Gericht | OLG Brandenburg 12. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 14.10.2021 | |
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Aktenzeichen | 12 U 89/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2021:1014.12U89.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 09.04.2021 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 11 O 458/18, teilweise abgeändert:
1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 856,87 €, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 12.12.2017 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner sämtliche der Klägerin entstandenen Schäden anlässlich des Verkehrsunfalls vom 22.02.2014 auf der … Chaussee (B…/…) unter Beteiligung der Fahrzeuge mit dem amtlichen Kennzeichen … und … zu ersetzen, soweit diese nicht auf Dritte übergehen oder übergegangen sind.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 92 % und die Beklagten zu 8 %.
III. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 19.000 € festgesetzt.
I.
Die Klägerin macht Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall am …2014 auf der … … geltend. Von der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist lediglich im Umfang von 856,87 € und dem Feststellungsantrag begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet und die Klage abzuweisen.
1. Entgegen den unhaltbaren Ausführungen des Landgerichts sind die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, §§ 823 ff. BGB, § 115 Abs. 1 VVG, § 1 PflVG allerdings nicht verjährt.
Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach § 195 BGB verjähren in der regelmäßigen Frist von drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Dies war hier bereits im Jahr 2014 der Fall. Hinsichtlich des am 31.12.2017 denkbaren Ablaufes der Verjährungsfrist hat die Beklagte zu 2 auf die Einrede der Verjährung bis zum 31.12.2018 verzichtet. Die am 30.12.2018 erhobene Klage war daher grundsätzlich geeignet den Lauf der Verjährungsfrist zu hemmen, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
a) Denn die Rückwirkung der Zustellungen (01.02.2019 an Beklagte zu 2 und 13.02.2019 an Beklagte zu 1) auf den Zeitpunkt des Klageeingangs tritt hier nach § 167 ZPO ein, da die Zustellung "demnächst" erfolgte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Begriff "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO ohne eine absolute zeitliche Grenze im Wege einer wertenden Betrachtung auszulegen. Der Zustellungsbetreiber muss alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan haben. Dem Zustellungsveranlasser zuzurechnende Verzögerungen von bis zu 14 Tagen gelten regelmäßig noch als "geringfügig" und sind deshalb hinzunehmen. Dies gilt für sämtliche Fallgruppen, so dass auch für die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses (§ 12 Abs. 1 GKG) bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf abgestellt wird, um wie viele Tage sich der ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat (BGH, Urteil vom 29. September 2017 – V ZR 103/16 –, Rn. 5, juris). Zur Einzahlung eines angeforderten Gerichtskostenvorschusses (§ 12 Abs. 1 GKG) ist ihm dabei in der Regel eine Erledigungsfrist von bis zu einer Woche zuzugestehen (BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 – II ZR 169/18 –, Rn. 9, juris). Legt man die vom Landgericht festgestellten Daten zugrunde, war mithin bei einer Anforderung des Gerichtskostenvorschusses am 04.01.2019 der Zeitraum bis zur Einzahlung am 25.01.2019 noch demnächst im Sinne dieser Rechtsprechung.
b) Unabhängig davon treffen die Annahmen des Landgerichts zur Dauer der Verzögerung auch im Übrigen nicht zu. Das Datum der Gerichtskostenrechnung vom 04.01.2019 ist erkennbar allein das Verfügungsdatum. Dies wird noch einmal deutlich in der von der Klägerin vorgelegten Zahlungsaufforderung, die das Datum 08.01.2019 trägt. Dabei handelt es sich um das Ausfertigungsdatum. Bei einem angenommenen Postlauf von 3 Tagen ist das Schreiben frühestens am 11.01.2019 in den Einzugsbereich des Klägervertreters gelangt und dann die Zahlung am 25.01.2019 innerhalb der auch vom Landgericht anerkannten 14 Tagefrist erfolgt.
c) Verkannt wurde weiterhin die Hemmung der Verjährungsfrist aufgrund der mehrjährigen Verhandlungen der Parteien, § 203 BGB, und der damit einhergehenden Verlängerung der Verjährungsfrist gemäß § 209 BGB und zudem wurde durch die Forderungsanmeldung der Klägerin im Februar oder März 2019 nach § 115 Abs. 2 S. 3 VVG der Lauf der Verjährungsfrist gehemmt. Eine schriftliche Entscheidung des Versicherers mit der er sich abschließend eindeutig erklärt hat und durch die für die Klägerin Klarheit besteht, welcher Schritte es zur Verwirklichung seiner Ansprüche und zur Verhinderung der Anspruchsverjährung nach den allgemeinen Regeln bedarf, ist nicht ersichtlich.
