tritt der Berufung entgegen. Der Beklagte gebe die Ausführungen der Sachverständigen unzutreffend wieder. Dieses habe bei ihm eine tiefgreifende Störung diagnostiziert, die eine „langfristige Begleitung“ erfordere und „sich nicht durch eine zwei bis drei Jahre andauernde Therapie überwinden“ lasse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, die von dem Kläger vorgelegten Verwaltungsvorgänge und die Strafakten der Staatsanwaltschaft Berlin zu dem Verfahren 271 Js 1357/17 verwiesen. Diese Akten haben vorgelegen und deren Inhalt ist - soweit wesentlich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist innerhalb der nach § 41 DiszG i.V.m. § 64 Abs. 1 Satz 2 BDG geltenden Monatsfrist eingelegt und in der vom Vorsitzenden des Disziplinarsenats bis zum 1. April 2021 verlängerten Frist begründet worden. Wegen der antragsgemäßen Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ist es unschädlich, dass die Begründung nicht beim Verwaltungsgericht, sondern beim Oberverwaltungsgericht eingereicht worden ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Mai 2017 - 2 B 51.16 - juris Rn. 13 und vom 22. Juli 2019 - 2 B 25.19 - juris Rn. 8, jeweils m.w.N.).

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Disziplinarklage zu Recht stattgegeben und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Gegenstand der disziplinargerichtlichen Beurteilung sind allein die unter dem Gliederungspunkt III. der Disziplinarklageschrift aufgeführten strafrechtlich relevanten Handlungen des Beklagten („Verbreitung oder öffentlich Zur-Schau-Stellen von Bildnissen entgegen §§ 22, 23 KunstUrhG und zugleich Beleidigung anderer und zugleich fahrlässige Körperverletzung“), nicht hingegen die vorbereitenden Handlungen wie das Öffnen der Spinde und das Herausnehmen der Unterwäsche sowie persönlichen Gegenstände. Denn nach § 41 DiszG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 BDG dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder in der Nachtragsdisziplinarklage zur Last gelegt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Juli 2013 - 2 B 27.12 - juris Rn. 14 und vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - juris Rn. 14, jeweils m.w.N.).

Der Senat legt seiner Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht im Wesentlichen die Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 9. Juli 2018 - (232b Cs) 271 Js 1357/17 (87/18) - zugrunde, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Ein Strafbefehl entfaltet zwar nicht die einem Strafurteil innewohnende Bindungswirkung nach § 41 DiszG i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10 - juris Rn. 37). Die darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen können abergemäß § 41 DiszG i.V.m. § 57 Abs. 2 BDG ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden, wenn sie von dem betroffenen Beamten nicht substanziiert bestritten werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. September 2014 - 2 B 14.14 - juris Rn. 10 m.w.N.). Der Beklagte hat die Vorwürfe im Disziplinarverfahren und bereits zuvor im Strafverfahren umfänglich eingeräumt.

Allerdings ist abweichend von den Feststellungen im Strafbefehl von einem Beginn der Tathandlungen erst ab dem 7. März 2016 auszugehen. Denn ein in der Strafakte befindlicher Screenshot der Profilseite „athl3tic“ des Beklagten bei „xhamster.de“ vom 9. März 2017 zeigt, dass dieser seinen Account dort vor 367 Tagen erstellte. Vorher kann er unter diesem Profil keine Bilder und Videos hochgeladen haben. Dem entspricht, dass die in den Strafakten enthaltenen vom Beklagten hochgeladenen Bilder und Videos - soweit erkennbar - erst nach diesem Zeitpunkt in das Portal eingestellt wurden. Es kann offenbleiben, ob der Beklagte zuvor auf anderen Webseiten inkriminierte Fotos oder Videos hochlud, wofür jedenfalls dessen Angaben bei seinem behandelnden Arzt Dr. V... sprechen. Gegenstand der Disziplinarklage sind nur seine Aktivitäten mit dem Profil „athl3tic“ auf dem Portal „xhamster.de“.

