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Entscheidung 19 Verg 3721


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg Vergabesenat Entscheidungsdatum 26.07.2021
Aktenzeichen 19 Verg 3721 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:0726.19VERG3721.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen ist unzulässig.

Das Verfahren wird an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Zurückweisung ihres Nachprüfungsantrags im Rahmen einer europaweit bekanntgemachten Ausschreibung der Antragsgegnerin über die Durchführung der Notfallrettung im öffentlichen Rettungsdienst der Rettungswache in ....

Die Antragsgegnerin ist eine zu 100 % vom Landkreis ... gehaltene Kapitalgesellschaft. Sie wurde im Jahr 2011 gegründet. Gegenstand des Unternehmens sind die Vollzugsaufgaben des Rettungsdienstes im Landkreis ... . Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 des zwischen dem Landkreis ... als Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes und der Antragsgegnerin geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages vom 10. Oktober 2011 überträgt der Landkreis der Antragsgegnerin die Organisation und Durchführung des Rettungsdienstes nach Maßgabe des Gesetzes über den Rettungsdienst im Land Brandenburg (BbgRettG) in seiner jeweils gültigen Fassung für den Bereich der (aufgelisteten) Rettungswachen, darunter auch diejenige in ... . In § 4 Abs. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages ist geregelt, dass die Antragsgegnerin ohne vorherige Zustimmung des Trägers des Rettungsdienstes nicht berechtigt ist, die übernommenen Pflichten auf nachfolgende Auftragnehmer zu übertragen.

Die Antragstellerin zu 1. ist zu 100 % eine Tochtergesellschaft der Antragstellerin zu 2. und verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung. Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin zu 2. ist die Durchführung und Vermittlung von Dienst- und Serviceleistungen vornehmlich im medizinischen Bereich, die Vermittlung von Geschäften und Dienstleistungen aller Art und die Erbringung von Dienstleistungen für Dritte. Die Antragstellerin zu 2. wandte sich mit Schreiben vom 4. Dezember 2020 an den Landkreis ... und bekundete ihr Interesse an der Leistungserbringung im Rettungsdienstbereich des Landkreises. Mit Schreiben vom 18. Januar 2021 beantragte die Antragsgegnerin beim Landkreis ... auf der Grundlage des § 10 Abs. 3 Nr. 3 BbgRettG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages die Zustimmung, die mit jenem Vertrag übernommenen Pflichten in Bezug auf die Rettungswache ... zum 1. April 2021 gemäß § 10 Abs. 1 BbgRettG an eine gemeinnützige Hilfsorganisation, „die gemäß § 18 Abs. 1 des Brandenburgischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes im Katastrophenschutz mitwirkt“, zu übertragen. Diesem Antrag stimmte der Landkreis ... mit Schreiben der Landrätin vom 21. Januar 2021 zu.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 8. Februar 2021 rügten die Antragstellerinnen unter Berufung auf § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB gegenüber dem Landkreis ... die geplante oder bereits durchgeführte de-facto-Vergabe der Rettungsdienstleistungen in der Rettungswache .... Sie verwiesen auf die nach ihrer Auffassung hier zwingende Anwendung des 4. Teils des GWB in Vergabeverfahren oberhalb der Schwellenwerte und beanstandeten, dass die gewerblich tätige Antragstellerin zu 2. sowie die als gemeinnützig anerkannte Antragstellerin zu 1. unter Annahme der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB (i.V.m. § 10 Abs. 1 BbgRettG) von der Teilnahme an den Sondierungsgesprächen und an einem ordnungsgemäßen Angebotsverfahren ausgeschlossen seien. Ihres Erachtens verstoße die Bevorzugung der im Zivil- und Katastrophenschutz mitwirkenden Hilfsorganisationen nach § 10 Abs. 1 BbgRettG bereits gegen höherrangiges Recht. Jedenfalls sei das mit den Kann-Vorschriften des § 10 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BbgRettG gesetzlich vorgesehene Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden. Auch die Antragsgegnerin als Eigengesellschaft des Landkreises sei eine privatrechtliche Gesellschaft und damit gewerblicher Anbieter. Der nunmehrige Ausschluss anderer gewerblicher Anbieter verstoße vor diesem Hintergrund gegen die Vorgaben des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB, zumal die betroffenen Leistungen bisher im gesamten Landkreis nicht von gemeinnützigen Organisationen erbracht worden seien. Sie machten ferner geltend, die nach Erlass des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2019 (Rs. C-465/17, juris) gegebene gesetzgeberische Begründung zur Einfügung der Sätze 2 bis 4 in § 10 Abs. 1 des BbgRettG (Drucksache 6/11542, Landtag Brandenburg, 2. Neudruck) sehe auch nicht wie nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB geboten eine zwingende Beschränkung auf gemeinnützige Organisationen vor. Die Antragsgegnerin könne sich daher nicht auf die dort geregelte Bereichsausnahme von den Vorschriften des 4. Teils des GWB berufen. Die maßgeblichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit des Auftraggebers bei rettungsdienstlichen Ausschreibungen seien insbesondere in den rettungsdienstrechtlichen Vorschriften geregelt, deren Einhaltung daher auch in einem Vergabenachprüfungsverfahren im Sinne vorgelagerter Rechtsfragen inzident zu prüfen seien. Die vergabebeschränkenden Vorgaben des Kreises verstießen insoweit gegen das Willkürverbot des § 97 GWB und seien unverhältnismäßig. Denn die gesetzlich vorgesehene Vorrangstellung der Hilfsorganisationen habe zur Folge, dass eine angemessene rettungsdienstliche Betätigung Dritter faktisch nicht möglich sei sie stelle damit zugleich einen Eingriff in die Berufsfreiheit durch eine objektive Berufszugangsvoraussetzung dar, der verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt sei.

Darüber hinaus entsprächen die Vorgaben zur Gemeinnützigkeit in § 10 Abs. 1 BbgRettG nicht den diesbezüglichen Vorgaben in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB und erst recht nicht den Anforderungen der dieser nationalen Norm zugrunde liegenden europäischen Richtlinien. Nach § 10 Abs. 1 S. 2, 3 BbgRettG i.V.m. § 18 BbgBKG könnten bei der Auswahlentscheidung gemeinnützige Organisationen, die im Katastrophenschutz mitwirken, vorrangig berücksichtigt werden; diese Vorgabe sei mit dem Mitwirkungserfordernis enger gefasst als § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB, der in Halbsatz 2 lediglich insbesondere auf die „Hilfsorganisationen“ verweise, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt seien. Ob § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB überhaupt selbst Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU richtlinienkonform umsetze, sei zudem nicht abschließend geklärt, da gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet worden sei, so dass es zunächst bei dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 1. Dezember 2008 (X ZB 31/09, juris) verbleiben müsse, wonach Rettungsdienstleistungen unionsrechtskonform auszuschreiben seien. Da nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB als „gemeinnützig" nur solche Organisationen oder Vereinigungen anzusehen seien, bei denen die Gewinnerzielungsabsicht fehle, könne die Bereichsausnahme zulässig zudem nur dann genutzt werden, wenn das brandenburgische Recht die Gemeinnützigkeit als zwingende Voraussetzung für die Anerkennung als Hilfsorganisation im Zivil- und Katastrophenschutz verlangen würde.

Nachdem die Antragsgegnerin den Antragstellerinnen am 12. Februar 2021 mitgeteilt hatte, dass sie beabsichtige, im Jahr 2021 mit Zustimmung des Landkreises „Dritte“ an der ihr übertragenen Aufgabenwahrnehmung am Standort der Rettungswache ... zu beteiligen, dabei die Inanspruchnahme der Bereichsausnahme nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB i.V.m. §§ 10 Abs. 1 S. 2, 3 BbgRettG, 18 BbgBKG jedoch nicht ausschließe, wurde von der Antragsgegnerin am 12. März 2021 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union ihre Absicht bekanntgemacht, gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen mit der Durchführung von Aufgaben des öffentlichen Rettungsdienstes gemäß § 10 Abs. 1 BbgRettG i.V.m. § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB am Rettungswachenstandort ... für den Zeitraum vom 1. Juni 2021 bis 31. Mai 2026 mit der Option auf einmalige Verlängerung um 5 Jahre zu beauftragen. Sie nehme die Bereichsausnahme gemäß § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB in Anspruch. Gemäß Ziffer 11.1.4) der Bekanntmachung bestehe kein Anspruch auf Einhaltung von Bestimmungen des (EU-)Vergaberechts. Es handele sich um ein Verwaltungsverfahren, bei dem die Auswahl des künftigen Vertragspartners in einem transparenten, fairen und diskriminierungsfreien Verwaltungsverfahren erfolgen werde. Als zuständige Stelle für Rechtsbehelfs-/Nachprüfungsverfahren wurde von der Antragsgegnerin in Ziffer Vl.4.1) der Bekanntmachung das Verwaltungsgericht Potsdam angegeben.

Neben weiteren Interessenten meldete sich die Antragstellerin zu 1. auf dem für das Vergabeverfahren zu nutzenden Vergabeportal an. Ein Angebot gab bis zum vorgesehenen Termin für die Öffnung der Angebote am 9. April 2021 keine der Antragstellerinnen ab.

Mit an die Antragsgegnerin gerichtetem anwaltlichem Schriftsatz vom 1. April 2021 rügten die Antragstellerinnen das bisher durchgeführte Verfahren sowie die auf dem Vergabemarktplatz Brandenburg veröffentlichten Ausschreibungsunterlagen. Gemäß § 6 Abs. 1 BbgRettG sei der Landkreis ... Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes, die Antragsgegnerin könne sich daher als beauftragte zivilrechtliche Gesellschaft nicht auf § 10 BbgRettG für die Unterbeauftragung der Aufgaben nach dem BbgRettG berufen. Jedenfalls könne die Antragsgegnerin als Verwaltungshelferin des Landkreises die in Rede stehenden Leistungen auf einen Dritten nicht wie geboten durch Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG) oder auch nur durch öffentlich-rechtlichen Vertrag (§ 54 VwVfG) übertragen. Beliehene sei die Antragsgegnerin nicht, so dass auch der unter Ziffer Vl.4.1. der Bekanntmachung angegebene Rechtsweg zum Verwaltungsgericht Potsdam rechtswidrig sei. Zuständig wäre vielmehr das Landgericht, wenn es die Vergabekammer nicht sei. Der ausgeschriebene öffentlichrechtliche Vertrag wäre im Abschlussfall zudem gemäß § 44 VwVfG nichtig, denn es liege eine zivilrechtlich sittenwidrige Anwendung der Bereichsausnahme vor.

