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Entscheidung 9 UF 151/21


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 13.10.2021
Aktenzeichen 9 UF 151/21 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:1013.9UF151.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 4. wird der Beschluss des Amtsgerichts Bernau bei Berlin vom 27.07.2021 (Az. 6 F 362/20) zu Ziffer 2. Abs. 1 und 4 des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:

(Ziffer 2. Abs. 1)

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer: 65 …) zu Gunsten des Antragsgegners auf dessen Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer: 04 …) ein Anrecht in Höhe von 7,2476 Entgeltpunkten (Ost), bezogen auf den 31.07.2020, übertragen.

(Ziffer 2. Abs. 4)

Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten der Versorgungsanwartschaft des Antragsgegners beim Bundesverwaltungsamt (Geschäftszeichen: PK 2 / …) zu Gunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von monatlich 245,34 € auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer: 65 …), bezogen auf den 31.07.2020, begründet. Der vorgenannte Rentenbetrag ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Im Übrigen bleibt es bei den getroffenen Regelungen zum Versorgungsausgleich.

Es bleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Beschwerdewert wird auf 2.760 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die (am ...1984 geborene) Antragstellerin und der (am ...1981 geborene) Antragsgegner haben am ...09.2009 die Ehe miteinander geschlossen. Der Scheidungsantrag wurde dem Ehemann am 14.08.2020 zugestellt.

Während der gesetzlichen Ehezeit vom ...09.2009 bis zum ...07.2020 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) haben die Ehegatten - soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse - Versorgungsanrechte bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und der Soldatenversorgung erworben. Die Ehefrau hat bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung erlangt. Der Ehemann ist seit dem 01.03.2005 Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich am 30.04.2026 enden. Er hat aus seinem Dienstverhältnis als Zeitsoldat ein Versorgungsanrecht bei der Bundesrepublik Deutschland erworben.

Das Amtsgericht hat die Ehe der Beteiligten durch Beschluss vom 27.07.2021 geschieden und ausgesprochen, dass ein Ausgleich der oben angeführten Anrechte der Ehegatten wegen Geringfügigkeit nicht stattfinde. Dabei ist das Amtsgericht von einer Gleichartigkeit der in Rede stehenden Anrechte im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG ausgegangen.

Gegen den am 02.08.2021 zugestellten Beschluss hat die weitere Beteiligte zu 4. mit einem am 10.08.2021 beim Amtsgericht eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt. Die vom Amtsgericht vorgenommene Bagatellprüfung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG sei nicht rechtmäßig. Bei den streitgegenständlichen Anrechten handele es sich nicht um solche gleicher Art im Sinne dieser Vorschrift.

Der Senat hat gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne erneute mündliche Verhandlung entschieden, weil hiervon keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren.

II.

Die Beschwerde der Bundesrepublik Deutschland (weitere Beteiligte zu 4.) ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat das Rechtsmittel auch Erfolg und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Zu Unrecht hat das Amtsgericht das Anrecht der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund und das Anrecht des Antragsgegners bei der Beschwerdeführerin nicht ausgeglichen. Diese von den Ehegatten während der Ehezeit (...09.2009 bis zum ...07.2020, § 3 Abs. 1 VersAusglG) erworbenen Versorgungsanrechte sind nicht gleichartig im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG und unterliegen deshalb nicht der Bagatellprüfung nach dieser Vorschrift.

Nach § 18 Abs. 1 VersAusglG soll das Familiengericht beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. Gleichartig im Sinne der Vorschrift sind Anrechte, die sich in Struktur und Wertentwicklung entsprechen, so dass ein Saldenausgleich nach Verrechnung im Wesentlichen zu demselben wirtschaftlichen Ergebnis führt wie ein Hin- und Her-Ausgleich. Eine Wertidentität ist nicht erforderlich, ausreichend ist eine strukturelle Übereinstimmung in den wesentlichen Fragen, z. B. hinsichtlich Leistungsspektrum, Finanzierungsart, Anpassung von Anwartschaften und laufenden Versorgungen (BT-Drs. 16/10144, S. 55; BT-Drs. 16/11903, S. 54; BGH, FamRZ 2013, 1636).

Als Zeitsoldat hat der Antragsgegner in der Ehezeit ein alternativ ausgestaltetes Versorgungsanrecht erworben, welches entweder auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder auf Dienstzeitanrechnung bei Übernahme in ein Soldatenverhältnis oder vergleichbares öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis gerichtet ist (vgl. hierzu BGH, FamRZ 1987, 921; erkennender Senat, FamRZ 2016, 821).

