Gericht | SG Neuruppin 26. Kammer | Entscheidungsdatum | 15.09.2021 | |
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Aktenzeichen | S 26 AS 692/19 | ECLI | ||
Dokumententyp | Gerichtsbescheid | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Beklagte wird verpflichtet, über den gegen die für den Zeitraum vom 01.Oktober 2018 bis zum 31. März 2019 mit dem Bescheid vom 10. Januar 2019 verlautbarten sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen des Beklagten erhobenen Widerspruch des Klägers vom 30. Januar 2019 zu entscheiden.
Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um die (vermeintliche) Untätigkeit des Beklagten im Rahmen der Gewährung von (passiven) Leistungen nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II).
Der Kläger steht im laufenden Leistungsbezug nach den Bestimmungen des SGB II bei dem Beklagten.
Nachdem der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01. Oktober 2018 bis zum 31. März 2019 auf seinen entsprechenden Antrag hin (passive) Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II vorläufig bewilligt hatte, setzte er mit seinen sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen vom 10. Januar 2019 die Leistungsansprüche für den genannten Zeitraum endgültig fest.
Hiergegen erhob die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 30. Januar 2019 Widerspruch, den sie unter Beifügung einer Vollmachtskopie vom 30. Januar 2019, die eine verpixelt wirkende Unterschrift enthält, mit Schreiben vom 31. Januar 2019 näher begründete. Mit einem an die Prozessbevollmächtigte des Klägers adressierten Widerspruchsbescheid vom 26. April 2019 wies der Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, der Widerspruch sei unzulässig. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers sei weder Beteiligter noch Bevollmächtigter. Sie sei kein Beteiligter, da ein Verwaltungsakt weder an die Prozessbevollmächtigte des Klägers gerichtet sei noch diesen beschwere. Sie sei aber auch kein Bevollmächtigter. Weil angesichts der fehlenden Ähnlichkeit der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Unterschriften des Klägers mit der auf der Vollmachtskopie befindlichen Unterschrift die tatsächliche Vollmachtserteilung zu Recht angezweifelt worden sei, habe der Beklagte zu Recht die Vorlage einer Originalvollmachtsurkunde verlangt, die jedoch nicht vorgelegt worden sei. Handele ein Vertreter ohne Vertretungsmacht, seien nach dem erfolglosen Verlangen der Behörde, die Bevollmächtigung nachzuweisen, seine bisherigen Verfahrenshandlungen unwirksam.
Mit bei dem Sozialgericht Neuruppin am 22. Mai 2019 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tage hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers in dessen Namen und Auftrag bei dem Sozialgericht Neuruppin Klagen erhoben. Zur Begründung des auf isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheides und Verpflichtung des Beklagten zur (erneuten) Entscheidung über den Widerspruch gerichteten Begehrens führt die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen aus, der Beklagte habe die Bevollmächtigung zu Unrecht bezweifelt und müsse nach der isolierten Aufhebung des Widerspruchsbescheides über den Widerspruch in der Sache (erneut) entscheiden.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt (nach deren schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 26. April 2019 aufzuheben
sowie
den Beklagten zu verpflichten, über den gegen die für den Zeitraum vom 01. Oktober 2018 bis zum 31. März 2019 mit dem Bescheid vom 10. Januar 2019 verlautbarten Verfügungen des Beklagten erhobenen Widerspruch des Klägers vom 30. Januar 2019 zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Er hält die isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid für unzulässig, weil ein hierfür erforderlicher Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften nicht vorliege. Der Beklagte sei berechtigt, einen Widerspruch als unzulässig zu verwerfen, wenn der vermeintliche Bevollmächtigte seine Bevollmächtigung nach entsprechender Aufforderung zu deren Nachweis und Hinweis auf die Folgen des fehlenden Nachweises nicht rechtzeitig nachgewiesen habe. Im Übrigen sei dem Beklagten aus einem anderen Verwaltungsverfahren bekannt, dass sich die Prozessbevollmächtigte des Klägers dort nur als Bevollmächtigte geriert habe.