Mit dem festgestellten Sachverhalt machte sich der Beklagte nicht nur durch (mindestens) vier selbständige Taten der unbefugten Verbreitung von Bildnissen gemäß § 33 i.V.m. §§ 22, 23 KunstUrhG und dabei zugleich der Beleidigung von vier Polizeibeamtinnen gemäß § 185 StGB sowie einer fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 229 StGB strafbar, sondern beging auch ein einheitlich zu würdigendes innerdienstliches Dienstvergehen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Er verstieß mit seinen im Strafbefehl aufgeführten Handlungen gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten aus § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, mit seinem Verhalten innerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert. Darüber hinaus verletzte er die besonderen Pflichten eines Polizeivollzugsbeamten aus § 101 Satz 2 LBG, das Ansehen der Polizei und Disziplin zu wahren. Das Fehlverhalten lag innerhalb des Dienstes, weil es in einem funktionalen Zusammenhang mit seiner Dienstausübung stand (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. August 2018 - 2 B 5.18 - juris Rn. 21 f. und vom 19. August 2019 - 2 B 72.18 - juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Der Beklagte fertigte die später hochgeladenen Bilder und Videos während der Dienstzeit bzw. an dienstlichen Örtlichkeiten (z.B. in der Sporthalle und Umkleidekabine) an. Die Geschädigten waren seine Kolleginnen.

Das Dienstvergehen des Beklagten erfordert unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 DiszG).

Die Auswahl der im Einzelfall erforderlichen Disziplinarmaßnahme richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG). Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss daher unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem angemessenen und gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 12 und vom 24. Oktober 2019 - 2 C 3.18 - juris Rn. 20, jeweils m.w.N.). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 DiszG) als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen schuldhafter Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen seines Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 DiszG).

Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 DiszG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 DiszG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich dabei zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 16 m.w.N. und Beschluss vom 29. März 2017 - 2 B 26.16 - juris Rn. 12). Die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bestimmt sich in erster Linie nach der schwersten Verfehlung, wenn sich das Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammensetzt. Auch wenn dem Beklagten mehrere Tathandlungen vorgeworfen werden, scheidet eine solche Differenzierung aus, weil es sich um ein einheitliches Tatgeschehen - den Umgang des Beklagten mit seinen Kolleginnen - handelt.

Nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet sich auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen, die zugleich einen Straftatbestand erfüllen, die grundsätzliche Zuordnung zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen. Die Orientierung am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung solcher Dienstvergehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 19 sowie Beschluss vom 28. August 2018 - 2 B 5.18 - juris Rn. 18). Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 20 und vom 16. Juni 2020 - 2 C 12.19 - juris Rn. 22). Dieser Rahmen ist bei den abgeurteilten Vorsatztaten des Beklagten nicht eröffnet, weil sowohl § 33 KunstUrhG als auch § 185 StGB lediglich eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bzw. zwei Jahren vorsehen. Der Strafrahmen bei einer fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 229 StGB reicht hingegen bis zu drei Jahren. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine Fahrlässigkeitstat Grundlage des Orientierungsrahmens sein kann.

Ein innerdienstliches Fehlverhalten kann die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auch dann rechtfertigen, wenn es keinen Straftatbestand erfüllt, etwa das unerlaubte Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von mehreren Monaten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 2019 - 2 B 56.18 - juris Rn. 11 und Urteil vom 12. November 2020 - 2 C 6.19 - juris Rn. 21, jeweils m.w.N.) oder ungenehmigte Nebentätigkeiten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. August 2018 - 2 B 4.18 - juris Rn. 20 und vom 29. Januar 2020 - 2 B 27.19 - juris Rn. 11, jeweils m.w.N.). Sogar ein außerdienstliches Dienstvergehen, das keinen Straftatbestand verwirklicht, kann die Höchstmaßnahme zwar nicht im Regelfall, wohl aber im Ausnahmefall rechtfertigen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. April 2019 - 2 B 32.18 - juris Rn. 12 ff. und vom 17. Juni 2019 - 2 B 82.18 - juris Rn. 9). Dies gilt auch und erst recht bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, mit dem der Beamte zugleich eine Straftat begeht, für die das Strafgesetz jedoch nur einen niedrigen Strafrahmen vorsieht.

