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Entscheidung 5 W 70/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Zivilsenat Entscheidungsdatum 27.05.2021
Aktenzeichen 5 W 70/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:0527.5W70.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller vom 15. April 2021 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Bernau bei Berlin – Grundbuchamt – vom 1. März 2021, Gz. Grundbuch von … Blatt …, im Hinblick auf Absatz 2 aufgehoben, soweit ihr das Grundbuchamt nicht bereits mit Beschluss vom 26. April 2021 abgeholfen hat.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen eine Zwischenverfügung des Grundbuchamts

Die Beteiligte zu 1 ist im Grundbuch eingetragene Eigentümerin des unter der laufenden Nummer 1 des Bestandsverzeichnisses des verfahrensgegenständlichen Grundbuchs verzeichneten Grundstücks (Flurstück …der Flur …).

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2020 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte unter Bezugnahme auf die von ihm bereits eingereichte Ausfertigung der Urkunde gemäß seiner UR-Nr. …/… unter anderem den Vollzug der Eintragung des Leibgedings gem. § 3 der Urkunde.

In der in Bezug genommenen Urkunde vom 11. August 2020 (Bl. 21 ff. d.A.) veräußerte die Beteiligte zu 1 das streitgegenständliche Grundstück an den Beteiligten zu 2 und behielt sich unter § 3 a des Vertrags unter anderem ein Wohnungsrecht auf Lebenszeit „an der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung, bestehend aus drei Zimmer, Küche und Bad vor“. Dieses war wie folgt beschrieben:

„Danach ist der Berechtigte befugt, diese Räume unter Ausschluss des Eigentümers auf Lebensdauer zu bewohnen sowie den Garten des Anwesens alleine zu nutzen. Damit verbunden ist das Recht auf Mitbenutzung der zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Hausbewohner bestimmten Einrichtungen und Anlagen, insbesondere des Kellers, des Speichers sowie des Hofs. Der Eigentümer hat das Gebäude zur Gewährung des Wohnungsrechts instandzuhalten.

Mit dem Wohnungsrecht verbunden ist das Recht, den – von der Zufahrt aus – linken Kfz-Stellplatz in dem auf dem Hausgrundstück befindlichen Carport unter Ausschluss des Eigentümers zum Abstellen von Fahrzeugen zu benutzen.

Die Überlassung der Ausübung des Wohnungsrechts an Dritte ist nicht gestattet.“

In der Urkunde wurde zudem die Eintragung des Wohnungsrechts als beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten des Berechtigten […] am Flurstück … der Flur … von … bewilligt.

Darüber hinaus wurde bewilligt und beantragt, die in § 3 lit. a bis c bestellten Rechte zugunsten des Berechtigten am gesamten Vertragsbesitz als Leibgeding gemäß § 49 GBO in das Grundbuch an nächstoffener Rangstelle einzutragen, mit dem Vermerk, dass zur Löschung der Todesnachweis genüge.

Mit Zwischenverfügung vom 1. März 2021 teilte das Grundbuchamt den Antragstellern mit, dass die beantragte Eintragung nicht erfolgen könne. Unter Absatz 2 der Verfügung führte das Grundbuchamt insoweit aus, dass die Eintragungsbewilligung zum Wohnungsrecht durch Ergänzungsbewilligung zu ändern sei, da die Verpflichtung zur Gewährung des Wohnrechts und Instandhaltung des Gebäudes nicht Inhalt eines Rechts nach § 1093 BGB sein könne. Insofern komme nur eine Reallast nach § 1105 BGB in Betracht. Außerdem könne die Alleinbenutzung des Gartens und der Stellplatzfläche nicht in diesem Rahmen gesichert werden, da nur an der Wohnung selbst der Ausschluss des Eigentümers erfolgen könne. Die beanstandeten Vereinbarungen seien aus der Eintragungsbewilligung zu entfernen. Zur formgerechten Behebung der Mängel setzte das Grundbuchamt den Antragstellern eine Frist von zwei Monaten.

