Gericht | VG Potsdam 8. Kammer | Entscheidungsdatum | 30.08.2021 | |
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Aktenzeichen | 8 K 626/21 | ECLI | ECLI:DE:VGPOTSD:2021:0830.8K626.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 6 Abs 4 KAG BB |
Der Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 2019 zur Verbrauchsstelle R...
der Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 2019 zur Verbrauchsstelle R...
der Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 2019 zur Verbrauchsstelle R...
der Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 2019 zur Verbrauchsstelle R...
der Bescheid des Beklagten vom 27. Januar 2020 zur Verbrauchsstelle R...
der Bescheid des Beklagten vom 27. Januar 2020 zur Verbrauchsstelle R...
der Bescheid des Beklagten vom 27. Januar 2020 zur Verbrauchsstelle R...
der Bescheid des Beklagten vom 27. Januar 2020 zur Verbrauchsstelle R...
der Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2021 zur Verbrauchsstelle R...
der Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2021 zur Verbrauchsstelle R...
der Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2021 zur Verbrauchsstelle R...
der Bescheid des Beklagten vom 25. Januar 2021 zur Verbrauchsstelle R...
jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2021 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin wendet sich gegen die mehrfache Heranziehung zu Grundgebühren für die zentrale öffentliche Schmutzwasserentsorgung in den Erhebungszeiträumen 2018, 2019 und 2020.
Das Grundstück Gemarkung Brandenburg, F..., postalisch R..., 14772 Brandenburg an der Havel, steht im gemeinschaftlichen Eigentum der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Es ist bebaut mit einem Wohnblock mit vier separaten Aufgängen mit den Hausnummern 6... und einem im 90 Grad-Winkel dazu westlich anschließenden weiteren Wohnblock mit der Hausnummer 7...
Der Beklagte betreibt die öffentliche zentrale Abwasserbeseitigungseinrichtung im Gebiet der Stadt Brandenburg an der Havel durch die B... als Durchführer. Für die Benutzung der Anlagen erhebt der Beklagte Schmutzwassergebühren, die sich aus einer „Mengengebühr“ und einer Grundgebühr zusammensetzen.
Der Gebührenerhebung liegen die Satzungen der Stadt Brandenburg an der Havel über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung vom 26. November 2020 zugrunde (insgesamt vier Satzungen für die Erhebungszeiträume 2018, 2019, 2020, 2021, veröffentlicht im Amtsblatt für die Stadt Brandenburg an der Havel Nr. 2... vom 30. November 2020, S. 6 ff., im Folgenden bezeichnet als AGS 2018, AGS 2019, AGS 2020, AGS 2021). Soweit ersichtlich, unterscheiden sich die Abwassergebührensatzungen ausschließlich in den Gebührensätzen für die Grund- und Mengengebühr.
§ 2 (Gebührenmaßstab für die Schmutzwassergebühr) der AGS 2018, AGS 2019, AGS 2020 lautet jeweils auszugsweise:
„1. Die Mengengebühr wird (…) nach der Schmutzwassermenge bemessen, die von dem an die öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossenen Grundstück eingeleitet wird. Die Berechnungseinheit ist ein Kubikmeter.
2. In dem jeweiligen Erhebungszeitraum (§ 9) gilt als angefallene Schmutzwassermenge
a) die von der öffentlichen Wasserversorgung gemäß deren Abrechnung bezogene Wassermenge,
b) die dem Grundstück aus privaten Wasserversorgungsanlagen zugeführte Wassermenge,
c) die auf dem Grundstück gewonnene und die dem Grundstück sonst zugeführte Wassermenge.
(…)
6. Die Grundgebühr wird erhoben für jedes Grundstück, das mittelbar und unmittelbar an die öffentliche Einrichtung angeschlossen ist und dessen Anschluss- und Benutzungsberechtigter diese benutzt bzw. nach der Entwässerungssatzung in der jeweils geltenden Fassung zur Benutzung berechtigt oder verpflichtet ist.
Unter einem Grundstück ist jeder zusammenhängende, bebaute oder unbebaute Grundbesitz zu verstehen ohne Rücksicht auf die Grundbuchbezeichnung, sofern er eine selbständige wirtschaftliche Einheit bildet. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Hausnummer zugeteilt worden ist. Grundstücke sind auch alle privaten und öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, auf die sich die Abwasserbeseitigungspflicht der Stadt erstreckt.
Übersteigt die Anzahl der Hausanschlüsse bzw. Sammelgruben die Anzahl der Wasserbezugsstellen nach Abs. 2 a), b) oder c), so wird für jeden über die Anzahl der Wasserbezugsstellen hinausgehenden Anschluss eine weitere Grundgebühr erhoben. Übersteigt die Anzahl der Wasserbezugsstellen die Anzahl der Hausanschlüsse bzw. Sammelgruben, so wird die Grundgebühr nach dem größten Wassermessmittel erhoben.