Nachdem die Antragsgegnerin den Rügen der Antragstellerinnen nicht abgeholfen hat, haben diese mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 8. April 2021 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg gestellt und diesen im Wesentlichen unter Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres Rügevortrags begründet.

Die Antragstellerinnen haben vor der Vergabekammer beantragt,

1. festzustellen, dass sie durch das von der Antragsgegnerin durchgeführte Verfahren in ihren Rechten verletzt sind,

2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht Dienstleistungen in dem o.g. Bereich nur nach einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu vergeben,

3. hilfsweise, dass die Kammer unabhängig auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens hinwirkt (vgl. § 168 Abs. 1 S. 2 GWB),

4. den Antragstellerinnen Einsicht in die Vergabeakte zu gewähren (§ 165 Abs. 1 GWB),

5. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerinnen für notwendig zu erklären,

6. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerinnen aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

1. den Antrag der Antragstellerinnen auf Feststellung der Verletzung in ihren Rechten durch das von der Antragsgegnerin durchgeführte Verfahren zurückzuweisen,

2. den Antrag der Antragstellerinnen, der Antragsgegnerin aufzugeben, bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht die Dienstleistungen im Rettungsdienstbereich nur nach einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu vergeben, zurückzuweisen,

3. den Antrag der Antragstellerinnen, hilfsweise auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens hinzuwirken, zurückzuweisen,

4. den Antrag der Antragstellerinnen auf Einsicht in die Vergabeakte zurückzuweisen,

5. die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin festzustellen,

6. die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin den Antragstellerinnen aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin hat den Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig erachtet. Sie hat dazu ausgeführt, die mit dem verwaltungsrechtlichen Auswahlverfahren verfolgte Aufgabenübertragung durch die Antragsgegnerin auf eine gemeinnützige Organisation erfolge unter ausdrücklicher Zustimmung des Landkreises .... Der Auftrag sei nur auf freiwilliger Basis zur Maximierung der Transparenz europaweit im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht worden. Der Nachprüfungsantrag, bei dem es im Kern um die Frage gehe, ob die Antragsgegnerin von der Bereichsausnahme gemäß § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB Gebrauch machen dürfe, sei vor diesem Hintergrund verfahrensrechtlich unzulässig, weil die Voraussetzungen der Bereichsausnahme vorliegend erfüllt seien. Hierfür könne insbesondere auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamburg vom 16. April 2020 (1 Verg 2/20, juris) verwiesen werden, da die landesrechtliche Rechtslage in Brandenburg mit derjenigen in Hamburg vergleichbar sei.

Der zu vergebende Auftrag falle unter die in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB gelisteten CPV-Codes. Die an die Gemeinnützigkeit gestellten Anforderungen in den Vergabeunterlagen erfüllten auch die gesetzlichen Vorgaben des Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU, auf dem die Bereichsausnahme des GWB beruhe. In der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2019 (Rs. C-465/17, juris) sei die bundesrechtliche Vorschrift des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB nicht in Frage gestellt, sondern seien nur die Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal der Gemeinnützigkeit präzisiert worden. Die in Reaktion darauf vom Landesgesetzgeber novellierte Norm des § 10 Abs. 1 BbgRettG nehme ihrerseits Bezug auf § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB, so dass auch von ihrer Richtlinienkonformität auszugehen sei. Die Norm erfülle die Voraussetzungen der Bereichsausnahme auch in Bezug auf die Vorgabe, im Katastrophenschutz mitzuwirken, was im Rahmen der Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers bei der Ausgestaltung des Rettungsdienstrechts liege sie schränke die bundesrechtliche Regelung zur Bereichsausnahme damit nicht substanziell ein. Die Auslegung des § 10 Abs. 1 BbgRettG als Norm des (Verwaltungs-)Fachrechts zur Organisation des Rettungsdienstes obliege jedoch ohnehin der Verwaltungsgerichtsbarkeit und nicht den nach den Regelungen des GWB zuständigen Nachprüfungsinstanzen.

Auch der Hinweis der Antragstellerinnen auf das § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB betreffende Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland überzeuge nicht, weil sich der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil vom 21. März 2019 bereits umfassend zur deutschen Umsetzung der Bereichsausnahme geäußert und diese dabei nicht beanstandet habe. Außerdem lägen der in Rede stehenden Auftragsvergabe die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten materiellen Kriterien zugrunde. Dass die Leistungserbringung derzeit von der Antragsgegnerin, die selbst keine gemeinnützige Organisation im Sinne der §§ 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB, 10 Abs. 1 BbgRettG sei, erbracht werde, sei für die Inanspruchnahme der Bereichsausnahme bei der anstehenden Aufgabenübertragung ohne Belang, da insoweit nicht auf die Vergangenheit abzustellen sei. Ebenso wenig stehe der Anwendbarkeit der Bereichsausnahme entgegen, dass § 10 Abs. 1 BbgRettG in Satz 1 auch private Dritte zulasse. Der jeweilige Auftraggeber habe nach § 10 Abs. 1 Satz 3 BbgRettG die Wahl, sein Ermessen dahin auszuüben, gemeinnützige Organisationen vorrangig zu berücksichtigen. Die betreffende Änderung des § 10 Abs. 1 BbgRettG auf die aktuelle Fassung sei schließlich gerade in Ansehung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2019 erfolgt. Von den Antragstellerinnen herangezogene Gerichtsentscheidungen bezögen sich hingegen auf andere Landesrettungsdienstgesetze, die zum Zeitpunkt der betreffenden Entscheidungen noch keine Privilegierung gemeinnütziger Organisationen beinhaltet hätten. Demgegenüber seien aufgrund der zu § 14 HmbRDG vergleichbaren Gesetzeslage in § 10 Abs. 1 BbgRettG die Erwägungen des Oberlandesgerichts Hamburg auf die Brandenburger Rechtslage zu übertragen, wonach eine Ermessensentscheidung zu treffen sei, ob die Bereichsausnahme zur Anwendung komme.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen sei die Antragsgegnerin auch nicht schlicht private Dritte, sondern eine kommunale Gesellschaft im Sinne von §§ 92 Abs. 2 Nr. 3, 131 BbgKVerf, die der Gesetzgeber sonstigen privaten Dritten nicht gleichstelle. Entsprechend unterscheide § 10 Abs. 1 Satz 1 BbgRettG zwischen kommunalen Gesellschaften und privaten Dritten. Der weitere Einwand der Antragstellerinnen, die Privilegierung gemeinnütziger Organisationen sei nach § 10 Abs. 1 BbgRettG nicht zwingend, treffe zwar zu. Der notwendige Abwägungsprozess sei im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens aber durchgeführt worden. Zur Überprüfung dieser Ermessenerwägungen sei nicht die Vergabekammer im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung des Nachprüfungsantrages berufen, sie sei vielmehr auf die Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen der Bereichsausnahme nach dem GWB beschränkt.

Die Auffassung der Antragstellerinnen, die Privilegierung gemeinnütziger Organisationen bedeute ein Berufsverbot für die Antragstellerinnen, verkenne, dass der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 21. März 2019 eine Unvereinbarkeit der auf Unionsrecht basierenden Bereichsausnahmeregelung mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht angenommen habe. Auch hindere das geltende Landesrecht nicht, einen Dritten mit der Durchführung der Rettungsdienstleistungen im Landkreis zu beauftragen. Aus § 10 Abs. 3 Nr. 3 BbgRettG folge vielmehr, dass jeder Dritte, dem die Aufgaben übertragen worden seien, die Aufgaben mit Zustimmung des Trägers des Rettungsdienstes weiter übertragen könne. Eine Beschränkung auf den Träger des Rettungsdienstes sei daher ebenso wenig erkennbar wie die von den Antragstellerinnen verlangte Vorgabe, durch Verwaltungsakt handeln zu müssen. Maßgebend für die Möglichkeit der Antragsgegnerin, von der Bereichsausnahme Gebrauch machen zu können, sei insoweit nur, dass sie als kommunale Gesellschaft ebenfalls als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB zu qualifizieren sei.

Hilfsweise für den Fall, dass der Nachprüfungsantrag von der Vergabekammer für zulässig erachtet werde, hat die Antragsgegnerin zudem die von den Antragstellerinnen gegen einzelne Vorgaben der Vergabeunterlagen gerichteten Beanstandungen in Abrede gestellt.

Mit Beschluss vom 1. Juni 2021 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerinnen verworfen, den Antragstellerinnen die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin auferlegt und zugleich deren Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für notwendig erklärt.

