Gericht | OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 16.09.2021 | |
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Aktenzeichen | 10 UF 34/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0916.10UF34.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 07.03.2021, Aktenzeichen 40 F 103/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Verfahrenswert wird auf 4.000,00 € festgesetzt.
Die Eltern streiten – soweit für das Beschwerdeverfahren noch relevant – über den Umgang mit ihrer Tochter C....
Die Eltern heirateten im Jahr 2002, am ...2004 wurde ihre Tochter L... und am ...2007 die Tochter C... geboren. Die Eltern trennten sich im Jahr 2014, die Scheidung folgte im Jahr 2015. Die seitdem hochstrittige Elternschaft hat zu einer Vielzahl familiengerichtlicher Verfahren geführt. Dabei haben die Eltern verschiedene Umgangsformen erprobt, die von Wechselmodellen bis hin zu Umgangsmodellen in jeweils unterschiedlichen Ausprägungen und auch teilweise unterschiedlichen Aufenthalten der Kinder führten, ohne dass bislang eine nachhaltige Lösung gefunden werden konnte. C... hat während des vorliegenden Verfahrens vorrangig bei ihrer Mutter gelebt und zuletzt jedes zweite Wochenende bei ihrem Vater verbracht. Ihre ältere Schwester L… hat im Laufe des vorliegenden Verfahrens entschieden, dass sie ganz bei ihrem Vater wohnen wolle und dies letztlich im Einverständnis ihrer Eltern auch durchgesetzt.
Der Vater hat die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells für seine Tochter C... beantragt. Dies entspreche dem ausdrücklichen Wunsch von C..., die auf diesem Weg auch häufiger Kontakt mit ihrer Schwester haben könnte.
Die Mutter hat dagegen vorgebracht, dass sich C... gut und stabil bei ihr entwickele und die Beibehaltung dieses Zustands C… Wunsch entspreche.
Das Amtsgericht hat nach Erstattung eines Gutachtens durch die Sachverständige K…unter Zurückweisung des Antrags des Vaters im Übrigen die Beibehaltung eines vierzehntägigen Wochenendumgangs beim Vater von Freitag 16 Uhr bis Sonntag 18 Uhr angeordnet, wobei C... vom Vater jeweils abzuholen und wieder zurück zum Wohnsitz der Mutter zu bringen ist. Angesichts des Alters von C... sei ihr Wunsch grundsätzlich vorrangig zu berücksichtigen. Allerdings habe sich das Gericht nicht davon überzeugen können, dass C... eine Betreuungsform der anderen vorziehe. Daher komme den entsprechenden Vorschlägen der Sachverständigen und der Verfahrensbeiständin für einen 14tägigen Wochenendumgang beim Vater hohes Gewicht zu. Darüber hinaus sei angesichts der tiefen Zerstrittenheit der Eltern auch nicht zu erwarten, dass die für das Wechselmodell erforderliche Kommunikation stattfinden werde. Auch sei die Geschwisterbindung zwar hoch, aber beide Geschwister setzten altersbedingt nachvollziehbar nunmehr andere Schwerpunkte. Wegen der erstinstanzlichen Anträge, der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf jenen Beschluss Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Vaters, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge auf Anordnung eines Wechselmodells weiterverfolgt. Das Amtsgericht habe sich über den eindeutig und konstant geäußerten Willen von C... hinweggesetzt, im Wechselmodell leben zu wollen. Soweit C... im Beschwerdeverfahren geäußert habe, dass sie den amtsgerichtlich angeordneten Umgang begrüße, sei das allein auf Manipulationen durch die Mutter zurückzuführen. Er habe auch immer wieder versucht, auf die Mutter mit professioneller Hilfe zuzugehen, das habe die Mutter jedoch konsequent vereitelt. Auch sei die Geschwisterbindung sehr stark und bei der Mutter kein hinreichender Kontakt der Kinder gewährleistet.
