Gericht | OLG Brandenburg 10. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 16.09.2021 | |
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Aktenzeichen | 10 W 6/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0916.10W6.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I.
Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe. Er hat behauptet, mit der Antragsgegnerin, seiner Mutter, einen Darlehensvertrag geschlossen zu haben. Über diesen Vertrag sei am 11.09.2001 eine von der Antragsgegnerin unterzeichnete Urkunde erstellt worden (Anlage A1, Blatt 13 d.A.), in welcher es unter anderem heiße:
„Bestätigung |
hiermit bestätige ich [die Antragsgegnerin] persönlich die Verbindlichkeit in Höhe von 250.000,- DM […] an meinen Sohn [den Antragsgegner]. |
Dieses Darlehen ist zinslos. |
Der genannte Betrag […] wird beim Verkauf [eines näher bezeichneten Grundstückes] fällig. |
Im Gegenzug gewähre ich meinem Sohn lebenslanges Nutz- und Nießrecht für Die, sich auf dem unteren Teil des Grundstücks gelegene Garage, sowie auf den unteren Teil selbst. Permanentes Verkaufs- und Wegerecht behalte ich mir vor. […]“ |
Der Antragsteller hat ferner vorgetragen, dass der nach dieser Vereinbarung für die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs maßgebende Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks für ihn nicht ohne weiteres bestimmbar sei und dass die Antragsgegnerin die Herausgabe diesbezüglicher Unterlagen verweigere, die Einrede der Verjährung erhoben habe und die Echtheit der Unterschrift unter der Urkunde vom 11.09.2001 bestreite. Deshalb beabsichtige er die Erhebung einer Stufenklage. Die Antragsgegnerin solle zunächst auf Auskunftserteilung darüber, ob und gegebenenfalls wann und zu welchem Preis das fragliche Grundstück veräußert worden sei, erforderlichenfalls des Weiteren auf eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben hinsichtlich des Grundstücksverkaufs und hinsichtlich des Abschlusses des Darlehensvertrages, in dritter Stufe nach erfolgter Auskunft im Falle der erfolgten Veräußerung des fraglichen Grundstücks auf Zahlung des sich ergebenden Forderungsbetrages nebst Zinsen sowie daneben auf Freistellung von – nicht bezifferten – Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung in Anspruch genommen werden.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben und behauptet, das fragliche Grundstück bereits im Jahr 2015 veräußert zu haben.
Das Landgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 26.04.2021, auf den hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, zurückgewiesen. Es hat dafür gehalten, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Für die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs auf Auskunftserteilung über den Verkauf des Grundstückes bestehe jedenfalls nach der im Prozesskostenhilfeprüfverfahren diesbezüglich erteilten Auskunft der Antragsgegnerin kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Die Kenntnis weiterer Einzelheiten zu dem Verkauf sei für den Antragsteller nicht erforderlich. Für den in der zweiten Stufe beabsichtigten Antrag fehle ebenfalls das Rechtsschutzbedürfnis, da kein Grund zu der Annahme bestehe, die Antragsgegnerin habe die dem Antragsteller günstiger Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt. Der auf dritter Stufe beabsichtigte Leistungsantrag sei nicht zielführend, da die Forderungshöhe von vornherein und sicher mit 250.000 DM (= 127.822,97 €) feststehe. Die beabsichtigte Klage auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten habe mangels Bezifferung des Forderungsbetrages keine Aussicht auf Erfolg.
Gegen den dem Antragsteller am 27.04.2021 zugestellten Beschluss wendet sich dieser mit einer am 27.05.2021 beim Landgericht eingegangenen Beschwerde. Der Antragsteller macht geltend, dass die Angabe des Verkaufserlöses notwendig sei, da eine vollständige Erfüllung des Zahlungsanspruchs des Antragstellers von der Antragsgegnerin nur bei Erzielung eines die verfahrensgegenständliche Forderung übersteigenden Kaufpreises verlangt werden könne. Der Mitteilung des Veräußerungsdatums bedürfe es im Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin ab diesem Zeitpunkt eine Verzinsung schulde. Insofern könne auch nicht auf die Richtigkeit der Angaben der Antragsgegnerin vertraut werden, da diese mit Anwaltsschreiben vom 02.12.2019 eine Veräußerung im Jahr 2014 und mit Anwaltsschreiben vom 29.04.2020 eine Veräußerung im Jahr 2015 behauptet habe. Eine Bezifferung der Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung sei nicht notwendig, da zunächst dem Grunde nach deren Erstattungsfähigkeit festgestellt werden solle. Wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschrift (Blatt 23 f. SH PKH) verwiesen.
Mit Beschluss vom 28.05.2021 hat das Landgericht der Beschwerde aus näher dargelegten Gründen nicht abgeholfen und die Sache dem hiesigen Gericht vorgelegt.
II.
Der Rechtsbehelf des Antragstellers ist nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO als sofortige Beschwerde statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg. Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht und mit zutreffender Begründung mangels hinreichender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage zurückgewiesen.