Zur Begründung ihrer Entscheidung hat die Vergabekammer im Wesentlichen ausgeführt, der Nachprüfungsantrag der Antragstellerinnen sei wegen des Eingreifens der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB bereits unzulässig. Die Antragsgegnerin sei eine kommunale Gesellschaft gemäß §§ 92 Abs. 2 Nr. 3, 131 BbgKVerf und deshalb als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB zu qualifizieren. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BbgRettG könne der nach § 6 Abs. 1 BbgRettG zuständige Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes die Vollzugsaufgaben der in den Rettungsdienstbereichsplan aufgenommenen Rettungswachen und die Absicherung der Notarztstandorte durch Fahrzeuge und Personal des Rettungsdienstes insbesondere auch auf kommunale Gesellschaften übertragen. Diese Übertragung sei hier durch den Landkreis ... wirksam mittels Geschäftsbesorgungsvertrag erfolgt. Im Einklang mit § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BbgRettG regele der Geschäftsbesorgungsvertrag in § 4 Abs. 2, dass die Antragsgegnerin nicht ohne vorherige Zustimmung des Trägers des Rettungsdienstes berechtigt sei, die übernommenen Pflichten auf nachfolgende Auftragnehmer zu übertragen. Auf dieser Rechtsgrundlage könne die Antragsgegnerin die ihr übertragenen Aufgaben daher mit Zustimmung des Landkreises an einen Unterbeauftragten übertragen. Dem Zustimmungserfordernis habe die Antragsgegnerin auch genügt, indem sie am 18. Januar 2021 einen Antrag an den Landkreis gestellt habe, ihre übernommenen Pflichten betreffend die Rettungswache ... gemäß § 10 Abs. 1 BbgRettG auf eine gemeinnützige Hilfsorganisation zu übertragen. Diesem Antrag habe der Landkreis mit Schreiben vom 21. Januar 2021 vollumfänglich zugestimmt. Eine Einschränkung dahin, dass die Aufgabenübertragung durch den Dritten auf nachfolgende Auftragnehmer nicht gemäß §§ 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB, 10 Abs. 1 S. 2, 3 BbgRettG erfolgen dürfe, enthalte das Gesetz nicht. Unter Berücksichtigung der Qualifizierung der Antragsgegnerin als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB sei vielmehr davon auszugehen, dass sie mit diesem Status auch selbst berechtigt sei, von der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB Gebrauch zu machen. Die Absicht, die Aufgabenübertragung an eine gemeinnützige Organisation unter Inanspruchnahme der Regelungen zur Bereichsausnahme vorzunehmen, sei gerade Gegenstand des Antrages an den Aufgabenträger vom 18. Januar 2021 und dessen Zustimmung gewesen. Es sei aus dem geltenden Landesrecht nicht zu begründen, der Antragsgegnerin im Gegensatz zum Aufgabenträger die Möglichkeit abzusprechen, nach §§ 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB, 10 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BbgRettG von der Bereichsausnahme Gebrauch zu machen und ausschließlich ihr die Pflichten des 4. Teils des GWB bei Oberschwellenvergaben aufzuerlegen.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen zur Anwendbarkeit des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB lägen hier auch vor. Die Leistungen zur verfahrensgegenständlichen Aufgabenübertragung unterfielen unstreitig den in § 107 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 GWB gelisteten CPV-Codes. Diese Norm entspreche Art. 10 Buchst. h) der RL 2014/24/EU. Insbesondere werde weder in der Richtlinie noch im Bundes- oder Landesrecht darauf abgestellt, welcher Dienstleister vor der Neuvergabe die Leistungen erbracht habe. Die Anwendung der Bereichsausnahme nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB habe der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 21. März 2019 (Rs. C-465/17, juris) lediglich in Bezug auf den Halbsatz 2 beanstandet, da hier für die Gemeinnützigkeit im Sinne des Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU nur auf Hilfsorganisationen abgestellt werde, die nach Bundes- oder Landesrecht „anerkannt" seien und nicht auch darauf, ob der Organisation eine Gewinnerzielungsabsicht fehle. Der Gerichtshof habe es jedoch den nationalen Gerichten überlassen, ob § 107 Abs. 1 Nr. 4 HS 2 GWB in Verbindung mit der sich nach deutschem Steuerrecht (§ 52 AO) richtenden Feststellung der Gemeinnützigkeit richtlinienkonform auslegen lasse. Als weitere Voraussetzungen zur Feststellung der Gemeinnützigkeit im Sinne der Richtlinie habe er lediglich formuliert, dass das Ziel der Organisation oder Vereinigung in der Erfüllung sozialer Aufgaben bestehen müsse, sie nicht erwerbswirtschaftlich tätig sei und die etwaige Gewinne reinvestiere, um das Ziel der Organisation oder Vereinigung zu erreichen. Diese vier Vorgaben seien hier Bestandteil der Vergabeunterlagen. Ob die Bewerber in einem Vergabeverfahren diesen Anforderungen genügten, sei jedoch ohnehin keine Frage der vorgelagerten Wahl der Bereichsausnahme durch den Auftraggeber oder der generellen Anwendungsmöglichkeit nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB.

Soweit die Antragstellerinnen der Auffassung seien, das Erfordernis der Gemeinnützigkeit stelle einen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, sei auf den Erwägungsgrund 28 der RL 2014/24/EU zu Art. 10 Buchst. h) zu verweisen, auf den die Umsetzung der Bereichsausnahme in deutsches Recht in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB beruhe. Der europäische Richtliniengeber habe eine derartige Beschränkung offensichtlich für gerechtfertigt erachtet, weil der Wettbewerbsgedanke insoweit hinter dem Schutz der Bevölkerung zurückzutreten habe. Ebenso könne das eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren die Aussetzung der Anwendbarkeit des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB nicht begründen. Dieses sei (noch) nicht bei dem Europäischen Gerichtshof anhängig. Die bundesrechtliche Umsetzung der Bereichsausnahme sei außerdem aktuell geltendes Recht, das der Gerichtshof in der genannten Entscheidung vom 21. März 2019 (Rs. C-465/17) in Bezug auf die Umsetzung des Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU auch nicht grundsätzlich in Frage gestellt habe.

Die Zuständigkeit der Vergabekammer ergebe sich ferner nicht aus einer etwaigen Verpflichtung, neben den Voraussetzungen der Richtlinie den Vergabevorgang auf etwaige Verstöße gegen europäisches Primärrecht zu überprüfen. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs könne ein einmal über die Bereichsausnahme aus dem Geltungsbereich des 4. Teils des GWB ausgenommenes Vergabeverfahren den Nachprüfungsinstanzen nicht (mehr) zur Prüfung vorgelegt werden. Vielmehr bestehe in den Fällen der Inanspruchnahme der Bereichsausnahme die Situation, wie sie vor der Vergaberechtsreform 2016 für die nicht den vormaligen Vergaberichtlinien unterfallenden Dienstleistungskonzessionen bestanden habe.

Der Anwendung der Bereichsausnahme durch die Antragsgegnerin stünden vorliegend auch nicht die Regelungen des BbgRettG entgegen. Die von den Antragstellerinnen angeführte Rechtsprechung sei nicht auf die nach Erlass des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2019 novellierte Rechtslage in Brandenburg übertragbar. Wie § 14 Abs. 1 des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes (HmbRDG) beinhalte die aktuelle Fassung des am 22. Juni 2019 in Kraft getretenen und um die Sätze 2 bis 4 ergänzten § 10 Abs. 1 BbgRettG eine differenziertere Lösung. Eine solche Regelung habe das Oberlandesgericht Hamburg in seinem Beschluss vom 16. April 2020 (1 Verg 2/20, juris) jedoch für ausreichend erachtet, um von der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB Gebrauch machen zu können. Danach bedürfe es der Ermessensausübung der entscheidenden Behörde im Einzelfall, ob eine Ausschreibung auf gemeinnützige Organisationen beschränkt und hierdurch zugleich das Vergabeverfahren gemäß Teil 4 des GWB dispensiert werde. Konkurrierende Anbieter seien dadurch nicht rechtlos gestellt, da sie die behördliche Ermessensausübung zwar nicht durch die Vergabenachprüfungsinstanzen, aber im Verwaltungsrechtsweg überprüfen lassen könnten. Für die Prüfung der rechtmäßigen Ermessensausübung seien aber nicht die Nachprüfungsinstanzen zuständig. Dieser Rechtslage in Hamburg sei diejenige in Brandenburg vergleichbar, auch wenn der novellierte Gesetzestext des § 10 Abs. 1 BbgRettG anders als die entsprechende Norm § 14 Abs. 1 HmbRDG den § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB nicht explizit aufführe. Es genüge, dass die Möglichkeit zur Bevorzugung der gemeinnützigen Organisationen in den Gesetzestext aufgenommen worden sei, um vergleichbar mit den Regelungen in § 14 HmbRDG von einer Wahlmöglichkeit in Bezug auf die Bereichsausnahme nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB ausgehen zu können. Das sei nach dem anlassbezogenen Zweck der Novellierung ersichtlich beabsichtigt gewesen. Es sei vor diesem Hintergrund mit der Ausgestaltung der Vorschriften in § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG als Kann-Vorschriften kein Verstoß gegen Art. 10 Buchst. h) der RL 2014/24/EU oder gegen den diesen umsetzenden § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB erkennbar. Im Ergebnis fehle der Vergabekammer die Sachentscheidungsbefugnis in Bezug auf die von den Antragstellerinnen vorgebrachten vergaberechtlichen Beanstandungen.

Gegen den ihnen am 7. Juni 2021 zugestellten Beschluss der Vergabekammer haben die Antragstellerinnen mit am 18. Juni 2021 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde erhoben. Ferner haben sie beantragt, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern.

Der Senat hat mit Beschluss vom 1. Juli 2021 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde einstweilen bis einschließlich 3. August 2021 verlängert.

Mit der sofortigen Beschwerde vertreten die Antragstellerinnen unter Vertiefung ihres Vorbringens vor der Vergabekammer weiterhin die Auffassung, der Nachprüfungsantrag sei zulässig und die Vergabekammer zur Entscheidung darüber berufen gewesen. Die richtige Anwendung der Bereichsausnahme gemäß § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB sei eine Frage des materiellen Rechts und damit im Rahmen der Begründetheit des Nachprüfungsantrags zu klären. Sie berufe sich im Übrigen auf die gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB bereits mangels ausreichender Bekanntmachung anzunehmende Unwirksamkeit des zu vergebenden öffentlichen Auftrags. Zudem sei auch die Frage, ob die Regelungen in § 10 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BbgRettG hier ermessensfehlerfrei umgesetzt worden seien, eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags. Die Zuständigkeit der Vergabekammer ergebe sich ferner unter dem Gesichtspunkt des nach ihrer Auffassung einschlägigen europäischen Primärrechts, dem gegenüber das Sekundärrecht, das unter anderem an den Grundfreiheiten zu messen sei, hier keine Sperrwirkung entfalten könne. Die Antragsgegnerin könne sich jedenfalls auch nicht selbst auf die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG berufen, weil sie nicht Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes sei. Auch wenn wie vorliegend die Vollzugsaufgaben des Rettungsdienstes gemäß § 10 Abs. 1 BbgRettG auf eine kommunale Gesellschaft übertragen worden seien, müsse es dabei bleiben, dass nicht die beauftragte kommunale Gesellschaft über die Anwendung der Bereichsausnahme entscheiden könne, sondern allein der Landkreis als für die Ermessensentscheidung zuständiger Rechtsträger. Dass eine kommunale Gesellschaft wie die Antragsgegnerin als tauglicher öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 99 GWB angesehen werden könne, dürfe insofern keine rechtserhebliche Rolle spielen, weil sich im Falle eines beauftragten sonstigen privaten Dritten ein nicht zu rechtfertigender Wertungswiderspruch ergeben würde. Ungeachtet dessen könne die hiesige Antragsgegnerin als vom Landkreis lediglich beauftragte Verwaltungshelferin nicht durch die Aufgabenübertragung selbst zum Träger der rettungsdienstlichen Aufgaben werden.

