Gericht | OLG Brandenburg 3. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 07.09.2021 | |
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Aktenzeichen | 3 U 105/20 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0907.3U105.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I.
Die Klägerin macht als Vermieterin eines wegen Zahlungsverzug zum 31.05.2019 gekündigten Gewerbemietverhältnisses mit einer festen Mietzeit bis zum 30.06.2023 über einen Lebensmittelmarkt in … Zahlungsansprüche auf rückständigen Mietzins, Schadensersatz wegen Mietausfalls und Schadensersatz wegen unterbliebener Schönheitsreparaturen und Instandsetzungsarbeiten in Höhe von insgesamt 84.324,53 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren geltend. Vereinbart war eine Miete von 9.719,92 € brutto warm. Diese setzt sich zusammen aus 6.888 € Kaltmiete, 780 € Vorauszahlungen auf die Betriebskosten, 520 € Vorauszahlungen auf die Heizkosten zuzüglich der Umsatzsteuer in Höhe von 1.551,92 €.
Wegen des weiteren Sachverhaltes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 09.07.2020 vollumfänglich stattgegeben.
Der Kläger habe von März bis Mai 2019 Anspruch auf rückständigen Mietzins in Höhe von 29.159,76 € (3 x 9.719,92 €). Bis zum 30.06.2019 stehe ihm eine Nutzungsentschädigung aus § 546 a BGB in Höhe der vertraglich geschuldeten Miete einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen zu. Die Mietsache sei erst am 06.07.2019 zurückgegeben worden. Für die Zeit von Juli bis Oktober 2019 bestehe ein Schadensersatzanspruch auf den geltend gemachten Mietausfallschaden, da der Beklagte durch die Nichtzahlung der Miete die fristlose Kündigung verursacht habe. Der Kläger habe hinreichend vorgetragen und dargelegt, dass er trotz Bemühungen das Objekt bislang nicht habe weitervermieten können. Es bestehe deshalb ein Schadensersatzanspruch in Höhe der vereinbarten Kaltmiete zuzüglich der vereinbarten (umlagefähigen) Betriebskosten in Höhe von 780 € (insgesamt 4 x 7.648 € = 30.592 €).
Darüber hinaus bestehe ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 14.852,85 € wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen. Die Vereinbarung in § 12 Nr. 3 des Mietvertrages sei im Gewerberaummietverhältnis wirksam, da sie gerade keine starren Fristen enthalte. Der Beklagte habe die Erforderlichkeit der Schönheitsreparaturen nicht substantiiert angegriffen und sei auch zu deren Durchführung aufgefordert worden.
Aufrechenbare Gegenansprüche stünden dem Beklagten nicht zu. Dem stehe bereits § 7 des Mietvertrages entgegen. Auch seien die in den Räumlichkeiten verbliebenen Gegenstände nicht in das Eigentum des Vermieters übergegangen. Der Kläger habe dieses nicht übernehmen wollen, sondern mache nur sein Vermieterpfandrecht geltend, so dass ein Ausgleich nicht geschuldet sei.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.
Er rügt, das Landgericht habe sich nicht hinreichend mit seinen Gegenansprüchen auseinandergesetzt und sich mit keinem Wort über einen Entschädigungsanspruch aufgrund des Eigentumserwerbes durch den Kläger auseinandergesetzt. Der Kläger habe versucht, die streitgegenständlichen Gegenstände hinter dem Rücken des Beklagten zu versteigern. Zudem habe der Kläger durch den Einbau der Gegenstände Eigentum erworben.
Auch habe er hinreichend dazu vorgetragen, dass die Rückgabe des Mietobjektes am 31.05.2019 angeboten worden sei und der Kläger zum angebotenen Termin nicht erschienen sei.
Er habe auch schriftsätzlich unter Beweisantritt die angeblichen Kosten für die Schönheitsreparaturen bestritten. Das Gericht hätte durch Einholung eines Sachverständigengutachtens die Seriosität des Angebots überprüfen müssen. Gleiches gelte für den angeblich im Objekt verbliebenen Sperrmüll. Hier habe das Gericht den Vortrag des Klägers übernommen, obwohl dieser bestritten worden sei.
Der Kläger habe sich auch nicht ausreichend um eine Weitervermietung bemüht. Er hätte das Objekt auch außerhalb der Lebensmittelbranche anbieten müssen, da es auch als Büro geeignet sei.
Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass auch nach Auszug als Schadensersatz Nebenkosten zu zahlen seien.
Der Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat den Kläger mit der Terminierung darauf hingewiesen, dass mittlerweile Abrechnungsreife für die Nebenkosten eingetreten sei und Vorauszahlungen deshalb nicht mehr geltend gemacht werden könnten. Der Kläger hat bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat dem Beklagten gegenüber keine Betriebskostenabrechnung erteilt.
II.
Die zulässige Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg, soweit sie die Verurteilung zu Betriebskostenvorauszahlungen betrifft. Im Übrigen ist sie unbegründet.
1.
a)
Das Mietverhältnis wurde wirksam zum 31.05.2019 wegen Zahlungsverzugs gekündigt (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 a BGB). Da der Beklagte unstreitig ab März 2019 keine Miete mehr gezahlt hat, schuldet er für die Monate März bis Mai 2019 die Nettomiete zuzüglich der Umsatzsteuer, das sind 8.172,92 € monatlich, insgesamt also 24.518,76 €.
b)
Die Nebenkostenvorauszahlungen für diese Monate kann der Kläger dagegen nicht mehr verlangen, da zum 31.12.2020 Abrechnungsreife eingetreten ist. Ab Abrechnungsreife, die hier nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Jahresabrechnungsfrist (§ 5 Ziffer 8. des Mietvertrages) eingetreten ist, kann der Gläubiger vom Schuldner nur noch die Zahlung eines sich aus einer Abrechnung eventuell ergebenden Saldos verlangen (BGH, Urt. v. 1.2.2012, VIII ZR 307/10; Urt. v. 21.9.2011, VIII ZR 97/11). Der Kläger hat bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Beklagten keine Abrechnung gelegt und trotz Hinweises des Senats seine Klage nicht auf ein konkret dargelegtes Abrechnungssaldo umgestellt. Der bloße Hinweis des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung, es sei am Vortag eine Abrechnung erstellt worden, aus der sich eine Nachzahlung ergebe, reicht hierfür nicht aus.
2.
Für den Monat Juni schuldet der Beklagte eine Nutzungsentschädigung in gleicher Höhe (8.172,92 €) aus § 546 a BGB, da er dem Kläger das Objekt bis zum 06.07.2019 vorenthalten hat.
a)
Ein Vorenthalten i.S. der vorgenannten Bestimmung liegt nach ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur dann vor, wenn der Mieter die Mietsache nach beendetem Mietverhältnis nicht zurückgibt und das gegen den Willen des Vermieters geschieht. Vorenthalten der Mietsache bedeutet demnach die Weigerung des Mieters, den nach rechtlich beendetem Mietverhältnis geltend gemachten Anspruch des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache (§ 546 I BGB) zu erfüllen. Ein Vorenthalten liegt dagegen nicht vor, wenn sich der Vermieter zu Unrecht weigert, die ihm zur Rückgabe angebotene Mietsache anzunehmen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. 5. 2003 - 24 U 49/03).
b)
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Objekt erst am 06.07.2019 zurückgegeben wurde und der Kläger sich nicht bereits ab dem 31.05.2019 in Annahmeverzug mit der Rücknahme befand. Der Beklagte hat nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass zwischen den Beteiligten bzw. deren Vertretern für den 31.05.2019 ein konkreter und verbindlicher Übergabetermin vereinbart worden ist. Weder hat der Beklagte vorgetragen, wann genau dieser Termin stattfinden sollte, noch dass vereinbart worden sei, dass für den Beklagten dessen Ehefrau die Übergabe übernehmen sollte.