1.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter anderem voraus, dass die (beabsichtigte) Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist der Fall, wenn es nach dem Erkenntnisstand des Gerichts zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife bei einer Gesamtschau des Tatsachenvortrags der antragstellenden Partei aufgrund einer summarischen Prüfung als zumindest möglich erscheint, dass der Antragsteller mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren vor dem angerufenen Gericht Erfolg haben wird (s. etwa Kießling, in: Saenger, ZPO, 8. Auflage 2019, § 114 ZPO, Rn. 18 m. w. Nachw.). Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine (beabsichtigte) Klage erfordert demnach insbesondere, dass das Tatsachenvorbringen des Klägers – dessen Richtigkeit unterstellt – das daraus hergeleitete Klagebegehren rechtfertigt (Wache, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 114 ZPO, Rn. 60).
Hieran fehlt es vorliegend.
a)
Der Antragsteller hat einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Erteilung der begehrten Auskünfte nicht schlüssig dargelegt.
Zur Vorbereitung der Durchsetzung eines vertraglich begründeten Leistungsanspruchs kann unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Auskunftsanspruch als vertragliche Nebenverpflichtung bestehen (statt vieler Krüger, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2019, § 260 BGB, Rn. 16 m.w.N.). Ein solcher Anspruch setzt neben dem Bestehen einer Sonderverbindung voraus, dass die konkreten Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, während der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer geben kann (st. Rspr., s. BGH, Urteil vom 18.02.2021 – III ZR 175/19 – BeckRS 2021, 6631 m.w.N.). Die danach geschuldete Auskunft ist auf den zeitlichen und sachlichen Umfang des Hauptanspruchs begrenzt (s. etwa BGH, Urteil vom 08.02.2018 – III ZR 65/17 – NJW 2018, 2629), sodass der Gläubiger nur die Erteilung der zum Erreichen seines Informationsziels erforderlichen Informationen beanspruchen kann.
Nach diesen Maßstäben konnte der Antragsteller von der Antragsgegnerin Auskunft darüber verlangen, ob diese das fragliche Grundstück veräußert hat. Denn nach der behaupteten Vereinbarung vom 11.09.2001 haben die Parteien mit der hieran anknüpfenden Fälligkeitsbedingung das Recht des Antragstellers zur Forderung der Zahlung von einem Ereignis abhängig gemacht, dass in der Sphäre der Antragsgegnerin liegt und hinsichtlich dessen dem Antragsteller kaum anderweitige Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dieser Auskunftsanspruch ist indes nach § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen. Nach dem Beschwerdevorbringen hat die Antragsgegnerin bereits mit Anwaltsschriftsatz vom 02.12.2019 mitgeteilt, dass die hier in Rede stehende Immobilie (im Jahr 2014) veräußert worden sei. Unstreitig hat die Antragsgegnerin ferner mit Anwaltsschreiben vom 29.04.2020 (Anlage AG 2, Blatt 43 f. d.A.) angegeben, dass das Objekt (im Jahr 2015) veräußert worden sei. Diese Aussage ist mit der Erwiderung auf den Prozesskostenhilfeantrag wiederholt worden. Auch wenn die Antragsgegnerin demnach unterschiedliche Angaben zum Zeitpunkt der Veräußerung gemacht hat, lag dem Antragsteller damit bereits vor dem hiesigen Verfahren eine Auskunft der Antragsgegnerin zu der Frage vor, ob sie das Grundstück veräußert hat.
Ein Anspruch auf Erteilung von Auskünften über die näheren Einzelheiten der Veräußerung, insbesondere über den Kaufpreis, ist nach den vorstehend dargelegten Maßgaben hingegen bereits von vornherein nicht begründet, weil diesbezügliche Daten zum Erreichen des Informationsziels des Antragstellers, den behaupteten Zahlungsanspruch geltend machen zu können, nicht erforderlich sind. Denn ausgehend von dem Vorbringen des Antragstellers einschließlich des Inhalts der von ihm in Bezug genommenen schriftlichen Erklärung vom 11.09.2001 ist für ihn allein der Zeitpunkt der Fälligkeit seines behaupteten Anspruchs, der von dem Ereignis des Verkaufs des Grundstücks als solchem abhängen sollte, ungewiss gewesen. Auf andere Umstände, insbesondere die Höhe des Kaufpreises, kommt es nach diesem Vorbringen hingegen weder für die Fälligkeit noch in anderer Hinsicht an. Entgegen dem Beschwerdevorbringen gilt dies auch für die Höhe der geltend gemachten Zahlungsforderung. Die behauptete Bestätigung vom 11.09.2001 nennt lediglich „die Verbindlichkeit in Höhe von 250.000,- DM“, die beim Verkauf des Grundstücks fällig werde. Außerhalb der Urkunde liegende Umstände, die auf eine einschränkende Auslegung dahingehend schließen lassen, dass die Forderungshöhe durch den Veräußerungserlös begrenzt wird, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Aus denselben Erwägungen kann der Antragsteller auch keine Auskunft über den genauen Zeitpunkt des Vertragsschlusses beanspruchen. Der schriftlichen Erklärung vom 11.09.2001 ist bei der gebotenen Auslegung zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin für die Über- bzw. Belassung der geschuldeten Summe keine Zinsen zu entrichten hat, sondern dem Antragsgegner „im Gegenzug“ ein näher bezeichnetes Recht zur (Mit-) Nutzung des fraglichen Grundstücks einräumt. Ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen kann dem Antragsteller daher nur nach den gesetzlichen Vorschriften der § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB zustehen. Dafür, dass ein solcher Anspruch in der Vergangenheit begründet worden ist, namentlich der Antragsteller die Erfüllung der Zahlungsforderung bei der Antragsgegnerin angemahnt hat, ist nichts ersichtlich. Für einen etwaigen zukünftigen Zinsanspruch kommt es aufgrund der nach dem Vorstehenden mittlerweile eingetretenen Fälligkeit des (behaupteten) Zahlungsanspruchs auf den Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit dieses Anspruchs nicht mehr an.