§ 10 Abs. 1 Satz 1 BbgRettG beschränke den zulässigen Bieterkreis im Übrigen auch gerade nicht ausschließlich auf gemeinnützige Organisationen, was die Verpflichtung zur Durchführung eines unionsrechtskonformen Vergabeverfahrens zur Folge habe. Nach Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU gelte die Richtlinie nämlich nicht für Dienstleistungen, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen „erbracht“ werden. Daher sei für die Anwendung der Bereichsausnahme entscheidend, ob der Wettbewerb allein für solche gemeinnützigen Organisationen und Vereinigungen eröffnet sei. Sei dies wie hier nach der landesrechtlichen Regelung nicht zwingend der Fall, könne die Zulassung gewerblicher Anbieter deshalb nicht im Einzelfall nach Ermessen abgewählt werden. Mangels einer europarechtskonform gesetzlich zwingend vorgesehenen Beschränkung des Bieterkreises auf gemeinnützige Organisationen und Vereinigungen, seien vielmehr sämtliche Leistungserbringer gleichberechtigt am Verfahren zu beteiligen. Der Ausschluss gewerblicher Anbieter sei daher sowohl unverhältnismäßig als auch willkürlich im Sinne von § 97 Abs. 1, 2 und 6 GWB.

Die Antragstellerinnen meinen ferner, selbst wenn die Anwendung der Bereichsausnahme gemäß § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB von der Ermessensausübung der Antragsgegnerin abhängig gemacht werden könne, hätte dies unter anderem die Prüfung vorausgesetzt, ob die verwendeten und eingenommenen Mittel von den beauftragten Hilfsorganisationen ordnungsgemäß verwendet worden seien. Es müsse bei der Kostenerstattung darauf geachtet werden, dass nicht unter dem Vorwand der Freiwilligentätigkeit tatsächlich ein Erwerbszweck verfolgt werde. Da im Bereich der vorliegend ausgeschriebenen Leistungen ohnehin keine ehrenamtliche Beteiligung erfolge, könne es insoweit aber auch kein Hilfsorganisationenprivileg geben. Ungeachtet dessen sei die Ermessensausübung jedenfalls fehlerhaft erfolgt, da kein geeigneter Rechtfertigungsgrund für die Bevorzugung gemeinnütziger Organisationen im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 2 BbgRettG ersichtlich sei, denn schon bisher seien die betroffenen Leistungen nicht von gemeinnützigen Organisationen und Vereinigungen erbracht worden. Auch gemessen am Maßstab des nationalen Verfassungsrechts sei der Ausschluss gewerblicher Anbieter nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG unzulässig. Insbesondere handele es sich bei dem Ausschluss gewerblicher Anbieter mangels gerechtfertigter Benachteiligung um ein verfassungswidriges Berufsverbot.

Die Antragstellerinnen sind außerdem der Auffassung, die Vorgaben zur Gemeinnützigkeit in § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG entsprächen nicht den Anforderungen des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB und erst recht nicht denjenigen aus den EU-Richtlinien. Während § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG auf gemeinnützige Organisationen abstellten, die aktiv im Katastrophenschutz mitwirkten, verlange § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB nur, dass die gemeinnützigen Organisationen nach Bundes- oder Landesrecht als Katastrophenschutzorganisationen anerkannt seien. Damit werde die Hürde für die Beteiligung am Rettungsdienst in Abweichung vom vorrangigen Bundesrecht erhöht, was mit Art. 31 GG konfligiere (Bundesrecht bricht Landesrecht). Unabhängig davon sei ungeklärt, ob die Umsetzung in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB selbst überhaupt mit den Vorgaben der RL 2014/24/EU übereinstimme, weil die EU-Kommission diesbezüglich ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet habe. Hinsichtlich der Regelung in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB habe der Europäische Gerichtshof zudem in seiner Entscheidung vom 21. März 2019 (Rs. C 465/17, juris) klargestellt, dass entgegen deren Halbsatz 2 der öffentliche Auftraggeber in jedem Einzelfall selbst prüfen müsse, ob die sich bewerbenden Organisationen gemeinnützig im Sinne der Definition des Gerichtshof seien. Diese Fragen seien sämtlich erst auf Ebene der Begründetheit durch die Nachprüfungsinstanzen zu beurteilen.

Im Übrigen halten die Antragstellerinnen auch an ihren weiteren - von der Vergabekammer nicht mehr geprüften - Sachrügen fest und verweisen insoweit auf ihren vor der Vergabekammer gehaltenen Vortrag. Für den Fall, dass der Senat der Rechtsauffassung der Vergabekammer folgen sollte und der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen nicht eröffnet sei, werde vorsorglich die Verweisung der Sache gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Verwaltungsgericht Potsdam und höchst hilfsweise an das Landgericht Neuruppin beantragt. Ferner regen die Antragstellerinnen eine Vorlage des Streitverfahrens an den Bundesgerichtshof gemäß § 179 Abs. 2 Satz 1 GWB hinsichtlich der Frage an, was unter „erbracht werden“ nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB zu verstehen sei, sowie eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Frage der Europarechtskonformität von § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG i.V.m. § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB sowie höchst hilfsweise eine Vorlage an das Landesverfassungsgericht zur Frage der Vereinbarkeit von § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG mit § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB.

Die Antragstellerinnen beantragen,

1.1 der Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg (Az. VK 7/21) vom 1. Juni 2021 wird aufgehoben

1.2 der Antragsgegnerin wird untersagt, das Vergabeverfahren durch Zuschlagserteilung abzuschließen

1.3 der Antragsgegnerin wird bei Fortbestehen der Vergabeabsicht aufgegeben, ein unionsrechtskonformes Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts durchzuführen.

1.4 hilfsweise: Der Senat wirkt unabhängig auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens hin (vgl. § 168 Abs. 1 Satz 2 GWB)

1.5 der Senat verlängert gemäß § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB die aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer und damit das Zuschlagsverbot bis zur Entscheidung über die Beschwerde

1.6 hilfsweise für den Fall, dass der Senat über den vorstehenden Verlängerungsantrag nicht bis zum Ablauf der Frist des § 173 Abs. 1 Satz 2 GWB zu entscheiden vermag: Der Senat verlängert die aufschiebende Wirkung zunächst vorläufig bis zur Entscheidung über den Antrag nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB;

1.7 die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen

1.8 die Antragsgegnerin hat ihnen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Hinzuziehung ihres Prozessbevollmächtigten vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt

sowie hilfsweise zum Rechtsweg,

2.1 der Vergabesenat entscheidet gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG ohne mündliche Verhandlung gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 GVG vorab über die Zulässigkeit des Rechtsweges durch begründeten schriftlichen Beschluss gemäß § 17a Abs. 4 Satz 2 GVG

2.2 die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG zuzulassen

2.3 hilfsweise und vorsorglich für den Fall, dass der Senat der Auffassung der Vergabekammer über die Unzulässigkeit folgen sollte: Der Senat verweist den Rechtsstreit unter Aufhebung des Beschlusses der Vergabekammer gemäß § 17a Abs. 2 GVG an das zuständige Verwaltungsgericht Potsdam, höchsthilfsweise an das zuständige Landgericht Neuruppin.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. die sofortige Beschwerde zurückzuweisen

2. den Antragstellerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

3. die Hinzuziehung ihrer Bevollmächtigten im Verfahren vor der Vergabekammer für notwendig zu erklären

und ferner,

den Antrag der Antragstellerinnen gemäß § 173 Abs. 2 Satz 3 GWB zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hält den Nachprüfungsantrag der Antragstellerinnen weiterhin für unzulässig, weil wegen der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen nicht eröffnet und für das vorliegende Auswahlverfahren dementsprechend allein die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit begründet sei. Wegen des Eingreifens der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB sei eine inhaltliche Nachprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen ausgeschlossen. Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB sei als Vorfrage für einen zulässigen Nachprüfungsantrag auch vorab zu prüfen und nicht erst in der Begründetheit. Entsprechend werde die Ermessensentscheidung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG darüber, ob im konkreten Fall die Beschränkung auf gemeinnützige Organisationen erfolgen solle, vom Auftraggeber vor Einleitung eines gegebenenfalls den Regelungen des GWB unterliegenden Auswahlverfahrens getroffen. Die Überprüfung der Ermessensentscheidung obliege demnach aber den Verwaltungsgerichten als für die Auslegung von (Fach-)Verwaltungsrecht zuständigen Gerichten und nicht der Vergabekammer, für die damit vielmehr eine Kompetenzüberschreitung verbunden wäre. Eine Verpflichtung zur Durchführung eines Vergabeverfahrens nach dem 4. Teil des GWB folge auch nicht aus dem europäischen Primär- oder nationalen Verfassungsrecht, zumal auch vor den Verwaltungs- und Zivilgerichten ein vorläufiger Rechtsschutz außerhalb des im Oberschwellenbereich vor den Vergabekammern eingerichteten Spezialrechtsweges eröffnet sei.

Die Antragsgegnerin ist ferner der Auffassung, es fehle den Antragstellerinnen jedenfalls die Antragsbefugnis, da deren wechselseitige Interessenlage gegenläufig sei. Während die Antragstellerin zu 1. als gemeinnütziges Unternehmen selbst ein Interesse daran haben müsse, dass die Bereichsausnahme zur Anwendung gelange, sei das für die Antragstellerin zu 2. nicht anzunehmen. Vor diesem Hintergrund führe die Stellung eines gemeinsamen Nachprüfungsantrages zu Widersprüchen. Außerdem spreche der Wortlaut der §§ 160 ff. GWB, in dem der Begriff des Antragstellers stets im Singular verwendet werde, gegen eine gemeinsame Antragstellung. Auf den von den Antragstellerinnen gerügten Verstoß gegen die Bekanntmachungspflichten des § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB komme es daher gar nicht mehr an.