2. Der geltend gemachte Schaden ist jedoch nur in einem geringen Umfang zuzusprechen. Zwischen den Parteien steht eine Alleinhaftung der Beklagten für die aus dem Verkehrsunfall am ...2014 resultierenden Schäden der Klägerin aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, §§ 823 ff. BGB, § 115 Abs. 1 VVG, § 1 PflVG außer Streit. Gegenstand der Schadensabwicklung waren und sind dabei nachfolgend als offen bezeichnete Forderungen:
Forderung | gezahlt | offen | |
Widerbeschaffungsaufwand | 2.565,85 € | 2.565,85 € | |
Sachverständigenkosten | 591,75 € | 591,75 € | |
Nutzungsausfall | 609,00 € | 609,00 € | |
Abschleppkosten | 197,54 € | 197,50 € | 0,04 € |
Zulassungskosten Ersatzfahrzeug | 96,00 € | 0,00 € | 96,00 € |
Pauschale | 25,00 € | 20,00 € | 5,00 € |
Zuzahlung Heilbehandlung | 63,70 € | 0,00 € | 63,70 € |
Fahrtkosten Ärzte | 681,60 € | 0,00 € | 681,60 € |
Zuzahlung Physiotherapie | 433,05 € | 0,00 € | 433,05 € |
Fahrtkosten Physiotherapie | 441,60 € | 0,00 € | 441,60 € |
Feuerwehr | 502,88 € | 0,00 € | 502,88 € |
Verdienstausfall | 6.053,87 € | 454,44 € | 5.599,43 € |
Weihnachtsgeld | 181,54 € | 0,00 € | 181,54 € |
Haushaltsführungsschaden | 1.500,00 € | 500,00 € | 1.000,00 € |
Schmerzensgeld | 5.900,00 € | 2.000,00 € | 3.900,00 € |
Zahnbehandlung | 258,60 € | 0,00 € | 258,60 € |
20.101,98 € | 6.938,54 € | 13.163,44 € |
2.1. Ersatzfähig sind die unbestritten gebliebenen Abschleppkosten von noch 0,04 €.
2.2. Die Kosten der Anmeldung eines Ersatzfahrzeuges sind nicht nachgewiesen. Die Klägerin trägt zur Ersatzbeschaffung schon nicht näher vor, sondern verweist als Nachweis auf die vorgelegte Anlage K 8 (Bl. 89 GA). Die Beklagten weisen hier zu Recht darauf hin, dass sich diese Anlage auf eine Hauptuntersuchung eines nicht zuordenbaren Fahrzeuges bezieht, aus der die geltend gemachten Zulassungskosten nicht abgeleitet werden können.
2.3. Die Unkostenpauschale schätzt der Senat, § 287 ZPO, regelmäßig auf 20 € (vgl. nur Senat, Beschluss vom 29. November 2018 – 12 U 92/18 –, Rn. 33; so auch KG Berlin, Urteil vom 05. April 2018 – 22 U 47/16 –, Rn. 21, juris). Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass aufgrund moderner Kommunikationsmittel und der regelmäßig vorhandenen Flatrate durch die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche kaum zusätzliche Kosten zu den ohnehin erstattungsfähigen Kosten entstehen. Mangels näherem Vortrag der Klägerin besteht kein Anlass, von dieser Praxis abzuweichen. Die entsprechenden Kosten sind bereits durch Zahlung der Beklagten ausgeglichen.
2.4. Die Zuzahlung zur Heilbehandlung beziffert die Klägerin mit 63,70 €. Vortrag findet sich dazu nach dem ausdrücklichen Bestreiten der Beklagten allerdings nur durch Verweis auf die Anlage K 9, die Krankenhauszuzahlungen von 40 € belegen. Grundsätzlich kann die Zuzahlung während der Krankenhausbehandlung als Schaden ersatzfähig sein. Allerdings muss sich die Klägerin gegenüber den Kosten für die Zuzahlung im Krankenhaus von 10 €/Tag ersparte häusliche Aufwendungen entgegenhalten lassen (vgl. dazu Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 12. Aufl., Rn. 240ff m. w. N.). Die ersparten häuslichen Aufwendungen betreffen in erster Linie Verpflegungskosten sowie Strom und Wasser und werden vom Senat auf 10 € pro Tag geschätzt (§ 287 ZPO) (vgl. ebenso OLG Hamm, Urteil vom 31. Mai 2001 – 6 U 28/01 –, Rn. 18; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28. November 2013 – 7 U 158/12 –, Rn. 44, juris).