7. Die Grundgebühr dient der teilweisen Deckung der verbrauchsunabhängigen Kosten, die durch die Vorhaltung der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung entstehen.“
§ 6 Abs. 2 der AGS 2018, AGS 2019, AGS 2020 regelt die Höhe der Schmutzwassergrundgebühr wie folgt:
„2. Die Schmutzwassergrundgebühr beträgt monatlich in Abhängigkeit von der Größe des Nenndurchlaufes der für den Wasserbezug eingesetzten Messmittel:
Größe des Messmittels
Gebühr
Qn 2,5 bzw. Q3 4
11,00 Euro/Monat
Qn 6 bzw. Q3 10
26,40 Euro/Monat
Qn 10 bzw. Q3 16
44,00 Euro/Monat
Qn 15 bzw. Q3 25
66,00 Euro/Monat
Qn 40 bzw. Q3 63
176,00 Euro/Monat
Qn 60 bzw. Q3 100
264,00 Euro/Monat
Qn 150 bzw. Q3 250
660,00 Euro/Monat
Qn 250 bzw. Q3 400
1.100,00 Euro/Monat
In den Fällen des § 2 Abs. 6 Satz 2 bemisst sich jede weitere Grundgebühr nach dem Messmittel Qn 2,5. Ist kein Messmittel vorhanden, bemisst sich die Grundgebühr ebenfalls nach dem Messmittel Qn 2,5.“
Die Liegenschaft R... 6... verfügt über jeweils einen Anschluss an die öffentliche Trinkwasserversorgungsanlage und an die öffentliche Abwasserbeseitigungseinrichtung.
Der Beklagte zog die Klägerin für das Grundstück „R...
-für den Erhebungszeitraum 2018 mit Abwassergebührenbescheid vom 10. Januar 2019 zu einer Abwassermengengebühr von insgesamt 8.488,61 Euro und einer Grundgebühr von insgesamt 840,00 Euro heran,
-für den Erhebungszeitraum 2019 mit Abwassergebührenbescheid vom 13. Januar 2020 zu einer Abwassermengengebühr von insgesamt 8.694,72 Euro und einer Grundgebühr von insgesamt 840,00 Euro heran und
-für den Erhebungszeitraum 2020 mit Abwassergebührenbescheid vom 14. Januar 2021 zu einer Abwassermengengebühr von insgesamt 8.636,48 Euro und einer Grundgebühr von insgesamt 528,00 Euro heran.
Gegen die vorgenannten Gebührenbescheide wurde kein Widerspruch erhoben.
Zusätzlich zog der Beklagte die Klägerin durch jeweils vier einzelne Abwassergebührenbescheide vom 28. Januar 2019 (Erhebungszeitraum 2018), 27. Januar 2020 (Erhebungszeitraum 2019) und 25. Januar 2021 (Erhebungszeitraum 2020) für die Hausnummern R... u... zu einer Jahresgrundgebühr nach dem Messmittel Qn 2,5 / Q3 4 von 11,00 Euro/Monat x 12 Monate = 132,00 Euro bei einer Mengengebühr von 0,00 Euro heran. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 30. Januar 2019, 3. Februar 2020, und vom 2. Februar 2021 Widerspruch ein, welche der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2021 zurückwies.
Die Klägerin verfolgt ihr Anliegen mit ihrer am 19. März 2021 erhobenen Klage weiter. Zur Sache trägt sie vor, im Erhebungszeitraum habe für die R... lediglich ein Trinkwasseranschluss und ein Schmutzwasseranschluss bestanden. Die viermalige Erhebung einer zusätzlichen Schmutzwassergrundgebühr sei rechtswidrig. § 6 Abs. 4 Satz 3 KAG erlaube die Erhebung von Grundgebühren nur neben einer Benutzungsgebühr zur Deckung verbrauchsunabhängiger Kosten, nicht isoliert ohne Mengengebühr. § 2 Abs. 6 AGS 2018, 2019, 2020 könne nicht dazu führen, dass erstmals mehr als 25 Jahre nach Errichtung der baulichen Anlage aus dem einen angeschlossenen Buchgrundstück vier weitere Grundstücke entstanden sein sollen. Die Festlegung des Grundgebührenmaßstabs anhand der Anzahl der Grundstücke oder der Zahl der Grundstücksanschlüsse sei unzulässig. Auch der Maßstab des wirtschaftlichen Grundstücksbegriffs nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg führe zu keinem anderen Ergebnis. Selbstständige wirtschaftliche Einheiten in diesem Sinne dürften nicht durch die Vergabe von Hausnummern entstehen. Der Beklagte habe zudem mit den Gebührenbescheiden die Grundgebühren doppelt erhoben, einmal durch die bestandskräftigen Abwassergebührenbescheide vom 10. Januar 2019, 13. Januar 2020 und 14. Januar 2021 und zum zweiten Mal durch die hier streitgegenständlichen Abwassergebührenbescheide. Die Klägerin beruft sich zudem auf den Hinweis des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2020 im Verfahren VG 8 K 1141/18, dass die Erhebung von Grundgebühren nach wirtschaftlichen Grundstücken bedenklich erscheine. Der wirtschaftliche Grundstücksbegriff liege § 8 KAG zugrunde und sei nicht ohne weiteres auf die Nutzungsgebühren, die von dem Umfang der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung oder Anlage abhängig seien, übertragbar.