Darüber hinaus sei die amtsgerichtliche Regelung über das Hinbringen zum- und Abholen vom Wochenendumgang allein durch den Vater unausgewogen. C... solle besser wechselseitig von den Eltern abgeholt und gebracht werden.
Der Vater beantragt unter Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses,
die Kindesmutter hat Umgang mit C... abwechselnd von Freitag der geraden Woche ab 19.30 Uhr bis zum folgenden Freitag der ungeraden Woche bis 19.30 Uhr,
der Kindesvater hat Umgang mit C... im wöchentlichen Turnus abwechselnd von Freitag der ungeraden Woche ab 19.30 Uhr bis zum folgenden Freitag der geraden Woche bis 19.30 Uhr.
In der geraden Woche holt die Kindesmutter C… um 19.30 Uhr beim Vater ab, während der Vater C... in der ungeraden Woche um 19.30 Uhr bei der Mutter abholt.
Hilfsweise für den Fall, dass eine Betreuung im paritätischen Wechselmodell abgelehnt wird,
den Umgang bei der Kindesmutter 14-tägig am Wochenende von Freitag der geraden Kalenderwoche, während der Schulzeit von 16 Uhr bis zum darauffolgenden Sonntag 18.00 Uhr zu bestimmen.
Die Mutter verteidigt die amtsgerichtliche Entscheidung. C...s Wille sei eindeutig auf ein Wochenendmodell beim Vater gerichtet. Die Geschwister sähen sich hinreichend oft, auch sei die …schule als Ganztagsschule ohnehin ein Ort ständiger Treffen der beiden. Selbstverständlich sei auch die Mutter ständig mit der Aufarbeitung und Verbesserung der Kommunikation beschäftigt, scheitere aber an der fehlenden Bereitschaft des Vaters.
Hinsichtlich des weiteren Beschwerdevorbringens wird ergänzend auf den Schriftwechsel der Beteiligten verwiesen
Die Verfahrensbeiständin hat ebenso wie die Sachverständige mitgeteilt, dass C... im Nachgang der amtsgerichtlichen Entscheidung mehrfach klar und eindeutig geäußert habe, dass alles so bleiben solle, wie es nun sei. Sie wolle kein Wechselmodell mehr. Verfahrensbeiständin und Sachverständige haben die Beibehaltung des amtsgerichtlich angeordneten Umgangs angeregt.
Das Jugendamt hat einen Antrag auf Beteiligung am Verfahren gestellt, dem der Senat durch Ladung nachgekommen ist.
Der Senat hat die Tochter C… im Beisein der Verfahrensbeiständin sowie die Sachverständige und die übrigen Beteiligten im Rahmen der nichtöffentlichen Sitzung vom 7. September 2021 angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Anhörungsvermerk und die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 58 ff FamFG zulässige Beschwerde des Vaters ist unbegründet.
1. Die Voraussetzungen für eine Anordnung des Umgangs der Eltern mit C... in einem paritätischen Wechselmodell liegen nicht vor.
Gemäß § 1684 Abs. 1 BGB hat ein Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und ist jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Gemäß § 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB kann das Familiengericht über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Entscheidender Maßstab ist hierbei das Kindeswohl. Das Familiengericht hat grundsätzlich die Regelung zu treffen, die - unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Eltern - dem Kindeswohl nach § 1697 a BGB am besten entspricht (BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 2010 – 1 BvR 3189/09 –, Rn. 17, juris). Die Anordnung des Wechselmodells ist dabei unter dem Gesichtspunkt des Umgangsrechts auch gegen den Willen eines Elternteils zulässig (vgl. zur Zulässigkeit: BGH, Beschluss vom 01. Februar 2017 – XII ZB 601/15 –, BGHZ 214, 31-45, Rn. 15; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 06. Juli 2020 – 13 UF 26/20 –, Rn. 10, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss vom 10. Juni 2020 – 9 UF 42/20 –, Rn. 5, juris).
