Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 06.09.2021 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 83/18 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:0906.13UF83.18.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 24. April 2018 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.234,76 € festgesetzt.
I.
Der Antragsteller ist der minderjährige Sohn des Antragsgegners. Durch am 6. November 2012 vor dem Amtsgericht Zossen geschlossenen Vergleich hat sich der Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller zu Händen dessen Mutter 100 Prozent des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich der Hälfte des gesetzlichen Kindergeldes zu zahlen. Ab Juli 2015 kürzte der Antragsgegner den Unterhalt und zahlte statt der zu diesem Zeitpunkt geschuldeten 272 € nur noch 225 €. Bis einschließlich Januar 2017 ergab sich so ein Unterhaltsrückstand von 1.188,17 €.
Über das Vermögen des Antragsgegners ist spätestens im Jahr 2017 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Antragsteller hat seine im Zeitraum von Juli 2015 bis Januar 2017 entstandene Unterhaltsforderung nebst Nebenforderungen (Zinsen und Kosten von insgesamt 52,76 €) als Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zur Insolvenztabelle angemeldet. Der Antragsgegner hat die Forderung bestritten und Widerspruch gegen die Eigenschaft der Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung eingelegt (Bl. 9). Die Forderung ist in voller Höhe zur Tabelle festgestellt (Bl. 10).
Im vorliegenden Verfahren erstrebt der Antragsteller die Feststellung, dass die festgestellten Unterhaltsrückstände aus dem Vergleich auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung des Antragsgegners beruhen.
Der Antragsteller hat behauptet, der Antragsgegner habe seine ihm gegenüber bestehende Unterhaltspflicht vorsätzlich verletzt, §§ 823 Abs. 2 i. V. m. § 170 StGB. Der Antragsgegner unterliege der gesteigerten Erwerbsobliegenheit, § 1603 Abs. 2 BGB. Seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit werde vermutet. Er sei darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass er zur Leistung des Mindestunterhalts nicht in der Lage gewesen sei. Auch innerhalb des vorliegenden Feststellungsverfahrens treffe ihn die sogenannte sekundäre Beweislast hinsichtlich mangelnder Leistungsfähigkeit. Er habe seinen Widerspruch gegen den Forderungsgrund nicht begründet und auch kein unterhaltsrechtliches Abänderungsverfahren betrieben. Umstände, die einer Verpflichtung zur Zahlung des Unterhalts entgegenstünden, lägen nicht vor.
Der Antragsgegner habe auch vorsätzlich gehandelt. Ihm sei seine – titulierte – Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Antragsteller bewusst gewesen. Er habe sich nicht für eingeschränkt leistungsfähig halten können. Die Bedürftigkeit des Antragstellers sei evident.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, dass die Unterhaltsrückstände aus dem Vergleich vor dem Amtsgericht Zossen vom 6. November 2012 (Az. 6 F 209/10) in Höhe von 1.182 € nebst Nebenforderungen in Höhe von 52,76 € aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Antragsgegners stammen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er habe das teilweise Vorenthalten des Unterhalts von Juli 2015 bis Januar 2017 nicht als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zu vertreten. Der Feststellungs- und Schadensersatzanspruch sei verwirkt. Der Antragsteller habe erst am 3. März 2017 Forderungen angemeldet, die teilweise älter als ein Jahr gewesen seien.
Aus dem Umstand, dass er seine titulierte Unterhaltspflicht nicht voll erfüllt habe, ergebe sich keine vorsätzliche Verletzung der Unterhaltspflicht im Sinne des § 170 StGB. Der Antragsteller genüge seiner Darlegungs- und Beweislast mit der pauschalen Behauptung der Verletzung des Schutzgesetzes nicht. Die sekundäre Darlegungslast des Antragsgegners entlaste den Antragsteller insoweit nicht.
Im gegenständlichen Zeitraum habe er monatlich 225 € gezahlt. Zusammen mit dem staatlichen Kindergeld seien dem Antragsteller monatlich 417 € zugeflossen. Eine Gefährdung des Lebensbedarfs des Antragstellers sei nicht eingetreten.