2.5. Fahrtkosten zu den behandelnden Ärzten können ebenfalls erstattungsfähig sein. Diese berechnen sich bei Nutzung des eigenen Kraftfahrzeuges nach einem an § 5 JVEG angelehnten Kilometeransatz von 0,30 € je gefahrenen Kilometer. Die Klägerin verweist im Rahmen ihres Vortrages lediglich auf ihre Aufstellung K10 (Bl. 92 GA) und stellt die Durchführung der Fahrten unter Zeugenbeweis. Allerdings haben die Beklagten die Notwendigkeit der Fahrten mit Blick auf die Vorerkrankungen der Klägerin bestritten. Dazu ist kein weiterer Vortrag erfolgt. Der Senat sieht daher im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO allein die Fahrten während der Krankschreibung der Klägerin vom 22.02. bis 04.07.2014, mithin 6 Fahrten a 114 km a 0,30 €/km = 205,20 € als notwendige Fahrten an.
Hinsichtlich der weiteren Fahrten, ebenso wie den Krankschreibungen am 26./27.08., 10.10. und 07.11.2014 fehlen weitere Angaben und ein Beweisantritt. Die Fahrten zur Zahnarztpraxis und Oralchirurgie sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen. So fehlt bereits jeglicher Vortrag zum Anlass dieser Fahrten am 03.04., 14.04., 06.05. und 06.10.2014. Soweit die Klägerin auf eine erstmals im Bericht des Dr. … vom 13.01.2017 (Bl. 36 GA) für August 2015 erwähnte und im Jahr 2017 durchgeführte Zahnbehandlung der Zähne 36 und 37 verweist und diese möglicherweise im Zusammenhang mit den v.g. Fahrten stehen sollte, lässt sich ein Zusammenhang mit dem Unfall, der bereits vorgerichtlich Gegenstand der Erörterungen der Parteien war und zum erneuten substantiierten Bestreiten der Beklagten im Rechtsstreit geführt hat, durch die vorgelegten Unterlagen nicht herstellen. Die Erstbehandler geben in ihren Berichten vom 12.06.2014 keinen Hinweis auf eine Schädigung der Backenzähne. Weitere Unterlagen werden in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall nicht vorgelegt.
2.6. Für die geltend gemachten Physiotherapiekosten gilt Vorgenanntes. Auch hier wird zur Anordnung der Physiotherapie weder vorgetragen, noch ist ein unfallbedingter Zusammenhang unter Beweis gestellt. Zu den konkreten Fahrten fehlen nach dem ausdrücklichen Bestreiten der Beklagten jegliche Angaben. Allein aus den Arztberichten vom 12.06.2014 ergeben sich als Möglichkeiten der Verbesserung Physiotherapie (MT, KG) und deren ärztliche Anordnung am 22.05.2014. Unabhängig davon, dass sich aus den vorgelegten Belegen der Physiotherapie eine solche Anordnung vom 22.05.2014 nicht findet, geht der Senat im Rahmen des § 287 ZPO gleichwohl davon aus, dass die innerhalb der Krankschreibung angeordneten Behandlungen unfallkausal und damit ersatzpflichtig waren. Dies betrifft die Zuzahlungen in Höhe von 23,70 €, 31,40 €, 30,90 €, 32,50 € und 30,25 € (Bl. 95-100 GA), insgesamt 148,75 €, nicht jedoch die nicht dargelegten Fahrten.
2.7. Den Einsatzkosten für die Feuerwehr i.H.v. 502,88 € sind die Beklagten, jedenfalls im laufenden Prozess, nicht ausdrücklich entgegen getreten. Da es sich hier um unmittelbare Unfallkosten handelt, sind sie von den Beklagten zu erstatten.