Die an die Anordnung des Wechselmodells gestellten Bedingungen sind: hinreichende, ungefähr gleiche Erziehungskompetenzen beider Eltern, sichere Bindungen des Kindes zu beiden Eltern, gleiche Beiträge beider Eltern zur Entwicklungsförderung und Kontinuitätssicherung, autonom gebildeter, stetiger Kindeswille, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit beider Eltern zur Bewältigung des erhöhten Abstimmungs- und Kooperationsbedarfs sowie keine Erwartung oder Verschärfung eines Loyalitätskonflikts des Kindes durch die Konfliktbelastung der Eltern (vgl. etwa Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 6. Juli 2020 – 13 UF 26/20). Das Wechselmodell ist danach anzuordnen, wenn die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich mit anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht (BGH, Beschluss vom 27. November 2019 – XII ZB 512/18 –, Rn. 22, juris).
Die vorstehenden Voraussetzungen für die Anordnung des Wechselmodells sind nicht erfüllt.
a) Der Wille der 14-jährigen C… spricht eindeutig gegen die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells, weil sie eben dieses ablehnt. Dass der Kindeswille bei der Entscheidung über den Umgang zu berücksichtigen ist, folgt bereits aus dem Persönlichkeitsrecht des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 GG, ihm kommt gerade im Umgangsverfahren abhängig von Alter und Reife des Kindes eine hohe Bedeutung zu (OLG Frankfurt, Beschluss vom 06. Juli 2021 – 3 UF 144/20 –, Rn. 31, juris). Auch wenn der Kindeswille nicht immer dem Kindeswohl entspricht (Altrogge in BeckOGK BGB, § 1684 Rn. 346), wiegt der Kindeswille für eine gerichtliche Entscheidung umso mehr, je älter das Kind und damit seine Persönlichkeit gereift ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 13. Juli 2005 – 1 BvR 1245/05 –, Rn. 14, juris). Dabei gibt es keine starre Altersgrenze, ab der der Wille des Kindes für den Umgang ausschlaggebend ist; vielmehr hängt dies von den Umständen des Einzelfalls ab (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 18. August 2021 – 13 UF 90/21 –, Rn. 20, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 19. März 2008 – 9 UF 213/07 –, Rn. 38, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 25. November 2010 – 10 UF 135/10, juris).
Die maßgeblichen Umstände des Einzelfalls führen dazu, dass der ein Wechselmodell ablehnende Wille von C... vorliegend in besonderem Maße zu berücksichtigen ist. Denn der Wille von C... erfüllt die Kriterien, die für einen beachtlichen Kindeswillen maßgeblich sind. Erforderlich ist insoweit, dass der Wille des Kindes autonom, intensiv, stabil, ernsthaft und zielorientiert ist (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 30. Dezember 2015 – 13 UF 503/15 –, Rn. 22 - 23, juris; KG Berlin, Beschluss vom 14. November 2012 – 13 UF 141/12 –, juris). Ein stabiler, ernsthafter und zielgerichteter Wille setzt voraus, dass eine Willenstendenz über eine gewisse Zeit, auch unter unterschiedlichen Umständen, beibehalten wird. Intensiv ist der Wille, wenn er Ausdruck eines Herzenswunsches, d. h. dem Kind wichtig ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 30. Dezember 2015 – 13 UF 503/15 –, Rn. 23, juris). Kennzeichnend für einen autonomen Willen ist, dass er Ausdruck der eigenen Bedürfnisse und nicht nur Reaktion auf die - ggfls. auch nur vermeintlichen - Wünsche eines Elternteils ist. Auch muss das Kind eine bestimmte Vorstellung von den Folgen seines Wunsches haben (OLG Koblenz, Beschluss vom 30. Dezember 2015 – 13 UF 503/15 –, Rn. 22 - 23, juris). Die Anwendung dieser Kriterien führt zur Beachtlichkeit von C...s Willen, der gegen ein Wechselmodell und für einen Wochenendumgang mit dem Vater gerichtet ist.