Mit Schreiben vom 15. April 2021 wandte der Verfahrensbevollmächtigte ein, die Verpflichtung zur Gewährung des Wohnungsrechts und Instandhaltung könnten Inhalt des Wohnungsrechts sein. Auch könne ein einzelner Carportstellplatz ebenso Inhalt eines Wohnungsrechts sein wie die alleinige Benutzung des Gartens, wenn sich das Wohnungsrecht wie hier auf die Räume der einzigen Erdgeschosswohnung im Anwesen beziehe. Entsprechende Leibgedingsrechte seien bislang vom Grundbuchamt anstandslos eingetragen worden. Soweit der Eingabe nicht abgeholfen werde, sei sie als Beschwerde zu behandeln.

Mit Beschluss vom 26. April 2021 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen, „soweit der Begriff „Gewährung“ und die alleinige Befugnis zur Benutzung des Gartens aus dem Inhalt des Rechts nach § 1093 BGB zu entfernen sind“ und dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Übrigen hat es der Beschwerde abgeholfen.

Hinsichtlich der Gartenfläche gestatte § 1093 Abs. 3 BGB ausdrücklich nur die Mitbenutzung gemeinschaftlicher Anlagen und Einrichtungen, nicht die alleinige Benutzung unter Ausschluss des Eigentümers. Zudem sei das Wohnungsrecht nach § 1093 BGB eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, weshalb bereits aus dem Wesen des Rechts ausgeschlossen sei, dass der Grundstückseigentümer durch sie zu einem aktiven Tun verpflichtet werden könne. Der Begriff Gewährung spreche aber für ein wiederkehrendes Handeln, zu dem der Grundstückseigentümer verpflichtet werde. Um klarzustellen, dass gerade keine Wohnungsreallast, sondern ein Wohnungsrecht eingetragen werden solle, sei den Beteiligten die Entfernung des missverständlichen Begriffs aus der Bewilligung aufgegeben worden. Aus der Beschwerdebegründung trete der Dissens deutlich hervor, gehe doch der Verfahrensbevollmächtigte davon aus, dass die Gewährung des Wohnraums und nicht nur die bloße Duldung der Rechtsausübung wesentlicher Inhalt des Rechts nach § 1093 BGB sei.

II.

Die zulässige Beschwerde (§§ 71, 73 GBO) hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die angefochtene Zwischenverfügung ist, soweit keine Abhilfe erfolgt ist, aufzuheben, da sie schon aus formellen Gründen keinen Bestand haben kann.

Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO hat das Grundbuchamt, wenn einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht, entweder den Antrag zurückzuweisen oder, durch Zwischenverfügung, dem Antragsteller eine Frist zur Behebung des Hindernisses zu bestimmen. Ergeht eine entsprechende Zwischenverfügung, so ist gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 GBO der Antrag nach Fristablauf zurückzuweisen, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses nachgewiesen ist.

Erlässt das Grundbuchamt eine Zwischenverfügung, so bringt es damit zum Ausdruck, dass dem Antrag nach Beseitigung des Hindernisses entsprochen werde und damit der Mangel des Antrags mit rückwirkender Kraft geheilt ist. Denn durch eine Zwischenverfügung sollen dem Antragsteller Rang und sonstige Rechtswirkungen, die sich nach dem Eingang des Antrags richten, erhalten bleiben. Kann das Eintragungshindernis nicht mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung behoben werden, etwa weil der gestellte Eintragungsantrag inhaltlich nicht vollziehbar ist und daher vorhandene Erklärungen nicht nur nachgereicht sondern ihrem Inhalt nach geändert werden müssten, ist eine Zwischenverfügung unzulässig, der Antrag ist zurückzuweisen. Denn anderenfalls erhielte die beantragte Eintragung einen Rang, der ihr nicht gebührt (Demharter, GBO, 32. Aufl., § 18 Rn. 8 m.w.N.). Mit einer Zwischenverfügung kann daher nicht aufgegeben werden, das einzutragende Recht inhaltlich abzuändern (Senat, Beschluss vom 18. Januar 2010 – 5 Wx 3/09, BeckRS 2011, 7069, beck-online; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12. September 1997 – 3 W 176/97 –, Rn. 7, juris; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 20. Oktober 2004 – 2Z BR 176/04 –, Rn. 9, juris Beschluss vom 11. September 1997 – 2Z BR 120/97 –, Rn. 10 - 12, juris Schöner/Stöber GrundbuchR, 16. Aufl. 2020, Rn. 433, beck-online).