Letztlich ist es für die Gewichtung eines Dienstvergehens grundsätzlich nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob ein Fehlverhalten eines Beamten überhaupt strafbar und mit welcher Strafe es bedroht ist. Die Vertrauensbeeinträchtigung hängt in erster Linie von den Umständen des Pflichtenverstoßes, insbesondere auch dem Maß eines Dienstbezugs des Fehlverhaltens ab. Straf- und Disziplinarrecht verfolgen unterschiedliche Zwecke. Das Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. Demgegenüber ist es ausschließlich Zweck des Disziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Juni 2019 - 2 B 82.18 - juris Rn. 8 und vom 27. Dezember 2017 - 2 B 18.17 - juris Rn. 9, jeweils m.w.N.).

Das innerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten erschöpft sich nicht in der Begehung von Straftaten unter Ausnutzung seiner Dienststellung, vielmehr liegt die besondere Disziplinarwürdigkeit vor allem in dem Verstoß gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht durch sein unkollegiales Verhalten. Diese Dienstpflichtverletzung führt ungeachtet der gleichzeitig gegebenen strafrechtlichen Relevanz zu einem vollständigen Ansehens- und Vertrauensverlust.

Das Gebot, sich gegenüber Kolleginnen und Kollegen kollegial und korrekt zu verhalten, ist Grundpflicht jedes Beamten. Diese fordert von einem Beamten einen respektvollen Umgang mit seinen Kolleginnen und Kollegen. Er hat ihnen taktvoll zu begegnen, Rücksicht auf ihre Belange zu nehmen und die Atmosphäre vertrauensvoller Zusammenarbeit im öffentlichen Dienst nicht ohne zwingenden Grund zu stören. Gegen diese Pflicht verstößt, wer sich in einer für die Dienstordnung bedeutsamen Weise unkollegial verhält, indem er sich etwa zu Beleidigungen seiner Kolleginnen oder Kollegen hinreißen lässt (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2005 - 1 D 1.04 - juris Rn. 91, 118 und vom 15. Dezember 2005 - 2 A 4.04 - juris Rn. 58 f.; OVG Münster, Urteile vom 28. Juni 2016 - 3d A 1814/13.O - juris Rn. 141 f. und vom 9. November 2016 - 3d A 641/16.O - juris Rn. 198 f.). Die Wahrung des Arbeitsfriedens in der Dienststelle versetzt die Verwaltung erst in die Lage, die ihr gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht zur Wahrung des Dienstfriedens offenbart deren nachhaltige Verletzung über einen langen Zeitraum von mehreren Monaten ein besonders hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit. Sie ist eine Kernpflichtverletzung. Wegen der Vielfalt der möglichen Pflichtverstöße in diesem Bereich steht grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Stets sind die besonderen Umstände des Einzelfalls maßgebend.

Das Dienstvergehen des Beklagten wiegt nach Art, Dauer und Intensität sehr schwer. Er verhielt sich über einen langen Zeitraum von etwa einem Jahr in einem außergewöhnlich hohen Maße unkollegial gegenüber seinen Kolleginnen. Er veröffentlichte auf einer Pornowebseite sexuell herabwürdigende und beleidigende Fotos sowie Videoaufnahmen mit teilweise abfälligen Kommentaren. Auf den von ihm heimlich gefertigten Fotos sind seine Kolleginnen während der Sportausübung in den Diensträumen zu sehen sowie deren Unterwäsche (BHs und Strings), die er unbemerkt aus den Umkleidespinden entnommen hatte. Bei den Bildern mit seiner Kollegin D... handelt es sich um Fotomontagen von pornografischen Bildern, bei denen das Gesicht der weiblichen Hauptfigur mit dem seiner Kollegin ausgetauscht wurde. Der Inhalt der hochgeladenen Videos entspricht den beigefügten Titeln. Sie zeigen, wie der Beklagte auf und in persönliche Gegenstände einer Kollegin - wie deren Zahnbürste, Haarkur, String und BH - ejakuliert. Hiermit verletzte er die geschützte Intimsphäre, Würde und Ehre der Betroffenen in schwerwiegender Weise; er degradierte sie zum Objekt sexueller Begierde der Nutzer der Pornowebseite. Erschwerend kommen seine Beweggründe hinzu. Der Beklagte räumte selbst ein, dass er durch das Hochladen dieser Bilder und Videos die Wut auf seine damalige Partnerin an seinen Kolleginnen ausgelassen habe und durch die Reaktionen anderer Nutzer der Pornowebseite sein Selbstwertgefühl habe steigern wollen. Ein Beamter, der in der hier dargestellten Weise das in ihn gesetzte Vertrauen enttäuscht und die Pflicht zu kollegialem Verhalten derart grob verletzt, beweist eine beamtenunwürdige Haltung und stört den Arbeitsfrieden in so schwerer Weise, dass er sowohl für seine Verwaltung als auch für die Kolleginnen und Kollegen untragbar wird. Das wird auch daran deutlich, dass die betroffenen Kolleginnen Strafanträge gestellt haben. Zwei von ihnen wollten sich sogar als Nebenklägerinnen am Strafverfahren gegen den Beklagten beteiligen. Belastet schon ein Diebstahl zum Nachteil von Kolleginnen oder Kollegen das Betriebsklima und stört den Arbeitsfrieden und damit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung in schwerwiegender Weise (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. März 2012 - 2 B 8.11 - juris Rn. 9 und Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - juris Rn. 20; Urteil des Senats vom 6. November 2014 - OVG 80 D 5.11 - juris Rn. 31, jeweils m.w.N.), gilt das umso mehr für die Handlungen des Beklagten. Sie sind weitaus gravierender und vertrauensschädigender. Insbesondere Kolleginnen ist es nicht zuzumuten, mit ihm auf einer Dienststelle zusammen zu arbeiten. Für die disziplinarische Bewertung ist es unerheblich, welcher Laufbahn oder welchem Verwaltungszweig der Beklagte angehört oder welche dienstlichen Aufgaben er wahrnimmt. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob ein Polizeibeamter oder ein Beamter aus einem anderen Verwaltungszweig seine Kolleginnen sexuell herabwürdigt und beleidigt, wie der Beklagte es machte (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - juris Rn. 20 zum Kollegendiebstahl).

