Gericht | VG Cottbus 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 08.10.2021 | |
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Aktenzeichen | VG 8 L 286/21 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2021:1008.8L286.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 16a Abs 1 TierSchG, § 2 TierSchG, § 80 Abs 5 VwGO |
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
die am 12. August 2021 erfolgte Fortnahme der im Eigentum des Antragstellers stehenden 12 Gänse, 175 Hühner und 14 Jungenten aufzuheben, ihm den Besitz an den Tieren zu verschaffen und die aufschiebende Wirkung des hiergegen erhobenen Widerspruchs vom 13. August 2021 sowie des gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 09. September 2021 erhobenen Widerspruches vom 15. September 2021 wiederherzustellen,
hat keinen Erfolg.
Das Begehren des Antragstellers, ihm den Besitz an den Tieren zu verschaffen, ist einerseits als Antrag auf Anordnung der Aufhebung der Vollziehung durch das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, weil die Anordnung der Fortnahme und der Unterbringung zur anderweitigen Betreuung der Tiere des Antragstellers vom 12. August 2021 bereits vollzogen wurde. Andererseits ist das Rechtschutzbegehren als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche vom 13. August 2021 und vom 15. September 2021 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft. Die Widersprüche entfalten keine aufschiebende Wirkung, weil der Antragsgegner in der Ordnungsverfügung vom 09. September 2021 hinsichtlich der darin bestätigten Maßnahmen vom 12. August 2021 (vgl. Ziffer 1 der Ordnungsverfügung) sowie der angeordneten Verwertungsverfügung und des Haltungsverbots (Ziffer 2 und 3 der Ordnungsverfügung) die sofortige Vollziehung angeordnet hat (Ziffer 4 der Ordnungsverfügung).
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann durch das Gericht die aufschiebende Wirkung im Falle des Absatzes 2 Nr. 4, also insbesondere in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes im öffentlichen Interesse von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, besonders angeordnet wurde, ganz oder teilweise wiederhergestellt werden. Die gerichtliche Entscheidung ergeht dabei auf der Grundlage einer umfassenden Interessensabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das private Aufschubinteresse einerseits und das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen der Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes Bedeutung erlangen. Lässt sich bei der gebotenen summarischen Überprüfung die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ohne weiteres feststellen, ist sie also offensichtlich, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs wiederherzustellen bzw. anzuordnen, weil an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erweist sich der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig, bedarf es in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse von der Behörde im Einzelfall angeordnet wurde, noch eines besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung, das mit dem Interesse am Erlass eines Verwaltungsaktes in der Regel nicht identisch ist, sondern vielmehr ein qualitativ anderes Interesse ist. Insbesondere in Fällen der Gefahrenabwehr kann dieses besondere Vollzugsinteresse aber mit dem Interesse am Erlass des Bescheides selbst identisch sein (vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 28. Februar 2020 – 1 B 4/20 -, juris Rn. 3).
Nach diesen Grundsätzen erweist sich der Antrag als nicht begründet.
Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung in seiner Ordnungsverfügung vom 09. September 2021 in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Im Tierschutzrecht ist die zu befürchtende Gefahr weiterer Verstöße gegen Anforderungen des Tierschutzrechts, insbesondere von § 2 des Tierschutzgesetzes (TierSchG), und die damit verbundene Gefahr von Schmerzen, Leiden oder Schäden des Tieres als Begründung des Sofortvollzugs in der Regel ausreichend (vgl. Hirt, Maisack/Moritz, TierschG, 3. Auflage 2016, § 16a Rn. 30; Lorz/Metzger, TierschG, 7. Auflage 2019, § 16a Rn. 23 m.w.N.). Der Antragsgegner hat zum Ausdruck gebracht, dass er die Interessen des Antragstellers mit dem für einen sofortigen Vollzug streitenden öffentlichen Interesse abgewogen hat. Er stellt zur Begründung der sofortigen Vollziehung u. a. darauf ab, dass diese zum Schutz von Leben und Gesundheit der Tiere geboten sei und eine Fortsetzung der zuvor in der Ordnungsverfügung ausführlich dargestellten Haltungs- und Betreuungsdefizite zu weiteren irreversiblen Gesundheitsschäden und im Einzelfall zum Tod der Tiere führen könnten. Dies genügt, um die besondere Dringlichkeit der angeordneten Maßnahmen ausreichend zu begründen.