2.8. Ein Anspruch auf Zahlung von Verdienstausfall ist ebenfalls nicht schlüssig dargetan. So fehlt, was selbst für einen nicht anwaltlich Vertretenen auf der Hand liegt, bereits Vortrag dazu, warum ein solcher über den Zeitraum der auch von der Klägerin vorgetragenen Krankschreibung vom 22.02. bis 04.07.2014 hinaus entstanden sein soll. Dass im Zusammenhang mit den behaupteten Krankschreibungen am 26./27.08., 10.10. und 07.11.2014 ein Verdienstausfall bestehen soll, ist – unabhängig vom fehlenden Vortrag der Unfallkausalität dieser Einzelkrankschreibungen - nicht ersichtlich. Die Beklagte hat, unter zutreffender Berücksichtigung pauschaler ersparter berufsbedingter Aufwendungen von 5 % (vgl. BGH NJW 1980, 1787; OLG Saarbrücken VersR 2017, 698; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Jahnke, 26. Aufl. 2020, BGB § 842, Rn. 38a; Küppersbusch/Höher Ersatzansprüche Personenschaden, II. Erwerbsschaden Rn. 79, beck-online jeweils mit weiteren Nachweisen; OLG München, Urteil vom 29. April 2011 – 10 U 4208/10 –, Rn. 43; Urteil vom 26. März 2019 – 24 U 2290/18 –, Rn. 44, juris), einen etwaigen in den Zeitraum fallenden Anspruch bereits ausgeglichen. Unterlagen werden für den über den 04.07.2014 hinausgehenden Zeitraum ebenfalls nicht vorgelegt.
2.9. Gleiches gilt für das geltend gemachte Weihnachtsgeld i.H.v. 181,54 €. Der Anspruch ist nicht schlüssig dargetan. So fehlt eine konkrete Darlegung des Beschäftigungsverhältnisses. Verdienstbescheinigungen werden nicht vorgelegt und zum Einkommen nicht konkret vorgetragen und solches – nach dem Bestreiten der Beklagten – nicht unter Beweis gestellt. Hinzu kommt, dass die Berechnung der Sonderzahlung offensichtlich auf Bruttobasis erfolgt. Als Entgelt sind jedoch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Abzug zu bringen. Anzuwenden ist insoweit die modifizierte Nettolohnmethode (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Jahnke, a.a.O., Rn. 35). Vortrag dazu fehlt. Im Übrigen ist das tatsächlich gezahlte Weihnachtsgeld bestritten und nicht unter Beweis gestellt.
2.10. Der Haushaltsführungsschaden ist ebenfalls nicht hinreichend vorgetragen. So fehlt die Darstellung der konkreten Lebenssituation der Klägerin vor und nach dem Unfall und die substantiierte Darstellung, welche Beeinträchtigungen sie daran hindern, bestimmte Haushaltstätigkeiten auszuführen und in welchem Umfang bislang tatsächlich ausgeführte Arbeiten im Haushalt unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr in dem Umfang möglich oder zumutbar und auch nicht durch den Einsatz von Haushaltstechnik oder Umorganisation kompensierbar sind. Denn zunächst müsste die Klägerin im Einzelnen vortragen, welche Tätigkeiten sie im Haushalt vor dem Unfall verrichtet hat, infolge des Unfalls aber überhaupt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben und nicht anderweitig (zumutbar) ausgleichen kann (Senat, Urt. v. 17.6.2019 – 12 U 179/18, BeckRS 2019, 11793 Rn. 35, beck-online; BHHJ/Jahnke, a.a.O., Rn. 113a; NJOZ 2016, 16; Pardey: Der Haushaltsführungsschaden bei Verletzung (Teil 3) in SVR 2018, 165, 169; Münchener Kommentar zum StVR/Almeroth, 1. Aufl. 2017, BGB § 252 Rn. 40ff; OLG Frankfurt, Urteil v. 18.10.2018 - 22 U 97/16 - NJW 2019, 442, beck-online; OLG Celle, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 14 U 73/06 -, Rn. 28, juris OLG Hamm, Urteil vom 05. Mai 2020 – 9 U 1/20 –, Rn. 21, juris; MüKoStVR/Almeroth, 1. Aufl. 2017, BGB § 252 Rn. 40). Dabei entspricht die MdE nicht der MdH. Insoweit gehört es darüber hinaus schon zur Schlüssigkeit des Vortrags eine Entwicklung vom Krankenhausaufenthalt hin zur Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen.