Auch wenn es wegen der besonderen Schwere des Dienstvergehens hierauf nicht ankommt, wirkt sich die Stellung als Polizeibeamter erschwerend aus, wenn - wie hier - innerdienstlich unter Ausnutzung der dienstlichen Stellung Straftaten begangen werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. März 2017 - 2 B 19.16 - juris Rn. 12 und vom 2. Mai 2017 - 2 B 21.16 - juris Rn. 10, jeweils m.w.N.). Polizeibeamte haben Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen daher in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Dienstherr, Öffentlichkeit und betroffene Bürger müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz unbedingt verlassen können (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2015 - 2 C 50.13 - juris Rn. 35 f. und vom 16. Juni 2020 - 2 C 12.19 - juris Rn. 25, jeweils m.w.N.).

Milderungsgründe, die ein Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben.

Die in der Rechtsprechung „anerkannten“ (klassischen) Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe und Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben und die Verhängung der Höchstmaßnahme ausschließen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 31 ff. m.w.N.).

Angesichts der mehrmaligen, inhaltlich gleichartigen und planvollen Tatbegehung über einen langen Zeitraum von etwa einem Jahr verbietet sich die Annahme, das Verhalten des Beklagten sei eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation (siehe hierzu BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 2 B 60.14 - juris Rn. 28 f. m.w.N.).

Der Beklagte beging das Dienstvergehen auch nicht im Zustand einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB. Diese setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Februar 2018 - 2 B 51.17 - juris Rn. 8 und vom 15. Juli 2019 - 2 B 8.19 - juris Rn. 11, jeweils m.w.N.).

Nach dem überzeugenden psychiatrischen Gutachten der Sachverständigen Dr. M... vom 15. Juli 2020 handelte der Beklagte im Tatzeitraum nicht im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit. Dieses erstinstanzlich eingeholte Gutachten legt der Senat ohne erneute Beweisaufnahme seiner Entscheidung im Berufungsverfahren zugrunde (§ 41 DiszG i.V.m. § 65 Abs. 4 BDG).