Die Klägerin beantragt,
1. den Bescheid des Beklagten vom 28.01.2019 mit der Rechnungsnummer AR 1... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben,
1.1. den Bescheid des Beklagten vom 28.01.2019 mit der Rechnungsnummer AR 1... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben,
1.2. den Bescheid des Beklagten vom 28.01.2019 mit der Rechnungsnummer AR 1... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben,
1.3. den Bescheid des Beklagten vom 28.01.2019 mit der Rechnungsnummer AR 1... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben,
2. den Bescheid des Beklagten vom 27.01.2020 mit der Rechnungsnummer AR 1... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben,
2.1. den Bescheid des Beklagten vom 27.01.2020 mit der Rechnungsnummer AR 1... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben,
2.2. den Bescheid des Beklagten vom 27.01.2020 mit der Rechnungsnummer AR 1... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben,
2.3 den Bescheid des Beklagten vom 27.01.2020 mit der Rechnungsnummer AR 1... Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben,
3. den Bescheid des Beklagten vom 25.01.2021 mit der Rechnungsnummer AR 1... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben,
3.1. den Bescheid des Beklagten vom 25.01.2021 mit der Rechnungsnummer AR 1... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben,
3.2. den Bescheid des Beklagten vom 25.01.2021 mit der Rechnungsnummer AR 1... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben,
3.3. den Bescheid des Beklagten vom 25.01.2021 mit der Rechnungsnummer AR 1... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02 2021 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er Bezug auf sein Vorbringen im Verfahren VG 8 K 1141/18. Da die Grundgebühr unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme erhoben werden könne, sei die Erhebung einer Grundgebühr auch möglich, wenn keine Mengengebühr anfalle. Das einschlägige Satzungsrecht stelle in Anknüpfung an den wirtschaftlichen Grundstücksbegriff aus dem Beitrags- und Steuerrecht auf das Vorliegen einer selbstständigen wirtschaftlichen Einheit ab. Die Vergabe einer Hausnummer sei dafür nicht ausschlaggebend, sondern werde lediglich als Indiz herangezogen. Der wirtschaftliche Grundstücksbegriff im Beitragsrecht knüpfe an die Vorteilslage in Form der bloßen Anschlussmöglichkeit an. Wenn dies bereits eine Beitragspflicht begründe, müsse das erst recht für die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung durch selbstständige Grundstücke gelten. Im vorliegenden Fall handele es sich um einen Wohnblock mit fünf selbstständigen Hauseingängen, die nicht baulich miteinander verbunden seien. Die Hauseingänge nutzten den Vorteil der zentralen Kanalisation in gleichem Maße wie mehrere einzelne Reihenhäuser an einer Sammelleitung oder wie mehrere Einfamilienhäuser, die über ein gemeinsames Netz an einem Übergabepunkt die öffentliche Einrichtung nutzten. Die Grundgebühr sei auch nicht doppelt erhoben worden, weil für insgesamt fünf wirtschaftliche Grundstücke insgesamt fünf Grundgebühren erhoben worden seien.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist als Wohnungseigentümergemeinschaft beteiligungsfähig nach § 61 Nr. 2 VwGO, § 9a Abs. 1 Satz 1 WEG und wird ordnungsgemäß von dem WEG-Verwalter vertreten (§ 9b Abs. 1 Satz 1 WEG). Die Klägerin ist auch klagebefugt, weil sie Adressatin der streitgegenständlichen Bescheide ist.
Die Klage ist auch begründet. Die streitgegenständlichen Gebührenbescheide des Beklagten vom 28. Januar 2019, 13. Januar 2020 und 14. Januar 2021 sowie der Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2021 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Den angegriffenen Gebührenbescheiden fehlt die nach § 2 Abs. 1 Satz 1, § 6 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) erforderliche Ermächtigungsgrundlage. Die vom Beklagten für die Erhebung von Schmutzwassergebühren herangezogenen Regelungen der § 2 Abs. 6, § 6 Abs. 2 der AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 sind unwirksam.
Die Maßstabsregelungen für die Grundgebühr in § 2 Abs. 6, § 6 Abs. 2 der AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 verstoßen gegen das abgabenrechtliche Äquivalenzprinzip (1.), den Gleichheitssatz (2.) und das Gebot der Bestimmtheit (3.). Die AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 sind damit insgesamt unwirksam, auf anderes wirksames Satzungsrecht können die streitgegenständlichen Bescheide nicht gestützt werden (4.).