Hier fehlen bereits Angaben, für welchen konkreten Zeitraum die Klägerin welchen Haushaltsführungsschaden geltend macht. Aufwandszeiten sind nicht erkennbar. Zwar ergänzt sie ihren Vortrag pauschal zum Umfang der Hausarbeit. Aber konkrete Stunden werden nicht in eine Abrechnung mit einem konkreten Stundensatz gestellt. Eine Abschichtung der einzelnen Tätigkeiten mit Blick auf den Genesungsverlauf ist ebenfalls nicht dargetan, zumal aus dem Arztbericht der Orthopädikum Potsdam schon im Mai eine Besserung dokumentiert ist. Eine Beweisaufnahme zu den haushaltsbedingten Beeinträchtigungen kommt mithin nicht in Betracht.
2.11. Der Schmerzensgeldanspruch der Klägerin ist bereits durch die vorprozessuale Zahlung von 2.000 € ausgeglichen.
Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden (§ 253 Abs. 2 BGB). Das Schmerzensgeld verfolgt dabei vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen Ausgleich für die erlittenen immateriellen Schäden zu gewähren und ihm zugleich Genugtuung für das ihm zugefügte Leid zu geben (BGH, NJW 1993, 1531; NZV 2017, 179, beck-online). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien (vgl. BGHZ 18, 149, 154). Als objektivierbare Umstände sind u.a. maßgebend die Art und Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und der Grad des Verschuldens des Schädigers (BGH, NJW 1998, 2741, beck-online). Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen. Auch die beruflichen Folgen der Verletzung, das Alter und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes. Verlangt der Kläger für erlittene Körperverletzungen - wie im Streitfall - uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden auch alle diejenigen Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – VI ZR 259/15 –, Rn. 6, juris). Die Rechtsprechung zu vergleichbaren Fällen ist in die Gesamtbeurteilung einzubeziehen.
Unstreitig hat die Klägerin eine HWS-Distorsion, eine Schulterprellung und Prellung der Hüfte links sowie beidseitige Knieschmerzen erlitten. Sie war vom ... bis ... 2014 in stationärer Behandlung und bis zum 04.07.2014 arbeitsunfähig. Wie bereits an verschiedener Stelle ausgeführt, ist ein Zusammenhang der von den Beklagten bestrittenen Krankschreibungen am 26./27.08.2014, 10.10. und 07.11.2014 mit dem Unfall nicht vorgetragen. Hinsichtlich der behaupteten posttraumatischen Belastungsstörung finden sich weder Anhaltspunkte in den vorgelegten Arztberichten noch wird näher zu den tatsächlichen Beeinträchtigungen vorgetragen. Ebenso kann – ohne dass es einer Beweisaufnahme bedarf – nicht von einer unfallbedingten Schädigung der Zähne 36, 37 ausgegangen werden. Auf die Ausführungen oben 2.5. wird Bezug genommen. Die damit verbundenen Schmerzen und Beeinträchtigungen der Lebensführung sind – wie auch ein etwaiges Genugtuungsinteresse – nicht so schwerwiegend, dass sie als Ausgleich ein höheres als das gezahlte Schmerzensgeld von 2.000 € rechtfertigen könnten (vgl. nur OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.05.2002, 1 U 212/01, beck-online; OLG Köln, Urteil vom 13. Juli 1995 – 18 U 22/95 –, juris). Ein zögerliches, das Schmerzensgeld erhöhendes Regulierungsverhalten der Beklagten zu 2 ist nicht erkennbar.
2.12. Die Zahnbehandlungskosten sind, wie ausgeführt, nicht zu ersetzen.
2.13. Der Feststellungsantrag ist begründet. Bei der Ermittlung des Feststellungsinteresses (§ 256 ZPO) darf nicht eng und förmlich vorgegangen werden. Daher darf auch die Forderung nach der Wahrscheinlichkeit eines späteren Schadenseintrittes nicht im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit verstanden werden, denn das würde eventuelle spätere Ansprüche unbilligerweise der Verjährung preisgeben. Es genügt vielmehr, dass spätere Schadensfolgen immerhin ernstlich in Betracht kommen können (BGH, Urteil vom 16. November 1971 – VI ZR 76/70 –, Rn. 26, juris). So liegt es hier allerdings nur bezogen auf die Schulterverletzung. Nach den vorliegenden Attesten gestaltete sich die Heilung der Schulterprellung langwierig. Die Klägerin schildert im Schriftsatz vom 26.10.2019 auch heute noch Schmerzen in diesem Bereich. Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, dass verletzungsbedingte Folgeschäden (z.B. Arthrose) eintreten. Hinsichtlich der übrigen Verletzungen fehlt schlüssiger Vortrag zu etwaigen denkbaren Folgebeeinträchtigungen, zumal das Unfallgeschehen bereits mehr als sieben Jahre zurückliegt.