Sie - die Antragsgegnerin - könne sich als öffentliche Antragsgegnerin im Sinne des § 99 Nr. 2 Buchst. c) GWB hier auch zu Recht auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB berufen. Die damit korrespondierende Regelung in § 10 Abs. 1 BbgRettG statuiere ein der Ermessensausübung der zuständigen Behörde unterliegendes Wahlrecht dahingehend, ob die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB in Anspruch genommen werde. Ein verwaltungsförmliches Handeln sei nach der Gesetzeslage insoweit nur auf der Ebene der ersten Beauftragungsstufe erforderlich, wenn der Träger des Rettungsdienstes die betreffenden Vollzugsaufgaben auf einen Dritten nach Satz 1 der Vorschrift übertrage. Für die nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BbgRettG ausdrücklich eröffnete Unterbeauftragung sei dies nicht notwendig und auch ausgeschlossen, weil private Dritte grundsätzlich keine Verwaltungsakte erlassen könnten. Insofern gebe es nur ein Zustimmungserfordernis, das hier aber bereits im Rahmen der Übertragung der ersten Beauftragungsstufe - im Geschäftsbesorgungsvertrag vom 10. Oktober 2011 - als Vorbehalt berücksichtigt worden sei.

Die Beschränkung des Wettbewerbs auf gemeinnützige Organisationen sei vorliegend auch sachlich rechtmäßig vorgenommen worden. Die Möglichkeit hierfür sähen die Regelungen in § 10 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BbgRettG ausdrücklich vor. Es sei mit dem Sinn und Zweck der im Gesetz eingeräumten Bevorzugung auch nicht vereinbar, wenn eine kommunale Eigengesellschaft im Gegensatz zum Landkreis als Rettungsdienstträger im Oberschwellenbereich ausschließlich auf das GWB-Vergabeverfahren verwiesen wäre. Die betreffende Ermessensentscheidung sei im Übrigen vergaberechtlich nicht dadurch vorbestimmt, ob die konkret zu beauftragende Rettungsdienstleistung bereits zuvor von einer gemeinnützigen Organisation erbracht worden sei. Für dieses Verständnis der Antragstellerinnen sprächen weder der Wortlaut des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB noch sein Sinn und Zweck. Vielmehr sei das Anliegen der zugrunde liegenden EU-Richtlinie, dass gemeinnützige Organisationen sich nicht zwingend einem umfassenden Wettbewerb mit gewerblichen Anbietern stellen müssten, bei jedem neuen Beauftragungsvorgang berücksichtigungsfähig.

Die Regelung des § 107 Nr. 4 GWB sei vor diesem Hintergrund sowohl europa- als auch verfassungsrechtskonform, und zwar auch hinsichtlich der Beschränkung auf zugleich im Katastrophenschutz anerkannte Organisationen. § 107 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 GWB habe die Definition einer gemeinnützigen Organisation bezüglich Hilfsorganisationen, die („insbesondere“) nach Bundes- oder Landesrecht als Katastrophenschutzorganisationen anerkannt seien, nur als Regelbeispiel ausgestaltet. § 10 Abs. 1 Satz 2 BbgRettG setze demgegenüber die Eigenschaft als gemeinnützige Organisation bereits voraus und verlange für die gemeinnützige Organisation lediglich zusätzlich die Mitwirkung im Katastrophenschutz. Die Mitwirkung im Katastrophenschutz werde dadurch jedoch nicht allgemein zum konstitutiven Merkmal, um eine anerkennungsfähige gemeinnützige Organisation zu sein.

Vor diesem Hintergrund lägen auch die Voraussetzungen für eine Divergenzvorlage nach § 179 Abs. 2 Satz 1 GWB zum Bundesgerichtshof nicht vor, denn den von den Antragstellerinnen zitierten oberlandesgerichtlichen Entscheidungen lägen andere Sachverhalte und andere landesrechtliche Rechtsgrundlagen zugrunde. Auch Vorlagefragen an den Europäischen Gerichtshof und das Landesverfassungsgericht seien mit Blick auf die vom Europäischen Gerichtshof im Urteil vom 21. März 2019 (Rs. C-465/17, juris) vorgenommene europarechtskonforme Auslegung des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB nicht veranlasst. Die durch etwaige Vorlageverfahren entstehenden Verzögerungen seien mit Blick auf die überragende Bedeutung des alltäglich erforderlichen Rettungsdienstes jedenfalls nicht hinnehmbar.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Beschwerdeverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

II.

Auf die gemäß §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 bis 3 GWB form- und fristgerecht erhobene sowie auch sonst zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den angefochtenen Beschluss der Vergabekammer hin ist gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG die Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den Vergabenachprüfungsinstanzen auszusprechen und das Verfahren an das Verwaltungsgericht Potsdam zu verweisen.

1. Der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen ist nicht gegeben. Das von der Antragsgegnerin beabsichtigte Auswahlverfahren fällt unter die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB, unterliegt damit insgesamt nicht dem Teil 4 des GWB und mithin in verfahrensrechtlicher Hinsicht auch nicht den Regelungen zum Vergabenachprüfungsverfahren nach den §§ 155 ff. GWB.

a) Den Ausführungen der Vergabekammer, dass der Landkreis ... als der nach § 6 Abs. 1 BbgRettG zuständige Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes die Vollzugsaufgaben der in den Rettungsdienstbereichsplan aufgenommenen Rettungswachen und die Absicherung der Notarztstandorte durch Fahrzeuge und Personal des Rettungsdienstes wirksam auf die Antragsgegnerin übertragen hat, tritt der Senat bei, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Beschluss verwiesen wird. Es bestehen vorbehaltlich der weiteren Entscheidungserheblichkeit dieser Frage grundsätzlich auch keine Bedenken dagegen, dass die Antragsgegnerin als kommunale Gesellschaft gemäß §§ 92 Abs. 2 Nr. 3, 131 BbgKVerf als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB zu qualifizieren ist. Zu Recht ist die Vergabekammer zudem davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin dem ihr obliegenden Zustimmungserfordernis des Landkreises ... für die Unterbeauftragung der mit dem Geschäftsbesorgungsvertrag übernommenen Pflichten auf eine gemeinnützige Hilfsorganisation Genüge getan hat.

b) Ebenfalls zutreffend hat die Vergabekammer angenommen, dass der tatbestandliche Anwendungsbereich der Bereichsausnahme in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB für die in Rede stehende Auftragsvergabe erfüllt und das von den Antragstellerinnen beantragte Nachprüfungsverfahren deshalb nicht statthaft ist, denn zur rechtlichen Überprüfung der Vergabe von Rettungsdienstleistungen im Verwaltungsverfahren nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BbgRettG ist ein Vergabenachprüfungsverfahren nach den Regelungen der §§ 155 ff. GWB nicht eröffnet.

aa) Eine Einschränkung dahin, dass die Unterbeauftragung der Vollzugsaufgaben der in den Rettungsdienstbereichsplan aufgenommenen Rettungswache ... und die Absicherung der Notarztstandorte durch Fahrzeuge und Personal des Rettungsdienstes durch die Antragsgegnerin - als hiermit von dem Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes (erst-)beauftragte kommunale Gesellschaft - nicht gemäß §§ 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB, 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG erfolgen darf, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen nach den gesetzlichen Regelungen nicht anzunehmen. Zum einen ist § 10 Abs. 3 Nr. 3 BbgRettG unmittelbar zu entnehmen, dass die von einer erstbeauftragten Gesellschaft nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BbgRettG als Verwaltungshelferin (vgl. Iwers in Kommentar-BbgRettG, Stand: September 2019, § 10 Ziffer 2.1) übernommenen Pflichten von dieser mit Zustimmung des Trägers des bodengebundenen Rettungsdienstes im fremden Namen auf nachfolgende Auftragnehmer übertragen werden dürfen. Es ist zugleich nicht ersichtlich, dass für das Verfahren einer solchen Unterbeauftragung andere Vergabeverfahrensregeln zu gelten hätten, als nach den allgemein hierfür im BbgRettG in § 10 Abs. 1 Satz 2 bis 4 vorgesehenen.

Dabei braucht entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen nicht entschieden zu werden, ob die hiesige Antragsgegnerin die danach eröffnete Ermessensentscheidung für die Anwendung der Bereichsausnahme in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB als öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 99 Abs. 1 Nr. 2 GWB selbst treffen kann, oder ob diese Entscheidung nach den landesgesetzlichen Regelungen in §§ 6 Abs. 1, 10 BbgRettG allein dem Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes im Wege eines verwaltungsförmlichen Handelns überlassen bleiben muss. Denn im Streitfall hat der Landkreis ... als Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes im Sinne von § 6 Abs. 1 BbgRettG auf den Antrag der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2019 hin seine für die Antragsgegnerin erforderliche Zustimmung uneingeschränkt dazu erteilt, dass diese ihre übernommenen Pflichten bezogen auf die Rettungswache ... ausdrücklich „wie beantragt“ - mithin dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 2 BbgRettG entsprechend - auf „eine gemeinnützige Hilfsorganisation“ übertragen darf, „die gemäß § 18 des Brandenburgischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes im Katastrophenschutz mitwirkt“. Damit hat der Landkreis die nach § 10 Abs. 1 BbgRettG mit den enthaltenen Kann-Vorschriften eröffnete Ermessensentscheidung jedenfalls selbst dahin getroffen, dass mit Blick auf den von der Antragsgegnerin gestellten Antrag zur Unterbeauftragung von Vollzugsaufgaben „in einem transparenten, fairen und diskriminierungsfreien Auswahlverfahren“ „bei der Auswahlentscheidung … gemeinnützige Organisationen vorrangig berücksichtigt werden“ sollen. Vor diesem Hintergrund geht die Auffassung der Antragstellerinnen, die Antragsgegnerin könne sich auf die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB (i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG) schon deshalb nicht berufen, weil nicht sie, sondern der Landkreis der Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes die hierfür entscheidungsbefugte Stelle sei, von vornherein ins Leere, denn die Wahlrechtsentscheidung zur Anwendbarkeit der Bereichsausnahme hat der Landkreis im Zusammenhang mit der von der Antragsgegnerin nach § 10 Abs. 3 Nr. BbgRettG beantragten Zustimmung zur Untervergabe der übernommenen Pflichten an eine gemeinnützige Organisation antragsgemäß und insofern hier aber auch in eigener Zuständigkeit vorgenommen. Die Entscheidung darüber, „ob“ die Bereichsausnahme zur Anwendung kommen soll, ist damit vom Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes selbst vorgenommen worden. Ob der Landkreis die nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG zu treffende Ermessensentscheidung zur Anwendung der Bereichsausnahme fehlerfrei vorgenommen hat, hat der Senat nicht zu prüfen, denn diese Frage ist für die Beurteilung der Statthaftigkeit des Nachprüfungsantrags ohne Belang. Entscheidend ist insoweit nur, dass der Landkreis eine Entscheidung zur Anwendbarkeit der Bereichsausnahme auf den Antrag der Antragsgegnerin hin - jedenfalls auch - neben der schlichten Zustimmungserteilung getroffen hat.

bb) Soweit der Landkreis damit zugleich die Durchführung des sich aus den Regelungen in § 10 Abs. 1 Satz 2 und Satz 4 BbgRettG durchzuführenden Verwaltungsverfahrens der Antragsgegnerin überlassen hat, bestehen dagegen keine Bedenken, denn die Möglichkeit hierzu ergibt sich vorbehaltlich der - im Streitfall erteilten - Zustimmung des Rechtsträgers aus der mit § 4 Abs. 2 Satz 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages vom 10. Oktober 2011 korrespondierenden landesgesetzlichen Regelung des § 10 Abs. 3 Nr. 3 BbgRettG. Danach darf der vom Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes mit den Vollzugsaufgaben originär Beauftragte die übernommenen Pflichten mit Zustimmung des Trägers des bodengebundenen Rettungsdienstes auf nachfolgende Auftragnehmer übertragen. Dass dem Erstbeauftragten im Zustimmungsfalle sodann die Durchführung des in § 10 Abs. 1 Satz 2 und 4 BbgRettG geregelten Auswahlverfahrens obliegt, ergibt sich mithin ebenfalls aus dem Gesetz. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 BbgRettG kann eine solche (Unter-)Beauftragung auch nur bezüglich einzelner Vollzugsaufgaben erfolgen, wie sie hier mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 18. Januar 2021 gegenüber dem Landkreis beantragt wurde, nämlich „bezogen auf die Rettungswache in ...“.

c) Nach der Regelung des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB ist der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen ausgeschlossen, weil nach dieser Bestimmung die Vorschriften des vierten Teils des GWB nicht anzuwenden sind auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und unter im Einzelnen aufgeführte Referenznummern des Common Procurement Vocabulary mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen. Gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Bestimmung sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind. Die Vorschrift dient der Umsetzung der in Art. 10 Buchst. h) der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG vorgesehenen (Bereichs-)Ausnahme. Voraussetzung ist, dass diese Dienste von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden (vgl. BT-Drs. 367/15, S. 90). Dies ist durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2019 (Rs. C-465/17, juris) bestätigt, mit dem der Gerichtshof die Anforderungen an die Gemeinnützigkeit materiell präzisiert hat (aaO Rn. 52). Der Europäische Gerichtshof hat ferner erkannt, dass Art. 10 Buchst. h) der Richtlinie 2014/24/EU dahin auszulegen ist, dass die darin vorgesehene Ausnahme vom Geltungsbereich der Regelungen über die öffentliche Auftragsvergabe sowohl für die Betreuung und Versorgung von Notfallpatienten in einem Rettungswagen durch einen Rettungsassistenten/Rettungssanitäter als auch für den qualifizierten Krankentransport gilt, der von ordnungsgemäß in Erster Hilfe geschultem Personal durchgeführt wird und einen Patienten betrifft, bei dem das Risiko besteht, dass sich sein Gesundheitszustand während des Transports verschlechtert (aaO Rn. 27 ff; vgl. auch EuGH, Urteil vom 6. Februar 2020 - Rs. C-11/19, juris Rn. 52). Wie Erwägungsgrund 28 der Richtlinie 2014/24/EU aufzeigt, handelt es sich dabei mit der Bereichsausnahme in Art. 10 Buchst. h) der Richtlinie und ihm folgend in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB um eine bewusste Privilegierung von durch „gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen erbrachte Notfalldienste“, mithin nicht um eine Privilegierung von Notfalldienstleistungen als solcher.

aa) Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass die von dem streitgegenständlichen Vergabevorhaben umfassten Rettungsdienstleistungen unter die in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB genannten Referenznummern 75250000-3 und 75251000-7 des Common Procurement Vocabulary fallen und der tatbestandliche Anwendungsbereich dieser Bereichsausnahme von dem Kartellvergaberecht des Teils 4 des GWB insofern eröffnet ist. Das ist zutreffend. Insbesondere ist der hier zur Vergabe anstehende regelmäßige Notfallrettungsdienst thematisch von der Bereichsausnahme erfasst, wofür bereits die in Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU und in § 107 Nr. 4 Halbsatz 2 GWB jeweils enthaltene Rückausnahme in Bezug auf den Einsatz von Krankenwagen zur einfachen Patientenbeförderung spricht (vgl. Schellenberg in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Auflage, § 107 GWB Rn. 38; Dreher in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 6. Auflage, § 107 GWB Rn. 38 f.). Entsprechend erfasst die der nationalen Norm des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB in Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU zugrunde liegende Ausnahmeregelung zum Geltungsbereich der Vorschriften über die öffentliche Auftragsvergabe auch nach der insofern nur klarstellenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Betreuung und Versorgung von Notfallpatienten in einem Rettungswagen als auch den qualifizierten Krankentransport durch Rettungsassistenten/Rettungssanitäter (Urteil vom 21. März 2019 - C-465/17, juris Rn. 51).

bb) Die hier in Rede stehenden Rettungsdienstleistungen werden entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen auch im Wortsinne des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB und des insoweit gleichlautenden Art. 10 Buchst. h) der Richtlinie 2014/24/EU von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen „erbracht“.

(1) Der sachliche Anwendungsbereich des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB erfasst Dienstleistungen des Katastrophen- und des Zivilschutzes sowie der Gefahrenabwehr, die durch den Verweis auf den jeweiligen CPV-Code näher konkretisiert werden. Durch den Verweis auf den jeweiligen CPV-Code werden die von § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB erfassten Dienstleistungen nach dem Willen des Gesetzgebers ausreichend bestimmt (vgl. BT-Drs. 18/6281, 79; Dreher, aaO Rn. 37). Wenn eine Dienstleistung dem Katastrophenschutz, dem Zivilschutz und der Gefahrenabwehr zugehörig ist und als solche einem CPV-Code zuzuordnen ist, fällt sie mithin in den Anwendungsbereich von § 107 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 GWB, ohne dass weitere Voraussetzungen an den Leistungsinhalt zu stellen sind. Gemäß dieser typisierenden Betrachtung findet das Kartellvergaberecht - vorbehaltlich der hier landesgesetzlich in § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG ermessensgebunden Möglichkeit der Privilegierung gemeinnütziger Organisationen - daher keine Anwendung auf die Vergabe von Notfallrettungsdienstleistungen wie vorliegend nach CPV-Code 75250000-3 (Dienstleistungen der Feuerwehr und von Rettungsdiensten) und CPV-Code 75251120-7 (Dienstleistungen der Rettungsdienste).

(2) Weitere tatbestandliche Einschränkungen sehen weder Art. 10 Buchst. h) der Richtlinie 2014/24/EU noch § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB vor. Anderes ergibt sich nicht aus dem von den Antragstellerinnen in Bezug genommenen Wortlaut in Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU und in § 107 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 GWB, wonach die betreffenden Dienstleistungen von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen „erbracht werden“. Auf die dazu von den Antragstellerinnen aufgeworfene Frage, welche Organisationen oder Vereinigungen diese Dienstleistungen in der Vergangenheit wahrgenommen haben, kommt es ersichtlich nicht an. Vielmehr ist auch insoweit der Auffassung der Vergabekammer beizutreten, dass die von den Antragstellerinnen angenommene Sperrwirkung einer einmaligen Aufgabenwahrnehmung durch einen gewerblichen privaten Dritten von vornherein in einem unauflösbaren Widerspruch stünde zu der europarechtlich eingeräumten Möglichkeit der Privilegierung gemeinnütziger Organisationen und Vereinigungen bei der Neuvergabe der betreffenden Dienstleistungen. Die Auffassung der Antragstellerinnen würde dazu führen, dass das mit der Bereichsausnahme gemäß Erwägungsgrund 28 der RL 2014/24/EU bezweckte Ziel der Privilegierung von gemeinnützigen Organisationen verfehlt werden müsste, da auf dem deutschen Markt zum großen Teil private Anbieter im Bereich des Rettungsdienstes tätig sind (VG Hamburg, aaO; Bühs, NVwZ 2019, 1410,1411; Jäger, ZWeR 2016, 205, 228). Die mit Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU verfolgte Zielsetzung wäre also praktisch unerreichbar, wenn die Vorschrift so zu verstehen wäre, dass sie nur Anwendung fände, wenn auf dem konkreten sachlich und räumlich relevanten Markt ohnehin nur gemeinnützige Organisationen als Anbieter existierten.

Vor dem Hintergrund, dass Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU die genannten Dienstleistungen für öffentliche Aufträge vom Anwendungsbereich der Richtlinie abstrakt ausnimmt, besteht unabhängig von diesen teleologischen Erwägungen aber auch kein vernünftiger Anlass für die Annahme, dass der nationale Gesetzgeber mit dem den Richtlinieninhalt insofern lediglich wiederholenden Wortlaut des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB, wonach die Bereichsausnahme für Dienstleistungen gilt, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen „erbracht werden“, eine Regelung in dem von den Antragstellerinnen insinuierten Verständnis treffen wollte. Denn nicht nur bei sinngemäßer Auslegung, sondern auch bei verständiger wörtlicher Auslegung des Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU bezieht sich die erörterte Formulierung „erbracht werden“ erkennbar nicht auf die aktuelle Situation am betroffenen Markt, sondern auf den Gegenstand und die Gestaltung des zu vergebenden öffentlichen Auftrags (vgl. Jaeger, NZBau 2020, 223 f.). Entsprechend heißt es in Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU: „Diese Richtlinie gilt nicht für öffentliche Dienstleistungsaufträge, die … zum Gegenstand haben Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden …“. Daraus wird deutlich, dass sich die Formulierung „erbracht werden“ auf den konkreten Auftragsgegenstand und den konkreten Auftragnehmer bezieht, nicht aber auf die gegenwärtig im Rettungsdienstbereich tätigen Dienstleister. Bei der Prüfung, ob das betreffende Merkmal erfüllt ist, ist daher auf das aktuelle Vergabevorhaben abzustellen und nicht - wie die Antragstellerinnen meinen - auf die Frage, ob die betreffenden Dienstleistungen bereits in der Vergangenheit von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen „erbracht wurden“ (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 25. Juni 2019 - 13 Verg 4/19, juris Rn. 18; VG Hamburg, Urteil vom 26. Mai 2021- 14 K 698/20, juris Rn. 65 Bühs, NVwZ 2019, 1410, 1411 vgl. Jäger, aaO S. 224; ders. ZWeR 2016, 205, 228; a.A. Braun/Zwetkow, NZBau 2020, 219).

d) Der Anwendung der tatbestandlich vorliegenden Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB steht, anders als die Antragstellerinnen meinen, auch nicht die vermeintliche Europarechtswidrigkeit der nationalen Umsetzungsregelung entgegen.

aa) Insoweit ist zwar zu beachten, dass der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 21. März 2019 (Rs. C-465/17, juris Rn. 56 ff.) die Unvereinbarkeit des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB mit der diesem zugrunde liegenden Richtlinie 2014/24/EU insofern festgestellt hat, als es den in § 107 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 GWB gesetzlich vorgesehenen Schluss von der bundes- oder landesrechtlich erfolgten Anerkennung als Zivil- oder Katastrophenschutzorganisation auf die Gemeinnützigkeit im Sinne des Art. 10 Buchst. h) der Richtlinie betrifft. Der Gerichtshof hat es jedoch ausdrücklich der Beurteilung durch die nationalen Gerichte überlassen, ob der als richtlinienwidrig beurteilte Verweis auf die bloße Anerkennung als Zivil- oder Katastrophenschutzorganisation richtlinienkonform ausgelegt werden kann. Der seitens des Gerichtshofes in diesem Zusammenhang unter anderem erfolgte Hinweis auf den Prüfungsmaßstab des § 52 AO und auf die Kriterien der dauerhaft selbstlosen Förderung der Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet lässt dabei allein den Schluss zu, dass gegen die Anwendbarkeit des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB, der sich diesbezüglich in der wörtlichen Wiederholung des Richtlinienwortlauts erschöpft, im Übrigen gerade keine Bedenken bestehen (OLG Hamburg, Urteil vom 16. April 2021 - 1 Verg 2/20, juris Rn. 65).

Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb veranlasst, weil nach Mitteilung der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland vom 15. Juli 2021 (https://ec.europa. eu/germany/news/20210715-vertragsverletzungsverfahren-deutschland_de) die Europäische Kommission an diesem Tag beschlossen hat, Deutschland ein mit Gründen versehenes Anhörungschreiben zur Stellungnahmen zu übermitteln, da mehrere Bestimmungen der deutschen Rechtsvorschriften nicht mit den Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge und über Konzessionen (Richtlinien 2014/24/EU, 2014/25/EU und 2014/23/EU) vereinbar seien, wobei Gegenstand der Anhörung unter anderem die Befreiung von Rettungsdiensten von den Vergabevorschriften sei. Die Vorschrift des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB kann nach Beurteilung des Senats richtlinienkonform unter Beachtung der bindenden Auslegungsergebnisse des Europäischen Gerichtshofs (Urteile vom 21. März 2019 - Rs. C-465/17, juris und vom 6. Februar 2020 - Rs. C-11/19, juris) ausgelegt werden. Dabei sieht der Senat - in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Hamburg (a.a.O., juris Rn. 65) - die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme auf die hier in Rede stehende Vergabe der bezeichneten Rettungsdienstleistungen an gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen, welche die materiellen Anforderungen im Sinne von Art. 10 Buchst. h) der Richtlinie 2014/24/EU erfüllen, als durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geklärt an. Nähere Einzelheiten betreffend den Inhalt der Aufforderung der Europäischen Kommission zur Stellungnahme sind zudem nicht veröffentlicht.

bb) Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen ist eine Anwendung der Bestimmungen des 4. Teils des GWB auf das vorliegende Auswahlverfahren auch nicht auf der Grundlage des europäischen Primärrechts geboten. Der vorstehend in Bezug genommenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich nicht ansatzweise ein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass der für die Auslegung des europäischen Rechts maßgebliche Gerichtshof die Durchführung eines europarechtskonformen Vergabeverfahrens in Fällen wie den vorliegenden aufgrund des europäischen Primärrechts für geboten hielte (OLG Hamburg, aaO Rn. 66; Jaeger, NZBau 2020, 223, 227 mwN). Der Annahme, dass bei Vorliegen der Bereichsausnahme - im Falle eines grenzüberschreitenden Sachverhalts - europäisches Primärrecht im Sinne eines übergeordneten Vergaberechts zur Anwendung kommen könnte, steht zudem die Statuierung der andernfalls weitgehend sinnfreien Bereichsausnahme selbst entgegen, weshalb zumindest vom Unionsgesetzgeber ein solcher Anwendungsbereich des EU-Primärrechts ersichtlich nicht in Erwägung gezogen worden ist (vgl. Jaeger, ZWeR 2016, 205, 226 ff.; Franßen/Ockenfels in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 4. Auflage, § 107 GWB Rn. 35 und 107; näher zur indizierten Sperrwirkung des Sekundärrechts Röwekamp in Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Auflage, § 107 Rn. 8; Iwers, aaO Ziffer 2.2; Kieselmann/Pajunk, NZBau 2021, 174, 176; a.A. Prieß, NZBau 2015, 343, 347 ff.; Braun/Zwetkow, aaO S. 219, 222).

cc) Die von den Antragstellerinnen geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in § 107 Abs. 1 Nr. GWB in nationales Recht umgesetzte Bereichsausnahme teilt der Senat vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht. Ein Rechtsakt auf EU-Ebene wie die Bereichsausnahme wird grundsätzlich nicht mehr auf nationale Verfassungsmäßigkeit überprüft (vgl. Kieselmann/Pajunk, aaO S. 177; Jaeger, NZBau 2020, 223, 224 f.). So prüft das Bundesverfassungsgericht lediglich, ob Rechtsakte der europäischen Organe und Einrichtungen sich unter Wahrung des gemeinschafts- und unionsrechtlichen Subsidiaritätsprinzips in den Grenzen der ihnen im Wege der begrenzten Einzelermächtigung eingeräumten Hoheitsrechte halten (vgl. BVerfGE 89, 155, 188). Darüber hinaus prüft das Bundesverfassungsgericht, ob der unantastbare Kerngehalt der Verfassungsidentität des Grundgesetzes nach Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG gewahrt ist (vgl. BVerfGE 113, 273, 296 E 152, 152 ff. und 216 ff.). Für solche Rechtsverletzungen bestehen hier aber auch mit entsprechender Rücksicht auf die nach der Verfassung des Landes Brandenburg garantierten Grundrechte keine Anhaltspunkte. Vielmehr hat in der Vergangenheit bereits das Bundesverwaltungsgericht eine Verletzung des Gleichheitssatzes und der Berufsfreiheit durch eine in landesrechtlichen Rettungsdienstgesetzen geregelte Vorrangstellung von Hilfsorganisationen verneint (BVerwG, Urteile vom 3. November 1994 - 3 C 17.92, juris Rn. 29 ff. und 34 ff., vom 8. November 2004 - 3 B 36/04, BeckRS 2004, 27023 Rn. 6 und vom 27. August 2014 - 3 B 1/14, BeckRS 2014, 56951 Rn. 6)

e) Der Anwendbarkeit der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB auf das in Rede stehende Vergabeverfahren steht, anders als die Antragstellerinnen meinen, ferner nicht unter dem Gesichtspunkt des Art. 31 GG („Bundesrecht bricht Landesrecht“) entgegen, dass durch die Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 BbgRettG die Erbringung von Leistungen des öffentlichen Rettungsdienstes auch durch gewerblich handelnde private Dritte ermöglicht wird.

aa) Denn die Regelung des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB schließt die in § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG ausdrücklich vorgesehene - und vom Gesetzgeber unter expliziter Bezugnahme auf die Regelung des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB bewusst offen gehaltene (vgl. BT-Drucks. 21/16376, S. 44) Wahlmöglichkeit des öffentlichen Auftraggebers zur Beschränkung des Wettbewerbs auf gemeinnützige Organisationen nicht aus (zu § 14 Abs. 1 Satz 2 HmbRDG ebenso OLG Hamburg, aaO Rn. 67). Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen ergibt sich daher kein den in Art. 31 GG niedergelegten Grundsatz, dass im Falle eines Widerspruchs zwischen einer Norm des Landesrechts und einer Norm des Bundesrechts, die Regelung des Bundesrechts den Vorrang hat, tangierender Widerspruch, weil vermeintlich § 10 Abs. 1 Satz 1 BbgRettG die in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB normierte Bereichsausnahme dadurch unterläuft, dass die dort genannten Dienstleistungen nicht zwingend auf gemeinnützige Organisationen beschränkt, sondern auch für gewerbliche Anbieter geöffnet werden. Wie bereits in anderem Zusammenhang erörtert bezieht sich nach zutreffendem Verständnis die Formulierung „erbracht werden“ allein auf den Gegenstand und die Gestaltung des zu vergebenden öffentlichen Auftrags (Jaeger, NZBau 2020, 223 f.). Findet der 4. Teil des GWB auf die Aufgabenübertragung an Hilfsorganisationen keine Anwendung, ist deshalb Raum für landesrechtliche Regelungen, mit denen etwa auch grundrechtlichen Anforderungen an den Gleichheitssatz für die nach Ermessen zu treffende Auswahl auf der Entscheidungsebene Rechnung getragen werden kann (Röwekamp, aaO Rn. 7 und 34; Franßen/Ockenfels, aaO Rn. 36; Iwers, aaO mwN).

Zu dieser Beurteilung stehen die von den Antragstellerinnen für ihre gegenteilige Rechtsauffassung herangezogenen Entscheidungen - insbesondere der Oberlandesgerichte Celle (Beschluss vom 25. Juni 2019 - Verg 4/19, juris Rn. 18 f.) und München (Beschluss vom 21. Oktober 2019 - Verg 13/19, juris Rn. 40 ff.) - nicht in Widerspruch. Soweit die dort zu beachtenden Rettungsdienstgesetze (§ 5 Abs. 1 NRettDG, Art. 13 Abs. 1 BayRDG) zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (noch) keine Beschränkungen auf gemeinnützige Organisationen enthalten haben, sondern einen Gleichrang gemeinnütziger und gewerblicher Anbieter vorsahen (vgl. zu einer solchen Rechtslage mit Ablehnung der Anwendbarkeit des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. Juni 2019 - 13 ME 164/19, juris Rn. 6; BayVGH, Beschluss vom 26. April 2019 - 12 C 19.621, juris Rn. 6), entspricht dies nicht der mit Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Juni 2019 (GVBl. 2019, Teil I, Nr. 42) geänderten Rechtslage in Brandenburg. Nach der hier maßgeblichen Gesetzeslage bedarf es vielmehr einer Ermessensausübung im Einzelfall, ob eine Ausschreibung auf gemeinnützige Organisationen beschränkt und hierdurch das Vergabeverfahren nach dem 4. Teil des GWB dispensiert wird. Gegen eine derartige Gesetzesregelung bestehen gemessen am Maßstab des Art. 10 Buchst. h) der Richtlinie 2014/24/EU und des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB keine durchgreifenden Bedenken (vgl. OLG Hamburg, aaO Rn. 69).

bb) Es besteht entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen desgleichen kein Widerspruch der Regelung in § 10 Satz 1 BbgRettG zu § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB insofern, als das Landesrecht danach die Übertragung der rettungsdienstlichen Vollzugsaufgaben nur für solche gemeinnützige Organisation eröffnet, die im Zivil- und Katastrophenschutz „mitwirken“, während die in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB geregelte Bereichsausnahme „insbesondere“ anwendbar ist auf gemeinnützige Organisationen und Vereinigungen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen „anerkannt“ sind.

Unabhängig davon, dass der Europäischen Gerichtshof die in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB schlicht vorausgesetzte Anerkennung als Hilfsorganisation von materiellen Voraussetzungen abhängig gemacht hat (Urteil vom 21. März 2019 - C-465/17, juris Rn. 61), bleibt mit der in § 10 Abs. 1 Satz 1 BbgRettG eingeführten weiteren Voraussetzung der „Mitwirkung“ im Katastrophenschutz, die bundesrechtskonform zu § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB allenfalls kumulativ verstanden werden kann, jedenfalls weiterhin sichergestellt, dass lediglich gemeinnützige Unternehmen im Sinne des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB respektive des Art. 10 Buchst. h) RL 2014/24/EU an dem Auswahlverfahren teilnehmen dürfen (vgl. VG Hamburg, Urteil vom 26. Mai 2021 - 14 K 3698/20, juris Rn. 75 Iwers, aaO mwN). Die in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB genannte „Anerkennung“ gilt etwa für Organisationen, die nach § 26 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) anerkannt sind (vgl. Bühs, NVwZ 2017, 440, 441). Diese nur beispielhafte Erwähnung im Sinne einer unvollständigen Aufzählung sowie der Verweis auf das deutsche „Bundes- oder Landesrecht“ in § 107 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 GWB haben im Hinblick auf die europarechtliche Fundierung des Ausnahmetatbestands aber ohnehin keine maßgebliche Bedeutung. Entscheidend für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregeln ist vielmehr, ob deren Anforderungen nach zutreffender Richtlinienauslegung erfüllt sind (vgl. Dreher, aaO Rn. 44). Insoweit ergeben sich aus dem in § 10 Abs. 1 Satz 1 BbgRettG statuierten „Mitwirkungserfordernis“ jedoch keine durchgreifenden Bedenken, denn die Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestandes zum Geltungsbereich der wettbewerbsrechtlichen Regelungen über die öffentliche Auftragsvergabe wird durch die landesrechtliche Regelung nicht erweitert. Sichergestellt werden soll damit ersichtlich nur, dass Hilfsorganisationen mit signifikantem Engagement in der gesundheitlichen Gefahrenabwehr berücksichtigt werden (vgl. Kieselmann/Pajunk, aaO S. 177).

f) Wie die Vergabekammer ebenfalls bereits zutreffend ausgeführt hat, sind konkurrierende gewerbliche Anbieter durch die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB im Ergebnis nicht deshalb rechtlos gestellt, weil die Ausübung des nach § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG eröffneten behördlichen Ermessens durch die Vergabenachprüfungsinstanzen nicht kontrolliert werden kann, denn stattdessen kann diese Entscheidung im Verwaltungsrechtsweg überprüft werden. Insofern ist die Frage, ob der Beschränkung der verfahrensgegenständlichen Ausschreibung auf gemeinnützige Organisationen eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der zuständigen Stelle vorausgegangen ist, für die in einem Nachprüfungsverfahren vorab zu prüfende Frage, ob die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB tatbestandlich eingreift, allerdings ohne Bedeutung. Selbst wenn davon nicht auszugehen wäre, änderte dies nichts daran, dass eine Sachentscheidungsbefugnis der Vergabenachprüfungsinstanzen jedenfalls nicht eröffnet ist, denn nur für den Fall, dass von der in § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgRettG vorgesehenen Beschränkungsmöglichkeit auf gemeinnützige Organisationen kein Gebrauch gemacht wird, gelangt der Teil 4 des GWB zur Anwendung.

2. Aufgrund der Unzulässigkeit des von den Antragstellerinnen zu den Vergabenachprüfungsinstanzen beschrittenen Rechtswegs ist das Verfahren auf den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten zu verweisen.

a) Es entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 23. Januar 2012 - X ZB 5/11, juris Rn. 24 mwN) und der obergerichtlichen Vergabesenate (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Dezember 2018 - Verg 40/18, juris Rn. 87 f.; OLG Celle, Beschluss vom 16. Oktober 2018 - 13 Verg 3/18, juris Rn. 18 ff.; OLG München, Beschluss vom 30. Juni 2011 - Verg 5/09, juris Rn. 25 ff.), dass bei Unstatthaftigkeit des Verfahrens vor der Vergabekammer die Verweisung gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG auf den Rechtsweg zu den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten zulässig und geboten ist, wenn der Antragsteller - wie hier von der Antragstellerinnen mit ihrem auf den Rechtsweg bezogenen Hilfsantrag ausdrücklich erklärt - sein Rechtsschutzziel erkennbar auch im anderen Rechtsweg weiterverfolgen will (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2019 - XIII ZB 119/19, juris Rn. 18 und OLG Hamburg, aaO Rn. 73). Das Verfahren ist daher gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG nach stattgehabter Anhörung der Parteien an das Verwaltungsgericht Potsdam zu verweisen. Insbesondere das aufgrund einer Ermessensentscheidung auszuübende Wahlrecht, die Vergabe von Rettungsdienstleistungen im Wege der Unterbeauftragung auf gemeinnützige Organisationen gemäß § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie Abs. 3 Nr. 3 BbgRettG zu beschränken, begründet eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. zu § 14 Abs. 1 Satz 1 HmbRDG OLG Hamburg, aaO Rn. 74; vgl. ferner bereits OLG Celle, aaO Rn. 22; OLG München, aaO Rn. 38 f.).

b) Für eine Aufhebung des nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen rechtmäßig ergangenen Beschlusses der Vergabekammer, einschließlich der dort getroffenen Nebenentscheidungen, durch den Senat besteht keine Veranlassung. Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer, die nicht in einem gerichtlichen Verfahren als Mehrkosten entstanden sind, haben die Antragstellerinnen auch nach dem Rechtsgedanken des § 17b Abs. 2 Satz 2 GVG zu tragen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2012, aaO Rn. 26 OLG Hamburg, aaO Rn. 78).

3. Eine Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor dem Senat ist gemäß § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG nicht veranlasst. Entsprechend bedarf es nicht der Festsetzung eines Gegenstandswertes nach § 50 Abs. 2 GKG.

4. Die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 1 GWB für eine Divergenzvorlage oder nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG für die Zulassung der Beschwerde an den Bundesgerichtshof sind jeweils nicht gegeben.

a) Eine Divergenz zur Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts liegt mit Blick auf die, wie ausgeführt, zu anderen Sachverhalten und auf anderer Rechtsgrundlage ergangenen Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte nicht vor (§ 179 Abs. 2 Satz 1 GWB). Eine abweichende einschlägige Entscheidung des Bundesgerichtshofs existiert nicht.

b) Der Senat weicht auch nicht von einer Entscheidung eines (anderen) obersten Gerichtshofs des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab (§ 17a Abs. 4 Satz 5 GVG). Der entschiedenen Rechtsfrage zur Anwendbarkeit der Bereichsausnahme im Sinne des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB kommt zudem keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine über den Gerichtsbezirk des Brandenburgischen Oberlandesgerichts hinausgehende Klärungsbedürftigkeit des Regelungszusammenhangs des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB mit § 10 Abs. 1 BbgRettG besteht bereits mit Rücksicht auf die Uneinheitlichkeit der landesgesetzlichen Regelungen des Rettungsdienstwesens nicht.

5. Es ist auch die Frage der europarechtskonformen Anwendbarkeit der in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB geregelten Bereichsausnahme durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2019 (Rs. C 465-17, juris Rn. 26 ff.) bereits hinreichend geklärt (vgl. Kieselmann/Pajunk, aaO S. 176 f.). Die danach gebotene materielle Beurteilung des Eingreifens der Bereichsausnahme auf das streitgegenständliche Vergabeverfahren unterliegt der tatrichterlichen Würdigung der nationalen Gerichte, so dass für ein (weiteres) Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV keine Veranlassung besteht.