In einem weiteren Klageverfahren, das bei dem erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen S 26 AS 148/20 geführt wird, streiten die Beteiligten um die Höhe der dem Kläger im Zeitraum vom 01. April 2019 bis zum 31. Juli 2019 zu gewährenden Kosten der Unterkunft und Heizung (Bewilligungsverfügungen des Beklagten vom 01. Oktober 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2020). In dem entsprechenden Widerspruchsverfahren legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers eine weitere Vollmachtskopie mit verpixelt wirkender Unterschrift vom 30. Oktober 2019 vor, ohne dass der Beklagte dort die ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Klägers in Zweifel gezogen hat.
Nach dem zum 01. Januar 2021 erfolgten Wechsel in der Kammerzuständigkeit hat die Kammer die Beteiligten mit Verfügung vom 03. Mai 2021 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozessakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Die Klagen haben im tenorierten Umfang Erfolg.
1. Über die Klagen konnte das Gericht gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten zuvor mit gerichtlicher Verfügung vom 03. Mai 2021 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind und zu der eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten nicht erforderlich ist. Das Gericht ist auch vor seiner Entscheidung – wie auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23).
2. Soweit der Kläger die (erneute) Entscheidung des Beklagten über den Widerspruch vom 30. Januar 2019 begehrt, ist das gemäß § 123 SGG als Untätigkeitsklage im Sinne der Regelungen des § 88 Abs 1 S 1 und Abs 2 SGG zu verstehende Begehren zulässig und begründet (dazu unter 3.). Soweit der Kläger darüber hinaus die isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 26. April 2019 begehrt, ist die darauf gerichtete Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG bereits unzulässig (dazu unter 4.).
3. a) Die so verstandene (vgl erneut § 123 SGG) Untätigkeitsklage ist zulässig. Eine Untätigkeitsklage ist gemäß § 88 Abs 1 S 1 und Abs 2 SGG zulässig, wenn (1) ein Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt vorliegt, (2) hierüber noch nicht entschieden worden ist und (3) seit Erhebung des Widerspruchs drei Monate verstrichen sind (sog Sperrfrist). Diese Voraussetzungen lagen zum Zeitpunkt der Klageerhebung und liegen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auch vor. Der Beklagte hat über den Widerspruch des Klägers vom 30. Januar 2019 gegen die mit dem Bescheid vom 10. Januar 2019 verlautbarten Verwaltungsakte nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten entschieden (vgl § 202 SGG iVm § 222 der Zivilprozessordnung iVm § 187 Abs 1 und § 188 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches).
Der Beklagte hat den von der Prozessbevollmächtigten des Klägers erhobenen Rechtsbehelf vom 30. Januar 2019 als Widerspruch des Klägers auszulegen. Denn die Kammer ist davon überzeugt (vgl § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 128 Abs 1 S 1 SGG und § 128 Abs 1 S 2 SGG), dass der durch die Prozessbevollmächtigte an den Beklagten gerichtete Widerspruch mit Wissen und Wollen des Klägers erhoben worden ist. Dafür, dass die Prozessbevollmächtigte auch namens und in Vollmacht des Klägers Widerspruch erhoben hat, trägt der Kläger zwar die materielle Beweislast. Hierbei ist der volle Beweis für eine Tatsache – hier also die mit Wissen und Wollen des Klägers erfolgte Erhebung des Widerspruches – erst dann erbracht, wenn sie für das erkennende Gericht mit Gewissheit feststeht, wobei Gewissheit in diesem Sinn bedeutet, dass ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch keinen Zweifel hat (vgl G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7, RdNr 117 mwN). Hierbei kann sich das Gericht jedoch mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl zu diesem Aspekt des Vollbeweises erneut G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7, RdNr 117 mwN) begnügen.