Die am 12. August 2021 ausweislich des Kontrollberichtes vom selben Tage gegenüber dem Antragsteller mündlich angeordnete und mit Ordnungsverfügung vom 09. September 2021 bestätigte Anordnung der Fortnahme und anderweitigen Unterbringung der Tiere bzw. die in der Ordnungsverfügung angeordnete Veräußerung und Haltungsuntersagung sind nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen, aber auch nur möglichen summarischen Prüfung rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Anordnung der Fortnahme und anderweitigen Unterbringung sowie der Veräußerung bildet § 16a Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 2 TierschG. Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierschG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie kann nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierschG insbesondere ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierschG erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 TierschG entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist (Halbsatz 1). Ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 TierschG entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern (Halbsatz 2).
Die Ordnungsverfügung ist nach summarischer Prüfung formell rechtmäßig. Der Antragsteller wurde insbesondere gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) i. V. m. § 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Brandenburg (VwVfGBbg) angehört, weil es sich um eine Vor-Ort-Kontrolle handelte, bei der der Antragsteller anwesend war und somit Gelegenheit zur Stellungnahme hatte.
Die Ordnungsverfügung erfüllt auch die materiellen Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Hs. 1 TierschG.
Der Antragsteller hat die Voraussetzungen des § 2 TierschG nicht erfüllt und dadurch seine Tiere erheblich vernachlässigt.
Nach § 2 Nr. 1 TierschG muss derjenige, der ein Tier hält, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Er darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, § 2 Nr. 2 TierschG. Er muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderliche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, § 2 Nr. 3 TierschG.
Diese Anforderungen erfüllte der Antragsteller nach Überzeugung des Gerichts zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung nicht. Das Gericht schließt sich insoweit den Ausführungen der Amtstierärtzin S...in ihrer Aktennotiz zur Vor-Ort-Kontrolle vom 12. August 2021 (Bl. 31 – 33 d. VV) sowie denen des Amtstierarztes D... in der Ordnungsverfügung an. Die Bilder aus der Fotodokumentation zum Termin bestätigen die Ausführungen der Amtstierärzte zu den Haltungsbedingungen. Die Aktennotiz der Amtstierärztin stellt insoweit das Gutachten im Sinne von § 16a Satz 2 Nr. 2 TierschG dar, denn ein solches kann im Einzelfall bereits dann vorliegen, wenn der gesetzlich als Sachverständiger vorgesehene Amtstierarzt – unter Umständen auch in der Form eines Aktenvermerks – eine Aussage zu der einer sein Fachgebiet betreffenden Frage macht (vgl. Verwaltungsgericht Arnsberg, Urteil vom 13. Februar 2012 – 8 K 1106/11 – juris Rn. 20). Als gesetzlich vorgesehene Sachverständige sind die Amtstierärzte für Aufgaben wie für die Einschätzung, ob ein Tier erheblich vernachlässigt wurde, eigens bestellt (vgl. § 15 Abs. 2 TierSchG), sodass ihrer fachlichen Beurteilung besonderes Gewicht zukommt. Der Amtstierarzt Dr. K...kommt unter eingehender Begründung zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller gegen die Anforderungen des Tierschutzgesetzes verbunden mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in grober Weise verstoßen hat.
Die vorgefundene Situation, insbesondere die Gegebenheiten auf dem Grundstück werden wie folgt beschrieben:
Die Tiere des Antragstellers seien auf dem Grundstück des Bruders des Antragstellers, F..., gemeinsam mit einer Vielzahl von weiteren, nach Angaben des Antragstellers dem Bruder gehörenden Tieren unterschiedlicher Arten mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen insbesondere an die Haltung, Ernährung und medizinische Versorgung gehalten worden. Der Bruder des Antragstellers habe ein unbefristetes Haltungs- und Betreuungsverbot für Tiere. Die Versorgung und Betreuung der Tiere habe der Antragsteller weitestgehend seinem Bruder überlassen, denn er selbst gab an, lediglich zweimal in der Woche vor Ort zu sein.