1. Die Maßstabsregelungen für die Grundgebühr in § 2 Abs. 6, § 6 Abs. 2 der AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 verstoßen mit der Anknüpfung an die „selbstständige wirtschaftliche Einheit“ gegen das abgabenrechtliche Äquivalenzprinzip. Im Grundsatz ist die Erhebung einer angemessenen Grundgebühr nach § 6 Abs. 4 Satz 3 KAG zur Deckung der verbrauchsunabhängigen Kosten (Vorhaltekosten) neben der Verbrauchsgebühr − und daher unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme − zulässig. Mit einer solchen Grundgebühr werden die für jeden Anschluss entstehenden invariablen Kosten für das Bereitstellen und ständige Vorhalten einer betriebsbereiten Abwasserentsorgungsanlage ganz oder teilweise abgegolten. Da sie als Gegenleistung für den Vorteil, die öffentliche Einrichtung benutzen zu können, erhoben wird, ist die Grundgebühr nach einem − für alle Gebührenpflichtigen gleichen − Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu bemessen, der sich üblicherweise an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden abrufbaren Arbeitsleistung als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität orientiert. Dem Satzungsgeber kommt dabei ein weites Ermessen zu. Er muss nicht den zweckmäßigsten, vernünftigsten, gerechtesten oder wahrscheinlichsten Maßstab anwenden und darf bei der Bemessung der Grundgebühr auch die Praktikabilität des Gebührenmaßstabs berücksichtigen. Allerdings muss die Grundgebühr zu dem möglichen Umfang der Benutzung durch den Gebührenpflichtigen in eine, wenn auch nur annähernde Beziehung gesetzt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. August 1986 - 8 C 112.84 -, juris Rn. 15; Beschluss vom 12. August 1981 - 8 B 20.81 -, juris Rn. 5; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. August 2019 - OVG 9 A 5.17 -, juris Rn. 29; Urteil vom 16. März 2016 - OVG 9 A 6.10 -, juris Rn. 18; VGH Kassel, Beschluss vom 31. Juli 2018 - 5 C 1771/17.N -, juris Rn. 22; vgl. auch bereits Urteil der Kammer vom 13. November 2002 - 8 K 6109/00 -, juris Rn. 54). Werden mehrere Grundgebührenmaßstäbe kombiniert – wie vorliegend die Zahl der Grundstücke, der Hausanschlüsse bzw. Wasserbezugsstellen und die Größe des Wasserzählers -, muss aber sichergestellt sein, dass eine in etwa gleiche Inanspruchnahme der Vorhalteleistung oder in etwa gleiche Verursachung von Vorhaltekosten oder ein in etwa gleicher Wert der gebotenen Vorhalteleistung für den Grundstückseigentümer auch zu einer in etwa gleich großen Grundgebühr führt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. November 2012 - OVG 9 A 7.10 -, juris Rn. 37; vgl. auch Urteil der Kammer vom 16. Januar 2020 - 8 K 2416/19 -, juris Rn. 35).
Der in § 2 Abs. 6 Sätze 1-3 AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 gewählte Grundgebührenmaßstab des wirtschaftlichen Grundstücks stellt keinen tauglichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab dar, um die sich üblicherweise an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden abrufbaren Arbeitsleistung als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität abzubilden. Die Regelung gewährleistet nicht, dass eine in etwa gleiche Inanspruchnahme der Vorhalteleistung oder in etwa gleiche Verursachung von Vorhaltekosten oder ein in etwa gleicher Wert der gebotenen Vorhalteleistung für den Grundstückseigentümer auch zu einer in etwa gleich großen Grundgebühr führt. § 2 Abs. 6 Satz 2 AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 definiert das Grundstück als jeder zusammenhängende, bebaute oder unbebaute Grundbesitz ohne Rücksicht auf die Grundbuchbezeichnung, sofern er eine selbstständige wirtschaftliche Einheit bildet. Nach Satz 3 der Vorschrift ist dies insbesondere dann der Fall, wenn eine Hausnummer zugeteilt worden ist. Hausnummern werden nach dem Ortsrecht der Stadt Brandenburg an der Havel an jedes zur selbstständigen Nutzung bestimmte Gebäude vergeben. Befinden sich mehrere zur selbstständigen Nutzung bestimmte Gebäude auf einem (Buch-)Grundstück, insbesondere Wohnhäuser mit mehreren Eingängen bzw. Treppenhäusern, zwischen denen keine allgemein zugängliche Verbindung besteht, erhält jedes Gebäude bzw. jeder Eingang eine eigene Hausnummer (vgl. § 1 Abs. 2 Ordnungsbehördliche Verordnung über die Festsetzung, Gestaltung, Anbringung und Instandhaltung von Hausnummern vom 12.11.1997, Amtsblatt der Stadt Brandenburg an der Havel Nr. 15 vom 20.11.1997; Ziff. 3.2.-3.3 Verwaltungsvorschrift für die Nummerierung von Gebäuden oder bebauten Grundstücken in der Stadt Brandenburg an der Havel, abrufbar unter https://www.stadt-brandenburg.de/fileadmin/pdf/10/Buero_SVV/Verordnungen/ Hausnummern_VV.pdf).