Da die Prozessbevollmächtigte des Klägers in dem weiteren Widerspruchsverfahren, das in das auch bei der erkennenden Kammer rechtshängige Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 26 AS 148/20 mündet, eine weitere Vollmachtskopie vom 30. Oktober 2019 vorgelegt hat und sich in den Verwaltungsakten mindestens eine weitere Vollmachtskopie (nämlich vom 29. März 2019) befindet, deren verpixelt wirkende Unterschrift im Wesentlichen mit der verpixelt wirkenden Unterschrift übereinstimmt, die bereits im hier maßgeblichen Widerspruchsverfahren vorgelegt worden ist, sind etwaige Restzweifel an einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung durch den Kläger so gering, dass sie zum Schweigen gebracht werden können, weshalb die Kammer im Ergebnis von der Bevollmächtigung für die Erhebung des Widerspruches mit Wissen und Wollen des Klägers überzeugt ist (vgl erneut § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 128 Abs 1 S 1 SGG und § 128 Abs 1 S 2 SGG), zumal es dem Beklagten unbenommen gewesen wäre, den Kläger im Rahmen des sozialverwaltungsbehördlichen Verfahrens – wie er es nach seinem eigenen Vortrag in ähnlich gelagerten Rechtsstreitigkeiten bei einem anderen Leistungsberechtigten ebenfalls vollzogen hat – unmittelbar dazu zu befragen, ob er die Prozessbevollmächtigte des Klägers tatsächlich auch für die Erhebung des hier streitgegenständlichen Widerspruches bevollmächtigt hat.
b) Wenn nach alledem der Rechtsbehelf der Prozessbevollmächtigten des Klägers als Widerspruch des Klägers zu verstehen ist, über den der Beklagte bislang nicht entschieden hat, ist die deshalb zulässige Untätigkeitsklage auch begründet. Eine Untätigkeitsklage ist gemäß § 88 Abs 1 S 2 und S 3 SGG jedenfalls dann begründet, wenn ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung nicht vorliegt. Auch diese Voraussetzung liegt vor: Für das Vorliegen eines zureichenden Grundes für die fehlende Entscheidung über den Widerspruch hat der Beklagte nichts vorgetragen, auch sonst ergeben sich hierfür keinerlei Anhaltspunkte.
4. a) Soweit der Kläger darüber hinaus mit einer isolierten Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG die isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2019 begehrt, ist die darauf gerichtete Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG allerdings bereits deshalb unzulässig, weil sie nicht statthaft ist. Denn der Kläger kann schon nicht im Sinne des § 54 Abs 1 S 2 SGG behaupten, durch den allein an seine Prozessbevollmächtigte gerichteten Widerspruchsbescheid in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert zu sein.
b) aa) Vor diesem Hintergrund kann dann offen bleiben, ob die fehlende Statthaftigkeit der isolierten Anfechtungsklage auch daraus folgt, dass die mit dem Widerspruchsbescheid verlautbarte Entscheidung nicht isolierter Gegenstand einer Anfechtungsklage sein kann. Denn Gegenstand einer Anfechtungsklage kann nach Maßgabe der Regelung des § 95 SGG (nur) der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt sein, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.
bb) Die gesetzliche Regelung des § 95 SGG lässt es daher jedenfalls schon nach ihrem Wortlaut nicht zu, dass allein die mit dem Widerspruchsbescheid verlautbarte Entscheidung des Beklagten Gegenstand einer Anfechtungsklage sein darf. Zwar wird in Rechtsprechung und Literatur – soweit ersichtlich – einhellig vertreten, dass die isolierte Anfechtung einer mit einem Widerspruchsbescheid verlautbarten Entscheidung des Beklagten aufgrund einer analogen Anwendung des § 79 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gleichwohl möglich sei (vgl hierzu etwa mwN Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 95 SGG, RdNr 16ff). Die Kammer ist von der Richtigkeit dieser „herrschenden“ Auffassung indes schon deshalb nicht ohne weiteres überzeugt, weil sie nicht zu erkennen vermag, dass deren Vertreter das Vorliegen der Voraussetzungen für den gezogenen Analogieschluss im Einzelnen dargelegt hätten (vgl hierzu auch schon Sozialgericht Neuruppin, Gerichtsbescheid vom 10. August 2020 – S 26 AS 2753/15, RdNr 21).