3.
Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der Beklagte dem Kläger für die Zeit von Juli 2019 bis Oktober 2019 den Mietausfallschaden schuldet.
a)
Der Kläger hat den mit einer Festlaufzeit bis zum 30.06.2023 bestehenden Mietvertrag wegen Zahlungsverzugs zum 31.05.2019 wirksam nach § 543 BGB gekündigt. Der Klägerin war zur fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 und 2 Nr. 3a) BGB berechtigt, denn der Beklagte befand sich unstreitig zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 16.05.2019 mit den Mietzahlungen für die Monate März bis Mai 2019 in Verzug.
b)
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der aus einer berechtigten außerordentlichen Kündigung nach § 543 BGB entstehende Schaden zu ersetzen ist. Es handelt sich hierbei um einen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Ersatzanspruch eigener Art, der seiner Natur nach nicht von der weiteren Voraussetzung einer Nachfristsetzung unter Ablehnungsandrohung abhängig ist. Die Ersatzpflicht des Mieters für die Kündigungsfolgeschäden wird dadurch ausgelöst, dass er durch seine Vertragsverletzung den Vermieter zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages nötigt und die die Haftung begründenden Ereignisse in die Zeit des bestehenden Vertrages fallen (KG, Urteil vom 24.05.2018 - 8 U 112/16 m.w.N.)
c)
Nach den allgemeinen Grundsätzen ist der Vermieter im Rahmen des Schadensersatzes so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßem Verhalten des Mieters stünde. Dementsprechend hat der Mieter grundsätzlich den Ausfall der Miete und der Nebenkosten, die der Vermieter bei einer Weitervermietung hätte umlegen können, auszugleichen, wenn die Mietsache nicht oder nur zu einer geringeren Miete vermietet werden kann. Hierbei ist auch bei einer Vermietung mit Option des Vermieters zur Umsatzsteuer lediglich die Nettomiete zu ersetzen, da es sich bei Schadensersatzleistungen nicht um umsatzsteuerpflichtige Umsätze handelt (Schmidt-Futterer/Streyl, 14. Aufl. 2019, BGB § 546a Rn-101; KG a.a.O).
d)
Auch im Hinblick auf den Mietausfallschaden ist aber zu berücksichtigen, dass für den hier geltend gemachten Zeitraum (Juli bis Oktober 2019) bereits Abrechnungsreife eingetreten ist und auch im Rahmen des Mietausfallschadens bei Abrechnungsreife keine Vorauszahlungen mehr geltend gemacht werden können. Dass der Vermieter nach Eintritt der Abrechnungsreife nur noch Zahlung eines sich aus einer Abrechnung eventuell ergebenden Saldos verlangen kann, gilt auch, wenn die Nettomieten einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen - wie hier – als Mietausfallschaden geltend gemacht werden. Ein Schaden kann der Klägerin als Vermieterin insoweit nur in Höhe der von ihr in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Betriebskosten tatsächlich aufgewendeten Kosten entstanden sein, soweit sie bei Fortführung des Mietvertrags aufgrund der getroffenen Vereinbarung auf den Mieter umlegbar gewesen wären (OLG Düsseldorf (10. Zivilsenat), Urteil vom 25.10.2012 - 10 U 20/12).
Der Schadensersatzanspruch berechnet sich deshalb nach dem monatlichen Nettomietzins, in Höhe von 6.868 €, das ergibt für Juli bis Oktober 2019 einen Betrag von 27.472 €.
4.