Beide Hallenteile seien – wie in einem Vor-Ort-Termin im Jahr 2014 – so vollgestellt mit verstaubtem und kotverschmutztem Gerümpel aus alten Fahrzeugen, Baumaterialien, Paletten u. ä., dass eine Begehbarkeit nur über Gänge möglich gewesen sei. Zwischen dem Gerümpel seien Puten und Enten mit stark verschmutztem Gefieder umhergelaufen. Hunde seien ohne sauberen Schlafplatz in der Halle gehalten worden, darunter eine Hündin mit Welpen, die unter einem Hänger im Dreck gelegen hätten. Der Hallenboden sei stark mit Geflügel- und Hundekot verunreinigt gewesen. In beiden Hallenteilen hätten Behältnisse mit verdorbenen Essenresten, welche stark von Fliegen befallen gewesen seien, gestanden. Es habe sich ein ekelhafter Gestank verbreitet, die Luftqualität sei sehr schlecht gewesen. Bei der Besichtigung der Hühnerhaltung sei ein starker Ammoniakgeruch wahrnehmbar gewesen. In diesem Milieu seien in durch Paletten und Holzteile abgetrennten Buchten Schweine, fast federlose Broiler und Enten bzw. Jungenten, Tauben ohne Freiflugmöglichkeit sowie Kaninchen gehalten worden. Zudem sei ein Waschbär mit einem sehr schlechten Allgemeinzustand vorgefunden worden, der auf verwesten Überresten von Artgenossen gehalten worden sei. Er habe euthanasiert werden müssen. Die von der Amtstierärztin S...bei der Vor-Ort-Kontrolle angefertigte Fotodokumentation bestätigte den verwahrlosten Zustand des Grundstücks sowie die schwerwiegenden tierschutzrechtlichen Verstöße hinsichtlich der angemessenen Pflege, verhaltensgerechten Unterbringung und Möglichkeit zur artgerechten Bewegung.
Hinsichtlich der Haltung der Tiere sind zahlreiche tierschutzrechtliche Verstöße festgestellt worden:
Der Antragsteller hat die von ihm gehaltenen Tiere nicht entsprechend ihrer Art und ihren Bedürfnissen gepflegt, ernährt und verhaltensgerecht untergebracht. Zur angemessenen Pflege gehört all das, was als eine gute Behandlung bezeichnet wird (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, Kommentar, 3. Aufl. 2016, § 2 Rn. 27). Dies erfasst die Pflicht zur Schaffung sauberer und hygienisch einwandfreier Verhältnisse sowie zur Gesundheitsvorsorge und –fürsorge (vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 23. September 2011 – Au 2 S 11.773 – juris Rn. 26). Hiervon ausgehend hat der Antragsteller sein Geflügel nicht angemessen gepflegt bzw. es in die Obhut seines Bruders gegeben, obwohl aufgrund der Bedingungen vor Ort für den Antragsteller offensichtlich war, dass sein Bruder eine angemessene Pflege, Ernährung und verhaltensgerechte Unterbringung weder seiner eigenen Tiere noch der des Antragstellers gewährleistete. Der Amtstierarzt K...kommt anknüpfend an die Vor-Ort-Kontrolle zu dem Ergebnis, dass die Hühner, Gänse und Enten offenbar über längere Zeit durch die gravierenden tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen in Form eines Fehlens jeglicher Bestandshygiene, fehlender Versorgung bzw. Versorgung mit von Dreck, Kot und Algen verunreinigtem Wasser in völlig verschmutzten Futter- und Trinkbehältnissen, mangelhafter Versorgung mit teils nicht artgerechtem, verschmutztem Futter in Form von vergorenem Obst, Tierschädeln und Rinderunterbeinen und der unterlassenen Gesundheitsfürsorge erhebliche Leiden und Schmerzen erduldet haben müssten und teilweise Schäden davongetragen hätten. Mindestvoraussetzung für eine artgerechte Tierhaltung sei die ständige Verfügbarkeit von Futter und Wasser in ausreichender Menge und Qualität. Die Deckung des Bedarfs an Futter und Wasser sei für ein Tier lebensnotwendig. Ein in Gefangenschaft des Menschen gehaltenes Tier könne seinen Futter- und Wasserbedarf selbst nicht decken, sei also auf den Menschen angewiesen. Futtermangel und ein Mangel an spezifischen Nährstoffen, die über einen längeren Zeitraum zu Leistungsdepressionen, gesundheitlichen Schäden, zu einer Schwächung des Immunsystems und zu einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens führten, seien immer mit Leiden und Schäden für das Tier verbunden. Gesundheitliche Schäden des Geflügels seien bei der Fütterung von ungeeignetem, verdorbenem und verschimmeltem Futter und Essensresten, die überall in der Halle unabgedeckt dem Fliegenbefall ausgesetzt gewesen seien, vorprogrammiert. Der Untersuchungsbefund der eingesandten Kotproben der Hühner zeige die Folgen des Fehlens jeglicher Bestandshygiene, da diese einen massiven Wurmbefall aufwiesen, der zweifellos mit einem hohen Leidensdruck für die Hühner verbunden sei. Denn die Würmer setzten sich in der Darmschleimhaut fest und saugten Blut. Bei einem so massiven Befall wie dem vorliegenden würden Darmentzündungen auftreten, die die Tiere anfälliger für andere Krankheiten machten. Zusätzlich seien alle Tiere mit der roten Vogelmilbe befallen. Den Tieren seien dadurch in hohem Maße Leiden, Schmerzen und Schäden zugefügt worden.
