Gericht | OLG Brandenburg 12. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 26.08.2021 | |
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Aktenzeichen | 12 U 53/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0826.12U53.21.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 09.02.2021 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus, Az. 2 O 343/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
I.
Der Kläger macht Ansprüche im Zusammenhang mit dem „Abgasskandal“ geltend. Von der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II.
Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung des Klägers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung auch aus sonstigen Gründen nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 ZPO).
1. Der Anspruch des Klägers aus § 826 BGB ist verjährt. Zwar haftet die Beklagte nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum sog. Diesel-Abgasskandal (vgl. BGH, Urteile vom 25.05.2020 - VI ZR 252/19 - und 30.07.2020 - VI ZR 354/19, VI ZR 367/19 und VI ZR 5/20 -) als Herstellerin des in dem vom Kläger am 02.07.2015 beim Autocenter … GbR als Gebrauchtwagen käuflich erworbenen Pkw Skoda wegen des eingebauten Dieselmotors vom Typ EA 189 gemäß § 826 BGB grundsätzlich auf Schadensersatz.
Allerdings hatte der Kläger – wie er selbst in seiner persönlichen Anhörung ausgeführt hat und mit der Berufung auch nicht mehr in Abrede gestellt wird – bereits im Jahr 2016 Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs von der Dieselproblematik erlangt. Damit begann die regelmäßige 3-jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB am 01.01.2017 und lief am 31.12.2019 ab. Die Klageerhebung am 19.08.2020 war mithin nicht mehr geeignet, die Verjährungsfrist zu hemmen.
Dies gilt letztlich auch für den nunmehr gestellten Hilfsantrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht, die ebenfalls auf dem originären Schadensersatzanspruch beruht.
2. Das Landgericht hat auch einen Anspruch aus § 852 BGB mit zutreffenden Gründen abgelehnt.
Nach § 852 S. 1 BGB ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Die Verweisung auf die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung bezieht sich dabei nicht auf die Voraussetzungen, sondern auf den Umfang der Bereicherungshaftung. Bei § 852 BGB handelt es sich nicht um einen Bereicherungsanspruch, sondern um einen sogenannten Restschadensersatzanspruch, also einen Anspruch aus unerlaubter Handlung, der in Höhe der Bereicherung nicht verjährt ist (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2015 – II ZR 281/14 –, Rn. 31 - 32, juris). Allerdings setzt eine Anspruchsprüfung jedenfalls Vortrag des Klägers dazu voraus, dass und in welcher Höhe die Beklagte, die nicht Verkäuferin des Fahrzeugs war, etwas aus dem Fahrzeugverkauf erlangt hat (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 – VI ZR 739/20 –, Rn. 29, juris).
Daran fehlt es. Der Kläger behauptet lediglich ohne jede Substanz ins Blaue hinein, die Beklagte habe auch bei einem Gebrauchtwagenkauf etwas erlangt. Der Vermögenszuwachs ist bei der Beklagten jedoch bereits durch den Neuwagenverkauf eingetreten. Denn es liegt auf der Hand, dass der Beklagten als Herstellerin jedenfalls der Herstellerverkaufspreis, jedoch (unabhängig vom durch den Händler erzielten Kaufpreis) auch nur in dieser Höhe ohne Mehrwertsteuer, aus dem Händlervertrag zugeflossen ist. Dass und inwieweit auch bei einem späteren Weiterverkauf selbst bei ausschließlich wirtschaftlicher Betrachtung der Beklagten ein geldwerter Vorteil zugeflossen sein könnte und in welcher Höhe, liegt nicht auf der Hand (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 15.06.2021 – 3 U 183/12 -, Rn. 43ff; OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.05.2021 – I-5 U 57/20 -, Rn. 59ff, juris; Aufsatz Prof. Dr. Thomas Riehm, NJW 2021, 1625, beck-online). Es bedürfte deshalb zunächst konkreten Vortrags des für einen Bereicherungsanspruch darlegungs- und beweispflichtigen Klägers zu etwaigen Vermögenszuflüssen für diesen Fall. Der Kläger kann sich hier auch nicht auf die Grundsätze der sekundären Darlegungslast berufen. Denn, anders als bei internen Angelegenheiten der Beklagten zur Frage der Kenntnis für die maßgeblichen Umstände zur Begründung der Haftung nach § 826 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2021 – VI ZR 154/20 –, Rn. 14, juris), stehen ihm hier weitere Erkenntnisquellen, wie z.B. der Verkäufer zur Verfügung. Er befindet sich mithin weder in Erkenntnis- noch in Beweisnot, so dass kein Grund für eine Abweichung von den allgemeinen prozessualen Grundsätzen besteht.