Das ordnungsrechtliche Kriterium der Hausnummer ist jedoch nicht geeignet, um bei pauschalierender Betrachtung (vgl. dazu OVG Münster, Beschluss vom 30. April 2004 - 9 A 2714/03 -, juris Rn. 12) den Umfang der für ein Grundstück zu bietenden Vorhalteleistung der Schmutzwasserbeseitigungsanlage auch nur annäherungsweise abzubilden (vgl. zum Beitragsrecht OVG Münster Beschluss vom 9. August 1999 - 15 A 2781/99 -, BeckRS 1999, 158304, Rn. 9 f.). Zwar dürfte die vom Beklagten für das klägerische Grundstück vorgetragene Annahme tragfähig sein, dass jeder der zu den fünf Eingängen bzw. Treppenhäusern gehörende Gebäudeteil sein Abwasser in die öffentliche Abwasserentsorgungseinrichtung einleite ähnlich wie mehrere einzelne Reihenhäuser, die gemeinsam an einer Sammelleitung angeschlossen sind, und in diesem Fall daher ein Buchgrundstück mit mehreren Hausnummern grundsätzlich die Vorhalteleistung der Schmutzwasserbeseitigungsanlage in größerem Umfang in Anspruch nehmen wird als ein Buchgrundstück mit nur einer Hausnummer. Mehrere Reihenhäuser dürften in der Regel mehr Vorhalteleistung in Anspruch nehmen als ein einzelnes Einfamilienhaus mit eigenem Grundstücksanschluss. Ebenso dürfte ein Wohnblock mit mehreren Aufgängen mehr Vorhalteleistung in Anspruch nehmen als ein Mehrfamilienhaus mit einer Hausnummer und einem Anschluss, das über ebenso viele Wohneinheiten verfügt, wie ein Aufgang des Wohnblocks.
Es wurde aber vom Beklagten weder vorgetragen noch ist es bei lebensnaher Betrachtung wahrscheinlich, dass in der Stadt Brandenburg an der Havel eine völlig homogene Siedlungsstruktur besteht, die im Ergebnis dazu führen würde, dass insbesondere bei Mehrfamilienhäusern jeder Hausnummer eine in etwa gleich große Anzahl von Wohnungen bzw. Wohneinheiten entspricht, welche die Vorhalteleistung in ungefähr gleich großem Umfang in Anspruch nimmt. Die Stadt Brandenburg an der Havel mit rund 72.000 Einwohner verfügt nach Kenntnis des Gerichts über eine durchaus heterogene Bebauung. Es ist also nicht auszuschließen, dass sich z.B. 32 Wohnungen im Gebiet der Stadt Brandenburg an der Havel sowohl auf einen einzigen, achtstöckigen Wohnblock mit einem Eingang und einer Hausnummer oder auch auf einen Wohnblock mit vier Aufgängen und vier Hausnummern mit jeweils acht Wohnungen verteilen könnten. Obwohl aufgrund der Wohnungen bzw. Wohneinheiten grundsätzlich von einem ähnlich hohen Schmutzwasseranfall und damit auch von einem ähnlich hohen Maß an Inanspruchnahme der Vorhalteleistung auszugehen ist, würde der Wohnblock nach den Regelungen des § 2 AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 im zuerst genannten Fall zu einer Schmutzwassergrundgebühr herangezogen, im zuletzt genannten Fall zu vier Grundgebühren.
Zudem werden nach Ziff. 3.4 und 3.5 der Verwaltungsvorschrift für die Nummerierung von Gebäuden oder bebauten Grundstücken in der Stadt Brandenburg an der Havel die zur gemeinsamen Nutzung durch eine Arbeitsstätte bestimmten Baulichkeiten auf einem Grundstück, sowie öffentliche und private geschlossene bauliche Anlagen (Fabriken, Krankenhäuser, Schulen, Kasernen, Wohnlager u.a.) unter einer Hausnummer erfasst, ebenso u.a. Parkhäuser, Tankstellen und Bahnhöfe. Da die Regelungen des § 2 Abs. 6 und § 6 Absatz 2 AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 nicht nach der Nutzung der Grundstücke differenzieren, führt dies dazu, dass nach den streitgegenständlichen Satzungsbestimmungen z.B. ein großes Krankenhaus ebenso zu einer Schmutzwassergrundgebühr herangezogen wird wie ein Einfamilienhaus oder ein Mehrfamilienhaus mit wenigen Wohnungen. Ähnliches dürfte für Fabriken, Schulen, Kasernen und auch Bahnhöfe gelten, wo sich regelmäßig eine Vielzahl von Menschen aufhält, wohingegen ein Einfamilienhaus in der Regel nicht von mehr als sechs Personen gleichzeitig bewohnt wird.