Ausgehend von einer eingehenden Anamnese, einer testpsychologischen Untersuchung und einer Auswertung vorliegender ärztlicher Stellungnahmen gelangt die Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass der Beklagte an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit selbstunsicheren und abhängigen Zügen leidet (ICD-10 F 61.0). Das Störungsbild habe sich in der Jugendzeit des Beklagten entwickelt, sei klinisch relevant und behandlungsbedürftig. Der Beklagte sei jedoch durch die Störung nicht in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt. Diese sei nicht so schwerwiegend, dass von einer Vergleichbarkeit mit einer eher biologisch begründeten Störung ausgegangen werden könne. Der behandelnde Therapeut habe die Tathandlungen als perverses Verhalten zur Aufwertung bei narzisstischen Problemen, Lustgewinn und einem kontrollierten Ausleben negativer Emotionen, als Ausdruck einer unbewussten Konfliktdynamik in einer krisenhaften Lebensphase eingeordnet. Insgesamt könnten die in der Psychotherapie mit dem Beklagten erarbeiteten psychodynamischen Hypothesen zur Motivation seines Handelns aus gutachterlicher Sicht bestätigt werden. Sein Handeln sei danach Ausdruck von teils unbewussten Bewältigungsmechanismen ich-struktureller Defizite in einer Lebenskrise. Die Schilderungen des Beklagten ließen jedoch darauf schließen, dass er im Tatzeitraum zu einem planvollen Vorgehen, das auch Sicherungsmaßnahmen beinhaltet habe, in der Lage gewesen sei. Auch sei er sich des Unrechts seines Handelns bewusst gewesen.

Nach dieser überzeugend begründeten Einschätzung der Sachverständigen war durch die psychische Störung des Beklagten weder dessen Einsichtsfähigkeit berührt noch die Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert. Damit bestehen keine greifbaren und hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB gehandelt haben könnte. Er selbst erhebt im Berufungsverfahren auch keine Einwände gegen das Gutachten. Vielmehr beruft er sich ausschließlich auf den Milderungsgrund der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ und verweist insbesondere auf den erfolgreichen Abschluss seiner psychotherapeutischen Behandlung.

Die Annahme des Milderungsgrundes der „Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2020 - 2 B 34.19 - juris Rn. 8 m.w.N.) kommt nicht in Betracht. Es mag sein, dass sich der Beklagte während des Tatzeitraums in einer krisenhaften Zuspitzung seiner Lebenssituation befand. So soll - nach den Ausführungen der Sachverständigen und bestätigt durch die fachärztlichen Stellungnahmen von Dr. V... - in der Partnerschaft ein schleichender Prozess der immer stärkeren Kontrolle durch seine wohl krankhaft eifersüchtige Freundin eingesetzt haben. Der Beklagte habe beschrieben, sich den teils demütigenden und auch vor körperlicher Gewalt nicht zurückschreckenden Verhaltensweisen seiner Freundin vollkommen unterworfen zu haben. Als weitere Demütigung habe er seine eingeschränkte Zeugungsfähigkeit erlebt, die ungefähr 2015 diagnostiziert und für die er von seiner Partnerin als Schwächling und Schlappschwanz beschimpft worden sei. Der gemeinsame Sohn sei nach einer künstlichen Befruchtung geboren worden. Schließlich habe den Beklagten die zeitlich parallel ablaufende Krebserkrankung seiner Mutter belastet und geängstigt. Seine innere Vorstellungswelt ist nach dem Gutachten zum Zeitpunkt der Taten von dominanten, ihn depotenzierenden Frauen bevölkert gewesen, deren Wünschen und Vorstellungen er hilflos ausgesetzt gewesen sei.

Diese Umstände sind aber auch bei einer Gesamtschau nicht so außergewöhnlich und gravierend, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom Beklagten nicht mehr hätte erwartet und damit nicht mehr hätte vorausgesetzt werden können. Sie lassen seine Pflichtverletzung in keinem milderen Licht erscheinen. Ebenso wenig ist es naheliegend, dass der Pflichtenverstoß Folge dieser Verhältnisse ist. Vielmehr dürfte er im Wesentlichen auf die diagnostizierte psychische Störung zurückzuführen sein. Nach dem gerichtlichen Sachverständigengutachten entwickelte sich jedoch das Störungsbild des Beklagten bereits seit der Jugendzeit und ist damit keiner bloß vorübergehenden „Lebensphase“ zuzuordnen. Abgesehen davon war sein dienstliches Verhalten im Tatzeitraum nicht auffällig; im Gegenteil wurde er sogar fast zeitgleich mit Beginn der ihm hier vorgeworfenen Straftaten (März 2016) zum Polizeiobermeister befördert. Damit besteht kein Anlass für die Annahme, er sei aufgrund von außergewöhnlichen Umständen „zeitweilig aus der Bahn geworfen“ gewesen (vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 15. Juni 2016 - 2 B 49.15 - juris Rn. 10 f., vom 8. Juni 2017 - 2 B 5.17 - juris Rn. 24 f. und vom 12. Juli 2018 - 2 B 1.18 - juris Rn. 15).