Tatsächlich habe er im Jahr 2017 ein Abänderungsverfahren betrieben, sei allerdings unterlegen. Im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses sei er nur drei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet gewesen. Am 2. September 2014 sei sein viertes Kind, L… N…, geboren. Seine Leistungsfähigkeit habe sich dadurch geändert. Im Juli und August 2015 sowie von November 2015 bis Februar 2016 habe er über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.395,17 € verfügt. Von Anfang September bis Anfang November habe er Elternzeit gehabt und monatlich Elterngeld in Höhe von 833,09 € bezogen. Bei einem reduzierten Selbstbehalt von 972 € seien monatlich 423,17 € für alle vier minderjährigen Kinder verblieben. Hiervon habe der Antragsteller 225 € erhalten.
Ab März 2016 habe er durch eine Nebenbeschäftigung zusätzlich 381,77 € netto erhalten, so dass ihm 1.777 € zur Verfügung gestanden hätten. Damit hätten 805 € für den Unterhalt der vier Kinder zur Verfügung gestanden, der Bedarf des Antragstellers habe 289 € betragen. Aufgrund einer Mangelfallberechnung hätten ihm 220,93 € zugestanden, und damit weniger, als er dem Antragsteller gezahlt habe.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers abgewiesen. Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 170 StGB sei nicht feststellbar. Der Antragsteller habe seiner Darlegungslast nicht genügt. Aus dem Unterliegen des Antragstellers im Abänderungsverfahren, das einen Zeitraum ab Oktober 2017 betroffen hätte, ergäbe sich nichts anderes.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein erstinstanzliches Ziel weiter. Das Amtsgericht habe zu hohe Anforderungen an die Darlegungslast des Antragstellers gestellt. Er habe die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners dargelegt. Die individuelle Leistungsfähigkeit sei dem Amtsgericht auch bestens bekannt. Denn sowohl das Verfahren, das zur Titulierung geführt habe als auch das spätere vom Antragsgegner erfolglos geführte Abänderungsverfahren habe dieselbe Richterin bearbeitet. Ungeachtet der Geburt seines vierten Kindes habe sich der Antragsgegner keinesfalls für eingeschränkt leistungsfähig halten dürfen. Er habe nicht die Abänderung beantragt, sondern eigenmächtig die Unterhaltszahlung verringert.
Der Antragsgegner sei im späteren Abänderungsverfahren unterlegen, weil das Amtsgericht für den Zeitraum ab Oktober 2017 die Leistungsfähigkeit für vier Kinder festgestellt habe. Im Hinblick auf die Besonderheiten der Leistungspflicht des Antragsgegners sei ohne weiteres zu vermuten, dass der Antragsgegner jederzeit in der Lage gewesen sei, ein Einkommen zu erzielen, das den Mindestunterhalt des Antragstellers hätte sicherstellen können. Wäre er nur seiner gesteigerten Erwerbsfähigkeit hinreichend nachgekommen, hätte er das ab Januar 2017 gestiegene Einkommen, welches das Amtsgericht seiner Entscheidung in dem Abänderungsverfahren zugrunde gelegt habe, bereits früher erzielen können. Dem Antragsgegner obliege es darzulegen, weshalb er nicht in der Lage gewesen wäre, ein höheres Einkommen zu erzielen, etwa bei einem anderen Arbeitgeber. Erst einem entsprechenden Vortrag hätte der Antragsteller entgegentreten müssen.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Zossen vom 17. April 2018 festzustellen, dass die Unterhaltsrückstände aus dem vor dem Amtsgericht Zossen geschlossenen Vergleich vom 6. November 2012 (Az. 6 F 209/10) in Höhe von 1.182 € nebst Nebenforderungen in Höhe von 52,76 € aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Antragsgegners stammen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Der Senat entscheidet seiner Ankündigung vom 30. Juli 2018 folgend, ohne erneute mündliche Verhandlung, von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten ist, nachdem die Beteiligten zu den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten schriftlich vorgetragen haben.
II.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache erfolglos. Der Feststellungsantrag des Antragstellers ist unbegründet, weil ihm gegen den Antragsgegner kein Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung im Sinne von §§ 302 Nr. 1 InsO, 823 Abs. 2 BGB, 170 Abs. 1 StGB in Höhe von 1.182 € und Nebenforderungen zusteht.
1. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, die keiner Ergänzung bedarf, die Zulässigkeit des Antrags bejaht.
2. Auf Verwirkung von Teilen der zur Tabelle festgestellten Ansprüche kann sich der Antragsgegner allerdings nicht mit Erfolg berufen.
Im Rahmen des Verfahrens auf Feststellung, dass eine zur Insolvenztabelle lediglich mit dem Schuldnerwiderspruch gegen ihre deliktische Begründung bereits festgestellte Forderung auf vorsätzlicher unerlaubter Handlung beruht, kann der Schuldner Einwendungen gegen Entstehung oder Bestand der Forderung selbst nicht mehr erfolgreich geltend machen. Insofern ist er insbesondere auch mit den Einwendungen der Verwirkung (hier: wegen langer Rückstandszeiträume) ausgeschlossen (vgl. OLG Celle NJW-RR 2013, 614).
So liegt der Fall hier. Ausweislich des Auszuges aus der Insolvenztabelle ist die vom Antragsteller angemeldete Forderung in voller Höhe zur Tabelle festgestellt (Bl. 10). Der Antragsgegner kann dem Antragsteller damit die Einwendung der Verwirkung nicht entgegenhalten.
3. Der Antragsgegner hat allerdings die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 170 StGB nicht schlüssig vorgetragen.
Der Gläubiger eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 170 Abs. 1 StGB muss sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen dieses Anspruchs darlegen und beweisen. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen der Senat keine Veranlassung sieht, dass derjenige, der sich auf eine deliktische Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes stützt, grundsätzlich alle Umstände darzulegen und zu beweisen hat, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergibt (BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - VI ZR 367/09, ZIP 2011, 1821 Rn. 13; vom 18. Dezember 2012 - II ZR 220/10, WM 2013, 329 Rn. 14).
Der Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB wegen vorsätzlicher Verletzung der Unterhaltspflicht muss daher beweisen, dass in bestimmten Zeiträumen eine gesetzliche Unterhaltspflicht bestand, sich der Schuldner dieser Unterhaltspflicht entzog und dadurch der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet war oder ohne die Hilfe anderer gefährdet gewesen wäre. Ob eine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht, richtet sich nach den materiell-rechtlichen Unterhaltsregelungen; beruft sich der Gläubiger - wie im Streitfall - auf die Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern, muss er beweisen, dass ein Unterhaltsbedarf bestand, die minderjährigen Kinder unterhaltsbedürftig und der Unterhaltsschuldner leistungsfähig war. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners ist als gesetzliche Voraussetzung der Unterhaltspflicht ebenfalls Tatbestandsmerkmal des § 170 StGB (Schönke/Schröder/Bosch/Schittenhelm, StGB, 30. Aufl., § 170Rn. 19 mwN), mithin vom Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 170 StGB zu beweisen. Da das Schutzgesetz ein vorsätzliches Handeln verlangt und nach § 302 Nr. 1 InsO a. F. (Art. 103h EGInsO) nur eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung von der Restschuldbefreiung ausgenommen ist, ist der Gläubiger schließlich für den zumindest bedingten Vorsatz des Unterhaltsschuldners beweispflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2010 - IX ZR 247/09, BGHZ 187, 337 Rn. 16; vom 18. Dezember 2012, aaO).
Allein aufgrund der Titulierung eines Unterhaltsanspruchs steht nicht zugleich fest, dass der Schuldner, der die titulierten Beträge nicht oder nur teilweise zahlt, seine Unterhaltspflicht verletzt und den objektiven Tatbestand des § 170 StGB erfüllt.