Der Anspruch auf Ersatz des Mietausfallschadens scheitert entgegen der Auffassung der Berufung nicht an unzureichenden Weitervermietungsbemühungen des Klägers.
a)
Zwar war der Kläger nach § 254 Abs. 2 BGB gehalten, sich nachhaltig um eine alsbaldige anderweitige Vermietung des in Rede stehenden Objektes zu bemühen (s. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.7.2013 - 24 U 136/12, juris). Dabei trifft die Darlegungs- und Beweislast für diesbezügliche Versäumnisse des Vermieters aber den Mieter (BGH, Urteil vom 16.2.2005 - XII ZR 162/01. juris), sofern der Vermieter zunächst seine Bemühungen um einen Nachmieter in ausreichender Weise dargelegt hat (Schmitt-Futterer/Blank, Mietrecht, 14. Auflage 2017, § 542 Rn. 109).
b)
Letzteres ist hier der Fall. Entgegen der Auffassung des Landgerichts genügt der Vortrag des Klägers zu den von ihr angestellten Vermietungsbemühungen den an sie zu stellenden Substantiierungsanforderungen. Der Kläger hat schlüssig vorgetragen, dass die Zeugin P… schon bei den ersten Zahlungsstockungen angefangen hat, Nachmieter zu suchen und potentielle Kunden angeschrieben hat. Ferner hat er unter Vorlage des Exposés und unter Berufung auf Zeugenbeweis dargelegt, dass nach dem Übergabetermin am 06.07.2019 ein Makler mit der Vermietung beauftragt worden ist, es aber trotz mehrerer Besichtigungstermine noch nicht zu einer Weitervermietung gekommen sei. Der Beklagte hat hiergegen weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich erhebliche Einwendungen vorbringen können. Soweit er meint, das Objekt sei aufgrund seiner zu geringen Größe zum Betrieb eines SB-Supermarktes nicht geeignet, reicht das nicht. Der Kläger hat das Objekt ausweislich des Exposés nicht exklusiv zur Anmietung als Lebensmittelmarkt angeboten, sondern allgemein als – auch teilbare - Verkaufs- und Gewerbefläche in einem Wohn- und Geschäftshaus.
5.
Schließlich hat das Landgericht den Beklagten auch zu Recht zur Zahlung von Schadenersatz wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen und Instandsetzungsarbeiten in Höhe von insgesamt 14.882,85 € verurteilt.
a)
Der Anspruch auf Leistung von Schönheitsreparaturen ergibt sich aus § 12 Nr. 3 des Mietvertrages. Die Vereinbarung ist wirksam, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Der Kläger hat durch die Vorlage der Fotografien auch hinreichend dargelegt, dass die vom Kläger geltend gemachten Malerarbeiten erforderlich sind. Die geltend gemachten Kosten, zu deren Höhe der Kläger das Angebot des Malereibetriebs … vorgelegt hat, hat der Beklagte nicht substantiiert, sondern nur pauschal und damit nicht erheblich bestritten.
Auch die Kosten für die Deinstallation bzw. Wiederherstellung der Elektroanlagen, deren Notwendigkeit der Kläger durch die Vorlage der Lichtbilder substantiiert vorgetragen hat, hat der Beklagte weder hinsichtlich der Erforderlichkeit noch hinsichtlich der Höhe substantiiert bestritten.
6.
Aufrechenbare Gegenansprüche stehen dem Kläger nicht zu. Solche scheitern im vorliegenden Verfahren bereits am vertraglich vereinbarten Aufrechnungsverbot (§ 7 des Mietvertrages). Im Übrigen hat der Beklagten keinen Anspruch auf Ausgleich von Kosten für Installationen oder Einbauten nach § 13 des Mietvertrages. Der Kläger wollte diese nicht übernehmen, sondern hat hinsichtlich der Sachen - die im Eigentum des Beklagten verblieben sind, da sie nur zu einem vorübergehenden Zweck eingebaut worden sind (§ 95 Abs. 2 BGB) - sein Vermieterpfandrecht geltend gemacht. Er hat deshalb auch nicht versucht, sie, wie der Beklagte meint, „ hinter dem Rücken des Beklagten zu verkaufen“.
7.
Der Anspruch des Klägers auf die Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 386,288 BGB.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288,291
8.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
9.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.