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind das von der Antragstellerin erworbene Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung und die von dem Antragsgegner (in den neuen Bundesländern) erworbene, alternativ ausgestaltete Versorgungsaussicht als Zeitsoldat nicht gleichartig im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG (BGH, FamRZ 2016, 788; FamRZ 2014, 549). Für die Feststellung der Artgleichheit der Anrechte im Rahmen des § 18 Abs. 1 VersAusglG ist allein auf das zu belastende Anrecht und nicht auf das nach § 16 Abs. 2 VersAusglG in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründende Anrecht abzustellen. Weil die Versorgungsaussicht des Ehemannes nach Ablauf seiner Dienstzeit als Soldat auf Zeit möglicherweise in eine Dienstzeitanrechnung in einem Dienstverhältnis als Berufssoldat oder in einem anderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis münden kann, wäre der Anwendungsbereich von § 18 Abs. 1 VersAusglG nur eröffnet, wenn auch ein Versorgungsanrecht nach beamtenrechtlichen Grundsätzen mit den gesetzlichen Rentenanrechten der Ehefrau artgleich wäre (BGH, FamRZ 2014, 549). Dies ist aber nicht der Fall, weil sich Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung und Anrechte der Beamtenversorgung sowohl in der Struktur und Finanzierung als auch im Leistungsspektrum und in der Wertentwicklung wesentlich voneinander unterscheiden (BGH, FamRZ 2013, 1636).

Nach alledem findet vorliegend § 18 Abs. 1 VersAusglG keine Anwendung. Die in Rede stehenden Anrechte der (geschiedenen) Ehegatten sind auszugleichen. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 VersAusglG liegen erkennbar nicht vor.

Nach der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 12.04.2021 (Bl. 27 ff. VA-Heft) hat die Antragstellerin ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Ehezeitanteil von 14,4952 Entgeltpunkten (Ost) erworben. Die Versorgungsträgerin hat einen Ausgleichswert von 7,2476 Entgeltpunkten (Ost) vorgeschlagen und den korrespondierenden Kapitalwert nach § 47 VersAusglG mit 51.088,71 € angegeben. Zweifel an der Richtigkeit der erteilten Auskunft bestehen nicht. Die Beteiligten haben insoweit auch keine Einwände erhoben.

Das Anrecht der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ist auf der Grundlage des mitgeteilten Ausgleichswertes im Wege der internen Teilung gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG zu Gunsten des Antragsgegners auszugleichen.

Das bei der Beschwerdeführerin bestehende Anrecht des Antragsgegners ist im Wege der externen Teilung durch Begründung von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen (§ 16 Abs. 2 VersAusglG) und mit dem Wert des Anspruchs auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bewerten (§ 44 Abs. 4 VersAusglG). Die Bezugsgröße für den Ausgleichswert dieses Anrechts ist der monatliche Rentenwert in Euro. Nach § 16 Abs. 3 VersAusglG ist der Ausgleichswert in Entgeltpunkte bzw. Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Der Antragsgegner stand während der gesamten Ehezeit in einem Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit, das auch weiterhin andauert. Unter Berücksichtigung einer fiktiven Nachversicherung beträgt nach der Auskunft der weiteren Beteiligten zu 2. vom 12.05.2021 (Bl. 34 ff. VA-Heft) das ehezeitanteilige Versorgungsanrecht 14,7660 Entgeltpunkte (Ost), was einer Monatsrente von 490,67 € entspricht. Die weitere Beteiligte zu 2. hat vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 7,3830 Entgeltpunkten (Ost) - entsprechend einer monatlichen Rente von 245,34 € - zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG ist mit 52.043,15 € angegeben worden.

Zweifel an der Richtigkeit dieser Auskunft bestehen nicht; Einwände sind auch von keiner Seite erhoben worden.

Die Versorgungsanrechte des Antragsgegners bei der durch das Bundesverwaltungsamt, Außenstelle Strausberg, vertretenen Bundesrepublik Deutschland sind im Wege externer Teilung durch Begründung entsprechender Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung zu Gunsten der Antragstellerin auszugleichen.

Der angefochtene Beschluss war - wie geschehen - abzuändern.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 150 FamFG, 20 Abs. 1 FamGKG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 40 Abs. 1, 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.