Aufgrund des Vergleichs vom 6. November 2012 ist der Antragsteller zwar verpflichtet, Unterhalt für den Antragsteller zu zahlen. Unstreitig ist, dass er diesen Unterhalt für den im Streitfall betroffenen Zeitraum teilweise nicht gezahlt hat. Daraus allein folgt aber nicht, dass die Nichtzahlung die Voraussetzungen einer Verletzung der Unterhaltspflicht im Sinne von § 170 StGB erfüllt. Denn die Nichterfüllung einer titulierten Unterhaltsschuld und die vorsätzliche Verletzung einer Unterhaltspflicht gemäß § 170 StGB sind nicht identisch. Ebenso wenig wie ein rechtskräftiges Urteil über eine Zahlungspflicht bindend entscheidet, ob ein Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung besteht (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2009 - IX ZR 239/07, BGHZ 183, 77 Rn. 15 f; vom 28. Juni 2012 - IX ZR 160/11, WM 2012, 1872 Rn. 11), folgt aus einem Unterhaltstitel, dass der den Unterhalt nicht zahlende Schuldner den Straftatbestand des § 170 StGB erfüllt (vgl. BGH Beschl. v. 3.3.2016 – IX ZB 65/14, BeckRS 2016, 6770 Rn. 9-17).
Für einen schlüssigen Vortrag bezüglich der objektiven Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 170 StGB reicht auch der Hinweis auf die Feststellung der Forderung – mit Ausnahme der Eigenschaft aus vorsätzlicher begangener unerlaubter Handlung resultierend – zur Insolvenztabelle nicht aus. Erforderlich ist die Darlegung sämtlicher objektiver und subjektiver Tatbestandsmerkmale einer Unterhaltspflichtverletzung (vgl. OLG Hamm ZInsO 2014, 1337).
Daran fehlt es hier.
a) Seine Bedürftigkeit hat der Antragsteller allerdings mit dem Verweis auf den vorliegenden Unterhaltstitel hinreichend dargelegt, ohne dass der Antragsgegner dem etwas Substantielles entgegen gehalten hätte.
In einem Rechtsstreit über die vorsätzliche Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern besteht regelmäßig eine sekundäre Darlegungslast des Schuldners, wenn bereits ein Titel aufgrund eines streitigen Beschlusses vorliegt, der den Schuldner für die Zeiträume zum Unterhalt verpflichtet, für die der Gläubiger Schadensersatz wegen Verletzung der Unterhaltspflicht verlangt. Zum einen kann sich der Gläubiger unter diesen Umständen - soweit wie im Streitfall Schadensersatz nur hinsichtlich des Mindestunterhalts verlangt wird - hinsichtlich des Unterhaltsbedarfs und der Unterhaltsbedürftigkeit eines minderjährigen Kindes auf § 1612a BGB berufen. Der Mindestbedarf knüpft an das Existenzminimum an; die Vorschriften beruhen auf der - im Regelfall zutreffenden - Vermutung, dass minderjährige Kinder typischerweise weder über Vermögen noch über Einkommen verfügen, mit dem sie ihren Unterhaltsbedarf decken könnten. Solange der Schuldner keine Umstände darlegt, die es möglich erscheinen lassen, dass ein minderjähriges Kind gemäß § 1602 BGB in Höhe des Mindestunterhalts nicht bedürftig ist, ist der Gläubiger nicht gehalten, weiteres zu Unterhaltsbedarf und -bedürftigkeit des minderjährigen Kindes vorzutragen oder zu beweisen.
Der Antragsgegner hat die Bedürftigkeit des Antragstellers in Höhe des Mindestunterhalts auch nicht mit Substanz bestritten. Die von ihm vorgenommene Anrechnung des vollen Kindergelds hilft über die Bedürftigkeit in Höhe des nicht gezahlten Unterhaltsteils nicht hinweg. Denn sie ist gemäß § 1612b Abs. 1 Nr. 1 BGB im vorliegenden Fall nicht zulässig, weil die Mutter des Antragstellers ihre Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt, und deshalb das Kindergeld nur zur Hälfte auf den Kindesbedarf anrechenbar ist.