Auch wenn dabei keine starre Altersgrenze existiert, hat C… mit 14 Jahren bereits ein Alter erreicht, in dem eine autonome und stabile Willensbildung nicht ungewöhnlich ist (vgl. auch für ein 14-jähriges Kind: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 13. Juli 2005 – 1 BvR 1245/05 –, Rn. 14, juris). Eine derartige autonome und stabile Willensbildung bei C... liegt auch tatsächlich vor.
Die Sachverständige K… hat sowohl im Termin vor dem Senat als auch in ihrer Stellungnahme im Beschwerdeverfahren vom 9. August 2021 ausgeführt, dass C... sämtliche Perspektiven miteinander gut abwägen könne und die Personen aus dem engsten Familienkreis gut in ihrer Beziehung zur ihr und den sich daraus ergebenden Erwartungen und Problemkreisen beschreiben könne. Danach seien aus Sicht der Sachverständigen keine Anhaltspunkte für eine Beeinflussung durch einen Elternteil erkennbar, vielmehr könne C... ihre Situation klar einschätzen und Wünsche für die Zukunft gut und konkret formulieren.
Dieses Ergebnis macht sich der Senat nach Prüfung zu eigen, es steht insbesondere im Einklang mit dem Bild, dass sich der Senat bei der mündlichen Anhörung von C... machen konnte. C... hat sich im Beschwerdeverfahren gegenüber der Verfahrensbeiständin, der Sachverständigen und dem Senat in der mündlichen Anhörung konstant, klar und eindeutig dafür ausgesprochen, dass sie kein Wechselmodell wolle. Vielmehr wolle sie, wie in der amtsgerichtlichen Entscheidung vorgesehen, bei ihrer Mutter wohnen und einen 14-tägigen Umgang mit ihrem Vater haben. Diesen Wunsch hat sie auch schon vor dem Senatstermin gegenüber ihrem Vater geäußert und damit insgesamt einer Vielzahl von Beteiligten kundgetan. Der Annahme eines stabilen Willens steht auch nicht entgegen, dass C... noch in der ersten Instanz mehrfach geäußert hat, sie wünsche sich ein paritätisches Wechselmodell. Denn C... konnte sowohl anschaulich als auch nachvollziehbar in ihrer Anhörung schildern, dass ihre Erfahrungen im derzeit praktizierten Modell gut waren. Sie hat nicht nur geschildert, dass sie sowohl mit dem Wohnen bei Ihrer Mutter, in größerer Nähe zu ihrem Freundeskreis als bei ihrem Vater und mit einem festen Ort für alle ihre Schulsachen, als auch den Wochenenden bei ihrem Vater gut zurechtkommt. Daher habe sie sich in der Zwischenzeit überlegt, dass für sie selbst das derzeitige Modell am besten sei. Diese Schilderungen zeigen, dass sich C... ernsthaft und gerade auch unter dem Blickwinkel ihrer eigenen Wünsche mit der Umgangsfrage beschäftigt hat. Daher steht ihre Willensänderung zwischen erster und zweiter Instanz der Annahme eines stabilen Willens nicht entgegen. Bei ihrer persönlichen Schilderung vor dem Senat war auch klar erkennbar, dass C... die Frage des Umgangs überaus wichtig ist. So hat sie Fragen des Senats klar verneint, ob sie nicht doch einen bloßen Wochenendumgang mit ihrer Mutter oder eine sonstige Ausweitung des Umgangs mit ihrem Vater wolle.