Im Ergebnis Gleiches gilt im Hinblick auf die von der Antragsgegnerseite erhobene Einrede der Verjährung. Auch insofern bedarf es der Auskunft über den Zeitpunkt des Verkaufs des Grundstücks durch die Antragsgegnerin zur Erreichung des Informationsziels des Antragstellers nicht, weil der Zahlungsanspruch der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB unterliegt, sodass der Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 BGB nicht nur von der Entstehung des Anspruchs, sondern auch davon abhängt, wann der Anspruchsteller von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
b)
Der Antragsteller kann seinem Vorbringen nach ferner nicht beanspruchen, dass die Antragsgegnerin ihrer Angaben hinsichtlich des Grundstücksverkaufs an Eides statt versichert.
Insofern kann dahingestellt bleiben, ob bzw. unter welchen Umständen in Fallgestaltung der hier in Rede stehenden Art, in denen keine Rechenschaftspflicht im Sinne von § 259 Abs. 1 BGB bzw. vergleichbare Auskunftspflicht besteht, sondern der Gläubiger lediglich eine bestimmte Information vom Schuldner fordern kann, überhaupt ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach bzw. entsprechend § 259 Abs. 2 BGB in Betracht kommt. Denn nachdem die Veräußerung des fraglichen Grundstücks und damit – wiederum das Vorbringen des Antragstellers zu der umstrittenen Vereinbarung unterstellt – der Eintritt der aufschiebenden Fälligkeitsbedingung unstreitig ist, besteht kein schutzwürdiges Interesse des Antragstellers an der Sicherstellung der Richtigkeit dieser für ihn günstigen Auskunft.
Hinsichtlich der übrigen, vom Antragsteller geforderten Auskünfte zu dem fraglichen Grundstücksverkauf besteht ein Anspruch auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach dem Vorstehenden bereits mangels eines entsprechenden Auskunftsanspruchs nicht.
c)
Soweit der Antragsteller die Antragsgegnerin des Weiteren darauf in Anspruch zu nehmen beabsichtigt, die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben hinsichtlich des Abschlusses des Darlehensvertrages an Eides statt zu versichern, ist sein Vorbringen ebenfalls unschlüssig. Ein dahingehender Anspruch rechtfertigt sich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt. Insbesondere genügt es hierfür nicht, dass die Antragsgegnerin bestreitet, das als Anlage A1 in Kopie vorgelegte Schriftstück unterzeichnet zu haben.
d)
Keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 114 ZPO hat auch der angekündigte Antrag, die Antragsgegnerin nach erfolgter Auskunft im Falle der erfolgten Veräußerung des fraglichen Grundstücks zu verurteilen, dem Antragsteller den sich ergebenden Forderungsbetrag nebst Zinsen zu zahlen.
Die Bejahung hinreichender Erfolgsaussicht einer beabsichtigten Klage setzt unter anderem deren Zulässigkeit voraus (Wache, a.a.O., Rn. 54). Erforderlich ist demnach unter anderem die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Ein Zahlungsantrag ist grundsätzlich nur dann hinreichend bestimmt in diesem Sinne, wenn er beziffert ist (BGH, Urteil vom 15.10.1993 – V ZR 19/92 – NJW 1994, 586).
Der angekündigte Klageantrag zu 3) trägt dem nicht Rechnung. Auch ist kein Grund ersichtlich, der ein ausnahmsweises Absehen vom Erfordernis der Bezifferung der beanspruchten Zahlung rechtfertigte. Insbesondere besteht nach dem Vorstehenden keine Ungewissheit über die Höhe des Anspruchs.
e)
Gleiches gilt für den unbezifferten Antrag auf Freistellung des Antragstellers von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren. Davon abgesehen ist ein dahingehender Anspruch auch nicht schlüssig dargelegt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller Ersatz seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach § 280 Abs. 2, § 286 BGB beanspruchen kann.
2.
Eine Kostenentscheidung ist nicht angezeigt. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO bestehen nicht.