Das gilt auch, soweit die Gebrauchtwagenverkäuferin durch den Verkauf an den Kläger einen den tatsächlichen Wert übersteigenden Kaufpreis realisiert haben sollte (vgl. i.E. OLG Karlsruhe, Urteil vom 31. März 2021 – 13 U 678/20 –, Rn. 36, juris).
Der erforderliche Zusammenhang zwischen Vorteil und Schaden kann auch nicht erfolgreich mit dem Argument begründet werden, dass der Schaden durch den Weiterverkauf an den Zweiterwerber „weitergereicht“ wird (OLG Koblenz a.a.O., Rn. 49). Insoweit hilft dem Kläger der Hinweis auf die Rechtsprechung des Kartellsenates nicht weiter (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 – KZR 75/10 –, BGHZ 190, 145-172). Unabhängig von der Frage, ob die dort zugrunde liegende Situation überhaupt auf den vorliegenden Fall übertragbar wäre, hat sich der Kartellsenat ausschließlich zu primären Schadensersatzpflichten verhalten, die im Ergebnis im Einklang mit der Rechtsprechung zur Dieselproblematik stehen. Denn auch dem Zweiterwerber kann ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zustehen. Der Anspruch aus § 852 BGB ist jedoch nicht auf den Primärschaden, sondern auf Abschöpfung des aus der unerlaubten Handlung erlangten und noch vorhandenen Vermögenszuwachses gerichtet. Nicht nur, dass dafür von dem „erlangten“ noch etwas vorhanden sein muss, bedarf es auch eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Vermögensverfügung des Geschädigten und dem Wertzuwachs beim Schädiger. Dieser kann, vorbehaltlich hier nicht vorgetragener Besonderheiten des Einzelfalls, nur beim Erstverkauf vorliegen. Hierfür spricht zudem eine einfache Kontrollüberlegung: Die Beklagte könnte bei Annahme der vom Kläger vertretenen rechtlichen Konstellation von sämtlichen Erwerbern gem. § 852 BGB in Anspruch genommen werden mit der Folge, dass sie das „Erlangte“ i.S.d. § 852 BGB mehrfach auszahlen müsste. Hier käme zwar Entreicherung in Betracht, die Beklagte könnte sich jedoch nach den auch auf den Anspruch aus § 852 BGB anwendbaren §§ 818 Abs. 4, 819 BGB (BeckOGK/Eichelberger, 01.12.2020, § 852 BGB Rn. 24) hierauf nicht berufen, da bei Vorliegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung Bösgläubigkeit anzunehmen wäre (OLG Stuttgart, Urteil vom 02. Februar 2021 – 10 U 229/20 –, Rn. 64 - 65, juris). Anderenfalls entstünde ein „Wettlauf“ der Geschädigten um die Vermögensabschöpfung. Das ist nicht Sinn des § 852 BGB.
3. Mangels Hauptanspruch bleibt auch kein Raum für die geltend gemachten Nebenansprüche.
Die Berufung hat mithin keine Aussicht auf Erfolg. Zur Reduzierung der Kosten wird daher angeregt, die Berufung zurückzunehmen.