Ferner ist auch das Kriterium der selbstständigen wirtschaftlichen Nutzbarkeit kein geeigneter Indikator für den Umfang der Inanspruchnahme der Vorhalteleistung durch ein (Buch-)Grundstück. Der wirtschaftliche Grundstücksbegriff liegt der Regelung des § 8 KAG zugrunde und stellt einen Maßstab zur Ermittlung des Umfangs des wirtschaftlichen Vorteils dar, welchem dem Grundstückseigentümer durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtungen und Anlagen geboten wird und den er durch den Anschlussbeitrag abzugelten hat. Wirtschaftliches Grundstück im Sinne des § 8 KAG ist die durch die beitragsfähige Maßnahme selbständig bevorteilte, demselben Eigentümer gehörende Flächeneinheit. Bei baulich oder gewerblich nutzbaren Grundstücken ist das diejenige Fläche, die selbständig baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Dieses „Baugrundstück“ entspricht zwar regelmäßig der Fläche des Buchgrundstücks. In besonders gelagerten Fällen muss das Buchgrundstück jedoch um Flächen vergrößert oder verkleinert werden (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. April 2015 - OVG 9 S 3.15 -, juris Rn. 9 m.w.N.). Während das Kriterium der selbstständigen baulichen oder gewerblichen Nutzbarkeit zur Höhe des mit dem Anschluss- bzw. der Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Trinkwasserversorgungs- oder Schmutzwasserbeseitigungsanlage verbundenen wirtschaftlichen Vorteils eines Grundstücks einen erkennbaren sachlichen Bezug aufweist, indem etwa der Grundstückswert durch den Anschluss bzw. die Anschlussmöglichkeit in Abhängigkeit von dem Umfang der selbstständigen baulichen bzw. gewerblichen Nutzbarkeit des Grundstücks steigen dürfte, ist dies bei dem für die Bemessung der Grundgebühr maßgeblichen Umfang der Vorhalteleistung nicht der Fall. Dieser Umfang ändert sich nicht in Abhängigkeit davon, ob bei einem Buchgrundstück mit jeweils einem Trink- und Schmutzwasseranschluss einzelne Grundstücksteile selbstständig nutzbar sind oder nicht.
Gegen die Übertragung des wirtschaftlichen Grundstücksbegriffs aus dem Anschlussbeitragsrecht spricht des Weiteren grundsätzlich, dass dieser dort der Ermittlung der bevorteilten Grundstücksfläche dient, während das Kriterium der selbständigen wirtschaftlichen Einheit nach § 2 Abs. 6 Satz 2 den Zweck verfolgt, die Anzahl selbstständiger wirtschaftlicher Einheiten zu bestimmen, die zu einer Schmutzwassergrundgebühr herangezogen werden. Soweit sich der Beklagte auf den steuerrechtlichen Begriff der wirtschaftlichen Einheit (§ 2 BewG) und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 02. Oktober 1970 - III R 163/66 -, BFHE 100, 213, BStBl II 1970, 822; Urteil vom 07. Februar 1964 - III 230/61 U -, BFHE 78, 465) beruft, ist dem zwar zuzugeben, dass die Bestimmung einer wirtschaftlichen Einheit nach § 2 Abs. 1 BewG den Anknüpfungspunkt für die weitere abgaben- bzw. steuerrechtliche Behandlung jeder einzelnen wirtschaftlichem Einheit bildet. Während es jedoch für die vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fallgestaltungen der Bestimmung von Einheitswerten für die Festsetzung der Grundsteuer ohne weiteres einleuchtet, dass die selbstständige wirtschaftliche Nutzbarkeit eines Grundstücks dessen Verkehrswert als Grundlage der Besteuerung unmittelbar beeinflusst, kann eine generelle Aussagekraft der selbstständigen wirtschaftlichen Nutzbarkeit für den Umfang der von einem angeschlossenen Grundstück in Anspruch genommenen Vorhalteleistung der Schmutzwasserbeseitigungsanlage nach dem vorstehenden nicht angenommen werden.
Der Maßstab der selbstständigen wirtschaftlichen Einheit wird schließlich auch nicht deshalb zu einem zulässigen Maßstab für die Bemessung der Grundgebühr, weil er nachgelagert mit der Größe der für den Wasserbezug eingesetzten Messmittel und damit mit einem von der Rechtsprechung grundsätzlich anerkannten Maßstab (vgl. nur Düwel, KAG Bbg, § 6 Rn. 1005, Stand Februar 2020) für die Bemessung der Schmutzwassergrundgebühren kombiniert wird. Zum einen führt bei einer Kombination mehrerer Gebührenmaßstäbe das Abstellen auf einen – für sich betrachtet zulässigen – Gebührenmaßstab nicht ohne weiteres dazu, dass ein anderer – für sich betrachtet nicht zulässiger – Gebührenmaßstab zulässig wird. Zum anderen führt die Kombination von wirtschaftlichem Grundstücksbegriff und Zählergröße zu sachwidrigen Ergebnissen, die mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar sind (vgl. im Folgenden 2.).