C... hat ihren Willen entgegen der Auffassung des Vaters auch autonom gebildet. Darauf deutet schon hin, dass C... nicht nur ihre Entscheidung klar und nachvollziehbar begründet hat, sondern auch ihre eigenen Interessen bei der Frage des Umgangs im Blick hat. So hat sie vor dem Senat geschildert, dass ihre Mutter ihr etwas größere Freiräume bei Treffen mit ihren Freundinnen lasse als ihr Vater, und dass das natürlich angenehm für sie sei. Schon dieses Schilderung deutet darauf hin, dass die Wünsche ihrer Eltern für sie nicht mehr an zentraler Stelle stehen, zumal sie ihrem Vater auch schon vor dem Termin gesagt hat, dass sie das von ihm gewünschte Wechselmodell nicht mehr wolle. C... hat aber auch immer wieder erkennen lassen, dass sie ein enges Verhältnis zu ihrem Vater hat und ihr der Umgang mit ihm auch sehr wichtig ist. Sie hat sehr authentisch vermittelt, dass sie ihre Bedürfnisse alleine gut einschätzen und so ihren Willen eigenständig bilden kann. Anhaltspunkte dafür, dass die vom Vater angenommene Manipulation von C... durch ihre Mutter stattgefunden haben könnte, sind danach nicht vorhanden.
b) Hinzu kommt, dass das Wechselmodell bei der vorliegenden hohen elterlichen Konfliktbelastung in der Regel ohnehin nicht dem Kindeswohl entspricht. Denn das Kind wird dann verstärkt mit dem elterlichen Streit konfrontiert und gerät durch den von den Eltern oftmals ausgeübten "Koalitionsdruck" in Loyalitätskonflikte. Zugleich wird es den Eltern aufgrund ihres fortwährenden Streits oft nicht möglich sein, die für die Erziehung des Kindes nötige Kontinuität und Verlässlichkeit zu schaffen (BGH, Beschluss vom 27. November 2019 – XII ZB 512/18 –, Rn. 24, juris; BGH, Beschluss vom 01. Februar 2017 – XII ZB 601/15 –, BGHZ 214, 31-45, Rn. 31; vgl. auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22. Januar 2018 – 1 BvR 2616/17 –, Rn. 8, juris; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 24. Juni 2015 – 1 BvR 486/14 –, Rn. 22, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 20. August 2018 – 4 UF 57/18 –, Rn. 16, juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 21. Dezember 2017 – 13 UF 676/17 –, Rn. 27, juris Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 02. Mai 2017 – 10 UF 2/17 –, Rn. 28, juris).
Darüber hinaus ist für die Anordnung des Wechselmodells ein Mindestmaß an Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern erforderlich (BGH, Beschluss vom 01. Februar 2017 – XII ZB 601/15 –, BGHZ 214, 31-45; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Verfügung vom 10. Januar 2019 – 9 UF 227/18 –, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 10. Juni 2020 – 9 UF 42/20 –, Rn. 5, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 21. November 2018 – 13 UF 30/17 –, Rn. 40, juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 05. Juli 2018 – 13 UF 668/17 –, Rn. 22, juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 21. Dezember 2017 – 13 UF 676/17 –, Rn. 28, juris). Dabei hat das Amtsgericht zu Recht in besonderem Maße darauf abgestellt, dass die Eltern seit über fünf Jahren durch zahlreiche familiengerichtliche Verfahren verbunden sind und eine Verbesserung der nur wenig ausgeprägten Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern diesbezüglich auch trotz in Anspruch genommener Unterstützung durch professionelle Hilfe nicht erreicht worden und nach den Ausführungen der Sachverständigen auch zukünftig nicht zu erwarten ist.
c) Schließlich spricht auch die enge Geschwisterbindung zwischen C... und L... nicht für die Anordnung eines Wechselmodells. So war sich C... dieser Bindung durchaus bewusst bei ihrer Entscheidung gegen ein Wechselmodell. Außerdem sehen sich die beiden Schwestern regelmäßig an ihrer gemeinsamen Schule, an den Wochenenden beim Vater und bei etwaigen Besuchen von L... bei der Mutter. Da jedoch sowohl für C... als auch für L… nach den Ausführungen der Verfahrensbeiständin derzeit andere Schwerpunkte - insbesondere Treffen mit Freunden - wichtig werden und Zeit in Anspruch nehmen, wäre der Kontakt der Schwestern auch bei mehr gemeinsamer Zeit in einem Haushalt ohnehin nicht überaus häufig.
d) Damit liegen weder isoliert betrachtet noch in der Gesamtschau Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Wechselmodell angeordnet werden könnte, so dass das Amtsgericht von dessen Anordnung zur Recht abgesehen hat.