Ferner kommt der Amtstierarzt zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller aufgrund der Haltungsbedingungen seines Geflügels gegen § 3 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung verstoßen habe. Hiernach dürfen Nutztiere nur in Haltungseinrichtungen gehalten werden, die nach ihrer Bauweise, den verwendeten Materialien und ihrem Zustand so beschaffen seien, dass eine Verletzung oder sonstige Gefährdung der Gesundheit der Tiere so sicher ausgeschlossen sei, wie dies nach dem Stand der Technik möglich sei. Fütterungs- und Trinkeinrichtungen müssten so beschaffen sein, dass jedem Tier Zugang zu einer ausreichenden Menge Futter und Wasser gewährt werde und dass eine Verunreinigung des Wassers auf ein Mindestmaß begrenzt werde. Ausweislich der auf den Angaben in der Aktennotiz der Amtstierärztin S...beruhenden Ordnungsverfügung seien die Enten des Antragstellers in einer verdreckten Halle in einem Verschlag aus völlig beschmierten und verkrusteten Fenstern ohne ausreichende Einstreu und ohne Wasser aufgrund eines kotverschmutzten, nicht funktionstüchtigen Trinkbehälters, ohne Möglichkeit eines Auslaufes im Freien und ohne Bademöglichkeit gehalten worden. Die Gänse seien im Außenbereich zwischen Gerümpel unter einem Hänger ohne Zugang zu einem Stall mit ausreichend Einstreu und ohne Möglichkeit der Nutzung einer Bademöglichkeit auf kotverschmutztem Betonboden gehalten worden. Der Amtstierarzt K...führt in der Ordnungsverfügung zudem an, dass die Gänse- und Entenhaltung durch den Antragsteller nicht die Anforderungen des § 2 des Tierschutzgesetzes verbunden mit den Europaratsempfehlungen für die Haltung von Gänsen und Pekingenten erfülle, vielmehr seien durch die vorgefundene Haltung die Bedürfnisse dieser Tiere völlig ignoriert worden. Denn bei Enten und Gänsen handele es sich um Wasservögel, die für ihr Gefiederpflegeverhalten eine Bademöglichkeit oder eine Möglichkeit des Untertauchens ihres Kopfes benötigten. Fehlten diese biologischen Erfordernisse wie im Fall des Antragstellers, litten die Tiere unstrittig. Den Hühnern habe ebenfalls nur durch von Kot, Futterresten und Algen verschmutztes Wasser zur Verfügung gestanden. Sie seien auf mit Kot und Futterresten verschmutztem Betonboden ohne Einstreu, auf viel zu geringer Bodenfläche – so befanden sich 32 Hühner in einem dunklen Verschlag auf 2,08 Quadratmetern - teilweise ohne Auslauf ins Freie und ohne Möglichkeit der Nutzung eines trockenen Sandbades gehalten worden. Die Haltung auf dem harten Betonboden habe bei den Hühnern bereits zu federlosen, wunden Arealen, Krusten, Schwielen und Gelenkschwellungen an den Ständern geführt. Der schlechte Gesundheitszustand der Hühner wird auch auf Bildern der bei der Vor-Ort-Kontrolle angefertigten Fotodokumentation ersichtlich. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sei des Weiteren sicherzustellen, dass soweit erforderlich, unverzüglich Maßnahmen für die Behandlung, Absonderung in geeignete Haltungseinrichtungen mit trockener und weicher Einstreu oder Unterlage oder die Tötung kranker oder verletzter Tiere ergriffen würden sowie ein Tierarzt hinzugezogen würde. Im Fall der Tiere des Antragstellers hätten solche Maßnahmen nicht stattgefunden, da keinerlei Einstreu, weder für gesunde noch kranke Tiere, vorhanden gewesen sei und zwei tote Hühner jeweils im Stall und im Bauwagen gelegen hätten.
Da die Einschätzung der zugezogenen beamteten Amtstierärzte nach § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG im Regelfall als maßgeblich angesehen wird, kommt es vorliegend auf die Äußerung des Antragstellers, er habe den Hühnerstall an jedem Wochenende gesäubert, nicht an (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2010 – OVG 5 S 10.10 – juris Rn. 9).