2. Der Grundgebührenmaßstab nach § 2 Abs. 6, § 6 Abs. 2 AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 verstößt zudem gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil Grundstückseigentümer, die eine in etwa gleiche Vorhalteleistung in Anspruch nehmen oder verursachen, danach zu deutlich unterschiedlich hohen Grundgebühren herangezogen werden können, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt wäre. Der Eigentümer eines Wohnblocks mit beispielsweise 50 Wohneinheiten und einem Eingang / einer Hausnummer und einem Wasserzähler der Größe Qn 10 / Q3 16 (ausreichend für bis zu 200 Wohneinheiten vgl. http://www.erwin-ruff.de/wasserzaehler_dimensionierung.html) zahlt eine Grundgebühr von 44,00 Euro/Monat (528,00 Euro / Jahr). Die Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft wie der Klägerin, die gemeinsam Eigentümer eines Mehrfamilienhauses mit fünf Aufgängen mit eigener Hausnummer und insgesamt rund 50 Wohnungen sind, das über einen Hauswasseranschluss mit einem Wasserzähler der Größe Q3 16 (Qn 10) an die Trinkwasserversorgung angeschlossen ist, werden zu einer Grundgebühr für diesen Wasserzähler i.H.v. 44,00 Euro / Monat sowie zusätzlich zu viermal 11,00 Euro / Monat für die von dem Beklagten angenommenen vier weiteren wirtschaftlichen Grundstücken, also insgesamt 44,00 Euro + 44,00 Euro = 88,00 Euro/Monat (1.056 Euro / Jahr) herangezogen. Beide Objekte verfügen jeweils über (etwa) 50 Wohneinheiten, sodass eine in etwa gleich hohe Verursachung von verbrauchsunabhängigen Vorhaltekosten anzunehmen ist. Im Ergebnis wird jedoch die Anlage der Wohnungseigentümer zu einer doppelt so hohen Grundgebühr herangezogen wie das Grundstück des Wohnblocks.
Eine konkret sichtbare Ungleichbehandlung liegt auch im Fall der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft vor: So wird die „wirtschaftliche Einheit“ R... für den dort installierten Wasserzähler der Größe Qn 10 / Q3 16 zu einer Grundgebühr von 44,00 Euro / Monat (528,00 Euro / Jahr) herangezogen, während die Hausnummern 7... jeweils zu einer Grundgebühr nach dem Messmittel Qn 2,5 / Q3 4 von 11,00 Euro / Monat (132,00 Euro / Jahr) herangezogen werden und davon auszugehen ist, dass jeder Hauseingang ein ähnliches Maß an Vorhalteleistung der Schmutzwasserbeseitigungsanlage in Anspruch nehmen wird.
Eine sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar. Die insoweit in Betracht zu ziehenden Grundsätze der Typengerechtigkeit bzw. der Verwaltungspraktikabilität (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. August 2019 - OVG 9 A 5.17 -, juris, Rn. 31) erfordern ersichtlich nicht die Ungleichbehandlung eines Wohnblocks mit beispielsweise 50 Wohnungen in Abhängigkeit davon, ob sich diese Wohnungen auf einen Eingang bzw. eine Hausnummer oder mehrere Aufgänge bzw. Hausnummern eines angeschlossenen Grundstücks verteilen. Zur Abbildung des unterschiedlichen Umfangs der in Anspruch genommenen Vorhalteleistungen der Anlage durch die angeschlossenen Grundstücke genügt die Staffelung der Grundgebühr nach der Größe des am Trinkwasserhausanschluss installierten Wasserzählers. So wird die höhere Inanspruchnahme der Vorhalteleistung durch das Grundstück R... etwa gegenüber einem Einfamilienhaus bereits durch die höhere Grundgebühr für den größeren Wasserzähler Qn 10 / Q3 16 abgegolten.
3. Die Maßstabsregelung des § 2 Abs. 6 AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 genügt zudem nicht dem rechtsstaatlichen Gebot der Bestimmtheit. Das Rechtsstaatsprinzip verlangt, dass Ermächtigungen zur Vornahme belastender Verwaltungsakte nach Inhalt, Gegenstand und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sind, so dass die Eingriffe messbar und in gewissem Umfang für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar sind. Es hat im Kommunalabgabenrecht allein die Funktion, Vorschriften auszuschließen, die infolge ihrer Unbestimmtheit den Behörden die Möglichkeit einer rechtlich nicht hinreichend überprüfbaren willkürlichen Handhabung eröffnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 1989 - 8 B 59.89 -, juris). § 2 Abs. 6 Satz 2 AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 definiert das Grundstück als jeden zusammenhängenden, bebauten oder unbebauten Grundbesitz ohne Rücksicht auf die Grundbuchbezeichnung, sofern er eine selbstständige wirtschaftliche Einheit bildet. Nach Satz 3 der Vorschrift ist das insbesondere dann der Fall, wenn eine Hausnummer zugeteilt worden ist. Aus der Formulierung „insbesondere“ folgt, dass die Zuteilung einer Hausnummer als eine Art Regelbeispiel fungiert, also nicht das einzige, allein ausschlaggebende Kriterium für das Vorliegen einer selbstständigen wirtschaftlichen Einheit darstellen soll. Es ist jedoch weder aus der Regelung des § 2 Abs. 6 AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 noch aus dem übrigen Satzungsrecht des Beklagten ersichtlich, welche sachlichen Kriterien für das Vorliegen einer selbstständigen wirtschaftlichen Einheit maßgebend sein sollen. Soweit der Beklagte vorgetragen hat, maßgeblich sei insoweit insbesondere der „Reihenhauscharakter“ und das Vorhandensein von Durchgängen zwischen den einzelnen Gebäudeteilen, lassen sich diese Kriterien nicht aus den AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 ableiten. Das Kriterium der allgemein zugänglichen Verbindung zwischen Wohnhäusern mit mehreren Eingängen bzw. Treppenhäusern findet sich zwar in Ziff. 3.3 der Verwaltungsvorschrift für die Nummerierung von Gebäuden oder bebauten Grundstücken in der Stadt Brandenburg an der Havel. Abgesehen davon, dass die AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 keinen Hinweis auf diese Verwaltungsvorschrift enthält, regelt diese Verwaltungsvorschrift die Vergabe von Hausnummern, sodass im Ergebnis erneut ausschließlich dieses Kriterium ausschlaggebend wäre. Dass die Anknüpfung an die selbstständige wirtschaftliche Einheit auch unter Berücksichtigung des Reihenhauscharakters und der Verbindungen zwischen einzelnen Gebäudeteilen zu Ergebnissen führt, welche für die von der Norm Betroffenen nicht vorhersehbar sind, belegt auch das in der mündlichen Verhandlung erörterte Beispiel eines anderen im Gebiet der Stadt Brandenburg an der Havel belegenen Grundstücks, für das trotz der Vergabe von zwei Hausnummern nach Besichtigung durch Mitarbeiter des Beklagten nur eine Grundgebühr festgesetzt wurde, ohne dass nachvollziehbar dargelegt werden konnte, warum bei diesem Grundstück trotz der Vergabe von zwei Hausnummern nur eine wirtschaftliche Einheit angenommen wurde.