2. Auch der Hilfsantrag des Vaters, gerichtet auf einen Aufenthalt von C... bei sich mit 14 tägigem Wochenendumgang der Mutter hat keinen Erfolg. Dem steht schon der eindeutige Wille von C... entgegen, die eine solche Regelung in der Anhörung vor dem Senat ganz entschieden abgelehnt hat. Zur Beachtlichkeit ihres Willens nimmt der Senat auf die obigen Ausführungen unter Gliederungspunkt 1. a). Auch eine Ausweitung des Wochenendumgangs kam nicht in Betracht. C... hat im Verfahrensverlauf immer wieder betont, dass eine Ausweitung des Umgangs etwa auf einen Donnerstag für sie mit ganz erheblichen Schwierigkeiten bei der Organisation ihrer Schulsachen einhergehe und sie das nicht wolle.
3. Die Beschwerde hat auch keinen Erfolg, soweit der Vater vorbringt, dass er seine Tochter nach der amtsgerichtlichen Entscheidung ohne Beteiligung der Mutter zum Umgang abholen und wieder zurückbringen müsse und deshalb eine entsprechende Beteiligung der Mutter anzuordnen sei. Denn es ist grundsätzlich Sache des Umgangsberechtigten, das Kind abzuholen und zurückzubringen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 09. Mai 2016 – 10 UF 117/15 –, Rn. 66, juris; Beschluss vom 03. Juli 2015 – 10 UF 173/14 –, Rn. 42, juris). Etwas anderes ist etwa dann anzunehmen, wenn die Wohnorte der Eltern weit auseinanderliegen, insbesondere wenn der betreuende Elternteil durch Wegzug diese Distanz selbst geschaffen hat (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 03. Juli 2015 – 10 UF 173/14 –, Rn. 43, juris; Heilmann, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 1684 BGB Umgang des Kindes mit den Eltern, Rn. 44). Das ist vorliegend nicht der Fall, die Wohnorte der Eltern liegen nur etwa 5 km voneinander entfernt.
4. Nach dem Vorstehenden hat der Vater mit seiner Beschwerde keinen Erfolg, auch im Übrigen begegnet die mit der Beschwerde nicht gesondert angegriffene amtsgerichtliche Umgangsentscheidung keinen Bedenken. Sie entspricht dem eindeutigen Willen von C... sowie den Empfehlungen der Sachverständigen und der Verfahrensbeiständin. Im Hinblick auf die nach den Ausführungen der Sachverständigen und von C... bereits eingetretene Stabilisierung des derzeitigen Umgangs spricht auch der Kontinuitätsgrundsatz für eine Beibehaltung des angeordneten Umgangs. Danach liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Kindeswohl und Kindeswille auseinanderfallen könnten, vielmehr entspricht die amtsgerichtliche Anordnung dem Kindeswohl am besten.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Anhaltspunkte, die ein vollständiges oder teilweises Absehen von der Kostentragungspflicht auf Seiten des Antragstellers rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
Die Wertfestsetzung ergeht auf der Grundlage von § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG. Gemäß §§ 40, 45 Abs. 1 FamGKG beträgt der Regelverfahrenswert für nach dem 1. Januar 2021 eingeleitete Verfahren (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 4, 13 Abs. 3 KostRÄG, § 63 Abs. 1 FamGKG) in Kindschaftssachen 4.000 €.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.