Die vom Beklagten aus eigenem Antrieb aufgenommene Therapie bei Dr. V...führt zu keiner ihm günstigeren Bewertung, auch wenn diese inzwischen erfolgreich abgeschlossen sein mag und keine Wiederholungsgefahr (mehr) besteht. Zwar können nachträgliche Therapiemaßnahmen grundsätzlich bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden, wenn eine günstige Zukunftsprognose gestellt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 - juris Rn. 30 sowie Beschlüsse vom 29. August 2017 - 2 B 76.16 - juris Rn. 22 und vom 8. April 2021 - 2 B 2.21 - juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Das gilt jedoch nicht in Fällen, in denen der Vertrauensverlust auf einem Ansehens- und Autoritätsverlust aufgrund eines Dienstbezugs der Verfehlungen beruht. Dieser kann - anders als eine (zunächst zu bejahende) Wiederholungsgefahr - durch eine Therapie nicht mehr rückgängig gemacht werden (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - juris Rn. 17; OVG Münster, Urteile vom 30. April 2019 - 3d A 1816/17.O - juris Rn. 194 ff. und vom 23. September 2020 - 3d A 3226/19.BDG - juris Rn. 126). Dies ist bei dem Beklagten der Fall. Die besondere Schwere des innerdienstlichen Dienstvergehens führt zu einem vollständigen und nicht wiedergutzumachenden Ansehens- und Vertrauensverlust.

Auf den Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens noch vor der drohenden Tatentdeckung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - juris Rn. 26 und Beschluss vom 12. Mai 2014 - 2 B 17.14 - juris Rn. 16) kann sich der Beklagte ebenso wenig stützen. Er legte sein Geständnis erst gegen Ende des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ab, als er durch die Beweis- und Indizienlage bereits überführt war. In geringem Umfang ist allerdings mildernd zu berücksichtigen, dass er den Versuch unternahm, sich bei den betroffenen Kolleginnen für sein Verhalten zu entschuldigen.

§ 13 Abs. 1 DiszG sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten „anerkannten“ Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 37 m.w.N.). Entlastende Gesichtspunkte von solch bemessungsrelevantem Gewicht, dass sie das Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

Angesichts der Schwere der Verfehlung fällt nicht ausschlaggebend zugunsten des Beklagten ins Gewicht, dass er seine Dienstpflichten über einen langen Zeitraum beanstandungsfrei erfüllte und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist. Jeder Beamte ist verpflichtet, dauerhaft bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Weder die langjährige Beachtung der Dienstpflichten noch überdurchschnittliche Leistungen sind geeignet, schwere Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. Februar 2019 - 2 B 6.19 - juris Rn. 4 und vom 9. Juni 2021 - 2 B 22.20 - juris Rn. 15, jeweils m.w.N.).

Die Verhängung der Höchstmaßnahme verstößt schließlich nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Beklagte zeigte ein besonders schweres Fehlverhalten und zerstörte damit endgültig die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses. Seine Entfernung aus dem Dienst ist die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Beklagten ist nicht unverhältnismäßig. Sie beruht auf einem ihm zurechenbaren Fehlverhalten, bei dem er sich bewusst sein musste, dass er seine berufliche Existenz gefährdet (vgl. auch BVerwG, Urteile vom 5. März 2002 - 1 D 8.01 - juris Rn. 41 und vom 14. Oktober 2003 - 1 D 2.03 - juris Rn. 49; Urteil des Senats vom 28. Oktober 2020 - OVG 80 D 2/20 - UA S. 14).

Hinsichtlich des Unterhaltsbeitrages verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 DiszG. Der Beklagte hat im vorliegenden Verfahren keine Umstände glaubhaft gemacht, die eine Verlängerung der Gewährung notwendig erscheinen ließen, um eine unbillige Härte zu vermeiden (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 3 DiszG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 DiszG, § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 DiszG i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 41 DiszG, § 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.