Nach dem vorstehend unter 2. ausgeführten können für die Erhebung der Schmutzwassergrundgebühr auch nicht die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für den wirtschaftlichen Grundstücksbegriff im Anschlussbeitragsrecht bzw. die Kriterien nach § 2 BewG entsprechend herangezogen werden. Für den Gebührenpflichtigen ist es daher – abgesehen von dem Maßstab der Zuteilung einer Hausnummer – völlig unvorhersehbar, welche Kriterien der Beklagte für die Bestimmung des Vorliegens einer selbstständigen wirtschaftlichen Einheit zugrunde legen wird.
Da die streitgegenständlichen Gebührenbescheide bereits aufgrund der Unwirksamkeit der Maßstabsregelungen in § 2 Abs. 6 i.V.m. § 6 Abs. 2 AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 rechtswidrig sind, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Bescheide auch deshalb rechtswidrig sind, weil sie an die Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht an die einzelnen Wohnungseigentümer oder einen Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner gerichtet sind (vgl. dazu Kluge, in: Becker u.a., KAG, Dokumentenstand August 2021, § 6 Rn. 203).
4. Die AGS 2018, AGS 2019 und AGS 2020 sind insgesamt unwirksam. Die Nichtigkeit des Gebührenmaßstabs und damit auch der Gebührensätze für die Grundgebühr erfasst wegen der Abhängigkeit von Grund- und Mengengebühr auch die Gebührensätze für die Verbrauchsgebühr und führt zur Gesamtnichtigkeit der Abwassergebührensatzungen, da den Satzungen damit ein Teil des nach § 2 Abs. 1 KAG erforderlichen Mindestinhalts fehlt (vgl. nur OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. August 2019 - OVG 9 A 5.17 -, juris Rn. 32; Düwel, in: Becker, u.a. KAG, Dokumentenstand Februar 2020, § 6 Rn. 990 m.w.N.).
Die von der Stadt Brandenburg an der Havel zuvor beschlossenen Abwassergebührensatzungen vom 18. Dezember 2019 (Amtsblatt der Stadt Brandenburg an der Havel Nr. 28 vom 20. Dezember 2019), 19. Dezember 2018 (Amtsblatt Nr. 23 vom 20. Dezember 2018), 29. November 2017 (Amtsblatt Nr. 26 vom 13. Dezember 2017), 30. November 2016 (Amtsblatt Nr. 28 vom 14. Dezember 2016), 16. Dezember 2015 (Amtsblatt Nr. 27 vom 18. Dezember 2015), 26. November 2014 (Amtsblatt Nr. 26 vom 10. Dezember 2014) und vom 27. November 2013 (Amtsblatt Nr. 26 vom 11. Dezember 2013) enthielten vergleichbare Regelungen für die Bemessung der Schmutzwassergrundgebühr in Anknüpfung an den wirtschaftlichen Grundstücksbegriff und sind daher aus dem vorstehend genannten Gründen ebenfalls unwirksam. Die Abwassergebührensatzung vom 19. Dezember 2012 (Amtsblatt Nr. 26 vom 21. Dezember 2012) bemaß die Grundgebühr in Abhängigkeit von der Größe des Nenndurchlaufs der für den Wasserbezug eingesetzten Messmittel je Hausanschluss. Die mehrfache Erhebung einer Grundgebühr für ein Grundstück mit einem Hausanschluss kann daher nicht auf diese Satzung gestützt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Ein Grund für die Zulassung der Berufung (vgl. § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegt nicht vor.
Beschluss :
Der Streitwert wird auf 1.584 Euro festgesetzt.
Gründe :
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG und folgt aus der Addition der in den angegriffenen Bescheiden festgesetzten Schmutzwassergrundgebühren.