b) Nicht dargelegt hat der Antragsteller aber die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners im streitbefangenen Zeitraum. Beim Vorliegen eines auf einem streitigen Beschluss beruhenden Unterhaltstitels wird für den Unterhaltsschuldner auch eine sekundäre Darlegungslast des Schuldners hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit bejaht. Denn regelmäßig kennt der Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 170 StGB keine Tatsachen über die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners. Auskunftsansprüche für den Schadensersatzanspruch stehen ihm nicht zu. Der Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB besteht nur hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs, die Auskunftspflicht nach § 6 UVG nur für Umstände zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes (Grube, UVG, § 6 Rn. 6). Dem Unterhaltsschuldner sind die Tatsachen jedoch bekannt; ihm sind nähere Angaben auch zumutbar, weil ihn materiell-rechtlich bezüglich des Unterhaltsanspruchs eine Auskunftspflicht trifft (§ 1605 BGB, § 6 UVG). Hierfür spricht weiter, dass in Unterhaltssachen § 235 FamFG zusätzlich zu etwa bestehenden materiell-rechtlichen Auskunftsansprüchen eine verfahrensrechtliche Auskunftspflicht der Beteiligten regelt (BGH Beschl. v. 3.3.2016 – IX ZB 65/14, BeckRS 2016, 6770 Rn. 18-24, beck-online).
Im vorliegenden Fall gilt allerdings etwas anderes. Zum einen beruht der Unterhaltstitel nicht auf einem streitigen Beschluss, sondern auf einem Vergleich, der seine Grundlagen nicht beziffert hat. Zum anderen hatte der Antragsgegner im Jahr 2017, und damit vor Einleitung des vorliegenden Verfahrens, bereits die Abänderung des Vergleichs vom 6. November 2012 bezogen auf den Zeitraum ab Rechtshängigkeit jenes Verfahrens dahin beantragt, dass er nur noch zu einer Unterhaltszahlung in Höhe von 217 € monatlich verpflichtet sei. Im Rahmen jenes Verfahrens sind die Einkommensverhältnisse und -möglichkeiten des Antragsgegners thematisiert worden (Bl. 115 ff.), so dass auch der Antragsteller um die Einkommensverhältnisse und -möglichkeiten des Antragsgegners wusste und entsprechend hätte vortragen können. Anders als der Antragsteller meint, hätte es deshalb nicht dem Antragsgegner oblegen darzulegen, warum er nicht in der Lage gewesen ist, ein höheres Einkommen zu erzielen, während der Antragsteller erst einem entsprechenden Vortrag hätte entgegentreten müssen.
Es kann aber schließlich dahinstehen, ob dieselben Grundsätze zu Darlegungs- und sekundärer Darlegungslast gelten, wenn die Unterhaltspflicht statt durch einen Titel, der auf einer streitigen Gerichtsentscheidung beruht, auf einem Vergleich basiert, der seine Grundlagen nicht beziffert. Denn vorliegend ist der Antragsgegner einer etwa bestehenden sekundären Darlegungslast gerecht geworden, indem er Tatsachen dargelegt hat, die geeignet sind, seine volle Leistungsfähigkeit im streitbefangenen Zeitraum in Frage zu stellen. Er hat seine Einkünfte, die er beim selben Arbeitgeber wie zur Zeit des Vergleichsabschlusses erzielt hat, sowie die Höhe seiner Nebeneinkünfte nachgewiesen und vorgetragen, seiner fortdauernden vollen Leistungsfähigkeit habe neben den gestiegenen Ansprüchen der drei älteren Kinder die neu hinzugetretene Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem jüngsten Kind L… entgegengestanden. Darauf hat der Antragsteller nichts von Substanz erwidert. Er hat die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners nicht schlüssig dargelegt. Seine Bezugnahme auf den Unterhaltsvergleich vom 6. November 2012, der keine tatsächlichen Feststellungen zur Höhe des Einkommens und zur Leistungsfähigkeit des Antragsgegners enthält, lässt die Leistungsfähigkeit unter den vom Antragsgegner dargelegten geänderten Umständen nicht erkennen. In Ansehung des zuvor erledigten Abänderungsverfahrens hätte der Antragsteller vortragen können, worin konkret ein Verstoß gegen die gesteigerte Erwerbsobliegenheit des Antragsgegners bestanden und welche besseren Erwerbsmöglichkeiten er unterlassen habe.