Aufgrund der vorgefundenen Umstände ist es geboten gewesen, die Tiere schnellstmöglich anderweitig unterzubringen, insbesondere, weil dem Antragsteller ersichtlich sowohl die Einsicht als auch die erforderlichen Fachkenntnisse fehlen, tierschutzgerechte Zustände herzustellen sowie für die Zukunft zu gewährleisten.
Auch die weiteren Voraussetzungen für die mit der Ordnungsverfügung vom 09. September 2021 angeordnete Veräußerung der Tiere sind erfüllt. Ein Verzicht auf die von dem Antragsteller geltend gemachte Fristsetzung vor einer Veräußerung ist dann gerechtfertigt, wenn aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht zu erwarten ist, dass der Antragsteller in der Lage ist, eine § 2 TierSchG entsprechende Haltung zeitnah sicherzustellen. Dies ist vorliegend schon deswegen der Fall, weil der Antragsteller bereits im Jahr 2017 Geflügel auf dem Grundstück seines Bruders unter tierschutzwidrigen Bedingungen gehalten bzw. dieses seinem Bruder, gegen den seit 2014 ein unbefristetes Tierhaltungsverbot besteht, zur Betreuung überlassen hat. Die Tiere waren zum Zeitpunkt der Fortnahme bereits seit einem längeren Zeitraum einer erheblichen Gefährdung ausgesetzt, die aufgrund des Ausmaßes der schlechten Haltungsbedingungen nicht zeitnah hätten beseitigt werden können.
Ein milderes Mittel als die anderweitige Unterbringung und Veräußerung ist nicht verfügbar. Die Veräußerungsverfügung leidet nicht an Ermessensfehlern i. S. d. § 114 Satz 1 VwGO und ist deshalb nicht zu beanstanden. Es ist davon auszugehen, dass eine dauerhafte Unterbringung einer so großen Menge von Geflügel wie der vorliegenden erhebliche Kosten verursacht. Es ist nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, mithin des Steuerzahlers, auf unabsehbare Zeit die Kosten einer Unterbringung im Tierheim zu tragen. Die Beeinträchtigungen des Eigentums des Tierhalters an den Tieren durch eine solche Maßnahme hält sich angesichts des Staatszieles in Art. 20a GG im Rahmen der von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG gezogenen Schranken und Begrenzungen (vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 28. Februar 2020 – 1 B 4/20 -, juris Rn. 20).
Auch das gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG ausgesprochene Haltungsverbot ist offensichtlich rechtmäßig. Demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierschG, einer Anordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierSchG wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, kann das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagt oder von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig gemacht werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird. Fortnahme, Veräußerung und Untersagung sind grundsätzlich nebeneinander anwendbar, das Vorgehen nach Nr. 3 hat den Umgang mit Tieren in der Zukunft zum Gegenstand. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG regelt den Fall einer „tierschutzrechtlichen Unzuverlässigkeit“, die Untersagung dient dem vorbeugenden Schutz der Tiere und kommt insbesondere dann in Betracht, wenn wegen mangelnder Eignung oder wegen Unzuverlässigkeit des Tierhalters die Gefahr besteht, dass den von ihm gehaltenen Tieren erhebliche Leiden, Schmerzen oder Schäden zugefügt werden. Es genügt, wenn sich solches nur bei einem Teil der Tiere eines Bestandes feststellen lässt (vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 28. Februar 2020 – 1 B 4/20 -, juris Rn. 22).
Der Antragsteller hat – wie bereits ausgeführt – wiederholt und grob über einen längeren Zeitraum den Vorschriften des § 2 TierSchG zuwidergehandelt und den von ihm gehaltenen Tieren aus den bereits dargestellten Gründen erhebliche Leiden und Schäden zugefügt, wobei maßgebend nur der objektive Verstoß gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen ist. Aus den dargestellten Gründen ergibt sich zudem eine negative Prognose, dass der Antragsteller als Tierhalter auch weitere Zuwiderhandlungen gegen § 2 TierSchG begehen wird. Eine Kette von Verfehlungen gegen § 2 TierSchG – wie vorliegend der Fall - kann die Annahme weiterer Verstöße rechtfertigen (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Aufl. (2016), § 16a, Rn. 45).
Im Hinblick auf diese Erwägungen bleibt auch der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § § 154 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert wurde gemäß § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG in der im Tenor genannten Höhe festgesetzt. Der Auffangwert ist heranzuziehen, da der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für eine anderweitige Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers daran, von der Ordnungsverfügung verschont zu bleiben, bietet. Aufgrund der Vorläufigkeit des lediglich auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gerichteten Verfahrens ist dieser Wert zu halbieren.