Der Ausspruch ist allerdings mit der Einschränkung zu versehen, dass nur solche Ansprüche erfasst werden können, für die die Klägerin aktivlegitimiert ist und die nicht kraft Gesetzes auf Dritte übergehen oder übergegangen sind.
3. Rechtsverfolgungskosten sind schließlich nicht zu erstatten. Der Klägervertreter hat auf Nachfrage im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, lediglich die ihm entstandenen Gebühren erfasst zu sehen. Da er aufgrund des Anwaltswechsels erst zu einem Zeitpunkt das Mandat übernommen hat, zu dem die Zahlungen der Beklagten bereits erfolgt waren, können für die Bestimmung des Gegenstandswertes lediglich die in diesem Rechtsstreit begründeten Ansprüche die Basis bilden. Allerdings hat der Klägervertreter ebenso ausgeführt, dass die Gebühren bereits durch die Rechtsschutzversicherung ausgeglichen wurden. Da unklar geblieben ist, zu welchem Zeitpunkt die Zahlung erfolgte, fehlt es am Vortrag zur Aktivlegitimation der Klägerin. Letztlich kommt es darauf auch nicht an. Denn die Klägerin war bereits durch einen Rechtsanwalt vertreten, der die Schadenspositionen geltend gemacht hatte. Die durch einen Anwaltswechsel entstandenen zusätzlichen Rechtsverfolgungskosten sind dann nicht notwendig i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB. Denn ein Wechsel des Anwalts stellt in der Regel einen Verstoß gegen die Obliegenheit zur Schadensminderung dar, sofern der Anwaltswechsel nicht auf nachvollziehbaren vernünftigen Gründen beruht (OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Oktober 2014 – 19 U 188/14 –, Rn. 95; OLG Koblenz, Urteil vom 12. Dezember 2011 – 12 U 1110/10 –, Rn. 21, juris). Das ist nicht dargelegt.
4. Der Zinsanspruch folgt aus Verzug, der sich aus dem Schreiben des Klägervertreters vom 03.12.2017 ergibt. Dabei ist § 849 BGB für die hier zugesprochenen Ansprüche nicht anwendbar (vgl. BECKOGK/Eichelberger, 01.09.2021, BGB § 849, Rn. 17; Rüßmann in: Herberger/Martinek u.a., jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 849 BGB, (Stand 01.02.2020), Rn. 9).
5. Gründe, der Klägerin auf ihren Antrag Schriftsatznachlass zu gewähren, liegen nicht vor. Nach § 139 Abs. 5 ZPO soll das Gericht nur dann eine Schriftsatzfrist bestimmen, wenn einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich ist. Dies betrifft nach § 139 Abs. 2 ZPO Hinweise auf solche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat oder die das Gericht anders beurteilt als beide Parteien. Derartige Hinweise hat der Senat in der mündlichen Verhandlung indes nicht erteilt. Vielmehr hat er lediglich in die Sach- und Rechtslage eingeführt und hierbei nur solche Gesichtspunkte zugrunde gelegt, die bereits ausführlich Gegenstand der gewechselten Schriftsätze waren. Angesichts der anwaltlichen Vertretung der Parteien und der Bekanntheit sämtlicher besprochener Umstände war nicht davon auszugehen, dass die Klägerin einen Gesichtspunkt i.S.d. § 139 Abs. 2 ZPO erkennbar übersehen hatte und es konnte ohne Weiteres eine Erklärung im Termin erwartet werden. Eines gesonderten Schriftsatznachlasses bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Hierbei geht der Senat hinsichtlich des Feststellungsantrages nur von einem teilweisen Obsiegen der Klägerin aus, nachdem die behaupteten denkbaren Folgeschäden nur auf einen Teil der geltend gemachten Gesundheitsschäden beruhen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, die zur Streitwertfestsetzung aus §§ 47, 48 GKG.