Soweit der Antragsteller dem entgegen hält, es sei „ohne weiteres zu vermuten, dass der Antragsgegner jederzeit in der Lage war, ein Einkommen zu erzielen, das den Mindestunterhalt sicherstellen konnte“, weil der Antragsgegner in seinem im Oktober 2017 eingeleiteten Abänderungsverfahren unterlegen war, und weil er dasjenige Einkommen, das der Antragsgegner ab Januar 2017 erzielt hat, auch in der Zeit von Juli 2015 bis Januar 2017 hätte erzielen können, genügt er auch hiermit seiner Darlegungslast nicht. Seinem Vortrag ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, warum die Einkommenserhöhung bereits im gegenständlichen Zeitraum erzielbar gewesen wäre. Zu den beruflichen Qualifikationen und Fähigkeiten des Antragsgegners fehlt ebenso jeder Hinweis, wie zu bisher ausgeübten oder alternativ möglichen Tätigkeiten. Tatsachen, die Anhaltspunkte dafür bieten könnten, worin ein Verstoß des Antragsgegners gegen seine gesteigerte Erwerbsobliegenheit bestanden haben könnte, welche Tätigkeiten der Antragsgegner also hätte ausüben können und müssen, um ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, das den Mindestunterhalt nicht nur für den Antragsteller, sondern zugleich auch für seine drei Halbgeschwister sichergestellt hätte, bietet der Vortrag des Antragstellers nicht. Eine Vermutung, dass ein Unterhaltsschuldner, dem es gelingt, sein Einkommen wesentlich zu erhöhen, diese Möglichkeit jedenfalls auch schon zu einem beliebigen früheren Zeitpunkt gehabt hätte, ist dem Unterhaltsrecht fremd.
Auch der Hinweis, dass dem Amtsgericht das individuelle Leistungsvermögen des Antragsgegners bestens bekannt sei, entbindet den Antragsteller im vom Beibringungsgrundsatz beherrschten Streitverfahren nicht von seiner Darlegungslast. Im Streitverfahren darf das Gericht nicht amtswegig ermitteln, sondern hat seine Entscheidung auf der Grundlage des Beteiligtenvortrags (im konkreten Verfahren) zu treffen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 97 ZPO.
Der Verfahrenswert ist gemäß §§ 55 Abs. 2, 42 Abs. 2 FamGKG festzusetzen. Bei der hier in Rede stehenden Feststellungsklage nach § 184 InsO ist die Frage der Realisierbarkeit des festzustellenden Anspruchs für die Festsetzung des Streitwerts maßgeblich. Bei der Mehrzahl der insolventen Verbraucher wird dann, wenn ein Vollstreckungstitel von der Restschuldbefreiung ausgenommen wird, nach Abschluss des Insolvenzverfahrens eine Vollstreckung gegen den Schuldner nicht möglich sein, so dass das wirtschaftliche Interesse an der Feststellung des Anspruchsgrundes als auf unerlaubter Handlung beruhend nicht allzu hoch ist. Dieser allgemein bekannten Erfahrung muss bei der Bemessung des Streitwerts einer Feststellungsklage angemessen Rechnung getragen werden, indem die späteren Vollstreckungsaussichten des Feststellungsklägers nach Erteilung der Restschuldbefreiung für den Schuldner konkret bewertet werden. Können diese anhand der voraussichtlichen wirtschaftlichen Lage des Schuldners auch für die Zeit nach Erteilung der Restschuld nicht als günstig angesehen werden, sind deutliche Abschläge vom Nominalwert der Deliktsforderung sachlich gerechtfertigt (BGH NJW 2009, 920).
Nach diesen Grundsätzen ist der Wert in voller Höhe der angemeldeten Forderung festzusetzen. Die wirtschaftliche Lage des Antragsgegners ist grundsätzlich nicht prekär. Er ist in der Lage Einkünfte weit oberhalb des Mindestlohnsektors zu erzielen. Sein ältestes Kind ist bereits volljährig und möglicherweise bereits oder in absehbarer Zeit nicht mehr unterhaltsbedürftig. Diese Umstände lassen eine günstige Prognose im Hinblick auf die Vollstreckungsaussichten zu. Ein Abschlag von der angemeldeten Forderung ist deshalb nicht vorzunehmen.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 70 Abs. 2 FamFG.