Vorliegend rügt das Grundbuchamt, dass aus dem Inhalt des Rechts nach § 1093 BGB der Begriff der „Gewährung“ und das formulierte Recht zur alleinigen Befugnis zur Benutzung des Gartens zu entfernen seien. Das Grundbuchamt ist also selbst davon ausgegangen, dass das Recht so, wie beantragt, nicht eintragungsfähig sei und die Bewilligung ihrem Inhalt nach geändert werden müsse. Derartige (neue) Erklärungen hätten aber keine rückwirkende Kraft. Die Zwischenverfügung hätte daher nicht ergehen dürfen.

2. Ergänzend – und ohne Bindung für das Grundbuchamt – merkt der Senat Folgendes an:

a.

Der Senat hat derzeit keine Bedenken, dass sich das Wohnungsrecht auch auf einen Garten erstrecken kann, wenn das Wohnen der Hauptzweck der Gesamtnutzung bleibt. In diesem Rahmen kann auch die alleinige Nutzung des Gartens durch den Berechtigten vereinbart werden (Schöner/Stöber GrundbuchR, 16. Aufl. 2020, Rn. 1248a, beck-online Staudinger/Reymann (2017) BGB § 1093, Rn. 30 Herrler, in: Palandt, 80. Aufl. 2021, § 1093 Rn. 4; LG München MittBayNot 1970, 153). Zum Wohnen gehört nicht nur die Nutzung der eigentlichen Wohnräume, sondern auch die Nutzung des mit der Wohnung verbundenen Gartens (vgl. LG Koblenz, Beschluss vom 19. Dezember 1997 – 2 T 784/97, MDR 1998, 275). Die Vorschrift des § 1093 Abs. 3 BGB dürfte nicht gegen die Beurteilung sprechen, da diese sich nur mit der Nutzung von Anlagen und Einrichtungen befasst, die zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmt sind. Ist die Nutzung des zur Wohnung gehörenden Gartens aber allein dem Berechtigten zugewiesen, handelt es sich gerade nicht um eine derartige zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmte Anlage.

b.

Auch gegen die von den Antragstellern gewählte Formulierung, dass der Eigentümer das Gebäude zur Gewährung des Wohnungsrechts instandzuhalten habe, bestehen keine Bedenken. Es besteht nach § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1021 Abs. 1 BGB, wovon wohl nunmehr auch das Grundbuchamt ausgeht, da es insoweit der Beschwerde abgeholfen hat, die Möglichkeit, eine Instandhaltungspflicht des Eigentümers zu vereinbaren und diese zum Inhalt des dinglichen Rechts zu machen (Schöner/Stöber GrundbuchR, 16. Aufl. 2020, Rn. 1251, beck-online MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl. 2020, BGB § 1093 Rn. 10; Herrler, in: Palandt, 80. Aufl. 2021, § 1093 Rn. 11). Auf eine solche mit dem Wohnungsrecht als Nebenleistungspflicht verbundene Unterhaltspflicht finden nach § 1021 Abs. 2 BGB die Vorschriften über die Reallast entsprechend Anwendung, sie wird aber nicht selbständig, sondern mit dem Wohnungsrecht eingetragen (Schöner/Stöber GrundbuchR, 16. Aufl. 2020, Rn. 1251, beck-online). Diese Instandhaltungspflicht führt zu einer Pflicht des Eigentümers zum Handeln, die aber nicht unzulässig ist, sondern deren Vereinbarung in den vorgenannten Vorschriften gerade ermöglicht wird. Die gewählte Formulierung, dass diese Instandhaltungspflicht der „Gewährung“ des Wohnungsrechts dient, impliziert vor diesem Hintergrund keine unzulässige Pflicht zu einem wiederkehrenden Handeln, sondern beschreibt die gerade zulässig vereinbarte Instandhaltungspflicht in unbedenklicher Art und Weise näher.

3. Die Folge hinsichtlich der Gerichtskosten ergibt sich aus dem Gesetz (§§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG); eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht veranlasst.