cc) Abgesehen davon ist für die Kammer auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Gesetzgeber die Regelung des § 95 SGG, die seit ihrem Inkrafttreten zum 01. Januar 1954 (BGBl I 1953, S 1239; Neubekanntmachung vom 23. September 1975, BGBl I S 2535) – mithin seit mehr als sechzig Jahren – unverändert geblieben ist, nicht zwischenzeitlich um die in § 79 Abs 1 Nr 2 VwGO, § 79 Abs 2 S 1 VwGO und § 79 Abs 2 S 2 VwGO geregelten Fallgruppen ergänzt hat, die im Übrigen bereits bei Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung am 01. April 1960 (BGBl I S 17) normiert waren, nachdem die Regelung des § 79 VwGO auch erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahren um diese Fallgruppen ergänzt worden war (ursprünglich als § 80 der Entwurfsfassung in BT-Drs 1/4278, S 13 und S 42 sowie in BT-Drs 2/462, S 12 und S 40 gleichlautend mit § 95 SGG; erst später aufgrund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses um die normierten Fallgruppen ergänzt, vgl BT-Drs 3/1094, S 8 Zu § 80, S 42). Dies könnte im Ergebnis den Schluss zulassen, der Gesetzgeber habe die Fallgruppen als Sonderregelungen bewusst und gewollt lediglich für die Verfahren, in denen die Verwaltungsgerichtsordnung Anwendung findet, vorsehen wollen. Der Befund einer Sonderregelung nur für die Verfahren, die sich nach der Verwaltungsgerichtsordnung richten, könnte im Übrigen auch noch durch einen Vergleich mit der Regelung des § 44 Abs 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die mit der hier maßgeblichen Vorschrift des § 95 SGG im Wesentlichen identisch ist, gestützt werden. Auch die Regelung des § 44 Abs 2 FGO ist seit ihrem Inkrafttreten am 01. Januar 1966 (BGBl 1965 I S 1477, Neubekanntmachung vom 28. März 2001, BGBl I S 442) unverändert geblieben (vgl hierzu auch die Gesetzesmaterialien zu § 47 der Entwurfsfassung auf BT-Drs 2/1716, S 8 und S 37f, zu § 46 der Entwurfsfassung auf BT-Drs 3/127, S 10 und S 39, sowie zu § 42 der Entwurfsfassung auf BT-Drs 4/1446, S 8 und S 47 und auf BT-Drs 4/3523, S 17), ohne dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die in § 79 Abs 1 Nr 2 VwGO, § 79 Abs 2 S 1 VwGO und § 79 Abs 2 S 2 VwGO geregelten Fallgruppen auch in § 44 Abs 2 FGO zusätzlich normiert werden sollten oder sollen (vgl hierzu erneut Sozialgericht Neuruppin, Gerichtsbescheid vom 10. August 2020 – S 26 AS 2753/15, RdNr 22).
dd) Die Kammer musste ihren Bedenken hinsichtlich der analogen Anwendbarkeit von § 79 Abs 1 Nr 2 VwGO, von § 79 Abs 2 S 1 VwGO und von § 79 Abs 2 S 2 VwGO indes nicht weiter nachgehen, weil die isolierte Anfechtungsklage bereits – wie im Einzelnen dargelegt – aus einem anderen Grunde unzulässig ist.
c) Ob die genannte isolierte Anfechtungsklage des anwaltlich vertretenen Klägers begründet oder unbegründet ist, durfte die Kammer dagegen nicht prüfen, weil die Befugnisse des gesetzlichen Richters nur so weit reichen, wie die Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind.
5. a) Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG. Es entsprach dabei der Billigkeit, dass der Beklagte dem Kläger die Hälfte der ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat, weil dies dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen entspricht.
b) Die Aufwendungen des Beklagten sind schon von Gesetzes wegen nicht erstattungsfähig (vgl § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 4 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG).
6. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG).