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Entscheidung 3 M 11/21


Metadaten

Gericht VG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 26.10.2021
Aktenzeichen 3 M 11/21 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2021:1026.3M11.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 31 Abs 1 VwVG BB

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Vollstreckungsgläubiger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 1.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Vollstreckungsgläubigers,

gegen die Vollstreckungsschuldnerin die Ersatzzwangshaft anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg (VwVGBbg) kann das Verwaltungsgericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Ersatzzwangshaft nach Anhörung des Vollstreckungsschuldners anordnen, wenn das Zwangsgeld uneinbringlich ist und der Vollstreckungsschuldner bei Androhung des Zwangsgeldes oder nachträglich auf die Möglichkeit der Anordnung der Ersatzzwangshaft hingewiesen worden ist. Voraussetzung der Haftanordnung als einem unselbständigen Zwangsmittel ist zudem, dass die Zwangsgeldfestsetzung unanfechtbar oder sofort vollziehbar und nicht nichtig ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. November 2012 – 2 E 1031/12 – juris Rn. 8).

Die Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Zwar hat der Vollstreckungsgläubiger gegen die Vollstreckungsschuldnerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 03. Februar 2020 ein Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 1.500 Euro festgesetzt, weil diese der bestandskräftigen Ordnungsverfügung vom 10. Dezember 2019 nicht nachgekommen ist. Darin wurde ihr aufgegeben, näher bezeichnete Angaben zur Identität (Ziffer 1) und die Nummer des Mikrochip-Transponders ihres Hundes vorzulegen (Ziffer 2) sowie zum Nachweis ihrer Zuverlässigkeit ein Führungszeugnis einzuholen (Ziffer 3). Für den Fall der Nichtbefolgung wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 500,00 Euro angedroht. Auch wurde sie für den Fall der Uneinbringlichkeit des Zwangsgeldes auf die Möglichkeit der Anordnung einer Ersatzzwangshaft durch das Verwaltungsgericht hingewiesen. Anhaltspunkte für die Nichtigkeit der Zwangsgeldfestsetzung sind nicht ersichtlich.

Allerdings kann zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht davon ausgegangen werden, dass das Zwangsgeld in Höhe von insgesamt 1.500 Euro uneinbringlich ist.

Von der Uneinbringlichkeit ist auszugehen, wenn ein Zwangsgeld ordnungsgemäß festgesetzt ist und ein Beitreibungsversuch nicht zum Erfolg geführt hat oder die Zahlungsunfähigkeit des Pflichtigen offenkundig ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Januar 2009 – 5 E 1213/08 – juris Rn. 6; Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG, 11. Aufl. 2017, § 16 Rn. 3; Deusch/Burr, in: BeckOK VwVfG, Stand: 1.7.2021, VwVG, § 16 Rn. 4). Ob ein Zwangsgeld „uneinbringlich“ ist, bedarf stets besonders sorgfältiger Prüfung. Aus dem Wesensgehalt des Grundrechts der persönlichen Freiheit ergibt sich, dass die Zwangshaft das letzte Mittel sein muss, zu dem der Staat Zuflucht nimmt, um rechtmäßig erlassene Anordnungen durchzusetzen (BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1956 – I C 10.56 – juris). Die positive Feststellung der Uneinbringlichkeit ist erforderlich (vgl. Beschluss der Kammer vom 08. Juni 2020 – 3 M 18/19 – m.w.N.) Daran fehlt es.

Der Vollstreckungsgläubiger hat keine ausreichenden Vollstreckungsversuche zur Beitreibung des Zwangsgeldes durchgeführt. Dies trägt er schon nicht vor. Zwar hat er die Vollstreckungsschuldnerin mit Schreiben vom 05. März 2020 gemäß § 259 Abgabenordnung gemahnt und ihr die Zwangsvollstreckung mit Schreiben vom 14. April 2020 angekündigt. Auch hat er dem Landkreis O... einen Auftrag zur Vollstreckung des Zwangsgeldes erteilt, der aber unter Verweis auf die Abgabe der Vermögensauskunft durch die Vollstreckungsschuldnerin ausweislich des Schreibens vom 04. März 2021 wohl abgebrochen worden ist („in Abgang gestellt“).

Die Vermögenslosigkeit der Vollstreckungsschuldnerin ist auch nicht offenkundig. Zwar hat sie am 24. Februar 2021 die Vermögensauskunft abgegeben. Aus ihr ergibt sich, dass sie weder über wertvolle Gegenstände oder andere Sachen von Wert noch über Bargeld oder sonstiges Guthaben verfügt. Dennoch kann derzeit nicht von einer Vermögenslosigkeit ausgegangen werden, weil insoweit die Angaben zu ihrem Einkommen unvollständig bzw. nicht ausreichend aussagekräftig sind. So hat sie angegeben, als Lagerhelferin tätig zu sein und 11,30 Euro brutto bzw. 9,20 Euro netto pro Stunde zu verdienen, ohne allerdings mitzuteilen, in welchem zeitlichen Umfang sie beschäftigt ist. Ausgehend von einer Vollzeitbeschäftigung, d.h. von einer Tätigkeit von 40 Stunden pro Woche und 22 Arbeitstagen im Monat ergäbe sich ein Nettoverdient von 1.619,20 Euro. Dieser Betrag übersteigt indes den nach § 850c Abs. 1, 3 Satz 1, Abs. 5 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 22 Abs. 1 Nr. 2 VwVGBbg, § 319 Abgabenordnung ergebenden monatlichen unpfändbaren Betrag. Ausweislich der auf § 850c Abs. 5 Satz 2 ZPO beruhenden Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung ist bei einem – wie hier einzustellenden – Einkommen zwischen 1.610 bis 1.619,99 Euro ein Betrag von 250,15 Euro monatlich pfändbar, wenn der Betroffene – wie hier – über keine Unterhaltspflichten verfügt. Nur für den Fall, dass der Nettolohn der Vollstreckungsschuldnerin einen Betrag von 1.259,99 Euro nicht übersteigt, kann von einer Vermögenslosigkeit ausgegangen werden. Dies ist indes offen. Gegen ihre Vermögenslosigkeit spricht vorliegend auch, dass sie ausweislich des Schreibens des Landkreises O... vom 04. März 2021 zunächst zu einer Ratenzahlung bereit gewesen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes, wobei die Kammer im Hinblick darauf, dass es sich bei der Ersatzzwangshaft um ein unselbständiges Zwangsmittel handelt, die insgesamt beizutreibende Zwangsgeldforderung zu Grunde legt.